Ein letzter Blick
Aufgeregt schob Dana die Vorhänge beiseite,
um einen Blick aus dem Fenster zu wagen.
Es war ein entzückender Anblick, dieses kleine verschneite Dörfchen.
Ein leichtes Kribbeln in der Magengegend machte sich in Dana bemerkbar.
„Mama?“, fragte Dana in die gähnend leere Küche.
Sie schaute sich kurz um und entdeckte einen kleinen Zettel:
„Guten Morgen mein Schatz.
Es tut mir Leid, dass ich nicht zu Hause bin, aber ich musste kurzfristig
im Krankenhaus einspringen. Ich hoffe du verstehst das.
Wir sehen uns nächste Woche!
Ich hab dich lieb!
PS: Viel Spaß auf der Klassenfahrt…Und benimm dich ;)“
Ein tiefer Seufzer kroch ihre Kehle hoch, doch Dana beherrschte sich.
Ihre Mutter konnte ja nichts dafür, sagte sie sich. Trotzdem war es ein seltsam bedrückendes Gefühl, sich nicht verabschieden zu können.
Aber entschlossen, die anstehende Reise zu genießen, nahm sie den kleinen rosa Kugelschreiber zur Hand und schrieb ein paar Worte unter die Nachricht:
„Ich rufe dich heute Abend an. Werde euch vermissen.
Naja, bis dann :) Kuss, Dana“
Ein kurzer Blick auf die Uhr:
Noch zehn Minuten bis der Bus kommt. Sie lauschte einen Augenblick in die Stille. Zum ersten Mal war sie sich bewusst, wie heimisch ihr das Ticken der großen Eichenuhr über dem Küchenschrank oder das leise Surren des Kühlschranks war.
Plötzlich fiel es ihr schwer, die Klassenfahrt anzutreten. „So ein Unsinn!“, murmelte sie, „nächste Woche bin ich wieder hier und wir gehen uns wieder gegenseitig auf die Nerven…Also sollte ich jetzt aufhören, mich so anzustellen!“
Entschlossen nahm sie ihren Koffer und ging zur Tür. Ein letzter Blick in den dunklen Flur.
Sie öffnete die Haustür, die einen altbekannten quietschenden Laut von sich gab.
Irgendwie hatte die Situation etwas endgültiges an sich.
Dana atmete einmal tief durch, dann ging sie durch den kleinen, schneebedeckten Vorgarten, ohne sich noch einmal umzudrehen.
