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Er rettete Senters Leben

Freie Fortsetzung
von

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Er rettete Senters Leben

Dies ist eine Fortsetzung einer Kurzgeschichte, die ich sehr schön finde.

Ich hatte schon einmal eine Variante geschrieben, doch nun finde sie leider nicht mehr.

Nun habe ich sie aus den Gedächtnis erneut auf Papier bzw. in dem Computer gezaubert.
 

Wer die Original Geschichte haben möchte, kann mich Kontaktieren, denn ich bin mir nicht sicher,

ob ich die auf FF.de/ Animexx.de veröffentlichen darf.

Wohl eher nicht.

Natürlich könnt ihr sie auch im Netz suchen.
 

Die Geschichte heißt im Original

„Er rettete Senters Leben“ von W.M. Harg,
 

Doch nun viel Spaß beim lesen.
 


 

Fortsetzung der Geschichte „ Er rettete Senters Leben“.
 

Senter schlief zwei Tage durch und der Schiffsarzt beobachtete es mit leichter Sorge.

Denn dadurch, dass er schlief, konnte er Senter keine Nahrung einflößen, zudem störte der Hund, dieser erholte sich schneller als sein neugewähltes Herrchen, wie es schien.

Immer wenn der Arzt Senter untersuchen wollte, musste der Hund von der Brust runter. Nur gefallenlassen wollte es sich der Hund leider nicht.

Er fing jetzt schon an zu knurren, wenn nur jemand die Kajüte betrat.
 

Auf dem Zerstörer sprach sich schnell rum, dass ihr neues Mannschaftmitglied einen besonderen Beschützer hatte.

Auch dass er sich nicht hatte beruhigen lassen wollen, so lange der Hund nicht ebenfalls gerettet war, sorgte für den einen oder anderen Lacher unter der Mannschaft.

Die Männer konnten nicht verstehen, wieso jemand so sehr an einem Tier hängte; zählte nicht das eigene Leben viel mehr, wenn es hart auf hart kam?

Wieso hatte dieser Bursche seine letzten Kraftreserven für einen Hund, der noch dazu ziemlich schwach aussah, eingesetzt?
 

Auch das Benehmen des Hundes war merkwürdig gewesen. Der Bursche hatte ihn auf seine Brust gelegt und festgehalten und der Hund wich nicht von dieser, egal wie sehr die Trage schaukelte.

Merkwürdig war auch, dass er selbst jetzt nur sehr widerwillig aufs Deck ging um sein Geschäft zu erledigen.

Nie war er länger als 5 Minuten unterwegs; auch beachtete er die anderen Menschen auf dem Schiff überhaupt nicht und auch die Schiffskatze ließ er links liegen.
 

Obwohl ein Matrose, der bis vor einem Jahr auf dem Schoner „Christoph“ angeheuert hatte, erzählte, dass der Hund Katzen sehr gern hetzte und auch schon mal gern die Mannschaft in den Wahnsinn trieb, in dem er immer wieder vor die Füße sprang um dann nach den Beinen zu schnappen, weil man ihn ja beinahe getreten hatte.

Es war der Hund des Käpt´n gewesen und dieser liebte diesen Köter.
 

Kaum war der Hund wieder bei Senter, legte er sich auf dessen Brust und starrte auf die geschlossenen Augen.
 

Am dritten Tag nach der Rettung erwachte Senter langsam aus dem tiefen Schlaf. Das erste was ihm auffiel war das Gewicht auf seiner Brust und der leichte Luftzug in seinem Gesicht und vor allem die Wärme.

Als er die Augen öffnete, sah er zuerst ein schwarzes glänzendes Dreieck, mit zwei Löchern, deren Öffnungen sich bewegten.

Es war die Schnauze des Hundes. Senter musste lächeln; wie komisch das war, erst konnten sie sich nicht riechen und nun lagen sie zusammen in einer Koje.

Wieso war der Hund eigentlich bei ihm?

Wo war er?

Waren sie noch am Leben?

Das konnte nur ein Traum sein; war das das Par… nein das konnte nicht sein. Er war sicher noch immer im Wasser und träumte. Sie würden nie gerettet werden!
 

# Gedankenwelt von Senter, Anfang #

Senter driftete immer weiter ab, ertrank in Erinnerungen: die Tage im Wasser, der Hund war gerade wieder untergegangen, doch er tauchte nicht wieder auf; wo war der Hund?

Warum tauchte er nicht wieder auf? Wenn der Hund nicht auftauchte, wem sollte er in die Augen schauen?

Wer sollte ihn vor der Angst retten?

Wem konnte er sich anvertrauen in seiner Einsamkeit?

In diesem großen kalten Grab wollte er nicht allein sein!?

Wo blieb der Köter nur?

Warum waren seine Augen nicht da?

Die Panik schnürte ihm die Kehle zu; das Atmen fiel ihm schwer.

„Wo bist du, Hund?“, dachte Senter immer wieder „ Wo nur? Komm zurück, ich brauche dich!“

Dann tauchte er wieder auf, schleppte sich zur Planke.

Da waren sie wieder, die ruhigen Augen, die schönen Augen, die Augen, die Senter vor dem Wahnsinn bewahrten.

Der Hund durfte nicht wieder untergehen.

Doch wie ihn halten?

Das Hemd; die Idee.

Nun konnte er sich an den Augen festhalten.

So konnte er aushalten, warten auf Rettung.

# Gedankenwelt, Ende #
 

Der Hund hatte die Unruhe seines neuen Herrchens gespürt und fing an zu fiepen: kläglich, ängstlich, dann fing er an über das Gesicht zu schlecken.

Senter kam wieder zu sich, versinkend in den Augen des Hundes, fing er an ihn zu streicheln.

Merkwürdig, das Fell war ganz weich, er hatte gedacht, dass es verklebt und nass sein müsste.

Im Wasser müssten sie nass sein, so wie seine eigenen Haare.

Warum war das Wasser warm und warum lag der Hund nicht auf der Planke sondern auf seiner Brust?

Wo war er?

Warum waren sie beide hier?

Hatte man sie gefunden?

War das Schiff doch noch umgekehrt, dem er zugerufen hatte?
 

Senter lenkte seinen Blick weg von den Augen des Hundes; er schaute sich in der Kajüte um.

Er erkannte, dass sie spärlich eingerichtet war.

Dann sah er das Bullauge, das Wasser dahinter, die Wellen, die Gischt. Nein ! Es wurde kalt und nass.

Schnell schaute er zurück zu den Augen des Hundes.
 

Ja, hier war er sicher; zusammen mit dem Hund konnte er aushalten, warten auf Rettung.
 

Wie lange würde es noch dauern, bis man sie fand?

Aber wenn er auf einem Schiff war, musste man sie doch gefunden haben.

Sollte er aufstehen?

Nachsehen, wo er war,.... wie hieß wohl dieses Schiff?

Senter versuchte aufzustehen. Aber nein, er schaffte es kaum, den Kopf zu heben.

Dann traf ihn die raue Zunge des Hundes.

Das war nass, Senters Puls wurde stärker, ....aber es war nicht gefährlich.

Senter konnte es nicht verhindern, immer wieder suchte er die Augen des Hundes.

Diese ruhigen Augen, die sich nicht aus der Ruhe bringen ließen: seine Ruhepole.

Mit diesen Augen konnte er alles überstehen, so hatte Senter zumindest das Gefühl.
 

Da fiel ihm ein, dass der Hund gar keinen Namen hatte. Sicher hatte er einen gehabt, doch wie lautete er denn noch gleich? ...

... Er konnte sich nicht erinnern.

„Wie soll ich dich nennen?“ Senter brauchte drei Anläufe um diese Frage laut zu stellen, wobei laut konnte man das nicht nennen. Es war mehr ein Flüstern, doch der Hund spitzte die Ohren. Er legte den Kopf schief und ließ die Augen von Senter nicht aus seinem Blick.

„Du hast mir mit deinen Augen das Leben gerettet! Und ich habe nicht mal mehr deinen Namen im Kopf. Ich werde dir wohl einen neuen geben müssen.

Doch welcher Name passt zu dir?

Luc? –ein Schnauzen stupser zusammen mit einem leisen Knurren kam vom Hund- Nein wohl nicht.

Mickey? – ein Niesen des Hundes- den magst du wohl auch nicht.

Wie wär’s mit…

Zerberus? –ein Knurren- nein wohl auch nicht, dafür bist du wohl zu lieb.

Blacky? –der Hund legte den Kopf schief- nein, irgendwie passt das auch nicht.

Senter zählte noch einige Namen auf, aber alle schienen unpassend zu sein.

„Mann, ich hätte nie gedacht, dass es so schwer ist, einen Namen zu finden, der dir auch gefällt“, meinte Senter.
 

Senters Namenssuche wurde durch das Öffnen der Tür gestört.

Ein Mann trat ein. Er war groß und hager; er hatte eine Tasche in der Hand.

Der Hund schaute zur Tür und fing an zu knurren. Senter legte eine Hand auf seinen Rücken, sofort schaute der Hund Senter an, suchte seine Augen. Senter schaute zurück und der Hund legte seinen Kopf ruhig auf Senters Brustkorb.

Der Hund ignorierte den Mann völlig.

Jener war inzwischen an die Koje getreten und hatte das Schauspiel beobachtet.

“ Sie sind endlich aufgewacht! Das ist gut.

Nun bin ich schon so lange auf See unterwegs; aber so was wie Sie und ihren Hund habe ich noch nicht erlebt.

Wie machen sie das nur? Der Hund hat uns nur sehr unwillig an sie heran gelassen, jede unserer Bewegungen hat er mit Argusaugen beobachtet. Der Hund muss sie ja abgöttisch lieben.“

„Der Hund und ich konnten uns nicht riechen!“

„Was? Das hätte ich nie für möglich gehalten“, rief der Arzt aus.

„Entschuldigen Sie, aber wer sind Sie und wo bin ich?“, wollte nun Senter endlich wissen, nachdem schon mal jemand da war, der auch antworten konnte.
 

„Nun, sie sind auf dem Zerstörer ‚Vermont’. Wir haben sie und ihren Hund aus der See gerettet. Ich bin der Schiffarzt. Mein Name ist Nowall, Dr. John Nowall.“

„ Wieso mein Hund? Ich habe doch schon gesagt, wir konnten uns nicht leiden?!“ Senter streichelte unbewusst den Hund.

„Das mag ja stimmen, aber jetzt scheinen sie sich wirklich zu mögen. Der Hund ließ sich nie so leicht beruhigen wie von ihnen. Und wenn er sie nicht mögen würde, würde er sich wohl kaum von ihnen streicheln lassen. Und nebenbei: Sie würden ihm mit Sicherheit nicht erlauben, auf Ihnen zu liegen. Was auch immer gewesen sein mag, jetzt ist es anders.

Aber jetzt habe ich auch einige Fragen an sie. Was ist geschehen?“

„Ich hatte auf der „Christoph“ angeheuert. Wir waren schon einige Wochen auf See, als ein Sturm aufkam. Wir müssen ein Leck bekommen haben. Die „Christoph“ ging zwar sanft unter, doch scheint niemand außer mir überlebt zu haben; und der Hund natürlich.

Ich hatte mich an einer Planke festgehalten und nach den Anderen Ausschau gehalten. Doch nur er hier- er zeigte auf den Hund- tauchte auf. Am Anfang kämpfte ich darum, die Planke für mich alleine zu haben. Doch er tauchte immer wieder auf, egal wie oft ich ihn von der Planke schob. Doch nach ein paar Stunden hörte ich auf, ihn hinunterzuschieben.

Ich beobachtete, wie er immer schwächer wurde.

Nachdem wir einige Tage auf der Planke verbracht hatten, rutschte der Hund ab. Ich hatte mich mit meiner Hose am Brett festgebunden und das machte ich mit dem Hund auch. Ich weiß nicht der wievielte Tag es war, da kam ein Schiff vorbei. Wir riefen oder bellten- aber man hörte uns nicht. Ich war der Verzweiflung nahe, dann sah ich seine Augen, sie gaben mir Halt und sie ließen mich vergessen, wo ich war und wie gefährlich meine und auch seine Lage war.

Irgendwann hatte ich komplett die Zeit vergessen.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange wir beide im Wasser waren, als sie mich gefunden hatten.

Ich wusste nur, ich brauchte den Hund um Überleben zu können. Als ich merkte, dass sie ihm nicht helfen wollten, bekam ich Angst. Deshalb habe ich mich so merkwürdig verhalten“, beendete Senter seine Erzählung.
 

Nun, wir hingegen konnten nicht verstehen, wieso sie sich so für ein Tier eingesetzt haben. Doch nun ist es etwas klarer.

Ich würde sie jetzt allerdings gerne erstmal untersuchen.

Immerhin sind die Tage auf See bzw. in der See sind nicht spurlos an ihnen vorbei gegangen.

Der Doc untersuchte Senter und war überrascht, wie gut sein Gesamtzustand war.

Selbst der Hund störte dieses Mal weder beim Abhorchen, noch bellte oder knurrte er.

Auch Senter lies alle Untersuchungen über sich ergehen.

Dann machte der Doc einen Schritt zur Seite. Da hörte er ein dumpfes Grollen, das hinter ihm seinen Ursprung hatte.

Er drehte sich um, ging aber nicht zur Seite und der Hund schnappte nach ihm. Daraufhin brachte er sich mit einem Sprung zur anderen Seite in Sicherheit. Und der Hund hörte augenblicklich auf zu knurren. Er schaute zu Senter und dieser schaute zum Hund. Beide schauten sich tief in die Augen.

Als der Doc darüber nachdachte, hatten sich die beiden die ganze Zeit über in die Augen geschaut und der Hund hatte erst geknurrt, als er ihm den Blick auf Senter versperrt hatte. Kaum konnte er ihn wieder sehen, wurde er ruhig.

Ein merkwürdiges Gespann waren die beiden.

Aber sie hatten Einiges durchgemacht. So ein Erlebnis kann zwei Seelen vereinen.
 

Nachdem der Doc die letzten Untersuchungen abgeschlossen hatte -diesmal achtete er auf den Augenkontakt der beiden-, ging er zum Käpt´n um ihm zu berichten, was er von Senter erfahren hatte.
 

Das Erlebnis mit dem Hund verschwieg er. Er akzeptierte die Verbindung zwischen den beiden und wollte nicht, dass noch mehr Gerüchte dem armen Jungen zusetzten.

Senter war mit Sicherheit noch keine 25 Jahre, er würde mit seinem Erlebnis erstmal klarkommen müssen.
 

Der Käpt´n war nicht überrascht zu hören, dass sonst niemand mehr am Leben war. Dieser Junge musste eine ganze Horde von wohlwollenden Meeresgeistern gehabt haben, dass er es geschaft hatte, so lange zu überleben.
 

Doch der Käpt´n dachte nicht, dass der Junge sich weiterhin auf dem Meer zuhause fühlen würde.

Und er sollte Recht behalten. Der nächste Hafen war noch gut 3 Wochen weg.
 

Diese 3 Wochen gingen langsam an Senter vorbei. Nachdem er erwacht war, traute er sich erst nicht aus der Kajüte heraus. Nur zum Essen ging er in die Kombüse. Immer begleitet von Leif; das war der Name den Senter dem Hund letztendlich gegeben hatte.

Leif wich keinen Moment von Senters Seite. Wann immer das Schiff in stärkeren Seegang geriet, fand man die beiden aneinander geschmiegt, sich tief in die Augen blickend. Es schien, als könnten sie nicht mehr ohne die Augen des jeweils Anderen leben.
 

In der zweiten Woche fing Senter an, auf dem Schiff kleinere Aufgaben zu erledigen, immer im Schutz der innen gelegenen Räume. An Deck hielten es die beiden nie lange aus.

Doch der Käpt´n kam nicht umhin, zu bemerken, wie gut sich Senter unter Kontrolle hatte. Jeder sah wie schwer es ihm fiel, seine Angst zu überwinden, und doch jammerte er nie.

Er erledigte alle ihm zugewiesenen Aufgaben. Und nach zweieinhalb Wochen hatte er sogar noch jemanden gefunden, mit dem er nicht nur das Nötigste sprach.

Seine Wahl fiel auf den Smutje. Dieser Mann hatte etwas von einem Großvater. Er war schön früh ergraut und hatte einen weißen Vollbart. Sein Name war Jonathan Gray, doch alle nannten ihnen nur Großvater. Anfangs war es ein Spitzname, den der Smutje nicht mochte, doch später war es, gerade für die jungen Seeleute, ein Stück Heimat.

Und so hatten sie einfach weiter gemacht und inzwischen freute sich der Smutje, wenn er Großvater genannt wurde.
 

Er hatte keine eigene Familie und so hatte er eine ganz neue große Familie erhalten und das freute ihn überalle maßen.

Er war ein guter Zuhörer und konnte zu fast allem einen guten Rat geben.

Immerhin war er jetzt schon 49, und war seit seinem 12. Lebensjahr auf See zu Hause. Er hatte einen großen Schatz Erfahrungen angehäuft, und von diesem Wissensschatz profitierten alle.
 

Mehr als 4 Wochen, nachdem die „Christoph“ untergegangen war, lief der Zerstörer“ Vermont“ mit den letzten Überlebenden des großen Unglücks in den Hafen von Dover ein.

Senter war von dem Bild, das sich ihm bot überwältigt.

Am Hafen waren viele Menschen. Dass sie alle wegen ihm da waren, daran gab es keinen Zweifel.

Denn über ihren Köpfen wehten Schriftzüge auf weißen Bannern. Auf denen standen Sprüche wie, „Willkommen zu Hause“

oder „Unser Überlebenskünstler ist zurück“
 

Das hatte Senter dem Käpt´n zu verdanken. Er hatte über Funk weitergeleitet, dass es tatsächlich einen Überlebenden gegeben hatte.

Senter war schon früher ein Bekannter in Dover gewesen, es hatte schon irgendwie Tradition, dass er der einzige bei irgendetwas war.
 

Damals war er vielleicht 9 gewesen, als er und seine Freunde mit Feuer gespielt hatten. Sie hatten damals den Heuschober der Nachbarin in Brand gesteckt, und er war der einzige gewesen, der nur eine Schramme abbekommen hatte. Seine Freunde zogen sich teils schwere Verbrennungen zu.

Als er 13 war, hatten sie im alten Bergwerk gespielt. Und wurden verschüttet. Senter war wieder derjenige, dem dabei am wenigsten zugestoßen war. Nicht, dass er sich immer in Sicherheit bringen würde, wenn es gefährlich wird. Nein, das konnte niemand sagen. Doch er hatte immer einen sehr aufmerksamen Schutzengel.

Er nannte es immer gute Reflexe und noch viel mehr Glück.

Nach diesen Geschichten folgten noch viele weitere; so waren die Jungs nun mal.

Er war immer ein fröhlicher Junge, mit vielen Freunden und einer großen Familie.
 

Doch dann wurde Senters gesamte Familie Opfer der Pocken; nur Senter überlebte. Er hatte sich auf dem Hof seines Onkels die Kuhpocken eingefangen und wurde von den Pocken seitdem verschont. Das war auch der Grund warum er sich für die Seefahrerei entschieden hatte. Er hatte niemanden, der warten würde. Niemanden den er in Einsamkeit zurücklassen müsste.
 

Und nun war er doch wieder hier, in der Stadt seiner Kindheit. Und obwohl er keine Verwandten hatte, war er nicht allein.

Senters Rückkehr wurde noch bis tief in die Nacht gefeiert.

Alle hatten zusammengelegt, damit er den Verlust seiner Habseligkeiten auffangen konnte. Denn diese langen nun auf dem Grund der See.

Alle waren froh, ihren bunten Hund zurück zu haben. Es war so ruhig gewesen die letzten 6 Jahre seitdem Senter zur See fuhr.
 

Senter kehrte am nächsten Morgen zum Haus seines Vaters zurück. Ein kleines Häuschen am Strand. Fast war er überrascht wie wenig sich verändert hatte.

Das Haus lag da, als wäre er erst gestern das letzte Mal da gewesen.

Selbst der Garten, obwohl mit Unkraut übersäht, war eine Pracht aus Farben. Dazu das Rauschen des Meeres. Als Senter das sah und hörte, wurde ihm klar: Er würde nie wieder von hier weggehen. Er hatte auf der ganzen Welt einen solchen Platz gesucht und nie gefunden.

Er liebte die weißen Klippen und das Meer, das Land, den Wind: Hier war seine Heimat!
 

Senter genoss die ersten Tage zu Hause, besuchte alte Bekannte und Freunde.

Sie alle wurden in den nächsten Jahren, seine selbst gewählte Familie.

Senter hatte damals bei seinem Vater die Lehre zum Schiffsbauer gemacht.

Diese Arbeit nahm er nun wieder auf.

Innerhalb einiger Jahre hatte er eine gut laufende Werft, die Schiffe in allen Größen baute.

Kleine Segelschiffe, Schifferboote, Schoner, Ruderboote.
 

Senter hatte inzwischen auch seine große Liebe gefunden. Sie hieß Maria und war eine Schönheit. Mit ihr bekam er 5 Kinder.

Leif war immer noch immer an seiner Seite zu finden.

Die beiden machten oft lange Spaziergänge und immer endeten sie auf einer Klippe, weit über Strand und Meer. Dort konnte einen schnell das Gefühl ereilen, man sei auf einem Schiff und vor einem gab es nichts mehr als das Meer, die unendliche See.
 

Denn auch wenn Senter nie wieder zur See fuhr, er war ein Seemann und er vermisste auf der einen Seite die Weite der See. Doch das Erlebnis hielt ihn an Land fest und er war zufrieden hier mit Leif zu sein und sich vorzustellen auf See zu sein.

Oft saßen sich Leif und Senter stundenlang gegenüber und verloren sich in den Augen des anderen.

Senter wusste immer, wenn es Leif nicht gut ging und genauso war es anders herum.

Schon oft waren sie Opfer des Spotts geworden, wenn Fremde von den beiden hörten. Doch die ganze Stadt hatte nicht viel übrig für solche Kleingeister.

Sie fanden die Beziehung erst etwas gewöhnungsbedürftig, doch irgendwann hatten sie es hingenommen.

Wieder hatte Senter etwas geschafft was nicht jeder vollbrachte.
 

Maria hatte sich erst daran gewöhnen müssen, dass Senters Herz ihr nie ganz gehören würde, sondern, dass Leif auch immer dazu gehören würde.

Sie war am Anfang eifersüchtig, denn sie stammte aus einem Dorf ca. 20 km entfernt und hatte seine Geschichte nicht gekannt.

Erst nach und nach hatte sie erfahren was ihm passiert war.
 

Kennengelernt hatte sie Senter, als ein von ihm gebautes Schiff in die Flotte ihres Vaters aufgenommen wurde und getauft wurde.

Ihr Vater sagte immer:“ Dieser Junge ist ein Glückspilz, er baut Schiffe und diese scheinen seinen Lebenswillen zu haben: Egal wie schlimm die Stürme waren, in die sie gerieten, sie gingen nicht unter.

Und hatten auch nur leichte Schäden.

Das machte die Schiffe der Senter Werft so interessant und inzwischen auch teuer.

Viele wollten ein Schiff von Senter haben aber nur wenige konnten sich ein solches Schiff leisten.
 

Das kleine Haus seiner Eltern war immer noch der Hauptbestandteil von Senters Heim, doch hatte er einige Zimmer angebaut.

Senter war ein wohlhabender Mann geworden.

Und doch wurde er nie exzentrisch.

Er war immer dabei, wenn es darum ging, anderen Menschen zu helfen.

Er hatte einen Fond geschaffen, der Überlebenden von Schiffsunglücken wieder auf die Beine half.

Ebenso hatte er ein Krankenhaus mitfinanziert, in dem die Armen versorgt werden konnten.
 

Senter hatte seine Kinder zur Schule geschickt. Etwas, das ihm nicht vergönnt gewesen war, oder zumindest nicht lange.

Seine Kinder waren gut in der Schule und sie machten sich auch sonst gut.

Doch auch wenn Senters Leben in geordneten Bahnen lief, so gab es auch hier an Land einige Erlebnisse, die Senter manches Mal nachdenklich machten.

Sein Schwiegervater sagte zwar, dass er einen Überlebenssinn hatte, der den der meisten Menschen überstieg, doch im Grunde seines Herzens war Senter nicht wirklich davon überzeugt.

Was würde er nur ohne Leif machen.

Seinen Lebensmut fand er nur in den Augen des Hundes, doch diesem liefen die Lebensjahre davon.
 

Senters Unfall war nun schon fast 15 Jahre her und Leif merkte man an, dass er nicht mehr der Kräftigste war.

Er schleppte sich mehr voran, als dass er lief.

Fressen wollte er auch kaum noch.

Nach weitern 2 Jahren, in denen es Leif immer schlechter ging, kam, was kommen musste:
 

Leif schlief am Abend ein und so sehr Senter auch am nächsten Morgen versuchte ihn aufzuwecken, Leif hörte die Rufe seines Freundes schon lange nicht mehr.
 

Leif war tot.
 

Leise in der Nacht hatte er sich davongeschlichen um nicht wieder zu kommen.

Senter war untröstlich.

Er brachte Leif zu ihrer Klippe, von der sie so oft das Meer beobachtet hatten.

Senter ließ es sich nicht nehmen, einen Gedenkstein aufzustellen.
 

Nach dem Tod von Leif, traf man Senter fast zu jeder Tageszeit an dieser Klippe. Immer schaute er aufs Meer hinaus oder auf den Gedenkstein.

Senter veränderte sich stark.

Seine Haare ergrauten sehr schnell, seine Körperspannung erschlaffte, er konnte sich auf nichts konzentrieren.

Maria machte sich große Sorgen um ihn.

Er hatte ihr erzählt wie er sich damals auf der „Vermont“ gefühlt hatte.
 

Nun erging es ihm ähnlich. Senter hatte Angst, auch wenn er nicht wusste, wovor.
 

Er vermisste Leif und seine Augen. Sie hatten ihm immer Mut gemacht, diese Augen, die so sanft waren, sie konnten ihn alles vergessen lassen, doch nun waren sie nicht mehr da.

Warum hatte Leif ihn nur im Stich gelassen.

Er konnte nicht verstehen, warum er allein zurückgelassen wurde. Er hatte sich doch dafür eingesetzt, dass Leif gerettet wurde.

Dieser Hund war so undankbar, er starb einfach so.

Warum musste er ihn allein zurücklassen.

Allein in dieser Welt, die so weit und beängstigend war.

Mit Leif hätte Senter es geschafft, alles zu überstehen.

Doch so allein, wusste er nicht, wie er es schaffen sollte.
 

Senter fing sich nicht mehr. Fast täglich baute er weiter ab, traute sich kaum mehr etwas zu.

Und erst jetzt merkte man, wie sehr ihn sein Schiffbruch mitgenommen hatte.

Jede Nacht erwachte Senter aus dunklen Träumen, erfüllt mit Wassermassen, einem stück Holz und ohne die Möglichkeit sich und seinen treuen Freund zu retten.

Senter erwachte immer schweißgebadet und konnte dann nicht wieder einschlafen.

Er war nicht in der Lage, sich seinen Dämonen ohne Leif zu stellen. Er hatte seit diesen Tagen im Wasser jede Nacht davon geträumt, doch immer war er mit Leif zusammen, dessen Augen retteten ihm auch im Traum das Leben.

Ohne Leif war Senter nur ein Schatten seiner selbst.
 

Nach weiteren 4 Jahren übernahm sein ältester Sohn die Werft.

Seine geliebte Maria starb 6 Jahre nach Leif.

Sie stürzte eine Klippe hinab, als es eine Springflut gab. Eine Sturmböe schob sie über den Rand von Senters Lieblinsklippe.

Die Springflut trug ihre Leiche weit hinaus aufs Meer. Erst 2 Tage später wurde sie angespült.

Das gab Senter den Rest. Er hatte nur für seine Familie nicht aufgegeben.

Er hatte jeden Tag gekämpft, jetzt war er erschöpft.

Seine Kinder waren nun alle erwachsen. Sie hatten geheiratet, eine eigene Familie gegründet.

Senter würde gehen können, ohne jemanden alleine zurück zu lassen.

Alle hatten jemanden, nur er war allein. Er wollte nicht mehr und sein Körper schien seinem Wunsch nachkommen zu wollen.

Senter erkrankte. Er bekam eine Lungenentzündung.

Doch so oft der Arzt ihm auch Bettruhe verordnete, Senter ging jeden Tag zu der Klippe an der sein Freund lag und die ihm seine Frau genommen hatte. Dort dachte er über sein Leben nach.

Hatte es sich gelohnt?

War es ein gutes Leben gewesen?

Er hoffte, er würde seine Maria bald wieder sehen.
 

Senter erwachte mal wieder aus seinem Alptraum. Wieder mal konnte er Leif nicht an der Planke festbinden.

Leif war untergegangen und Senter wünschte sich nichts mehr als ebenfalls unterzugehen.

Doch kaum war er im hier und jetzt angekommen, schüttelte ihn ein gewaltiger Hustenkrampf, er rang nach Luft und wusste nicht wie es weitergehen sollte. Er dachte schon, er würde hier in seinem Bett sterben, doch dann beruhigte sich der Krampf in seiner Brust wieder.

Er zog sich an um wieder zur Klippe zu gehen. Hier blies ihm der Wind immer genug Luft zum Atmen entgegen.

Doch diesmal saß er noch nicht ganz an seinem Platz vor dem Gedenkstein für Leif, als ihn ein weiterer Anfall niederwarf.

Senter fiel hart auf den Boden.

Er blieb benommen liegen, der Anfall verhinderte, dass Senter atmen konnte und er hatte nicht mehr die Kraft sich zu widersetzen.

Senter war überrascht, wie schnell das Ende kam.

Wie damals das Wasser, das zum Krähennest stieg.
 

Senter wurde erst am Nachmittag von einem jungen Mann gefunden.

Dieser benachrichtigte die Menschen im Dorf, es gab eine helle Aufregung.

Sven, der Älteste Sohn Senters, ließ seinen Vater auf der Klippe beisetzen.

Auf seinen Grabstein lies er den Text eingravieren:
 

‚Hier ruht Senter,

er rettete Leifs Leben’
 

Auf dem Gedenkstein von Leif stand:
 

‚Hier ruht Leif,

er rettete Senters Leben’
 

Die Klippe hieß von diesem Tag an, nur noch ‚Senters Klippe’.
 

Senters Schiffe gingen niemals unter, alle brachten ihre Mannschaften stets sicher nach Hause.



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