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Eistränen

von

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Aufgebrochene Narben

Nach der Begegnung mit Mika und Yuki im Cafe folgten die beiden uns, nachdem wir an diesem Nachmittag das Lokal verlassen hatten. Mir war die Nähe der beiden mehr als unangenehm. Ich wollte nur weg und ich sah zu, dass ich schnellen Schrittes zum Auto kam. Den Maxicosi mit der schlafenden Sakura hatte ich mir über den Arm gelegt. Ich setzte das Kind ins Auto, schnallte sie an und stieg dann schnell ein. Tohma tat es mir gleich und ich warf einen prüfenden Blick in den rechten Außenspiegel. Mika und Yuki gingen weiter in unsere Richtung, ließen uns nicht aus den Augen und unterhielten sich offenbar miteinander. Irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass sie wieder irgendwas ausheckten, aber ich wollte mir darüber keine Gedanken machen.
 

Trotzdem ließ mir das keine Ruhe.

Wir kamen zuhause an und ich legte Sakura schlafen. Ich setzte mich in die Küche und trank ein Glas Wasser. Tohma hatte sich ein Bad eingelassen und war dementsprechend eine Weile im Bad beschäftigt. Zeit genug für mich, aus dem Telefonbuch Mikas Nummer herauszusuchen. Sicher hätte ich auch in Tohmas Unterlagen wühlen können aber das wollte ich nicht.
 

Tohma war inzwischen in der Badewanne, was mir genug Zeit ließ, Mika anzurufen. Tatsächlich ging dieses Miststück ans Telefon und ich fragte mich eine Zehntelsekunde, ob unsere Nummer im Display ihres Telefons angezeigt wurde, und sie hoffte, dass Tohma sie anrief.

Ich meldete mich höflichst und sagte ihr, dass ich mich gern mit ihr treffen würde, da ich gern mit ihr unter vier Augen sprechen wollte. Ich wollte einfach nur dass dieser ganze Terror aufhört und wir in Frieden leben konnten, aber ich hatte ehrlich gesagt keine Hoffnung, dass ein freundliches Gespräch von Frau zu Frau (oder sollte ich sagen von Frau zu Biest) stattfinden, geschweigedenn erfreuliche Ergebnisse liefern würde. Allerdings willigte sie ein und ich gab ihr die Info, dass ich Sakura mitnehmen würde. Heute frage ich mich, weswegen ich ihr diese Information gegeben hatte, was ich mir davon versprach, ihr das zu sagen und vor allem wie verantwortungslos ich hatte sein können? Diese Fragen stellte ich mir öfter aber ich fand keine Antwort darauf.

Ich vereinbarte mir ihr, dass wir uns in 20 Minuten an der Ginza trafen. Die Ginza ist eines der belebtesten Orte in Tokio und das zu eigentlich jeder Tages- und Nachtzeit. Sollte Mika irgend einen Plan den sie im Kopf hatte umsetzen wollen, so war sie definitiv nicht unbeobachtet bei der Durchführung.

Nach dem Telefonat, klopfte ich an die Badezimmertür und informierte Tohma ehrlich über mein Vorhaben. Begeistert war er nicht, aber ich schätze, er wusste, dass er mich ohnehin nicht davon hätte abbringen können. Er wusste sicherlich auch, dass ich nicht wollen würde, dass er mich begleitete, also versuchte er erst gar nicht mir das vorzuschlagen. In seinem Gesicht stand allerdings deutlich eines geschrieben: Sorge.
 

Ich nahm mir ein Taxi und fuhr das kurze Stück zur Ginza. Ich war etwas zu früh, aber das machte mir nichts aus. Ich stellte mich mit dem Rücken an eine Hauswand, den Maxicosi mit meiner Tochter in Bauchhöhe. Ich wollte vermeiden, dass sie, oder möglicherweise auch Yuki mich von hinten attackierten.

Ich war auf fast alles gefasst, ich wusste, dass weder Mika, noch Yuki zimperlich waren. Aber wie gesagt ich war eben auch nur auf fast alles gefasst.
 

Mika erschien tatsächlich und ich nahm mir einen Moment Zeit sie mir genauer anzusehen. Eigentlich war sie eine sehr hübsche Frau, wie ich fand. Wie Tohma sah sie viel jünger aus, als sie eigentlich war und sie war sehr gepflegt und geschmackvoll gekleidet. Dennoch konnte ich im Gesicht dieser hübschen Person einiges erkennen. Hass, Wut, Neid, Arroganz und am allerschlimmsten Verletztkeit.

Weswegen sie verletzt hätte sein können, ist mir bis heute ein Rätsel aber ich war auf der Hut, denn Menschen – besonders auch Frauen – die verletzt sind, sind gefährliche Wesen, denn sie kennen den Schmerz und haben ihn überlebt.

Theoretisch träfe das auch auf mich zu, vielleicht tut es das auch in gewisser Hinsicht, das kann ich selbst nicht beurteilen, das müssen Sie schon meinen Mann fragen.

Aber das spielte auch keine Rolle.

Wichtig war, dass sie sich überhaupt dazu herabließ, sich mit mir zu treffen. Diesen Eindruck hatte ich nämlich, sie behandelte mich seit jeher sehr abwertend und von oben herab. Nicht, dass mich das gestört hätte, aber ich wollte ihr das auch nicht zeigen. Niemand konnte wissen was sie möglicherweise dann erst tat.

Also tat ich besser daran meine – ich möchte es einfach mal so ausdrücken – Gegnerin nicht zu unterschätzen.

Ich druckste auch gar nicht lange herum, sondern kam direkt zum Punkt.

„Ich möchte wissen, was dieses ganze Theater soll! Sie haben mit doch diesen Typen geschickt! Was haben Sie gegen mich? Hassen Sie mich so abgrundtief?“

Mika sah mich ruhig aber arrogant an.

“Kleines ich spiele in einer anderen Liga als du.” sagte sie ruhig und ich musterte sie einen Moment. Sie trug ein schwarzes Lederkleid mit einem roten, breiten Lackgürtel, war stark geschminkt und roch nach billigem Parfüm. Offenbar hatte Tohma ihr gleich nach der Trennung den Geldhahn abgedreht und kein Interesse daran sie weiter durchzufüttern, so dass sie nun auf Parfüm aus dem Kaufhaus, statt einer Parfümerie zurückgreifen musste.

“Richtig, Sie spielen in einer Liga, die meine weit unterschreitet” konterte ich keck und stand auf. Ich legte mir den Griff des Maxicosi über den Arm und war im Begriff zu gehen. Diese Frau und ich waren so dermaßen verschieden, dass der Vergleich Tag und Nacht noch weit untertrieben gewesen wäre. Ich konnte nicht begreifen, was Tohma mal an dieser Frau fand, dass er sich sogar dazu entschloss, den heiligen Bund der Ehe mit ihr einzugehen. Für mich war offensichtlich, dass diese Ehe nur einseitig funktioniert haben musste. Er liebte sie und gab ihr alles was sie wollte: teuren Schmuck, Kleider, eine große Villa, Kreditkarten und Kosmetikbesuche. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass die ein oder andere Schönheits OP gemacht wurde, mit mäßigem Erfolg. Sie liebte nur sein Konto und so schienen sie sich irgendwie zu einigen....

Mika ging noch einen Schritt weiter. Ich war schon fast aus der Tür als sie mir hinterhersäuselte: “Er schlägt sogar seine eigene Frau.” Eigentlich wollte ich diese Bemerkung ignorieren, aber ich konnte einfach meine Klappe nicht halten. “Wenn er sie geschlagen hat, haben Sie es mit Sicherheit auch verdient.” war alles was ich sagte. Ich zahlte die Rechnung und verließ mit dem Maxicosi auf dem Arm das Lokal. Ich rief mir ein Taxi und fuhr nach Hause, froh von dieser Frau wegzukommen. Ich war so erleichtert, als ich endlich im Taxi saß, nicht wissend, was mich zuhause erwartete.
 

Ich schloss die Tür zu unserem Haus leise auf, da ich vermutete, dass Tohma schlief und gleich im Eingangsbereich stieg mir der widerliche Geruch in die Nase. Es war Aftershave, das mich die Nase kaus ziehen ließ. Ich wusste nicht warum, aber ich war alarmiert und stellte den Maxicosi mit meiner schlafenden Tochter ins Wohnzimmer. Ich schnupperte wie ein Hund, der eine Fährte verfolgt. Ich griff in meine Manteltasche nach dem Tränengas, das ich seit Yukis Überfall ständig bei mir hatte. Ich war auf alles vorbereitet – dachte ich.

Ich ging die Treppe zum Schlafzimmer hoch und vergewisserte mich, dass niemand in irgendeiner Ecke des Hauses auf mich lauerte. Ich stieß die Tür zum Schlafzimmer auf und was ich da sah ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Tohma lag bäuchlings auf dem Bett, zuckend. Über ihm Yuki und es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was da gerade passierte. Yuki verging sich an Tohma, wie damals an mir. Ich musste einen Würgereiz unterdrücken und dann handelte ich einfach nur noch. Ich stürzte mich auf Yuki und riss ihn von Tohma herunter. Ich schrie ihn an, er solle verschwinden, meine Stimme überschlug sich schrill. Yuki muss genauso überrascht gewesen sein, wie ich, denn er schaffte es noch nicht einmal sich die Hose hochzuziehen, als er aus dem Schlafzimmer stolperte. Im Nachhinein ist es mir ein Rätsel, wie ich es geschafft habe, einen Mann von etwa einen Meter neunzig der praktisch in einem anderen “verkeilt” zu sein schien so überwältigen konnte, doch in dem Augenblick, als es geschah, dachte ich darüber überhaupt nicht mehr nach.
 

Ich wusste wie es Tohma ging und ich wickelte ihn schnell in eine Decke und rief dann auf sein bitten hin seine Tochter Tsuki an. Tohma wollte Eiri sehen und ich musste dafür sorgen, dass der auch seinen Hintern hierherbewegte, mehr konnte ich im Augenblick nicht für ihn tun.
 

In dieser Zeit stand mir auch meine beste Freundin Kaori, genannt “Koko” bei. Ich habe sie noch nicht erwähnt? Ich werde ihr noch ein eigenes Kapitel in dieser Autobiografie widmen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Christian-Grey
2016-05-31T19:55:51+00:00 31.05.2016 21:55
Krass aber daran erinnere ich mich noch gut
Sehr gut geschrieben


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