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Eistränen

von

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Lebensretterin

Wie gesagt hatte ich meine Methoden entwickelt um schneller als geplant wieder aufs Eis gehen zu können. Zu Weihnachten war ich schon so weit, dass ich mein erstes Training nach dem Anschlag absolvieren konnte. Ich hatte einfach den Arzt solange bebettelt, bis er mir erlaubte den Fuß einfach sehr fest zu tapen und das Training auf eine halbe Stunde statt bis zu acht täglich zu absolvieren.

So war ich wieder bester Laune und ich freute mich auf Weihnachten. Wir wollten alle gemeinsam mit der Familie essen. Also machte ich mich relativ früh auf den Weg zum Training. Ich wollte danach direkt zu meinen Eltern zum Essen gehen, dass alles anders kommen würde und dieser Tag mein gesamtes Leben komplett ändern sollte, ahnte ich nicht, als ich hinter mir die Haustür zufallen ließ und mich an diesem kalten 24. Dezember auf den Weg machte. Es war bitterkalt, es schneite und die Straßen und Bürgersteige waren Spiegelglatt. Allerdings hatte ich auch ohne Schlittschuhe an den Füßen keine Probleme mich fortzubewegen, ich war es gewöhnt. Also setzte ich meinen Weg Richtung Eishalle fort. Ich lief an Ständen vorbei, die heißen Sake, frisch duftende Waffeln und andere Süßigkeiten anboten, aber ich ging stur vorbei. Ich habe bis heute eine Schwäche für Schokolade, Kuchen, Plätzchen und vor allem alles mit Vanille oder Kokos, gönne mir aber in Beachtung meines Gewichtes solche Naschereien nur selten. So auch an diesem Tag. Es würde genug Süßes für mich geben, wenn ich nach dem Training zu meinen Eltern rüber ging. Allerdings muss ich hierbei auch betonen: Trotz, dass ich so eine Naschkatze bin, ist Seiyas Prophezeiung, ich würde mal aussehen wie eine Christbaumkugel, die zu viel Sake getrunken hat, hat sich nie bewahrheitet.

So machte ich mich also auf den Weg. Ich stand gerade an der Ampel an der Ginza, die zu meiner Überraschung außer mir fast Menschenleer war und wartete darauf, dass die Ampel auf grün sprang. Das tat sie auch und ich setzte verträumt meinen Fuß auf die Straße. Ich hörte ein Auto heranrasen und als ich in die Richtung schaute, brauste eine Luxuskarosse mit viel zu hoher Geschwindigkeit in meine Richtung. Und dann ging alles rasend schnell. Ich sprang zur Seite, landete auf dem Hintern, wollte gerade noch „IDIOT!“ schreien und sah wie der Wagen wegen der überhöhten Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam, den Bordstein rammte, sich ein paar Mal überschlug und schließlich auf dem Dach liegenblieb. Zunächst war ich wie elektrisiert, ich konnte mich nicht rühren, aber einige Sekunden später rannte ich zu dem Wagen. Ich wusste nicht warum ich das tat, ich glaube, ich hatte überhaupt nicht nachgedacht, mein erster Gedanke war nur: „Du musst helfen. Schließlich war es deine Schuld.“ Das es nicht meine Schuld war, wusste ich damals noch nicht. Das alles sollte ich erst viel später erfahren. Alles geschah in einem Bruchteil von Sekunden. Ich versuchte mit aller Kraft die Fahrertür zu öffnen, schaffte es auch, kroch in den Wagen und nahm den Geruch von Benzin wahr, das bald eine hoch gefährliche Pfütze im Schnee hinterlassen hatte. Ich tastete nach dem Knopf mit dem sich der Sicherheitsgurt öffnen ließ, fand ihn und drückte darauf in der Hoffnung, dass sich der Gurt auch löste. Das tat er und ich packte den Mann, der bewusstlos in seinem Fahrzeug eingeklemmt war unter den Armen und hievte ihn aus dem Wrack. Ich zog ihn ein paar Meter weiter weg vom Wagen, der kurz darauf mit einem ohrenbetäubenden Knall explodierte. Ich beugte mich über den Mann, um ihn zu schützen, warum ich das tat, wie ich es überhaupt schaffte ihn herauszuziehen wusste ich nicht. Ich dachte auch gar nicht darüber nach. Erst später wurde mir klar, dass es das Adrenalin gewesen sein musste.

Schnell rief ich mit meinem Handy einen Krankenwagen an und sprach den jungen Mann an, der mir zwar bekannt vorkam, mir aber partout nicht einfallen wollte woher. „Können Sie mich hören?“ Er antwortete nicht, stattdessen aber eine junge Frau, die mit einem jungen Mann angerannt kam. Da sie ihn mit „Dad“ ansprach, war mir klar, dass es sich um seine erwachsene Tochter handeln musste und ich fühlte mich fehl am Platz. Ich entschuldigte mich bei ihr und sagte ihr, dass ich bereits einen Krankenwagen angerufen hatte. Ich fühlte mich schrecklich, ertappt, wie damals, wenn ich als Kind abends nach dem Zähneputzen noch Kekse aus der Dose in der Küche stibitzte. Ich beteuerte meine Schuld, sagte, dass ich nicht aufgepasst hätte aber zu meiner Überraschung schrie sie mich nicht an, sie schlug mich nicht, nein sie nahm mich in den Arm. Ich zitterte, ich schämte mich und obwohl sie mir sagte, es sei nicht meine Schuld, wollte ich nicht daran glauben. Ich stand unter Schock und schaffte es irgendwie noch mich vorzustellen. Warum ich das tat, weiß ich nicht. Der Krankenwagen kam und man kümmerte sich bereits um den Verletzten. Ich betete zu Gott, dass er nicht sterben würde. Die junge Frau stellte sich mit Tsuki Seguchi vor und fragte mich belangloses. Noch immer hatte ich nicht realisiert, wem ich da eben geholfen hatte. Auch nicht, als der Name „Seguchi“ fiel. Ich stand einfach noch zu sehr unter Schock. Sie sprach mit dem jungen Mann, der erstaunlich locker gewirkt hatte, und sagte mir, wenn ich wolle, könne ich mitfahren. Ich nickte, ich fühlte mich schuldig, ich musste mitfahren. Während der Fahrt ins Krankenhaus nahm ich um mich herum nichts wahr. Nicht das Telefonat, das Tsuki führte, nicht das war der junge blonde sagte,– nichts. Während der junge blonde, der, wie ich in Gesprächsfetzen mitbekam, Kai hieß hinter dem Krankenwagen herfuhr und Tsuki telefonierte – vermutlich mit ihrem Mann – sah ich nur raus und fühlte mich elend.
 

Im Krankenhaus angekommen, war der Mann, dem ich das Leben gerettet hatte bereits in den OP gebracht worden und langsam setzte ich die Puzzleteile zusammen. Die junge Frau hatte den Mann mit „Dad“ angesprochen. Sie hieß Seguchi, Tohma hieß Seguchi. Gab es den Namen öfter, oder war es tatsächlich Tohma Seguchi, dem ich das Leben gerettet habe? Der der mich auf dem Konzert festgehalten hatte, damit ich nicht auf den Asphalt knallte? Der, der mir ein bezauberndes Lächeln schenkte? Der, den ich angehimmelt hatte, als ich ein junges Mädchen war? Konnte das möglich sein? Ich wollte nicht daran glauben.
 

Schweigend betrat ich mit den beiden mir fremden das Krankenhaus und Kai, der die Hände in die Taschen seines Mantels vergraben hatte, fluchte irgendwas gegen seine Mutter, daraus schloss ich, dass es sich um eine Familienangelegenheit handeln musste, mit der ich nichts zu tun hatte und in die ich mich auch nicht einmischen wollte. Ein weiterer blonder, großer Mann rannte auf uns zu und erkundigte sich nach Tohmas befinden, sie blieben stehen und sprachen miteinander, ich hatte mich an die Wand in eine Ecke gestellt, wie gesagt, dachte ich an eine Familienangelegenheit und es ging mich nichts an, was sie besprachen, also hielt ich mich im Hintergrund. Ich dachte nur „Wenn er wirklich stirbt, ist das meine Schuld“ Der Gedanke, ein Menschenleben auf dem Gewissen zu haben, nur weil ich so unachtsam gewesen bin, war unerträglich für mich. Andererseits dankte ich Gott dafür, dass seine Familie anwesend war. Während ich beobachtete, wie der große blonde auf die junge Frau einredete, und klarzumachen versuchte, dass ihr Vater nicht sterben würde, hielt ich es nicht weiter aus, schweigend dazustehen, denn eigentlich ging es mich doch etwas an. Ich kam aus meiner Ecke, wie ein geprügelter Hund. „Haben Sie denn schon etwas gehört?“ Tsuki schüttelte den Kopf und sah mich an „Nein noch nicht, na komm wir beide gehen ein bisschen raus“

Der große Blonde musterte mich und irgendwas war in seinen goldenen Augen, das mich zwang wegzusehen. Obwohl ich noch nie solche Augen wie die seinen gesehen habe und die Farbe faszinierend fand, war ich nicht imstande ihm in die Augen zu sehen. „Wer ist die kleine?“ fragte er und irgendetwas abschätzendes lag in seiner rauhen Stimme. Obwohl ich von Anfang an glaubte, dass er mich nicht leiden konnte – warum auch immer, ich kannte diesen Mann nicht (jedenfalls erkannte ich ihn nicht gleich) – verneigte ich mich höflich und stellte mich vor, noch bevor Tsuki mich den Gang entlang führen konnte und mich fragte ob ich lieber Kaffee oder Tee trinken wolle. Ich endschied mich für Tee (ich trinke nur sehr, sehr selten Kaffee) und so setzen wir uns in die kleine Cafeteria des Krankenhauses, wo Tsuki mir eine Tasse dampfenden Tee hinstellte. Ich trank den Tee und erfuhr etwas mehr über Tsuki. Sie war bereits Mutter von vier Kindern, das konnte ich nicht glauben, sie sah sehr jung aus. Sie erzählte mir, dass sie mit Eiri Yuki verheiratet sei, der eigentlich ihr Onkel war. Dieses Familienverhältnis war mir zwar etwas suspekt, aber ich sagte nichts. Aber nun war mir auch klar, wer der blonde gewesen war, der mich so kalt angesehen hatte. Eiri Yuki. Ich hatte jedes Buch dieses Autors im Schrank und sie in meiner wenigen Freizeit nicht gelesen – ich hatte sie fast gefressen.
 

Nachdem wir den Tee getrunken hatten machten wir uns wieder auf den Weg zum Patienten. Ich weiß nicht wieso, aber Tsuki mochte mich vom ersten Tag, ich sie aber auch, sie war mir sehr sympathisch, was man von ihrem Mann nicht behaupten konnte, Eiri und ich konnten uns von der ersten Sekunde an nicht leiden, und das ist immer noch so. Tsuki erzählte dem Arzt irgendwas und so durfte ich mit auf die Intensivstation. Als ich Tohma sah war mein erstes Gefühl Erleichterung, dass er am Leben war. Eigentlich hatte ich hier nichts mehr zu suchen, doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, ging die Tür auf und eine betrunkene Brünette betrat den Raum. Ich verabscheue Alkohol. Allein schon deswegen, weil ich das mit säuerlichem Champagner und den wiederum mit dem Beginn meines Missbrauchs durch Haku in Verbindung bringe. Frauen die trinken, verabscheue ich umso mehr. Sie lallte irgendwas und ich erfuhr, dass es sich um Tsukis Mutter, somit um Tohmas Ehefrau handelte, und ich bedauerte den armen Mann, dass er mit so einer widerlichen Person verheiratet war. Ich beobachtete schweigend ein Handgemenge zwischen Mutter und Tochter und wollte eigentlich gehen. Das wurde mir zu viel. Aber Tsuki endschied, dass Mika, so hieß die betrunkene Frau gehen solle, und ich bleiben. Das alles war irgendwie völlig surreal wie ich fand, aber ich sagte nichts und kurz darauf verließ ich aber doch das Zimmer und wurde fast von Eiri Yuki umgerannt, der sich mit einem knappen „Sorry“ seinen Weg zum Zimmer bahnte. Ich sah ihm zwar nach, aber verstand nicht, weswegen er so rannte. Eine Krankenschwester ermahnte ihn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Christian-Grey
2011-05-17T22:48:58+00:00 18.05.2011 00:48
sehr gut zusammengeschrieben und jetzt erinner ich mioch an alles aber das schönste kommt noch ^^


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