Zum Inhalt der Seite

Zwischen Leben und Sterben

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schlafen

Kapitel 03 – Schlafen
 

Eigentlich sollte die Mittagspause verlaufen wie immer. Eigentlich sollte sie alleine sein an ihrem Tisch, auf ihn hinunter starrend, ab und zu die paar Wörter aufschreiben, die in ihren Kopf schwirrten. Sie auffangen, nehmen und auf das Papier drücken. Das war ihre Aufgabe.

Eigentlich sollte sie niemand ansprechen, wollte sie niemand ansprechen, sprach sie niemand an. Doch heute war etwas anders.

Wolf sprach sie an, schenkte ihr Aufmerksamkeit. Nur für einige, wenige Sekunden, aber sie sagte ein paar Wörter an sie gerichtet.

Nervös schaute Red auf, starrte ihm ins Gesicht, wartete auf die Beleidigung. Irgendeine Beleidigung musste noch kommen, es konnte sie doch niemand einfach so ansprechen? Ohne Hintergedanken?

Doch Wolf sprach seine Worte nicht aus, stockte mittendrin, sprang auf und rannte aus dem Raum.

„Bin ich so eklig, dass alle vor mir davon rennen?“, traurig widmete sie sich wieder ihrem Tisch. In den folgenden Stunden kam Wolf nicht wieder. Er war verschwunden.
 

Verschwunden, aufgefressen von der Erde, würde nie wieder kommen, würde nie wieder gesehen werden. Und alle werden sie vergessen, mit der Zeit, weil die Erde nach und nach alles verschlingt, auch die Erinnerungen. Es wird sein, dass sie nie existiert hat. Weil sie ein neues Leben hat. Unter der Erde als Sklave der Erdmenschen. Wenn sie ihnen nicht gehorcht, werden sie sie auspeitschen, fressen, kochen, denn Menschen sind nur unnütze Wesen, dumme Wesen.
 

Sie malte das Bild in ihrem Kopf, was wohl alles mit ihm passiert sein könnte, starrte aus dem Fenster, träumte vor sich hin.

„Red!“, ohne es bemerkt zu haben, stand der Lehrer vor ihr, hielt ihr eine Predigt, dass sie doch aufpassen sollte. Der Rest der Klasse lachte. Die Klasse lachte immer.

Ohne zu wissen wie, überlebte sie den Schultag, ging fröhlich aus der Schule wieder nach Hause. Selbst dort dachte sie noch über Wolf nach, daran, was sie ihr wohl sagen wollte, warum sie wohl davon gelaufen ist.

Mit zittrigen Händen öffnete sie die Wohnungstür, trat hinein in ihre abgeschiedene Welt. Die Welt in der sie alleine war. Schnell warf sie ihre Schulsachen auf den Boden, setzte sich an den Rechner um all ihre Ideen fest zuhalten, zu präsentieren. Egal wo, sie wollte nur nicht vergessen werden. Aber sie wollte doch vergessen werden? Nicht gesehen werden? Nicht existiert haben?

Gegensätze machten sich in ihrem Herzen breit, ließen sie an sich selbst zweifeln. Aber eigentlich spielte das keine Rolle. Es spielte alles keine Rolle mehr.

Kaum war sie fertig am Rechner, hatte all die Geschichten aus der Schule abgetippt, machte sie sich ein Müsli, aß es hastig und krabbelte in ihr unordentliches Bett. Um zu schlafen. Es war die beste Medizin gegen Kummer, wenn man alles um sich herum vergaß, selbst die Zeit machte dann nicht mehr aus.

Hausaufgaben machte sie sowieso nicht, bekam ständig ärger in der Schule, aber wozu sollte sie sie machen? Sie konnte es auch ohne Übung...

Ihre Decke kam ihr so weich vor wie kein Gegenstand vorher. Sie war warm, wärmte ihr kleines Herz, welches unaufhörlich pochte, viel zu schnell pochte.

Tränen fließen über ihre Wange, landeten auf dem Kissen, durchnässten es. Sie versteckte sich, versteckte ihr Inneres, versteckte ihre Angst, versteckte ihren Schmerz, schloss ihn ab, um ihn nicht mehr sehen zu müssen.

Es spielt keine Rolle mehr. Alles spielt keine Rolle mehr.

Nur schlafen.

Selbst Wolf spielt keine Rolle, ihre Worte spielen keine. Es ist egal, was sie sagen würde.

Und dennoch hörte sie nicht auf daran zu denken, an das Mädchen zu denken.

Es dauerte Stunden bis sie endlich schlafen konnte, bevor sie in ihr Kissen einsank, da lag wie ein Engel. Von nichts mehr gestört. Aber nicht für immer.
 

Um 3 Uhr morgens kam ihre Mutter nach Hause, zerrte sie aus dem Bett, schrie sie an, weinte, ging dann selber ins Bett.

Red konnte nicht mehr schlafen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-02-04T19:22:03+00:00 04.02.2009 20:22
Hallo,
Auch dieses Kapitel ist wieder sehr gut gelungen, ebenso, wie die ersten Beiden, und was ich dort gesagt habe, trifft auch hier zu.
Was mich nur ein wenig verwirrt, ist, dass am Anfang des Kapitels Wolf als Kerl bezeichnet wird

>Doch Wolf sprach seine Worte nicht aus, ...
>Er war verschwunden.

und am Ende als Mädchen.

>Selbst Wolf spielt keine Rolle, ihre Worte spielen keine. Es ist egal, was sie sagen würde.
Und dennoch hörte sie nicht auf daran zu denken, an das Mädchen zu denken.

Rechtschreibfehler sind mir in diesem Kapitel nicht aufgefallen, es sein denn, man zählt dies als einen, da es - wie ich vermute - "ihrem" Kopf heißen muss.
>die in ihren Kopf schwirrten.

Aber ansonsten wieder sehr einfühlsam gelungen, besonders die Wortwahl gefällt mir, sie passt besonders gut^^
Ich freue mich auf das nächste Kapitel, liebe Grüße, Polaris


Zurück