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A Prayer to my Mother

von

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OneShot

Suikoden II – Prayer to my Mother (Jowy-centric)
 

Er winkte Riou noch kurz zu, dann wandte er sich um und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg nach Hause. Er hatte nicht übertrieben, als er gesagt hatte, dass der Anführer der Söldner ihm Angst machte – in der Tat befürchtete er, dass die Söldner inzwischen bemerkt hatten, dass ihre Gefangenen sich aus dem Staub gemacht hatten und schon auf dem Weg nach Kyaro waren. Er knirschte leise mit den Zähnen, als er daran dachte, wie dumm er doch gewesen war, Viktor nicht anzulügen. Jeden Moment rechtete er damit, hinter sich die tiefe Stimme des Söldners zu hören und sein Schwert im Nacken zu spüren.

Jowy erschauerte kurz und beschleunigte dann seine Schritte. Er wollte nur noch nach Hause, sich dort ausruhen und die Schrecken der letzten Woche vergessen. Erleichterung durchflutete ihn, als das Herrenhaus der Atreides-Familie in Sicht kam. Er war zu Hause.

„Mutter? Vater? Marco!“ Er öffnete die Haustür und trat vorsichtig ein. Es war still im Haus, wie immer eigentlich. Marcel Atreides hasste Lärm und das hatte Jowy schon früh lernen müssen… Kein Wunder, dass er den größten Teil seines Lebens in Genkakus Dojo bei Riou und Nanami verbracht hatte!

„Jowy, bist du das?“ Marcel trat aus seinem Arbeitszimmer zu Jowys Rechten und hob überrascht die Brauen, als er seinen Stiefsohn erblickte. Jowy sah ihn etwas eingeschüchtert an, ehe er langsam sagte:

„Vater, ich… ich bin zu Hause.“
 

„Das sehe ich“, nickte Marcel mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht, „Gut, dich zu sehen. Wir haben dich schon früher erwartet. Wo warst du so lange?“ Die Reserviertheit seines Vaters war nicht unüblich; er hatte sich nie allzu viele Sorgen um Jowy gemacht, es sei denn, es ging um den Ruf der Familie.

„Ich…“ Er verstummte, als die Erinnerungen wieder auf ihn einprasselten. Dann holte er tief Luft und erzählte mit bebender Stimme von den Ereignissen der letzten Woche. Das Massaker an der Einhorn-Brigade, der Sprung in den Fluss, die Flucht aus dem Söldnerfort… Das alles schien jetzt, wo er es jemandem erzählte, noch schlimmer zu sein. Wie hatte er all das nur überlebt…?

„Ich verstehe“, sagte Marcel stirnrunzelnd, nachdem Jowy geendet hatte, „Dann ist es ja kein Wunder, dass du… nicht früher heimgekommen bist.“ Jowy warf einen Blick auf sein spärliches Gepäck, das er mitgebracht hatte. Von dem Proviant war seit heute Morgen nichts mehr übrig gewesen und er brauchte dringend etwas Schlaf…

„Geh dich in deinem Zimmer ausruhen“, schlug Marcel plötzlich vor, „Ich lasse dich dann rufen, wenn das Essen fertig ist. Oh, und ruf mir bitte deinen Bruder her.“

„Okay“, meinte Jowy etwas verwirrt. Nun fand er es doch ein wenig ungewöhnlich, dass sein Vater keinerlei Gefühlsregung zeigte. Bevor er jedoch fragen konnte, war Marcel schon wieder ohne ein weiteres Wort in seinem Arbeitszimmer verschwunden und hatte die Tür ins Schloss fallen lassen.
 

Und Jowy stand allein in der Eingangshalle und war mehr als durcheinander. Dann aber entschied er sich, sich erst einmal wirklich ein wenig hinzulegen und seinen Vater beim Essen dann auf sein Verhalten anzusprechen. Er nahm seinen Reisesack und seinen Stab, dann schlich er die Treppe hinauf in den ersten Stock, wo neben seinem Zimmer und dem seines Stiefbruders Marco auch das Zimmer seiner Mutter Rosa lag. Er klopfte an, doch niemand öffnete.

„Wahrscheinlich schläft sie“, murmelte er, dann ging er weiter, um an Marcos Zimmertür zu klopfen. Diese öffnete sich kurze Zeit später und er erblickte seinen jüngeren Stiefbruder.

„Jowy“, stellte dieser verblüfft fest, „Du bist zu Hause?“

„Ja“, nickte der Blonde mit einem Lächeln, „Hallo.“

„… Willkommen zurück“, erwiderte Marco nach einem Moment Schweigen. Dann lächelte er ebenfalls.

„Vater möchte dich sehen“, sagte Jowy und deutete dann zur Zimmertür seiner Mutter, „Was ist mit Mutter?“

„Sie fühlte sich heute nicht sonderlich gut und hat sich hingelegt“, erklärte Marco achselzuckend, „Aber zum Essen ist sie bestimmt da.“

„Gut, dann…“ Jowy sah zu seiner geschlossenen Zimmertür und meinte dann:

„Dann lege ich mich auch mal ein wenig hin. Meine Füße bringen mich um!“ Er lachte etwas und ließ Marco dann stehen. Bevor er in seinem eigenen Zimmer verschwand, sah er noch, wie sein Stiefbruder ihm einen langen, seltsamen Blick zuwarf.

Seufzend stellte er seinen Reisesack in die Ecke und lehnte seinen Stab daneben, dann ließ er sich aufs Bett sinken. Er war zu Hause. Und es hatte sich eigentlich nichts geändert.
 

*
 

„Jowy? Komm runter!“, hallte Marcos Stimme etwas später durchs Haus. Er erhob sich, voller Vorfreude auf ein vernünftiges Mittagessen und darauf, seine Mutter wiederzusehen. Er war immerhin mehrere Monate weg gewesen und hatte sich im Winter auf dem Tenzaan-Pass fast den Hintern abgefroren… Wenigstens war Riou bei ihm gewesen.

Aus reiner Gewohnheit griff er nach seinem Stab, ließ ihn dann aber stehen. Er war zu Hause, hier würde ihn ja wohl keiner angreifen!

Als er die Treppe runterkam, erstarrte er. In der Eingangshalle standen Marco und Marcel, flankiert von ein paar Soldaten.

„Vater…?“, fragte Jowy irritiert und begegnete dem kalten Blick aus Marcels grauen Augen. Im selben Moment eilten zwei der bewaffneten Männer die Treppe hinauf, ergriffen den Blonden an den Armen und zerrten ihn mit sich hinunter.

„Was ist hier los?!“, verlangte Jowy zu wissen. Er war fassungslos. Was hatten die Soldaten hier zu suchen?

„Du bist angeklagt, für die Allianz der Stadt-Staaten von Jowston spioniert zu haben! Damit bist du verantwortlich für das Massaker an der Einhorn-Brigade!“, raunzte der Kommandant der Soldaten. Jowy, dem ein kalter Schauer über den Rücken lief, hob langsam den Blick zu Marcel und sagte langsam:

„Dann… dann nehme ich an, dass du mir nicht glaubst…“ Marcel machte ein abfälliges Geräusch.
 

„Ganz genau“, sagte er mit kalter, schneidender Stimme, „Du warst einmal mein unwürdiger Sohn, aber nun nicht mehr. Ab heute bist du kein Atreides mehr!“ Jowy spürte, wie Verzweiflung und Angst in ihm aufwallten.

„Warum… Warum glaubst du mir nicht?“, fragte er leise, weil seine Stimme nicht den Anschein machte, als würde sie lange ohne ein Zittern durchhalten, „Ich – Ich bin doch dein Sohn nicht wahr? Oder ist das Blut in meinen Adern…“ Er schüttelte den Kopf und verstummte. Das konnte nicht wahr sein.

Sein eigener Vater hatte ihn verraten? Er wollte es nicht glauben. Er konnte es nicht glauben!

„Es tut mir weh, dich ansehen zu müssen, Jowy“, erwiderte Marcel, ihn schon fast unterbrechend, „Ich kann niemanden anerkennen, der als Mitglied der Atreides-Familie Landesverrat begangen hat.“ Diese Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht.

Er spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben, doch die zwei Männer, die ihn noch immer an den Armen ergriffen hielten, zogen ihn gewaltsam wieder hoch.

„Komm mit“, befahl der Kommandant und gab seinen Leuten ein Zeichen. Diese zogen ihn nun rückwärts durch die Tür. Marcel und Marco folgten ihnen nach draußen und sahen dabei zu, wie die Soldaten den ehemaligen Atreides mit sich schleppten.
 

„Lebwohl, großer Bruder“, rief Marco verächtlich, „Du bist jetzt nicht mehr mein Bruder. Lebe wohl, Jowy!“ Er wandte sich ab und verschwand wieder im Haus.

„Bitte!!“, rief Jowy nun, dem vor Verzweiflung und Wut nun Tränen in die Augen stiegen, „Mutter… Lass mich sie sehen! Lass mich mit ihr reden!!“ Marcel begegnete seinem Blick kalt und voller Verachtung.

„Rosa sagte, dass sie dich nicht sehen will“, sagte er schneidend. Jowy schüttelte den Kopf.

„Du lügst… Du lügst!!“, schrie er, während die Tränen ihm nun über die Wangen rannen. Er stemmte sich gegen den Griff der Soldaten und wollte sich losmachen, doch sie hielten ihn eisern fest und zogen ihn weiter mit sich.

„Halt!“, verlangte er wütend, „Lasst mich gehen! Lasst mich los! Ich will meine Mutter sehen…!!“ Wieder versuchte er, sich zu befreien, doch er hatte keine Chance. In seiner Verzweiflung schrie er auf, aber keine beachtete ihn. Zufällig glitt sein Blick über eines der Fenster im ersten Stock und er erstarrte.

Das Gesicht seiner Mutter, bleich und traurig, war dahinter zu sehen. Ihre Augen trafen sich einen winzigen Moment lang, dann sah er Rosa Atreides ungläubig den Kopf schütteln und sich abwenden.
 

„Mutter…!“, flehte er ein letztes Mal, dann brach sein Widerstand in sich zusammen und er ließ sich schweigend mitziehen…

Sie schleppten ihn in die Militärkaserne und in den Kerker darunter. Der Kommandant persönlich öffnete eine der Türen, dann wurde er auch schon in die Zelle hineingestoßen – und aufgefangen, bevor er fallen konnte.

Mit leeren Blick sah Jowy auf und erkannte Riou und Nanami, die ihm fürsorglich auf die Beine halfen.

Und in diesem Moment verstand er, dass sie nun seine Familie waren. Alles, was ihm geblieben war…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Flordelis
2009-09-08T16:11:24+00:00 08.09.2009 18:11
Ich weiß gar nicht, was ich großartig sagen soll, aber ich versuche es dennoch.
Ich bin kein großer Fan von Jowy, war jetzt aber doch neugierig darauf, wie jemand seine Heimkehr interpretiert und wider Erwarten, hat es mir gefallen.
Jowys Verzweiflung, als die Soldaten ihn mit sich zogen, war für mich förmlich greifbar.
Wirklich gut gemacht. =)


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