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Übersetzung .hack//GU-The Staircase to Nowhere

Die Treppe ins Nirgendwo
von

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Eine Harmonie der Hoffnungslosigkeit

Der Sonnenuntergang schien noch niemals so trostlos gewesen zu sein. Die Schatten wirkten verwaschener, die Flecken wo das Sonnenlicht sich streuten, waren nicht so grell wie üblich. Ryous Augen schmerzten nicht so stark wie sie es normalerweise taten. Er saß auf einer harten Parkbank, starrte auf die Passanten, wobei diese eher das Recht hatten ihn anstarren dürften. In seinem Kopf wirbelten die Fragen durcheinander. Fragen die nach einer Antwort verlangten. Was war dieses „Epitaph“, das so vertraut mit ihm gesprochen hatte? Er hatte versucht den kleinen, schwarzen Handspiegel zu aktivieren, mit keiner Reaktion. Ein paar Mal, hatte er ein schwaches Kichern vernommen, aber das war auch schon alles. Er fühlte sich von seinem Epitaph gründlich verarscht.

Was hatte sein „Epitaph“ gemeint, als es (ja, Ryou wusste das es männlich war, den die Stimme war klar maskulin) gesagt hatte, dass der Spiegel ein Medium war? Es musste mehr bedeutete als nur fähig zu sein, mit seinem „Epitaph“ zu reden, aber er konnte es nicht genau sagen. Dankenswerterweise hatte er herausgefunden dass ihre Art zu kommunizieren sich vom normalen Denken zu unterscheiden schien, aber er kam nicht auf den genauen Unterschied. Seine ureigensten Gedanken schien der Epitaph nicht hören zu können, nur jene, die auch wirklich für ihn gedacht waren.

Er wollte mehr darüber wissen, aber es endete nur noch mit mehr Fragen. Aber zwei Fragen stachen besonders heraus.

„Wie ist das möglich?“

Und...

„Ich werde nicht verrückt oder?“

Er hörte erneut das schwache Kichern und merkte, dass seine Finger den Spiegel gestreift hatten. Er unterdrückte einen Fluch und steckte ihn in die Hosentasche zurück. Er war sich nicht sicher ob er dort sicher verwahrt war, denn seine Hosentaschen waren nicht sehr tief und er lief Gefahr herauszufallen, während er lief. Er stand auf, lief den Weg die Straße hinunter, passierte mehrere Jogger, die auf ihrer späten Abendrunde waren und andere Leute, die zufällig vorbei kamen. Er ging in Richtung des Waldes der den Park umfasste.

Hier gab es Pfade die sich durch den Wald schlängelten, aber Ryou nahm sie nie. Das Gras zwischen den Bäumen war frei von Gestrüpp oder Dornenhecken, weswegen er sich immer seinen eigenen Weg zwischen den Bäumen suchte. Ryou hoffte eines Tages wirklich zwischen den Bäumen zu verschwinden. Aber unglücklicherweise war er mit einem untrüglichen Orientierungssinn geboren. Er erinnerte sich, wie er einmal von jemanden die Augen verbunden bekommen und fünfmal im Kreis herumgedreht worden war. Danach hatte man ihn gefragt in welche Himmelsrichtung er blickte. Norden, hatte er gesagt und er war sich dessen sicher, denn es war immer die Richtung gewesen in die er geblickt hatte. Die Person hatte es noch dreimal getan und Ryou hatte jedes Mal korrekt geantwortet. Es war für Ryou Masaki zu seiner Bestürzung unmöglich sich zu verlaufen.

Er suchte sich geistesabwesend seinen Weg durch die Bäume, als er eine panische Präsenz in seinem Hinterkopf wahr nahm. Sie presste hart gegen seinen Geist und er erkannte das Gefühl sofort. Er griff nach dem Klappspiegel in seiner Tasche, seine Finger umklammerten ihn fest. Sofort erfüllte die Stimme seines Epitaphs seinen Kopf, erklang mit Besorgnis und Ärger.

„Hier ist etwas..!“, heulte sein Epitaph auf. „Was immer da ist, ist nicht unser Freund. Verstanden? Ich spüre etwas wirklich Schlechtes dort...“

Ryou sah sich um, aber es war jetzt dunkel geworden. Das spärliche Licht des Mondes der im Osten aufging bot ihm gerade genug Helligkeit an.

Plötzlich fühlte er es. Es war nicht nötig zu sehen, denn das Gefühl war alles was er brauchte um geleitet zu werden. Es war nah. Er streckte eine Hand aus, um sicher zu gehen dass er gegen nichts stieß, erfühlte weiter seinen Weg zu der Präsenz hin. Er fühlte das er näher kam, aber er war sich nicht sicher. Alles was er wusste war, dass die erdrückende Kraft näher kam. Es drückte ihn nieder wie eine Welle. Jede neue Welle fühlte sich stärker an als die letzte. Er konnte fast schon die Emotionen spüren, die von der Präsenz ausgingen. Groll. Ärger. Trauer. Ekstase. Sie wurden von den Wellen mitgetragen, die seinen Geist nieder drückten und sein Vorankommen durch den Wald schwieriger machten. Jeder Schritt wurde schwerer, wurden erdrückender durch den Einfluss der Gefühle, die nicht die seinen waren.

Ein Schrei erschütterte die Stille. Weiblich, hoch und gequält. Ryou begann zu sprinten. Dankenswerterweise konnte er ein bisschen besser sehen, seit der Mond etwas weiter aufgestiegen war. Durch die Bäume und die schrägen, silbernen Lichtstrahlen des Mondes stürmend, kam er auf eine Lichtung, wo seine Augen etwas erblickten, wovon er noch heute morgen geglaubt hätte das es unmöglich war.

Eine magere, menschliche Gestalt lag auf dem Boden und krampfte unkontrolliert. Das Gesicht der Gestalt war in eine Schicht aus wirbelnden Schwarz gehüllt und verbarg so ihr Gesicht vor dem Betrachter. Die Schwärze schien mit seltsamen, schwarzen Fühlern verbunden zu sein, die verlängert über dem Boden verliefen und in dem Schatten der Bäume verschwanden. Ryou krümmte sich, das Gewicht der Emotionen wurde fast unerträglich schwer. Es gab keine Zweifel dass dies die Quelle der Präsenz war.

Er griff nach dem kleinen, schwarzen Spiegel in seiner Hosentasche, aber in dem Moment wo er es versuchte, durchfuhr ihn eine unkontrollierbare fremde Wut. Eine starke, fremde Emotion, die ihn sich zusammen krümmen, kollabieren und furchtbar ausgelaugt zurück ließ. Seine Stärke war weg und er fand sich mit einem Gefühl kalter Leere auf dem Boden wieder. Es fühlte sich für Ryou an, wie als wenn das Ende für ihn gekommen war und es nichts gab was er dagegen tun konnte. Er nahm das letzte bisschen seiner verbliebenen Kraft zusammen und schob seine Hand in die Hosentasche, wo seine Finger sachte die kalte Oberfläche des Spiegels berührten.

Selbst die kurze, flüchtige Berührung erfüllte ihn mit Stärke und Wärme. Sie bewegte sich von seinen Fingerspitzen, durch seinen Arm über seine Schulter bis zu seinem Herzen, wo sie ihn wärmte und alle verwirrenden, erdrückenden Gefühle der fremden Wut wegwischte und ihn zuversichtlich machte. Mit dieser neu gewonnen Stärke umfasste er den Spiegel fester, zog in aus der Tasche und stand auf. Er konnte sein Epitaph in seinem Geist fühlen und wartete darauf das dieser mit ihm sprach. Er ließ die Gelegenheit nicht verstreichen.

„Was soll ich tun?“, fragte er sein Epitaph.

„Öffne den Spiegel“, antwortete die Stimme beruhigend.

„Ihn öffnen?“, fragte er, nicht verstehend wie das helfen sollte.

„Wenn du ihn bei Nacht öffnest, wird eine spezielle Kraft von mir befreit. Ich besitze viele Kräfte, aber die einzige die du jetzt brauchst, wird einfach durch das Öffnen des Spiegels beschworen“, war die Erwiderung des Epitaphs. Ryou konnte die Ungeduld in seiner Stimme hören.

Ryou schaute auf den kleinen, schwarz-roten Spiegel. Er drehte ihn von sich selber weg, befolgte die Anweisungen seines Epitaphs und öffnete den Klappspiegel. Er hörte wie sein Epitaph mit einer Mischung aus Freude und Zorn aufschrie. Er fühlte wie etwas Warmes seinen Arme entlang wanderte und im Spiegel verschwand, etwas das Ryou nur als Kraft beschreiben konnte. In dem Moment wo er den Spiegel öffnete, strömte Sonnenlicht aus der größeren der zwei Spiegelhälften hervor. Ryou blinzelte aus Reflex, realisierte aber schnell, dass es unnötig war. Dieses Sonnenlicht schmerzte nicht in seinen Augen.

Er schwenkte den Spiegel auf die furchtbar entstellte Gestalt. Das Sonnenlicht traf die Dunkelheit, die aufzuschreien schien und ihren Griff um die arme Person lockerte. Es zog sich zwischen den Bäumen zurück und schien zu verschwinden. Ryou meinte, das es verschwunden war, denn die Wellen die diese Emotionen, diesen Hass, verbreitet hatten hörten auf. Er lenkte das Sonnenlicht auf die gequälte Figur, um diese zu enthüllen.

Atoli.

Sie lag bewusstlos der Länge nach ausgestreckt auf dem Boden und atmete schnell. Ryou rannte zu ihr hinüber und kniete sich neben sie hin. Er schüttelte sie sanft, hoffte das sie dadurch aufwachen würde. Aber sie tat es nicht. Er lehnte sich weiter zu ihrem Ohr herab.

„Atoli..? Hey, Atoli! Bitte...wach auf? Komm schon, Atoli...Wach auf...“

Er rüttelte sie erneut, aber trotz all seiner Bemühungen blieben ihre Augen fest geschlossen. Er sah sich um, fragte sich ob es etwas gab was er tun konnte, als er ein Schimmern zu seiner Linken bemerkte.

Einen türkisfarbenen Spiegel.

Zunächst starrte er ihn nur dumpf an, nicht bis er kapierte was es war. Dann fing sein Verstand endlich an die passenden Teile zusammenzusetzen. Er kroch zu der Stelle wo der Handspiegel lag. Er sah ihn sich vorsichtig an. Er ähnelte fast seinem Exemplar, abgesehen davon das die Umfassung türkisfarben und die Juwelen limonengrün waren. Er streckte seine Hand danach aus, aber sein Epitaph warnte ihn davor mit einer mächtigen Vibration in seinem Geist, einem Glockenschlag ähnlich. Er berührte seinen eigenen Handspiegel, fluchte und wusste dass sein Epitaph ihn gehört hatte.

„Für was war DAS den?“, fragte er irritiert.

„Ich habe dich nur vor höllischen Schmerz durch die Hände der Mirage of Deceit bewahrt. Oder wäre dir der Schmerz lieber gewesen?“

Ryou konnte die Selbstzufriedenheit in seiner Stimme hören. Aber er ignorierte es.

„Mirage of Deceit? Von was redest du?“

„Ich kann es fühlen. Dieser Spiegel ist das Medium der Mirage of Deceit. Der Spiegel ist wie ich, aber das dazugehörige Epitaph existiert im Geist des Mädchens“, sagte er vage und Ryou konnte schwören dass er wichtige Details ausließ. „Zieh das Mädchen hier hinüber und bring sie dazu den Spiegel zu berühren. Das sollte ihr helfen aufzuwachen.“

Er folgte dem Vorschlag seines Epitaphs und kniete sich neben der Bewusstlosen. Vorsichtig ergriff er sie am Arm und zog sie sanft zu der Stelle, wo der Spiegel lag. Behutsam nahm er ihre Hand und führte sie zu ihrem Spiegel. Er platzierte ihre Handfläche auf den Spiegel und er konnte sehen wie die Farbe in ihr Gesicht zurückkehrte. Sanft rüttelte er sie an der Schulter.

„Atoli?“

Sie hörte die Stimme, konnte sie aber keinem Gesicht zuordnen.

„Atoli?“

Sie fühlte wie jemand sie sanft schüttelte, aber sie wusste nicht wer. Sie war von Dunkelheit umgeben. Alles was sie wusste war, wer auch immer sie schüttelte, zog sie dorthin wo ihr Handspiegel runter gefallen war. Wer immer es war, er legte ihre Hand auf den Spiegel. Er wusste also über Epitaphs Bescheid. Das brachte sie schnell wieder zu Bewusstsein, aber sie war noch sehr schwach. Zu schwach um ihre Augen zu öffnen. Dennoch versuchte sie mit ihrem Epitaph zu sprechen.

„I...Innis?“

„M...Mi...Milady...?“, erwiderte Innis schwach.

„Ich b-bin so schwach...Innis...Hast du etwas Kraft...für mich aufgehoben...?“, fragte sie und hoffte das Innis nicht komplett entkräftet war. Es folgte eine lange Pause, bevor ihr Epitaph erneut sprach. „Ich...denke...schon...Aber es wird mich vollständig auszehren...Milady...“ Atoli wurde mutlos. Sie brauchte Kraft, aber sie wusste auch das sie ohne Innis Hilfe völlig hilflos war. Schließlich brauchte sie Innis wenn sie gehen wollte. Wenn sie kämpfen musste, brauchte sie Innis.

Sie konnte nicht zulassen das Innis sich selber schwächte, nur um Ihretwillen.

„N...nein, Innis...ich werde einfach warten...bis ich meine eigene Stärke wieder erlange...“

Sie hoffte das ihr Epitaph sich nach ihrer Entscheidung richten würde und nicht die Überbleibsel ihrer Kraft für ihr Wohl aufgeben würde. Sehr abrupt wurde sie sich einer Berührung auf ihrem Gesicht bewusst. Es waren Finger, die ihre Wange streichelten. Dieselbe sanfte Stimme rief erneut leise ihren Namen.

„Atoli...? Atoli...wach auf...bitte...“

Sie wollte so verzweifelt ihre Augen öffnen oder ihren Mund öffnen um zu sprechen. Um ihm zu sagen das sie in Ordnung war. Dann fühlte sie eine Hand auf ihrer Wange. Sie war warm, voller Leben und Stärke. Sie konnte fast fühlen wie diese Stärke durch ihn floss, wer er auch immer war. Dann, eher unerwartet, begann sie sich besser zu fühlen. Es fühlte sich an, wie als wenn er Kraft auf sie übertrug, wer immer er auch war. Sie fühlte wie ihre Stärke langsam zurück kehrte, und atmete tiefer ein und atmete langsamer aus. Sie öffnete dann ihre Augen und stöhnte. Wer auch immer sie gerettet hatte, er saß hinter ihr, denn das Gras vor ihr war leer. Langsam drehte sie sich um...

...und starrte in die hellen, roten Augen von Ryou Masaki.

„Du...du bist...dieser Typ von heute früh...R...Ryou..richtig?“, fragte Atoli leise, offenbar noch immer sehr schwach.

„Ja“, sagte er und drehte seinen Kopf weg, offensichtlich verlegen. Er wusste nicht warum er so verlegen war, möglicherweise lag es an der Tatsache dass das Mädchen seinem Gesicht so nahe war.

„Stimmt...etwas nicht?“ Sie legte ihren Kopf schief.

„Nichts...“, wich er aus, während sie ihm direkt in seine Augen sah.

„Wenn du denkst...das ich denke...das du komisch aussiehst...Ich denke nicht so...“, sagte sie schwach.

Ryous Augen weiteten sich. Niemals hatte jemand so etwas positives zu ihm gesagt. Er sah zurück zu Atoli hinunter. Sie lächelte freundlich.

„Ich..denke das deine Augen....hübsch sind...rot ist so eine nette Farbe...“, fuhr Atoli fort.

„Äh...“ Die Konversation wurde immer merkwürdiger. Er versuchte das Thema zu wechseln. „Was war das für ein Zeug?“

Ihre Augen wurden traurig. „Ich...weiß es nicht wirklich...aber was es auch war, hat geschmerzt. Sehr stark..es fühlte sich...wie als wenn jemand in meinen Kopf war....und mit einem Holzhammer auf mein Hirn drauf geschlagen hätte...“

Er starrte sie an. „Das ist eine...interessante Beschreibung..“

Ihre Augen wurden groß und sie setzte sich abrupt auf. „Bist du-“ Ihre Worte wurden mitten im Satz abgeschnitten da sie die Kraft verlor, sich aufrecht zu halten. Sie fiel rückwärts, wurde aber schnell von Ryou aufgefangen, der sie stützte. Sie errötete leicht und konnte spüren wie ihre Wangen rot wurden. Sie versuchte sich zu fassen. „Bist du...der Terror of Death...?“

Ryou starrte sie ausdruckslos an. Er hatte absolut keine Ahnung von was sie da redete. "Terror of Death...“ Es kam ihm vage bekannt vor, aber woher, da hatte er nicht die leiseste Ahnung. Er fühlte wie sein Epitaph gegen seinen Geist drängte und so holte er mit seiner freien Hand den Klappspiegel aus seiner Tasche und berührte den Spiegel.

„Ich würde darauf wetten, das du auf meine nächste Frage geradezu brennst“, dachte er sarkastisch.

„Natürlich“, erwiderte die Stimme.

„Punkt für dich . Was meint sie mit 'Terror of Death'?“

„Es ist unser Titel. Dieselbe Sache wie sie und ihr Avatar die Mirage of Deceit sind, sind wir der Terror of Death.“

„Avatar?“ Er war mit dem Ausdruck nicht vertraut.

„Ein anderes Wort für Epitaph“, erwiderte der Avatar simpel.
 

„I..ich denke schon..“, sagte er um Atolis Frage zu beantworten.

„Wirklich? Wirklich und wahrhaftig?“ Ihre Augen schienen vor Hoffnung zu leuchten. „Endlich! Ich habe dich endlich gefunden!“ Völlig unerwartet legte sie ihre Arme um ihn. Sein Gesicht wurde puterrot. „Ich habe dich für so lange Zeit gesucht...es kam mir wie eine Ewigkeit vor...“

„Äh..Was...?“ Jetzt war er noch mehr verwirrt.

„Oh, da ist soviel was ich dir beibringen muss! Aber zuerst...“

Sie nahm ihren Spiegel auf und steckte ihn in ihre Tasche. „Ich muss dir zuerst den Schlüssel zu all dem zeigen.“

„Der...Was jetzt?“ Er war schon ganz wirr im Kopf. Alles passierte so schnell.

„Du wirst nichts verstehen was ich dir erzähle, wenn du es nicht selber siehst.“

Sie stand schwankend auf und ging zum Zentrum der Lichtung. Dann holte sie den Klappspiegel aus der Tasche und hielt ihn vor ihre Lippen. Sie flüsterte etwas, was Ryou gerade so noch verstehen konnte. „Chigusa...“

Er wollte sie schon fragen was dieses Wort bedeutete, aber es blieb ihm vor Staunen im Hals stecken.

Atoli hielt den Spiegel vor sich und öffnete ihn. Türkisenes Licht strömte hervor und erschuf etwas, was wie ein Durchgang aussah. Ryou konnte nicht sehen was hinter der Öffnung lag, sie bestand aus purer Schwärze. Atoli schritt vorwärts und wandte ihm dann ihr Gesicht zu. Sie lächelte anmutig. „Willkommen zurück, Terror of Death“

Sie drehte sich um und ging durch den Durchgang und verschwand damit aus seinem Sichtfeld. Er streckte seine Hand aus, wollte nicht dass sie ging. Dann merkte er das sie wollte, dass er ihr folgte. Zögerlich trat er vor die Öffnung und erkannte eine Reihe Stufen, die abwärts führten. Langsam schritt er die Stufen hinunter und holte schließlich Atoli ein. Er trat neben sie, mit einer Million Fragen im Kopf. Die Wichtigste zuerst: „Was ist das für ein Ort?“ Er drehte seinen Kopf um sie anzusehen.

„Dieser Platz wird die Ebene der sich unendlich kreuzenden Treppe genannt“, erwiderte sie freundlich. „Es ist eine Wegkreuzung zwischen den Welten. Von hier aus kannst du in meine Welt gehen und in jede Welt die du willst.“

„Warte.“ Er begann die Puzzleteile zusammen zu setzen und ein Gesamtbild zu erstellen. „Du meinst, dass du nicht von meiner Welt bist?“ Es klang seltsam in seinen Ohren.

„Nein, bin ich nicht. Keiner von uns Epitaph-Usern ist es“, erwiderte sie und hielt ihren Blick nach vorne gerichtet. „Und bevor du fragst, ein Epitaph-User ist jemand mit einem Epitaph, wie wir.“

Sie erreichten den Absatz der Treppe, der eine runde Plattform darstellte und das am Fuß der Treppe ein rotes Symbol war. Es sah fast wie ein roter Hebel aus. Er sah sich weiter um. Da waren sieben andere Symbole rundherum verteilt, alle in verschiedenen Farben. Im Zentrum war eine riesige, goldene Insignie. Von den anderen Symbolen erstreckten sich weitere Treppen. Alles andere war Schwärze.

Atoli ging zum Rand der goldenen Insignie. Sie drehte sich um und winkte ihm zu folgen. Er ging zum Rand der Insignie und stand neben Atoli. Sie sah besorgt aus, aber sie zog ihren Spiegel hervor. Sich zu ihm drehend, deutete sie auf das Symbol auf dem Boden.

„Dieses Symbol ist wichtig für dich, merke es dir. Es ist das Symbol von Morganna“, sagte sie ruhig.

„Morganna...?“

Der Name klang vertraut wie sein Titel, aber er konnte sich nicht erinnern woher er ihn kannte.

„Sie ist die Göttin die diesen Platz erschaffen hat.“

Atoli hielt den Spiegel erneut vor ihre Lippen und sprach erneut das geheimnisvolle Wort aus.

„Chigusa.“

Die Insignie leuchtete auf und verschwand dann. An ihren Platz erschien eine sich windende Wendeltreppe die abwärts ging. Atoli schritt voran. Ryou folgte ihr. Sie sprach leise weiter, während sie hinabstiegen. „Bevor du in andere Welten kannst, müssen wir zuerst deinen Namen wissen.“

„Aber mein Name ist-“

Sie unterbrach ihn mit einem Wink ihrer Hand. „Nicht dieser Name. Deinen richtigen Namen. Es ist der Name mit dem du andere Welten betrittst. Verrate niemals jemanden deinen richtigen Namen, nicht mal anderen Epitaph-Usern. Besonders nicht anderen Epitaph-Usern. Sie können ihn gegen dich verwenden wenn sie ihn kennen.“

„Aber was ist wenn sie ihn lernen, wenn sie mich in meiner Welt treffen?“

„...“

„Atoli..?“

Er sah ihr in die Augen. Sie wirkten leer, aber dann begriff er das sie sich mit ihrem Avatar unterhielt.

„...mein Avatar sagt, dass selbst wenn sie ihn herausfinden, sie ihn nicht gegen dich verwenden können, außer du bist in einer anderen Welt.“

„So, warte Mal. Atoli ist nicht dein richtiger Name?“

„Nein.“

Sie erreichten den Absatz der Treppe und kamen an einer wunderschönen Quelle an. Das Wasser leuchtete golden und eine Vertiefung im Vordergrund enthüllt neun perfekte, runde Juwelen. Ein großes, goldenes Juwel befand sich in der Mitte, die anderen Juwelen anderer Farben waren um es herum angeordnet. Atoli drehte sich zu ihm um.

„Wir haben also zuerst deinen Epitaph-Namen zu lernen.“

„Mein Epitaph hat einen Namen?“, fragte er und kam sich einfach nur dumm vor.

„Ja. Fühl` dich nicht schlecht deswegen. Ein Schleier wurde über eure Erinnerungen gelegt. Dein Avatar weiß nicht mal seinen Namen. Du kannst dir selber nicht die Schuld dafür geben.“

Sie klopfte ihm auf die Schulter und lächelte verständnisvoll. „Folge einfach deinen Herzen. Es wird dir sagen was zu tun ist.“

„Mein Herz...?“, dachte er irritiert. Es würde ihm nicht schaden es auszuprobieren, aber er war sich nicht sicher was zu tun war. Er wandte sich wieder der Quelle zu und schloss die Augen. Lauschte wie sein Herz in seiner Brust gleichmäßig pochte. Er fühlte eine wärmendes Gefühl in seiner rechten Hand und in seiner Tasche. Er langte in seine Tasche, zog den schwarzen Spiegel hervor und hielt ihn gegen sein Herz. Er konnte fühlen wie die Kraft seines Avatars ihn durchströmte und er konnte fast spüren wie ihre Bewusstseine sich überlappten, synchronisierten. Jetzt verstand er was sein Epitaph damit gemeint hatte, dass sie beide der Terror of Death wären. Sie waren der Terror of Death, wenn sie [f]eins[/f] waren.

Sie hatten vollständige Synchronisation erreicht. Sie waren der Terror of Death geworden. Sie schritten vor zu der Quelle und standen direkt vor der Vertiefung mit dem goldenen Juwel. Sie hielten den Spiegel über das Juwel und sprachen stumm Worte die keiner von ihnen verstand. Ihr Körper glühte in einem tiefen rot auf und als sie ihre Augen öffneten sahen sie, dass das Juwel im Zentrum des Kreises ebenfalls glühte. Er war ein Rubin, intensiv tiefrot leuchtend, von perfekter runder Form. Das Wasser begann rot wie Blut zu leuchten.

Das Wasser erhob sich aus der Quelle. Es hatte mehr die Farbe von Blut als von Wasser, als es sich aus dem Becken erhob, und es wirbelte vor ihren Augen wie ein Whirlpool. Es war fast schon hypnotisierend.

Plötzlich sprang der Großteil des Wassers zurück in die Quelle und wurde wieder klar, mit einer Spur von Gold. Aber über ihnen schwebte etwas, das aussah wie ein Spiegel aus roten Wasser. Ryou und sein Epitaph sahen in diesen Spiegel und erkannten darin drei Symbole, die sich in ihren Augen reflektierten.

ハセオ

Haseo

Irgendwo in seinem Geist schien etwas zum Klingeln gebracht zu werden. Da war etwas Bekanntes an dem Namen. Sie sahen in den unteren Spiegel und sahen vier weitere Symbole.

スケイス

“Skeith”, korrigierte sein Avatar.

Ryou, Haseo, Skeith.

Zusammen waren sie der Terror of Death.

Ryou spürte wie ihre Synchronisation abnahm. Er konnte fühlen wie er wieder zu seinem Ich zurück fand. Sein Avatar zog sich in die Tiefen seines Geistes zurück. Zufrieden damit sich wieder an seinen Namen erinnern zu können, steckte er den Klappspiegel wieder zurück in seine Hosentasche und drehte sich zu Atoli, die ein wenig zitterte. Sie tat ihr Bestes um sich zusammen zu reißen und ging zu ihm hinüber. Sie sah auf die Quelle, dann zu Ryou.

„So, was haben die Symbole gesagt?“, fragte sie.

„Warte, du meinst: Du konntest sie nicht sehen?“Er sah sie zweifelnd an.

Sie schüttelte ihren Kopf. „Nur du kannst die Symbole sehen. So, was haben sie gesagt?“

Er wandte sich wieder der Quelle zu. „Der obere Spiegel sagte 'Haseo'.“

Atoli nickte. „Das ist dein Name. Der eine den du in anderen Welten benutzen wirst.“

„Der untere sagte 'Sukeisu', aber mein Avatar sagte 'Skeith'.“

„Dein Epitaph erinnert sich meist an seinen Namen wenn er die Symbole sieht.“ Sie lächelte. „Von jetzt an ist dein Name Haseo, wenn du nicht in deiner Welt bist.“ Sie pausierte für ein paar Sekunden. „Ich mag ihn. Es ist ein guter Name.“ Sie wurde etwas rot.

„Haseo..“, dachte er und probierte seinen Namen aus. Er kam glatt von der Zunge und Atoli hatte Recht. Es war ein guter Name.

„Jetzt wo wir deinen Namen kennen“, sprach Atoli aufgeregt, „Können wir in andere Welten gehen!“

„Juhu“, murmelte er ohne Begeisterung.

„So...Haseo?“ Sie sah ihn mit einem süßen Lächeln an. „Möchtest du...meine Welt sehen?“

Er sah sie erstaunt an. „Was für eine dumme Frage ist das denn?“

Sie sah sofort traurig auf ihre Füße. Aber er war noch nicht fertig. „Ich würde liebend gerne deine Welt sehen.“

Sie sah ängstlich auf . „W-wirklich? Wirklich, Haseo? Du machst keine Scherze mit mir?“

Er ging zur Treppe. „Natürlich nicht. Wer würde schon auf die Gelegenheit verzichten, eine andere Welt zu sehen? Lass uns gehen.“

Sie nickte und trat an seine Seite. Sie gingen zusammen die Treppe hoch, redeten gelegentlich. Atoli tat ihr Bestes um Haseo ihre Welt zu erklären und Haseo tat sein Bestes, diese Welt zu verstehen. In der Zeit wo sie die Plattform erreichten, schwirrte sein Kopf von den neuen Informationen. Sie standen zusammen auf der Plattform und sahen wie die Insignie der Morganna verschwand.

„Auszeit. Ich habe keinen blassen Schimmer von was du da redest“, gab er zu und kratzte sich am Hals.

Sie lachte sanft. „Du wirst es verstehen wenn wir dort sind. Da bin ich mir sicher.“ Sie lief zu einer anderen Treppe an deren Fuß ein türkisener Kreis war. „Das ist meine Treppe. Wenn wir erstmal die Spitze erreichen, sind wir logischerweise in meiner Welt.“

Sie begann die Stufen hochzusteigen. Haseo folgte ihr schnell, versuchte sie einzuholen. Die Treppe war lang, aber überraschenderweise wurde Haseo nicht müde. Schließlich erreichten sie die Tür. Helles Licht fiel durch diese hindurch und blendete Haseo fast. Er schreckte zurück und Atoli bemerkte es.

„Bist du in Ordnung, Haseo?“, fragte sie, drehte sich um, legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah aufrichtig besorgt aus.

Er schüttelte seinen Kopf. „Ja, ich bin okay. Es ist nur das Licht, denke ich.“

„Reagierst du wirklich empfindlich auf Licht?“, fragte sie beunruhigt.

„Nenne es Helligkeitsphobie“, erwiderte er. „Es wird schon gehen, Atoli“ Er richtete sich auf und ging fast geblendet in das Licht durch die Tür.

Als das Licht schwächer wurde, fand er sich in einen Zelt wieder. Es schien aus etwas gemacht zu sein, dass wie braune Tierhaut aussah. Es gab nur eine minimale Möblierung. Zwei Feldbetten aus Holz, ein hölzerner Schrankkoffer und überall waren Decken, meist aus Tierfellen. Durch eine Öffnung von der er dachte, dass es die Tür wäre, fiel Sonnenlicht herein. Er drehte sich nach hinten um und sah wie Atoli nach ihm aus der Tür kam. Nachdem sie den Durchgang verlassen hatte, verblasste das grelle Licht und ließ keine Spur zurück, dass da jemals eine Türe gewesen war. Sie ging ein paar Schritte vor, nahm einen tiefen Atemzug und stieß einen langen Seufzer aus.

„Es ist gut wieder zu Hause zu sein...“, sagte sie zufrieden. Sie drehte sich dann zu Haseo um. „Das ist meine Welt oder genauer, mein Haus.“

„Es ist nett“, sagte Haseo als er sich umsah. Sie bedeutete ihm, ihr zu folgen. Atoli führte ihn nach draußen, wo das Sonnenlicht ihn fast blendete. Er benötigte ein paar Sekunden um seine Augen daran zu gewöhnen und als sie es einmal getan hatten, fand er sich selber in einer großen Siedlung wieder, mit Dutzenden von Zelten die dem von Atoli ähnelten. Da rannten Kinder umher, die fröhlich miteinander spielten, und die Erwachsene kümmerten sich um Hausarbeiten. In Zentrum der Siedlung war ein großer Brunnen, wo ein paar Kinder spielten und ein paar Erwachsene damit beschäftigt waren, Wasser zu holen. Er sah sich um, nahm das Gesehene und die Geräusche in sich auf. Atoli drehte sich zu ihn um und lächelte.

„Willkommen, Haseo im geschäftigen Dorf von Morag Don, meiner Heimatstadt!“, sagte sie fröhlich. „So was denkst du?“

Haseo wusste nicht was er sagen sollte. Es unterschied sich eindeutig von seiner Welt. Auch wenn es mehr heimischer als sein eigenes Haus erschien. „Gut, es ist definitiv anders als meine Welt.“ Er machte eine kurze Pause und holte tief Luft. „Aber ich mag es. Es ist nett hier.“

Atolis Augen leuchteten auf. Sie öffnete den Mund um etwas zu sagen, wurde aber von einem Ruf unterbrochen.

„Chigusa!!“

Atoli wandte sich um. Haseo folgte ihrem Blick aber sie entfernte sich rannte plötzlich davon. Sie lief in ein junges, blondes Mädchen und umarmte sie stürmisch.

„Shino!!“, rief Atoli glücklich.

Haseo folgte Atoli, völlig verwirrt. „Chigusa..? Ist das dein richtiger Name, Atoli?“

Atoli ließ das blonde Mädchen wieder los und drehte sich zu ihm um. „Ja, mein Name ist wirklich Chigusa.“ Sie schaute auf den Boden und schämte sich anscheinend. Sie hob ihren Blick und lächelte. „So nebenbei, ich möchte dir jemanden vorstellen!“ Sie drehte sich zu dem blonden Mädchen hinter ihr um. Bis dahin hatte Haseo noch nicht realisiert das sie genau wie Chigusa aussah.

„Haseo, ich möchte dich mit meine Schwester bekannt machen, Shino.“

Shino lächelte.

„Ich bin erfreut dich kennen zu lernen, Haseo.“



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