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Götterdämmerung

von

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Opium

Ciel POV
 

Agnis Keuchen war unregelmässig und schnell. Ciel mochte es schon gar nicht mehr hören, denn es verstärkte das Gefühl des Gejagtwerdens nur noch mehr. Er hatte den Arm des Inders über seine Schulter gelegt und zusammen torkelten sie durch die dreckigen Strassen von Londons Nacht. Ein Teil von ihm wusste, dass seine Stütze Agni wegen der Grössendifferenz wohl kaum etwas nützte, trotzdem konnte er ihn nicht einfach allein durch diesen Morast stolpern lassen. Es war nicht das Gefühl von Verbundenheit oder Verantwortung, sondern vielmehr die Tatsache, dass Ciel Agni brauchte, die ihn zu solch einem Handeln nötigte. Es war sonst niemand da, auf den er sich verlassen konnte, also musste er sicherstellen, dass der Inder stets an seiner Seite blieb – selbst wenn das hiess, dass er ihn stützen musste.

„Herr…“ Agnis Stimme klang brüchig, er warf Ciel einen gequälten Blick zu. Dieser verdrehte mit offenem Unwollen die Augen, liess aber von Agni ab, damit er erschöpft an der nächsten Wand zu Boden gleiten konnte.

Sein schweres Atmen durchbrach die Stille und hämmerte gleichzeitig auch jedes Mal auf Ciels Kopf ein. Er wandte sich vorsichtig einmal nach links und nach rechts, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich allein waren. Sie hatten ihre Verfolger schon am Hafen abgehängt, trotzdem mussten sie sicher sein. Bull hatte natürlich Alarm geschlagen, nachdem sie ihm gnädigerweise sein erbärmliches Leben gelassen hatten; und da in dieser Welt allein das Gesetz des Stärkeren galt, sollte seine Vergeltungsaktion ihnen wohl ein möglichst schmerzhaftes Ende bereiten. Doch Ciel sah niemanden. Ihre Kulisse bestand einzig aus dem Unrat auf Londons Strassen und dem gelegentlichen Geräusch einer vorbeihuschenden Ratte. Er vermied es immer noch Agni eingehender zu betrachten, denn ihre Situation war zugegebenermassen schlecht. Wohin sie jetzt gehen sollten? Ciel hatte keine Ahnung. Natürlich bestand jederzeit die Option ins Mansion zurückzukehren, aber das war das Letzte, was der junge Earl in Erwägung ziehen wollte. Er hatte sich schliesslich vorgenommen, es allein zu schaffen. Ohne diesen Butler.

Unbewusst verzog er das Gesicht und trat ein paar Schritte von Agni weg. Er tat so, als würde er sich umschauen, aber eigentlich hatte er einfach nur das Bedürfnis etwas Abstand zwischen sich und den verletzten Inder zu bringen. Der Geruch von Blut haftete an ihm. Ciel fand es ekelhaft.
 

Neben ihm raschelte etwas. Erschrocken wandte Ciel den Kopf, nur um dann mit einem gewissen Ärger feststellen zu müssen, dass es sich um einen weiteren vierbeiniger Bewohner von Londons niedereren Sphären handelte. Er trat nach der Ratte, verfehlte sie aber, was ihm ein heiseres Lachen des Verwundeten einbrachte.

„Ihr solltet stets in Erinnerung behalten, Herr, dass jede Kreatur ein Recht auf Leben hat…“ Ciel warf ihm einen verächtlichen Blick zu, doch Agni bemerkte es gar nicht. Mit geschlossenen Augen hatte er seinen Kopf an die Wand hinter sich gelehnt und atmete hörbar durch den Mund. Für einen Moment fragte sich der Earl, wie dieser Inder dazu kam, ihn selbst in einer Situation wie dieser noch belehren zu wollen. War es, weil Soma…

Ein erneutes Geräusch beendete seinen Gedankengang abrupt. Dieses Mal jedoch war es nicht nur streunendes Kleinvieh, sondern da tönten ganze eindeutig Schritte von hinter der nächsten Ecke hervor. Ciel bedeutete dem röchelnden Inder mit einem Fingerzeig, dass er versuchen sollte leiser zu atmen, aber die Geräusche waren schon wieder am verklingen.
 

Die Schritte entfernten sich und wurden leiser in der Finsternis und liessen den Earl mit einem unguten Gefühl zurück. War das einer ihrer Häscher gewesen? Oder einfach sonst nur menschlicher Abschaum, der sich in ihre Nähe verirrt hatte? Das Bedürfnis eine Antwort auf diese Frage erlangen zu müssen, hatte von ihm Besitz ergriffen. Er musste sicher stellen, dass ihnen immer noch niemand auf den Fersen war. Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich der Ecke. Hinter sich hörte er Agni tief einatmen. Der Inder war offensichtlich nicht begeistert von seiner Idee, aber was kümmerte das schon Ciel Phantomehive?!

Er spähte um die Ecke und sah eine Gasse, die genauso leer und dreckig war, wie die ihrige. Ohne noch einen weiteren Blick an Agni zu verschwenden, trat er hinein und lauschte. Er hörte Wasser tropfen und das Getrippel winzig kleiner Füsse, aber die Person von vorhin blieb verschwunden. Ciel ging weiter. Er schaute sich nach allen Seiten um, nur um zu vermeiden, dass sich jemand unbemerkt heranschleichen konnte. Und dann, als er eigentlich schon kurz davor gewesen war, umzudrehen und zu Agni zurückzugehen, hört er sie wieder…

Die Schritte waren nicht weit von ihm entfernt, irgendwo in der Dunkelheit bewegten sie sich. Alle Vernunft in ihm schrie, dass er umdrehen und sich verstecken sollte, dass es besser war nicht herauszufinden, wer der Verursacher dieser Geräusche war, doch dieses seltsame Gefühl wollte nicht von ihm ablassen. Es war wie ein Prickeln auf seiner Haut, das nicht aufhören wollte, bis er die Antwort gefunden hatte. Also trat er tiefer in die Finsternis und folgte den gleichmässig hallenden Schritten. Sie führten weg von der Gasse, wo der verwundete Agni lag, und in eine, wo Strassenlaternen ihre langen Schatten warfen.
 

Ciel sah eine Person in einem langen, schwarzen Mantel etwas vom Boden aufheben und fragte sich, ob das sein Verfolger war. Als die Person sich nicht wieder erhob, sondern in der Hocke blieb, trat er von hinten an sie heran. Leise gehauchte Worte drangen an sein Ohr „…wie hübsch du doch bist, du kleiner Streuner. Aber man sollte wirklich dafür sorgen, dass du etwas mehr zu Essen kriegst…“
 

Ciel gefror mitten in seiner Bewegung. Diese Stimme…
 

Dann erhob sich die Person und drehte sich zu ihm um. Der grossgewachsene Mann hielt eine etwas zerzauste Katze im Arm und schaute mit einem wissenden Lächeln auf Ciel herunter. „Guten Abend, junger Herr, ich hatte schon befürchtet, Ihr würdet gar nicht mehr kommen.“
 

„Se-sebastian…“ Ciel trat automatisch einen Schritt zurück. Sein Gesicht spiegelte für einen Moment eine Mischung aus Erstaunen und Entsetzen wider, bevor es sich innert des nächsten Wimpernschlages zu einer wütenden Maske verzerrte.

„Was tust du hier?! Ich will nicht,…“ er war wieder nach vorn getreten und packte den grösseren Mann am Aufschlag seines Mantels. Doch dessen einzige Reaktion bestand darin, erstmal mit gelassenem Amüsement die Katze von seinem Arm springen zu lassen und dann seine eigenen behandschuhten Hände auf jene des Jungen zu legen. „Was wollt Ihr nicht, Bouchan?“
 

Das Blitzen in den roten Augen des Dämons liess Ciel für einen Moment erschaudern und erinnerte ihn auf allzu eindringliche Weise an all das, was er in der letzten Wochen so erfolglos hatte zu verdrängen versucht. Er liess von Sebastian ab.

„Ich will nicht, dass du hier bist“ entgegnete er jetzt leiser.

„Aber Bouchan, ich muss doch sicherstellen, dass mit Euch auch alles in Ordnung ist…“ er lächelte Ciel in seiner üblichen Manier an, legte dann aber die Stirn in Falten und meinte mit gestellter Besorgnis: „…allerdings seht Ihr schrecklich dünn aus, junger Herr. Esst Ihr auch genug? Ihr solltet wirklich nach Hause kommen und diese ‚Jagd’ hier aufgeben.“

Mit der Selbstverständlichkeit eines routinierten Butlers griff er nach dem Kragen von Ciels dreckigem, zerknittertem Hemd und wollte ihn richten, doch dieser schlug seine Hand mit einer barschen Geste weg. Er funkelte Sebastian aus wütenden Augen an und fauchte: „Ich brauche deine Hilfe nicht! Ich kann das hier auch alleine!“
 

Er wollte davon stampfen, doch der belustigte Tonfall seines Butlers liess ihn innehalten.

„Seid Ihr da sicher, Bouchan? Die letzten acht Jahre habt Ihr nicht besonders viel allein gemacht.“

Sebastian trat dicht an ihn heran und legte erneut die Hand an Ciels Kragen, während er mit zuckersüsser Stimme fortfuhr: „Wir wissen doch beide, dass Ihr mich braucht, Bou~chan.“

Das letzte Wort rollte nur so von seiner Zunge, während seine Finger sacht über Ciels Hals streiften und hinauf zu seinem Kiefer wanderten. Er berührte das Gesicht des Jungen und blickte mit seinem undurchschaubaren, siegessicheren Lächeln auf ihn hinunter, so dass dieser für einen Moment regelrecht gefangen davon schien. Dann jedoch schwappte wieder eine Welle der Wut über ihn herein und er verengte die Augen zu Schlitzen.

„Du bildest dir zuviel auf deine Existenz ein, Dä~mon.“ Er löste sich erneut aus Sebastians Griff, dieses Mal allerdings etwas ziviler als zuvor, und drehte sich um. Mit gleichmässigem Schritt entfernte er sich von ihm. Er bog wieder in die dunkle Gasse ein und wollte sich auf den Weg zurück zu Agni machen, doch etwas sagte ihm, dass sein dämonischer Butler wohl noch nicht ganz zufrieden war. Obwohl er keine Schritte vernahm, konnte er fühlen, dass ein beobachtender Blick regelrecht an ihm zu haften schien. Ein dunkler Vogel flog über Ciels Kopf und liess den Herzschlag des Jungen gleich noch mal etwas zulegen, während er immer noch versuchte seinen Schritt nicht zu sehr zu beschleunigen. Er wollte nicht weglaufen. Nicht vor Sebastian.
 

Erst als die Ecke, hinter der er den verwundeten Agni wusste, wieder in Sichtweite war, atmete er erleichtert aus. Er wusste, Sebastian würde ihn nicht aufsuchen, wenn der Inder dabei war. Folglich war er sicher dort. Er hatte sie schon beinah erreicht, als plötzlich wieder ein Rauschen an seine Ohren drang. Es breitete sich in Windeseile über der Gasse aus und schien sie noch dunkler zu machen, als sie sowieso schon war. Ciel wollte zu einem Sprint ansetzten, doch anstatt die Biegung zu erreichen, wurde er von etwas seitlich erfasst, von den Füssen gerissen und kollidierte hart mit den nächsten Backsteinwand. Sämtliche Luft wurde aus seinen Lungen getrieben und er wusste, dass er eigentlich bewegungsunfähig hätte vornüberfallen müssen, doch etwas hielt ihn gefangen in seiner jetzigen Position. Ein schwerer Körper presste sich von vorne gegen ihn und pinnte ihn gegen die Wand.
 

„Bou~chan, Ihr wisst doch, Ihr sollt nicht weglaufen.“ Hände glitten gierig und rastlos über Ciels Haut und legten sich schliesslich mit spielerischem Druck um seinen Hals. Dieser antwortete nicht sofort, sein rasselnder Atem machte es schwierig die Worte überhaupt zu formulieren.

„I-ch lau-fe nicht weg“ presste er schliesslich hervor, die Augen dabei immer noch geschlossen haltend. Er wollte sie nicht öffnen, denn alles, was er gesehen hätte, wären bloss Sebastians rot glühende Iriden, die ihn in dieser finsteren Gasse zu verschlingen drohten.

Ein leises Lachen ertönte. „Oh doch, das tut Ihr, Bouchan. Ihr weigert Euch nach Hause zu kommen, wo ich auf Euch aufpassen kann. Ihr wollt nicht in meiner Nähe sein, denn Ihr…“ er beugte sich runter, so dass seine Wange jene Ciels berührte und sein Mund direkt an dessen Ohr war, „…fürchtet Euch.“

Ciel hörte die Worte in seinem Kopf nachhallen, während er gleichzeitig das Hämmern seines eigenen Herzens in seiner Brust fühlte. Nein, er….

Er spürte Sebastians Körper so dicht an seinen gedrängt, das Bein des Butlers hatte sich zwischen die seinen geschoben und noch immer berührte sich ihre Haut. Nein, er….

…er wollte das nicht!
 

Vehement stiess er den Butler von sich. „Ich habe keine Angst vor dir!“ brüllte er.

„Und ich laufe auch nicht weg!“
 

Schweratmend stand er in der Gasse, seine Schultern hoben und senkten sich in schnellem Tempo, während der Butler - nun wieder ganz gelassen - etwas von ihm weggetreten war. Schmunzelnd hob er seine behandschuhten Finger zu seinem Mund und musterte den aufgebrachten Ciel. „Aber Bouchan, regt Euch doch nicht gleich so auf. Das hier ist doch bloss ein kleines Spielchen.“ Er strich dem Jungen in einer beruhigenden Geste in paar wirre Haarsträhnen aus der Stirn, doch Ciel wich augenblicklich zurück. Mit zu Schlitzen verengten Augen warf er dem Butler mörderische Blicke zu.

„Fass mich nicht an!“
 

Sebastian betrachtete den Jungen für einen Moment stumm. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden und er schaute Ciel einfach nur eindringlich an. Dann, als dieser schon begann sich unter dem Blick unwohl zu fühlen und protestieren wollte, wandte er sich ab.

„Wenn Ihr das hier schon unbedingt allein erledigen wollt, Bouchan, dann nehmt wenigstens meinen Rat…“ er blickte in Richtung der Biegung, hinter jener der verwundete Agni lag, und Ciel musste augenblicklich erkennen, dass der Dämon perfekt über die Situation Bescheid wusste.

„Ein paar Strassen weiter hat Lau einen seiner berühmt-berüchtigten Keller. Er treibt sich dort eher selten persönlich herum, aber zu erwähnen, dass ihr ihn und Ranmao kennt, dürfte genug sein, um eine sichere Übernachtungsmöglichkeit zu kriegen.“ Damit wandte der Butler sich ab und war schneller in der Dunkelheit verschwunden, als Ciel es wirklich erfassen konnte.
 

Während sein Blick noch in der Ferne hinter Sebastian her hing, wälzte er gleichzeitig schon den Gedanken in seinem Kopf herum, ob er diesen Rat wirklich befolgen sollte. Es widerstrebte ihm etwas zu tun, das der Dämon sagte, aber ihm blieb nicht gross eine andere Wahl. Er verzog das Gesicht und ging zu Agni zurück. Die Begegnung mit seinem Butler liess seinen Herzschlag immer noch etwas schneller sein als gewöhnlich.
 

Agni POV
 

Er hörte Ciels Schritte, wie sie sich ihm näherten. Doch etwas daran war seltsam. Sie waren nicht gehetzt, aber trotzdem hatte sich etwas Unrhythmisches in ihren Takt gelegt. Mühsam versuchte er seine Augen zu öffnen. Er sah den leicht verschwommenen Umriss des jungen Earl of Phantomhive, der abwesend auf ihn herabblickte, seine Gedanken offensichtlich schon wieder an einem anderen Ort.

„Wir sollten zu Lau gehen“ hörte er ihn murmeln.
 

Agni kannte Lau nur flüchtig. Er hatte den Chinesen und seine wortkarge Gefährtin ein paar Mal beim Earl angetroffen, aber stets war sein Eindruck von dem Kaufmann etwas zweifelhafter Natur gewesen. Wie alle Händler schien auch Lau hauptsächlich an seinem eigenen Profit interessiert, Werte wie Loyalität, die auch schweren Zeiten standhielt, gab es für diese Sorte Mensch nicht. Es zählte bloss Gewinn, Macht und Geld. Folglich niemand mit dem Agni aus eigenem Interesse heraus hätte verkehren wollen, doch sein Prinz hatte sich selbst mit so einer Person gut verstanden. Seine Gutmütigkeit – die in Agnis Augen teilweise schon an Naivität grenzte – liess ihn über das Offensichtliche hinwegsehen. Er und Lau hatten sich nur zu gern kleine Scherze über den Earl erlaubt; dass er so hübsch sei wie ein Mädchen, dass ihm eines von Ranmaos Kleidchen gewiss gut stehen würde. Danach hatten sie immer alle gelacht und der Earl war verärgert gewesen. Solche Dinge waren an der Tagesordnung gewesen und wenn er jetzt daran zurück dachte, stimmte es ihn noch melancholischer, dass sie wohl nie wieder in dieser Formation beisammensitzen würden.
 

Ciel hatte nach seinem Arm gegriffen und hievte Agni schwerfällig hoch, was diesem ein gepeinigtes Stöhnen entlockte. Er wusste, der Earl meinte es gut, trotzdem zeugte sein Grad an mangelndem Einfühlungsvermögen davon, dass er es nicht gewohnt war sich um andere zu kümmern. Aber Agni trug es ihm nicht nach; wie käme er auch dazu. Er wusste, dass er momentan eine Last für seinen Herrn darstellte, und das war in sich selbst ein Widerspruch zu dem, wozu Diener eigentlich da waren. Sie sollten einem Lasten abnehmen, nicht sie verursachen! Er musste zugeben, er fand es beschämend, dass er sich auf den viel kleineren Earl stützen musste, und wäre es sein Prinz gewesen, hätte er solches Handeln vehement abgelehnt - obwohl seine Hoheit, Soma, wahrscheinlich darauf bestanden hätte, dass er es tat.
 

Sie irrten wankend und immer mal wieder anhaltend durch die zwielichtigen Gassen. Agni kriegte kaum etwas davon mit, wohin Ciel ihn führte. Er verliess sich darauf, dass dieser schon wusste, was er tat. Schliesslich war das seine Stadt.
 

Irgendwann, Agni wusste nicht wirklich wie lang es gedauert hatte, wurde er gegen eine kühle Mauer gelehnt und ein dumpfes Klopfen erklang. Mühsam versuchte er erneut seine Umgebung auszumachen und musste feststellen, dass sie an irgendeiner heruntergekommenen Holztür standen. Ein Sehschlitz wurde geöffnet und zwei schwarze, mandelförmige Augen musterten sie.

„Ich will zu Lau“ hörte er den Earl mit fester Stimme sagen, woraufhin hinter der Tür Getuschel entstand. Der Schlitz wurde geschlossen und dann passierte erstmal für einen langen Moment gar nichts. Agni befürchtete sogar schon, dass man sie gerade abgewiesen hatte, während der Earl einfach nur reglos dastand und weiterhin auf die geschlossene Tür starrte. Und dann, als ein Teil von ihm schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte und er sich liebend gern der Ohnmacht hingegeben hätte, ging sie auf. Mehrere chinesische Mädchen, die alle aussahen wie schlecht gemachte Kopien von Ranmao, standen im Eingang und verneigten sich.

„Mister Lau ist nicht da, aber kommen Sie doch herein“ meinte die vorderste von ihnen mit einem dick gefärbten Akzent. Der Earl deutete ein leichtes Nicken an und spazierte dann hocherhobenen Hauptes an den Frauen vorbei hinein in die Dunkelheit. Agni kriegte nur am Rande mit, wie ihn mehrere kleine Hände packten und hinterher schleiften. Es war ihm zwar grundsätzlich zuwider sich von Frauen stützen lassen, trotzdem ging sein Protest in einem Anfall von Schwindel unter. Er konnte nicht mehr, sein Atem ging immer rasselnder und er wusste, er musste sich dringend hinlegen. Alles in seinem Kopf schien sich zu drehen, während er eine Treppe hinuntergeleitet wurde und bei jeder zweiten Stufe beinahe gefallen wäre. Schliesslich wurde er auf irgendetwas Weichem abgelegt. Es war eine unglaubliche Erleichterung für den indischen Butler nicht mehr auf den eigenen zwei Beinen stehen zu müssen.
 

Während er gedämpft hören konnte, wie der Grossteil der Leute sich entfernte, wurde plötzlich das Polster direkt neben ihm eingedrückt. Eines der Mädchen hatte sich zu ihm gesetzt. Ihre Hand glitt tröstend durch sein verschwitztes Haar und sie murmelte etwas auf Chinesisch. Dann fühlte er etwas Kühles an seinen Lippen und wusste trotz seines deliriumsartigen Zustands, dass es das Mundstück einer Opiumpfeife war. Der Geruch und der Qualm hatten ihm schon auf der Treppe entgegengeschlagen, nur war es ihm da noch schwer gefallen ihn zu klassifizieren. Er wollte denn Kopf wegdrehen, aber sie redete weiter leise auf ihn ein und irgendwo von weit her hörte er die Stimme des Earls, die sagte, dass er sich gefälligst nicht zieren sollte. Also gab Agni nach und versank nur schon Momente später in der dumpfen Welt des traumlosen Schlafes.
 

TBC
 

A/N: Die Sache mit dem Bouchan – eigentlich finde ich japanische Begriffe in deutschen Fanfictions doof-_-’ Aber das Wort „Bouchan“ mag ich einfach, es ist so süss und passt so gut zu Ciel, weswegen ich mal über meine eigenen Vorurteile diesbezüglich hinwegsehe^^

Und was die Schreibweise angeht, hab ich „Bouchan“ gewählt, weil ich sie schlichtweg optisch ansprechender finde als „Bocchan“.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ItemReceived
2012-08-09T22:06:25+00:00 10.08.2012 00:06
Ich les grad die FF und am Ende des Kapitels hast gmeint, optisch gefällt dir Bouchan besser als Bocchan! Im japanischen sind das zwei verschiedene Leseweisen, Sebastian sagt ja immer Bottschan, ich glaub so is es besser zu zeigen ^^ vor einem Doppenkonsonanten wird der Vokal kurz gesprochen!

Und bei Bouchan, durch das U wird das O lang gezogen also Boochan! Nur damitst bescheid weißt ;>

Find ich aber cool, dass du Agni eingebaut hast, ich liebe Agni x Soma und versteh einfach nicht, warum es von den beiden so wenig gibt! Wirklich schad!

Lg Strong
Von:  Tsuki14
2011-11-23T17:10:20+00:00 23.11.2011 18:10
An diesem Kaptiel habe ich nun wirklich nichts auszusetzen, denn es war einfach klasse! Den Part mit Sebastian und Ciel fand ich echt klasse geschriebenen. Diese Spannung und dieses Spiel, welches Sebastian spielt, ist einfach nur klasse~ Das hast du toll gemacht.
Und wieder muss ich einen deiner Kommentartoren zustimmen.
Du beschreibst die Situationen wirklich sehr gut, so dass man sie sich wirklich vorstellen kann und auch das du diese FF in einen realitsichen Umfeld schreibst finde ich sehr gut.
Vielen Dank für diese Klasse FF ;)

Liebe Grüße, Tsuki14♥
Von:  Chibi_Chan
2009-08-31T12:40:59+00:00 31.08.2009 14:40
Eine außergewöhnlich gute Fanfiction. Ich bin überrascht so einen Schatz auf Animexx zu finden.

Dein Schreibstil ist wundervoll und deskriptiv. Jede Situation, die du beschreibst kann man sich förmlich vor dem inneren Auge vorstellen.
Die Charaktere sind außergewöhnlich gut getroffen, sowohl Ciel als auch Agni und die Erotik, die zwischen Sebastian und Ciel in der Luft hängt, hat mir auch sehr gut gefallen.
Ich mag an deiner FanFiction, dass sie sich ineinem realistischen Umfeld abspielt. Kuroshitsuji ist nämlich - und das hast du klar erkannt - keine Geschichte aus einem Friede, Freude, Eierkuchen Universum, sondern aus der Unterwelt des viktorianischen Zeitalters.

Ich hoffe inständig, dass du sie weiterschreiben wirst und wäre dann über eine Benachrichtigung, im Falle, dass du ein neues Kapitel uploadest, sehr dankbar!
Nochmal mein höchstes Lob!

LG
Chibi
Von:  yesso
2009-07-28T14:34:06+00:00 28.07.2009 16:34
Also ich habe deine fanfic gelesen und finde sie echt gut...
Freue mich schon wenn es weiter geht..
liebe Grüße yesso


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