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Keine große Sache

von

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Akt 5

(Ein Monat später)
 

„Wie wär´s es mit diesem Manuel?“ Viv zeigt total unauffällig zu unseren Bowlingnachbarn an Bahn Drei. „Wenn der nicht schwul ist fress ich nen Besen.“, erklärt sie direkt. Besagter Typ hat einen Hüftschwung drauf, der verhöhnt noch jede Tangotänzerin, er trägt mit Strass (Strass!) besetzte Turnschuhe und von seinem Milchbübchengesicht brauch ich ja gar nicht erst anzufangen. Dabei ist er nicht mal wirklich hässlich (durchschnittlich würde ich behaupten) aber diese Präsenz, die er ausstrahlt, ist zum davonlaufen.

Julia seufzt kaum hörbar und ich starre ihn nicht minder indirekt an als Viv, mit einer Augenbraue skeptisch nach oben gezogen. Schwul: ja. Mein Typ: nein. Nicht mal wenn er der letzte, ach, ihr versteht schon. „Ist das echt die einzige Alternative?“, frage ich resigniert.

„Zu Peer?“, fragt Julia und schielt zu ihm, wie er hinter der Bar gelangweilt einige Gläser poliert, damit seine Chefin nicht sieht, wie wenig sie ihn heute Abend eigentlich gebrauchen kann.

„Woar, Moment mal...“, mischt sich Vivian ein. „Du stehst auf Peer, Luc?“, sie sieht mich durchdringend an und ich hebe nur abwehrend die Hände. „Klar, warum auch nicht.“, ich sollte mir das langsam mal merken, aber ich habe seit Jeans plötzlichem Umzug zu unserem Vater nur noch ihn in meinem Kopf. Nicht, dass das nicht vorher auch schon so war, aber ich vermute stark, dass es eher schlimmer als besser geworden ist. Andauernd mach ich mir Gedanken, wie es ihm geht, was er macht, ob er weiß wie sehr ich ihn vermisse... Natürlich, ich sehe ihn noch hin und wieder in der Schule (seine Aktion gegen Martin hat ihm zwar Ärger eingebracht, andererseits sind zumindest die körperlichen Übergriffe auf meine Wenigkeit seltener geworden) aber ich habe seit einem Monat nicht mehr mit ihm gesprochen (32 Tage und 17 Stunden, um genau zu sein) und langsam macht mich das wahnsinnig.

Vivian schnippt mit ihren Fingern vor meinen Augen. „Hey, Luc, träum jetzt nicht zu viel von Peer, er hat eine Freundin.“, erklärt sie. Ich sehe sie entgeistert an, erwidere aber nichts. Es geht um Peer, genau. Das kann doch nicht so schwer zu merken sein...

„Wirklich? Dann war sie aber noch nie hier...“, sagt Julia schließlich.

„Ja, sie heißt Luisa, sie ist eine Kommilitonin meiner Schwester.“, erwidert Viv. „Sie ist bildhübsch, aber etwas schwierig, vor allem jetzt, wo ihr Vater gestorben ist.“

„Oh, das ist ja schrecklich...“, entgegnet Julia mitfühlend.

„Er hatte Krebs... es kam relativ plötzlich, kaum hatten sie ihn erkannt war er auch schon tot, dauerte nur wenige Monate. Trotzdem war´s sicherlich für keinen in der Familie leicht... Deshalb ist sie halt im Moment auch kaum woanders als in der Uni oder zu Hause.“ Viv und Julia fallen in ein tiefes Gespräch, aber ich klinke mich aus. Ich starre nur abwesend auf die inzwischen lauwarme Cola in meinen Händen und versuche zu ergründen warum ich mich eigentlich so tot unglücklich fühle. Jean ist nicht gestorben, er ist nur einige Kilometer ins Zentrum gezogen. Aber vielleicht sollte ich langsam akzeptieren, dass es trotzdem eine gewisse Art von Begräbnis sein soll, nämlich die für meine Gefühle. Kann man das? Sie einfach begraben? Ich bin nicht sicher. Eigentlich bin ich über gar nichts mehr sicher, nur, dass es verdammt weh tut.

Ich stehe auf und steuere auf Peer zu, an die Bar. Die Mädchen unterhalten sich noch immer, nicht darauf achtend, dass wir ursprünglich zum Bowling hergekommen sind und nicht zum Plaudern, dafür kostet diese ungenutzte Bahn dann doch zu viel.

„Gibst du mir ne neue Cola.“, frage ich etwas abwesend. Peer sieht mich prüfend an. „Ist mit dir alles in Ordnung?“ Die Untertreibung des Jahrhunderts.

Ich zucke aber nur mit den Achseln. „Sicher.“

Er schaut zu den Mädchen, dann kommt er hinter dem Tresen vor und packt mich nicht unsanft am Ellenbogen. „Komm mal mit.“, verordnet er selbstsicher. Ein wenig überfahren trotte ich ihm hinterher.

„Okay, Luc...“, er gestikuliert mit seinen großen, schlanken Händen in Richtung Hinterzimmer. Ich lächle nervös, gehe aber voraus in den Raum. Er schließt hinter mir die Tür und ist mit einem mal ganz nahe. Ich glaube das eigenartige Quietschen, dass gerade zu hören war kam von mir als ich erschrocken die Luft einzog und einen Schritt nach hinten auswich.

Peer lächelt irgendwie verschmitzt und in seinen Augenwinkeln sind kleine Lachfältchen sichtbar. Sein Atem streift meine Lippen und mit einem mal ist es mir fast egal, dass ich es ja eigentlich gar nicht auf ihn abgesehen hab. Irgendwie riecht er gut, ich glaube für einen Moment könnte ich das alles vergessen, Jean, sein Auszug, sogar die vielen Sticheleien in der Schule. Aber ich muss wohl immer noch ziemlich verschreckt ausgesehen haben. Außerdem hämmert eine Stimme in meinem Hinterkopf, die etwas von Freundin faselt. Peer jedenfalls ist mit einem mal außer Reichweite und lehnt sich am Küchenschrank an.

„Luc.“, sagt er ernst. „Egal was es ist, es geht schon seit einer Weile und du solltest dringend mal mit jemanden darüber reden.“

Ich sehe ihn verstört an. Irgendwie kapier ich grade gar nichts.

„Du hast den Test nicht bestanden.“, er lächelt leicht und schüttelt den Kopf. „Also, ehrlich, es kommt schon recht häufig vor, dass jemand sich in mich verliebt, das bringt der Job einfach mit sich, weißt du? Da ist man immer freundlich, flirtet vielleicht sogar ein bisschen, hilft das Trinkgeld zu erhöhen.“, er zwinkert mir zu. „Jedenfalls hab ich inzwischen so einen Blick dafür,...“

Ich will etwas entgegnen aber er hebt seine Hände in Abwehr. „Lass mich ausreden.“, sagt er.

„Also, ich merke es inzwischen, wenn es jemand ist, okay, aber du definitiv nicht.“, sein Blick wird etwas eigenartig, irgendwie kälter.

„Kränkt dich das?“, höre ich mich plötzlich fragen. Und dieses verschmitzte Lächeln zuckt noch einmal über seine Lippen, bevor er wieder ernst schaut. „Nein, Unsinn, aber es kränkt mich, dass du Julia am Ende doch belogen hast.“ ich erwidere nichts. Was soll ich schon sagen? Ja, stimmt, das hätte ich bei der ganzen Lügerei fast vergessen... Hätte ich mich etwa auf dich stürzen sollen, damit du nichts merkst? Aber vielleicht wäre es das ja gewesen, immerhin ist es ja nicht so, dass mein Körper nicht auch bei anderen Männer reagieren würde, was du eben eindrucksvoll bewiesen hast...Ich sehe aber nur betreten zu Boden und Peer nimmt einen tiefen Atemzug bevor er ansetzt etwas zu sagen. „Luc, du musst ja nicht mit mir darüber reden, aber ich glaube, irgendwie macht es dich ziemlich fertig, ist es nicht so?“

Ich schaue zu ihm und erwidere trocken: „Erwartest du jetzt ein riesiges Geheimnis?“

„Nein, eigentlich nur den Grund warum du behauptest du wärst in mich verliebt, wenn´s gar nicht stimmt. Es ist doch egal, wer´s ist, niemand hätte es so gut verstanden wie Julia...“

Ich schüttle den Kopf.

„Auf jeden Fall bist du alles andere als glücklich...“

Jetzt schnaufe ich leicht abwertend und lehne mich meinerseits an die gegenüberliegende Wand an. Noch immer weiß ich nicht, was ich Peer sagen soll, also schweige ich. Ich glaube nicht, dass ich meine zerbrechliche Freundschaft zu diesem Kerl riskieren will, nur weil es mir tatsächlich besser gehen könnte, wenn ich wenigstens einer einzigen Person sagen könnte wie fehl gesteuert meine Hormone sind.

„Na gut.“, Peer geht zur Tür und für einen Augenblick will ich ihn zurück halten, aber ich lasse es bleiben. Er jedoch will gar nicht verschwinden sondern nur schauen, was seine Kunden so treiben und ob er gebraucht wird. Nach wenigen Minuten ist er wieder bei mir und schließt erneut die Tür. Eine Weile sagt keiner von uns ein Wort, bis er bemerkenswert einfühlsam zu sprechen anfängt.

„Bevor ich Luisa kennen gelernt hab, hatte ich ein paar Affären...“, sagt er und es klingt wie ein Geständnis, irgendwie absurd. Ich nicke also nur darauf, ist ja nun nicht gerade das achte Weltwunder.

„...mit ähm... na ja mit Männern.“, setzt er fort. „verheirateten... Männern.“ Wie jetzt? Verstört blicke ich zu ihm auf und versuche seinen Blick aufzufangen, aber er wandert unruhig durch den kleinen Raum.

Jetzt hat er meine Aufmerksamkeit. „Du verarscht mich doch...“, flüstere ich.

„Nein...“, er seufzt leise. „Sie waren zwischen 35 und 40... das komische daran ist, ich war nur in einen einzigen von ihnen wirklich verliebt, aber irgendwie...“, er stockt. „Ich war ein richtiges Arschloch, als ob es genau dieser Kitzel sein musste, nicht erwischt zu werden, dieser leise Schmerz beim Abschied, der immer wieder unausweichlich kam, die Tränen, die Wut, die Verzweiflung, wenn ich eine Ehe zerstört hatte. Ich meine, ich war das ja nicht alleine, aber trotzdem. Das grausame daran ist: einer wollte wirklich mit mir zusammen sein, verließ seine Frau und was tat ich? Ich verlor das Interesse und ließ ihn fallen.“

Ich sah Peer an und irgendwie – total grotesk – hielt ich ihn gar nicht für ein Arschloch, sondern genauso für ein Opfer wie die anderen, die im Netz ihre Gefühle gefangen waren.

„Ich will damit nur sagen: wir tut alle manchmal Dinge, auf die wir nicht stolz sind. Und glaub mir, ich verstehe das besser als die meisten von uns.“

„Lass mich raten, es war der erste in den du wirklich verliebt warst?“, ich lächelte aufmunternd.

„Ja.“, auch er grinst jetzt, aber das Lächeln erreicht seine Augen nicht. „Und das klingt fies, aber seine Ehe konnte ich nicht kaputt machen, er hielt zu ihr und sie am Ende auch zu ihm.“

Ich stoße mich leicht von der Wand ab an der ich lehnte, lege meine Hand auf seine linke Schulter und drücke sie freundschaftlich.

„Hätte ich das meinem schwulen Kumpel nicht erzählen sollen?“, er sieht mich skeptisch an.

„Wieso nicht, du stehst auf alte Säcke, nicht auf halbstarke Jungs...“, erwidere ich darauf und bekomme auch prompt einen Boxhieb auf meine Rippen. „Nicht frech werden.“, schäkert er aber seine trübe Stimmung hellt nicht wirklich auf.

„Peer...“, ich schlucke etwas. „Ich bin wirklich in einen Jungen verliebt, in der Beziehung war ich absolut aufrichtig zu Julia. Aber... nun... der Junge ist dummerweise...“ Ich wende mich etwas von ihm ab. „er ist dummerweise mit mir verwandt.“, er hat mir ein für sich unangenehmes Geständnis gemacht, es ist nur fair es ihm gleich zu tun, außerdem: in just diesem Moment würde ich Peer mein Leben anvertrauen. Es ist vielleicht nur ein naives Gefühl, aber ich glaube er ist nicht so oberflächlich für wie ich ihn bisher immer gehalten habe und er könnte es verstehen.

Mein Gegenüber zuckt mit den Achseln. Wahrscheinlich hat er noch nicht daran gedacht, wie nah dieser Junge mit mir verwandt sein könnte. „Es ist Jean, Peer.“, sage ich fest und schaue beinahe brutal eindringlich in seine Augen. „Mein Bruder.“

Nun, vielleicht habe ich mich geirrt und er versteht es nicht. Er reißt seine Augen vor Schreck weit auf und schlägt sich eine Hand vor den Mund. „Oh.“, sagt er nur. Er betrachtet mich nachdenklich und schüttelt ungläubig den Kopf. Resigniert lasse ich die Schultern hängen und warte darauf, dass er den Raum verlässt.

„Das ist scheiße...“, höre ich und ich spüre eine Hand an meinem Rücken. „Tut mir Leid für dich. Ich nehme es zurück, das hättest du Julia auf keinen Fall sagen können!“

Ich lächle gequält. „Ja, wäre nicht so gut gekommen...“ Peers Hand an meinem Rücken ist angenehm warm und ich wünschte er würde mich in den Arm nehmen, aber ich denke das wäre etwas zu viel verlangt. Es tut gut, dass er mich nicht gleich verurteilt hat und dafür bin ich ihm dankbar, deshalb sage ich: „Wir sollten wieder raus gehen, meinst du nicht?“ Die Wärme an meinem Rücken verschwindet und die Stelle fühlt sich nun besonders kalt an.

„Ja, sicher.“, er sieht mich mit einem schiefen Grinsen an. „Ach Kleiner, ich würde gerne sagen: das wird schon alles wieder. Ich meine, das wird es, aber ich weiß leider nicht wie lange das dauert.“

Ich lächle leicht und spüre tatsächlich so etwas wie einen Keim von Hoffnung in mir. „Irgendwann... das reicht für den Anfang.“, erwidere ich. Und: „Danke.“
 

„Was habt ihr denn so lange da drin gemacht?“, fragt Viv und streckt sich gähnend. „Männergespräche.“, entgegne ich sofort, zu keinen näheren Angaben bereit.

„Aha.“. Julia schaut argwöhnisch von ihm zu mir. „Wollen wir jetzt Heim fahren?“ Ich nicke darauf.

„Wie geht es denn Luisa?“, fragt Viv.

„Ach, wie soll´s ihr schon gehen? Zumindest nicht schlechter...“, Peer seufzt leise.

„Verständlich.“, antwortet Viv nur. Julia verschwindet noch schnell zu ihrer Mutter – die Peers Chefin ist – und verabschiedet sich, dann machen die Mädchen und ich uns auf zur Bushaltestelle, aber bevor wir gehen hält Peer mich noch kurz zurück. „Bevor ich noch gekündigt werde, sollten wir solche Gespräche lieber auf „Privat“ verschieben, hm?“, er lächelt ehrlich und gibt mir einen Zettel mit seiner Handynummer. „Du bist in Ordnung, Kleiner.“

Ich schau überrascht auf das zusammengefaltete Ding in meiner Hand und dann wieder zu ihm. „Auch, wenn du noch ein Kind bist.“, fügt er hinzu.

„Wenigstens steh ich nicht auf Opas.“, stichel´ ich zurück.

„Kommst du jetzt mal, Luc?“, ruft Viv von weiter vorne zu mir. Ich verdreh nur die Augen und folge den Mädchen endlich. Erleichtert, dass es jemanden gibt mit dem ich nun reden kann, wenn ich denke tatsächlich wahnsinnig zu werden.

Und hey: das ist das erste mal, dass mir ein Kerl seine Handynummer gibt, zumindest seit alle wissen, dass ich schwul bin. Ist ein Anfang, nicht?
 

***
 

„Was ist das?“, ich deute auf eine – korrigiere: meine – Tasche, die sich voll gepackt im Flur bei mir zu Hause befindet und über die ich beim reinkommen beinahe gestolpert wäre. Es ist Donnerstag Abend, noch nicht mal halb Zehn und irgendwie scheint meine Ma schon wieder betrunken, oder zumindest angeheitert zu sein. Und der Grund dafür zeigt sich keine zwei Sekunden später im Türrahmen. Daddy.

Na Halleluja.

„Schön, dass du auch schon kommst, Luca.“, zischt sie scharf.

„Ich war bowlen, Ma, ich gehe fast jeden Donnerstag bowlen, und ich bin sogar überpünktlich, was hast du also für ein Problem?“, entgegne ich, eher verwirrt als wütend.

Sie wirft die Hände in die Luft und drängt sich an Pa vorbei ins Wohnzimmer. Na ja, wenn sie alleine mit ihm war ist es kein Wunder, dass sie angepisst ist, wäre ich vermutlich auch. Wobei mir die Tasche wieder einfällt, die da eigentlich nicht so recht ins Bild passt.

„Hi.“, ein Nicken Richtung Vater, der mir seinerseits eines seiner seltenen Lächeln schenkt, während ich zu Mutter ins Wohnzimmer gehe, mich aber nicht hinsetze.

„Rate mal...“, beginnt sie und sieht mich beleidigt an, dabei weiß ich noch nicht mal worum es geht. Ich schaue also nur fragend zu ihr.

„... wem plötzlich einfällt, dass du mal wieder ein Wochenende bei ihm verbringen könntest.“ Etwas verunsichert drehe ich mich zu meinem Erzeuger um und er lächelt schon wieder, fast gruselig. Wochenende? Bei... Johannes? Mit Jean? Ist DAS eine so gute Idee? Ich weiß, ich weiß, ich habe mich permanent darüber beklagt, dass ich Jean vermisse, aber jetzt, wo ich die Aussicht habe ihn wieder zu sehen, zu hören, zu riechen, zu fühlen (schön wär´s) bereitet mir der Gedanke Unbehagen.

„Äh...“, weiter komme ich nicht, denn Mutter gestikuliert wild in Richtung meines Vaters.

„Hat dich unser Sohn schon darüber informiert, dass er sich jetzt lieber für Jungs interessiert als für Mädchen?“ Das war gemein. Ich verstehe, dass sie wütend ist und sicherlich auch verletzt, es muss ihr vorkommen als würde ihr Exmann ihr jetzt auch noch beide Kinder wegnehmen wollen – was idiotisch ist, außerdem sind wir dafür ein bisschen zu alt – aber warum erzählt sie nicht gleich noch ich hätte eine ansteckende, tödliche Krankheit, damit ich mich noch mehr wie ein Aussätziger fühlen kann?

Die Stille, die eintritt, währt nur kurz und als ich mich zu meinem Vater umdrehe umspielt sein Lächeln (was erschreckend gütig aussieht) noch immer seine Lippen. Er wendet sich jetzt auch zu mir und fragt leise. „Und, kommst du mit?“

Irgendwas ist doch faul an der Sache...

„Sag mal, Hannes, hast du nicht gehört? Der Junge behauptet homosexuell zu sein.“ Ich dachte immer ich kenne Menschen. Aber am heutigen Abend scheine ich eines besseren belehrt zu werden, denn mein Vater macht etwas völlig untypisches. Überhaupt ist er so erstaunlich sachlich, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen.

„Schön wir ihn, Maria.“, sagt er uns zwinkert mir zu. „Hey, Luc, lass dich von den Kerlen aber nicht verarschen, ja?“

Ich kann nicht anders, mir entfährt ein trockenes Auflachen und starre zu ihm als hätte sich ein Alien seinen Körper ausgeliehen und die Seele meines Vaters in die ewigen Jagtgründe befördert. Ja, so muss es gewesen sein, mindestens!

„Ihr habt euch alle geben mich verschworen, was?“, Ma´s Stimme bricht sich und mit einem mal tut sie mir Leid. Sie war immer für mich da, das darf man nicht vergessen, während Pa, na ja eben einfach nicht da war.

„Es ist doch nur ein Wochenende, Maria, jetzt tu doch nicht so als hätte ich die Jungs noch nie bei mir gehabt.“, erwidert Vater inzwischen etwas genervt, aber nicht mal annähernd so sehr wie ich erwartet hätte.

„Ja, na klar, nimm dir was immer dir beliebt, ist ja nichts neues.“, antwortet sie bitter.

Vater versucht sie zu ignorieren und schaut mich wieder an. „Möchtest du mitkommen? Für ein Wochenende? Du weißt, dass ich dich nicht zwingen kann und es liegt mir auch fern das zu tun, es ist nur eine Bitte.“ Ich nicke darauf. „Ja, in Ordnung.“

„Ich warte im Wagen, bis gleich.“, er klopft kurz auf meine Schulter und wendet sich zum Gehen. „Ich bringe ihn Sonntag Abend zurück, OKAY, Maria?“ Sie schnauft nur und er verlässt ohne eine echte Antwort die Wohnung.

„Ma, das du bei ihm immer noch rot siehst kann ich einsehen, aber bitte nimm auch mal Rücksicht auf meine Gefühle und benutze mich nicht gegen ihn, ist das zu viel verlangt?“, sage ich zu ihr, aber sie sieht mich nur abweisend an. „Er hat es doch sowieso schon gewusst, war ja nicht zu übersehen.“, erwidert sie.

Ich hab es ihm nicht gesagt.“, antworte ich, auch, wenn es mir gar nicht so sehr darum geht, und immerhin konnte sie ja nicht wissen ob er die „Neuigkeit“ nun schon erfahren hatte oder nicht, sie wollte ihn lediglich gegen mich aufspielen. Und DAS nehme ich ihr übel.

„Ich werde jetzt gehen.“, sage ich scharf. „Trink weniger. Wir sehen uns Sonntag.“

„Deine gepackte Tasche steht im Flur.“, wieder diese Kälte ihn ihrer Stimme, aber dennoch dieses leichte Zittern darin, was mir unter anderen Umständen Sorgen bereiten würde. Aber ich bin viel zu aufgebracht und der Alkohol, den sie getrunken hat, zeigt schließlich auch seine Wirkung.

„Danke, das du an meine Sachen gehst.“, ich sage das eher zu mir, aber laut genug, das sie es hören kann.

„Wie man´s macht...“, auch das redet sich sich eher selbst ein und ich muss ungewollt grinsen. Wir sind uns eben nicht nur äußerlich ähnlich. „Bis dann, Ma, mach keinen Blödsinn.“ und mit diesen Worten lasse ich sie allein zurück, aber nicht ohne noch ihr Schluchzen zu vernehmen.
 

„Kann los gehen.“, sage ich zu meinem Vater, als ich in seinen Wagen steige.

„Und du bist dir wirklich sicher?“, fragt er, ohne den Wagen an zu lassen.

„Ja, klar, Ma kommt schon zurecht und es ist ja nun wirklich nur ein Wochenende.“, erwidere ich.

„Ich meinte, dass du... lieber mit Männern schläfst als mit Frauen...“

„Hey, ich hab noch nie mit einem Mann geschlafen!“, verteidige ich mich und merke erst nachdem ich es ausgesprochen hab, dass ihn das ja eigentlich nichts angeht.

„Oh, Gott sei dank.“, murmelt er.

„Woher weißt du das eigentlich?“, frage ich.

„Jean hat es gesagt... er meinte das nicht böse, er macht sich nur Sorgen um dich...“, er sieht mich ein bisschen gequält an.

„Scheint sich ja jeder plötzlich unheimliche Sorgen um mich zu machen.“, gebe ich ein bisschen zu patzig zurück, aber Vater reagiert nicht auf meinen Ton.

„Sohn...“, erwidert er nur, irgendwie müde. „Ich behaupte ja gar nicht, dass ich darüber erfreut wäre, ich glaube kein Vater ist das.“ Jetzt erst dreht er den Zündschlüssel und legt den ersten Gang ein. „Aber ich möchte auch, dass du die Chance hast dein Glück zu finden, so wie jeder andere auch. Und gerade um dich mache ich mir die größten Sorgen, das fing schon als als du noch ganz klein warst.“

„Jetzt kommt es also, das Vater-Sohn-Gespräch.“, flüstere ich.

„Nein, reden wir später weiter, ich will jetzt erstmal nach Hause. Ich möchte dir jemanden vorstellen.“ und mit diesen Worten biegt er endlich in den Straßenverkehr ein.

Oh. Scheint spannend zu bleiben. Großartig, als wäre mein Leben nicht schon aufregend genug.
 

___________________
 

Feedback ist wie immer erwünscht. :)

Danke an alle, die es bis hierhin verfolgt haben, wir könnten jetzt Bergfest feiern, die Hälfte wäre um. ^^

*Cocktails verteil*
 

<3

sho_co



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  P-Chi
2009-08-15T15:30:40+00:00 15.08.2009 17:30
*cocktail schlürf*
Hmmm~
Das ist ja mal interessant!
Man, das hätt ich von Peer nie erwartet! o__o Ich war total von den Socken!
Aber seine Reaktion auf Lucs Geständniss war auch echt klasse xDD
Hehe *böse grins*
Aber die Mutter hats ja schlimm erwischt...beinahe tut sie mir ja schon leid. o_ò
Uuuh, und erst JETZT kommt der Vater, hä? Man, ich kann den Kerl nicht leiden -.-"
Und jetzt auch noch übers Wochenende mit Jean und ihm zusammen wohnen...oioioi, wo soll das nur hinführen? x33~

lg Angels^^
Von:  CocoCabana
2009-08-02T10:46:42+00:00 02.08.2009 12:46
Ich mag deine Geschichte total gerne und freu mich immer über ein neues Kapitel...
du kannst sehr schon schreiben und schaffst es jedesmal aufs neue die Spannung zu halten bzw. aufzubauen. Bin also schon voll gespannt auf die Forstestzung!!!
Lg Coco
Von:  Die_Debby
2009-07-28T10:17:37+00:00 28.07.2009 12:17
uiui.
Wen will er ihm denn vostellen ?
Bin schon ganz neugierig.

Wieder einmal ein total tolles Kapitel.
Ich finde Peer i-wie toll.
Er stehet auf alte Männer = D
Das hätte ich ihm bezüglich nicht gedacht,
aber insgeheim auf irgendeine externe Story mit ihm verhoft.
( mit einem männlichen Gegenpart = P)
Aber Luisa tut mir viel zu leid wegen ihrem Vater.
Deswegen habe ich diesen Gedanken jetzt einmal schnell aus meinem Kopf verband.
Ich hoffe, dass das lang ersehnte Zusammentreffen von Luc und Jean gut verläuft.
Hach. Die beiden sind so toll.

Hoffe das es schnell weiter geht = )


Von:  snowwhitedoll
2009-07-26T07:41:17+00:00 26.07.2009 09:41
Oh Gott! Ich glaub, ich muss gleich heulen...in meinem Hals ist grad so ein Kloß...

Diese Geschichte ist so tragisch! Aber so unglaublich witzig und leicht geschrieben, dass es mir echt unter die Haut geht!
Oh man!

Luc...er tut mir wahnsinnig Leid!
Immerhin hat er Peer, der echt toll ist!
Und auch wenn Hannes nicht da war, glaube ich nicht, dass er ein richtig mieser Vater ist.
Und Jean...ich weiß nicht, Verwirrung!!!

Diese FF ist herzzerreißend <3

Ich freu mich, wenns weitergeht!
hugs


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