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Eine Eigenart von Mensch

von

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Die Nachtluft ist kalt, verdammt kalt sogar. Ich friere höllisch, weil ich einfach nicht daran glaubte, es würde so kalt werden. Mitten im Sommer. Im Hochsommer.

Was für eine verdrehte Welt ist das?

Und gerade weil ich zumindest an ein bisschen, wirklich nur an den kleinsten Prozentsatz an Normalität in dieser so verdrehten Welt glaubte, friere ich mir jetzt den Arsch ab. Akitos Arsch wohl gemerkt, der bereits seit sechs Stunden in einem warmen Bett liegen sollte ohne auch nur im Entferntesten daran zu denken, jetzt überhaupt frieren zu können.

Lieblich träumen sollte er, nicht von mir zurückgehalten, weil ich durch die Gegend spaziere. In dieser Kälte, wegen der mein ganzer Körper mit Gänsehaut überzogen ist. Akitos Körper. Wegen der meine Zähne klappern. Akitos Zähne. Verdammt.

Aber ich kann noch nicht zurück.

Ich will es nicht, würde es nie wollen – nicht und vor allen Dingen nur, wenn es um ihn geht –, aber dieses Leid wird noch andauern müssen. Die ganze restliche Nacht. Bis zu ihrem endgültigen Ende. Und die Sonne geht erst in anderthalb Stunden auf. Also insgesamt siebeneinhalb Stunden später als Elf. Und noch mal eine halbe Stunde später, bis ich wieder zurück bin, weil ich selbst mit der Höchstgeschwindigkeit meiner A-Ts die Strecke nicht schneller als in einer halben Stunde zurücklegen kann.

Es ist fürchterlich und die Schuld nagt an mir, wie sie es immer tut, wenn ich die Welt mit geliehenem Körper anfassen kann und es genau genommen nicht sein muss. Aber es ist und bleibt nur mein Gefühl. Meine Schuld. Mein verdammtes Gewissen. Von ihm gar nichts.

Nur die übliche Wärme und das Vertrauen, das er in mich setzt.

Er glaubt nicht daran, träumte nicht mal davon, wenn er in diesem Moment denn träumen könnte, dass ich etwas gegen seinen Willen machen könnte.

Ich seufze; die Räder meiner Regalia gleiten problemlos über den Asphalt. Natürlich würde ich nie etwas gegen ihn tun, etwas absichtlich verursachen, dass ihm schaden könnte. Er vertraut mir blind und ich ihm, weil er absolut alles über mich weiß und ich über ihn. Zwei Persönlichkeiten in einem Körper haben keine Geheimnisse voreinander.

Nein. Keine zwei Persönlichkeiten. Nur eine und eine Missgeburt, die nicht existieren sollte. Die Persönlichkeit war durch die Existenz der anderen nur gefährdet.

Der Wind weht noch kälter und das Zittern wird noch stärker, aber noch immer kein negatives Gefühl. Akito nimmt hin, was kommt, wenn Agito es hinnimmt.
 

Ich bin nicht hier, um mich zu bemitleiden. Meiner verfluchten Existenz einen noch tieferen Platz in der Hölle zu reservieren – ich werde mich freiwillig noch 20 Kilometer tiefer in ihr verkriechen, wenn es sein muss. Und wenn meine Zeit gekommen ist, aber da kann ich heute noch lange drauf warten. Dieser Körper ist jung und stark, nicht unbesiegbar, aber doch nur schwer in die Knie zu zwingen. Warum sich also heute schon um die Hölle sorgen?

Ich bin hier, weil ich hier sein muss. Wer das sagt? Ich. In gewisser Weise.

Der zukünftige Möchtegernkönig des Himmels soll schreien, wie er will; wenn ich nicht da bin, bin ich nicht da. Vielleicht wollte er ja sogar etwas mehr als nur die übliche Frage zu stellen, wo ich hin wollte, als ich gestern Abend ging – ich hörte ihm schon nicht mehr zu, viel zu sehr beflügelt von den Gefühlen der Persönlichkeit. Sie trieben mich an, obwohl ich so oder so schon rannte, um der Krähe ohne A-Ts keine Chance zu geben, mich aufzuhalten. Nicht, dass er das geschafft hätte.

Akito dachte, Agito ist viel wichtiger als Ikki, tut ihm Leid, dabei tat Agito gar nichts Leid, freute sich sogar, als er mit einem inneren Lächeln bemerkte, dass sein eigenes Herz auf seine eigenen Gedanken hin für einen Schlag seinen regelmäßigen Takt verlor und Ikki hinter ihm zurückblieb, ihn nicht mehr erreichen konnte. Agito rannte weiter.

Und ist nun hier, bald am Zielort angekommen.

Es freut mich nicht, weil ich erstens ständig hier bin, wenn Akito in einer entsprechend guten Verfassung ist und ich die entsprechende Lust dazu habe, und weil ich mich zweitens selten über eine Notwendigkeiten wie diese freue.

Nun … vielleicht würden sich andere darüber freuen, zeugt es doch immerhin von Individualität und Eigenständigkeit, doch ich kann gerade mal eigenständig handeln, wenn ich Akito von seinem rechtmäßigen Platz verdränge. Tatsache ist, ich bin kein Individuum, brauche keine Individualität, weil er all das für mich besitzt. Der, der von Anfang an da war. Der immer da war. In dem ich wie in einem Mutterleib entstand.

Doch eben der ist es, für den ich das hier tue.

Eigenständigkeit bedeutet Freiheit. Und Freiheit will er mir geben, indem er mir alles gibt. Eine Pflicht, die ich nicht wahrnehmen will, weil es seine eigene Freiheit einschränkt – er sollte seit sechs Stunden und 15 Minuten im Bett sein und schlafen –, aber die ich genauso wenig nicht erfüllen kann, weil er es war, der sie mir auferlegte.

Natürlich könnte ich verneinen, ihn einfach ins Bett schicken, aber es ist wie ein Geschenk von ihm, eines, bei dem er so viel aufopfert. Das macht es zu etwas besonderem – und einer Pflicht –, das ich nicht ablehnen kann.

Verdammt.

Wenn ich es doch schon vorher gewusst hätte, dass ich heute Nacht hierher kommen würde, dann hätte ich mir wenigstens eine Jacke angezogen, damit Akito sich nicht erkältet. Was musste ich mich auch so spontan entscheiden? Für den Entschluss hatte ich maximal zwei Sekunden gebraucht, bevor ich losgerannt war, und Akito hatte bereitwillig den Platz geräumt.

Er verwöhnt mich geradezu mit liebevollen Blicken, die ich nie sehen kann, und mit Freiheiten, die ich weder verdiene noch haben sollte. Zu gut für mich. Ein Wesen solcher Herzensgüte.

Zumindest, wenn ihn keiner aufregt.

Wie viel wütender kann er ihm Vergleich mit mir sein, so viel angsteinflößender. Es ist immer wunderbar aus der Dunkelheit zu beobachten, wie die anderen vor einem wütenden Akito zurückweichen.

Der Gedanke bringt mich zum Lachen, aber niemand ist da, um zu hören, wie laut ich lache. Der Rest der Welt scheint zu schlafen, so wie es sein sollte. Kein einziger Stormrider kreuzt meinen Weg, doch vielleicht meiden sie ihn. Warum auch immer. Oder die kalte Nacht verjagt sie. Auch möglich.

Was soll’s.
 

Ich bin angekommen. An dem gewünschten Ort, der kein besonderer ist. Ein kleines Drecksloch wie dieses hier würde auch nie etwas besonderes sein. Nur Pflanzen, dreckiger Boden, Steine, Wind. Das nächste Gebäude ist eine Viertelstunde zu Fuß entfernt.

Ist auch gut so. Hier und jetzt soll niemand sein. Meine Freiheit, von Akito geschenkt, will ich mit niemanden teilen. Und käme doch jemand, würde ich ihn verjagen, mit lauten Flüchen vertreiben und meinen Weg auf seinen Körper einzeichnen. Brutal. Skrupellos. Blutig. Schmerzhaft.

Aber es kommt keiner.

Ich bleibe alleine. Ich weiß nicht so recht, ob ich mich darüber freuen oder mich aufregen soll. Verdammt …

Hier an diesem Ort völliger Abgeschiedenheit bin nur ich, um die Freiheit auszuleben, die die Persönlichkeit der Mistgeburt schenkte. Ich weiß nicht, wie Akito sich das vorstellte, wie ich „frei“ sein sollte. Einfach durch die Stadt laufen empfinde ich als unpassend, tue ich so oder so immer, sobald wir uns auf A-Ts fortbewegen, und ohne A-Ts fühle ich mich irgendwie unvollständig.

Mit einem Seufzen löse ich die Schnüre und streife sie mir von den Füßen, stehe auf Socken auf dem Boden, der genauso arschkalt ist wie die Luft. Verdammt.

Ich schließe die Augen, ignoriere das stechende Gefühl in den Fußsohlen – die Kälte ist alles andere als angenehm, aber bei Weitem nicht das schlimmste, was ich bisher ertragen musste.

Dennoch …

Ich atme tief durch, bevor ich langsam das Band der Augenklappe löse; sie befreit mein linkes Auge, aber ich öffne weder das eine noch das andere.

Ich bleibe ich. Die Missgeburt bleibt die Missgeburt.

Die Augenklappe halte ich fest in einer Hand, lasse sie nicht los, während sie im Wind weht. Ein sonderbares Gefühl, ich selbst zu sein und die Nacht auf meinem linken Auge dabei zu spüren.

Nur ich selbst.
 

Verdammt.
 

Es ist nichts, was ich will. Freiheit steht mir nicht zu. Und genau deswegen will ich sie auch nicht.

Und trotzdem stehe ich hier – ich kann’s einfach nicht glauben.

Zur Hölle damit.

Noch tiefer ins Höllenfeuer, als ich mich selbst darin vergraben wollte. Das hier hat keinen Sinn, hat keine Logik. Der einzige Grund, warum ich hierher kam, ist, dass ich diesem Jungen einfach absolut nichts ausschlagen kann.

Nicht nur, weil er die Persönlichkeit ist, das Individuum, und ich die Missgeburt. Als einfache dreckige Missgeburt hätte ich sicherlich die Möglichkeit, mich ihm gegenüber genauso zu verhalten wie ich bei allen anderen tue. Und er als Persönlichkeit könnte mich genauso problemlos zum Schweigen bringen.

Aber wenn ich ihn auf dieselbe Weise reizen würde wie den Rest der Welt, dann gäbe es keinen Grund für mich, hier zu sein.

Weder hier in diesem Körper noch hier an diesem Ort.

Doch nur dann würde es sich paradoxerweise für mich lohnen, Freiheit haben zu wollen.

Jetzt aber, ohne dieses Paradox, Freiheit zu wollen, wenn ich nicht existiere, will ich sie nicht. Brauche ich sie nicht.
 

Ha.

Wie idiotisch.
 

Mit einem lauten „Verdammt!“ lege ich die Augenklappe wieder an, ziehe die A-Ts an und renne los. Schneller als zuvor.

Ich werde keine halbe Stunde für den Rückweg brauchen.
 


 


 

Es ist dunkel, als ich am nächsten Morgen die Augen öffne. Aber es ist nicht völlig schwarz.

Ich kenne das Gefühl. Ich habe meine Augen nicht geöffnet; Akito ist nur aufgewacht, liegt noch im Bett und hält seine Augen noch geschlossen. Die Wärme unter der Decke erinnert mich an meine Gedanken heute Nacht, aber auch daran, dass Akito kein bisschen erleichtert oder glücklich wirkte, als er unter die warme Decke durfte, um seinen Körper aufzuwärmen. Er nahm es einfach hin und schlief ein, wohl wissend, dass sein Schlaf sich auf maximal drei Stunden beschränken würde. Dieses wunderbare Wesen schlief wortlos ein, ohne einen großartigen Gedanken an das, was ich die Nacht über getan hatte, zu verschwenden. Ich verstehe es nicht. Verstehe nicht, warum jetzt immer noch kein einziges Gefühl der Reue zu spüren ist, denn es war nur das Sonnenlicht, das ihn weckte; er ist immer noch fürchterlich müde und würde am liebsten weiterschlafen. Ich kann es spüren.

Mit einem Seufzen dreht sich Akito auf die Seite, und langsam öffnet er sein linkes Auge. Die Dunkelheit erhellt sich ein wenig. Der Junge greift nach seinem Handy neben dem Bett und blickt auf die Uhr. Viel zu früh. Das denkt er gerade. Verständlich. Ginge es nach mir, hätte er die ganze Nacht über schlafen können. Wie aus einer reinen motorischen Bewegung will er die Tastensperre lösen, einfach nur so, hält aber inne, als er sieht, dass sie gar nicht eingeschaltet ist. Eine Funktion ist noch offen.

„Ach, Agito …“, sagt er mit einem Lächeln und es scheint mir fast, als würde er mich anlächeln. „Zu sagen, dass du es nicht willst, ist doch schon Freiheit. Entscheidungen zu treffen, eine eigene Meinung zu haben – das bedeutet Freiheit und Persönlichkeit.“ Er lacht weiter. Über mich? Das macht nichts.

Er schließt die offene Funktion, speichert die angefangene, aber nicht gesendete SMS vorher ab, legt das Handy weg und schließt das eine Auge wieder. Er wird nicht mehr einschlafen. Er ist immer noch müde, aber die Wärme in ihm, dieses Glücksgefühl, hält ihn vom Einschlafen ab.

Glück darüber, dass die Persönlichkeit der Missgeburt so viel mehr bedeutet als einfach die reine Notwendigkeit sie nur zu beschützen? Ja, so scheint es. Ich finde keine andere Erklärung für dieses Gefühl. Ich muss lächeln darüber, aber keine Lippen bewegen sich. Niemand kann es sehen.

Agito nimmt hin, was kommt, wenn Akito es hinnimmt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von: abgemeldet
2012-11-23T20:05:18+00:00 23.11.2012 21:05
omg, ist das niedlich >.<
ich hab tränen in den augen Q.Q
du schreibst toll!
Von:  Mikonee
2010-11-09T16:37:44+00:00 09.11.2010 17:37
waiii ik bin begeistert *_* ik hab die ganze zeit schon nach einer agi x aki story gesucht aber nichts gefunden dann hab ik deine entdeckt un die is ja sowas von genial gelungen *___* so gut rüber gebracht ik bin begeistert x33

bitte bitte schreib doch weiter es wär so toll wenns ne fortsetzung gäbe *w*

lg anca
Von:  Schangia
2009-11-14T15:33:40+00:00 14.11.2009 16:33
Ich find's süß :)
Mag das Pairing, mag die Diskrepanz & sowieso alles xD
Aber ein bisschen kompliziert war es schon o.ò Vllt. solltest du versuchen, einige Sätze zu kürzen, um eine klarere Struktur reinzubringen.
Und was mir ein wenig sauer aufgestoßen ist: Es heißt MisSgeburt, nicht MisTgeburt. Kommt von misslungen ;b
Lg,
Schangia~
Von:  Agrey
2009-10-04T13:56:34+00:00 04.10.2009 15:56
*sprachlos sei* *nicht weiß was schreiben soll aber kein schwarzleser sein will*
total toll!! O.O
ich find die story unheimlich süß, einfach weil es sogar in echt so sein könnte und es nicht so abwegig ist dass Agito so fühlt.
dein schreibstil ist echt klasse, an manchen stellen etwas kompliziert aber doch verständlich und klar.
ich find es gut das du agito so dargestellt hast wie er wirklich ist, zu anderen menschen kalt und nur zu akito so...so... ach ich denk du weißt was ich meine.
wow, das kommi ist echt lang geworden, zumindenst für meine vehältnisse^^
ich schließe mich der meinung der anderen an, und würd mich wirklich riesig freuen wenn du dass noch fortsetzt^^

lg
Yuki

Von:  tommka
2009-06-14T15:25:35+00:00 14.06.2009 17:25
nein xD ich hab verpasst die erste zu sein die kommentiert *lacht*
andrerseits ... du kennst meine meinugn ja schon :3~

Find die Story unglaublich toll ! *____*~
Weil sie von AGi und Aki handelt und ... weil sie so toll geschrieben ist ! ^^
Auch wenn ich finde das es etwas kompliziert geschrieben ist - aber das ist ja gewöhnungssache (mittlerweile find ichs okay ^^)

Die charas hättest du übrigens besser nicht darstellen können ! **~

Ich fäds übrigens toll, wenn du dies nciht als One-Shot lässt sondern weiterschreibst ^^ würd mich freun **~

aber ich glaub du hattest irgendwo einen rehtschreib/gramatik fehler |P


Von:  Hyo-chan
2009-06-14T14:05:49+00:00 14.06.2009 16:05
süüüüüüüüß 0.0
das ist endlich mal ne story zu einem meiner lieblingspärchens
von air gear ^^
würd mich freuen ,wenn du noch mehr
zu diesem pairing schreibst...


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