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Seelensplitter

von

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12. Kapitel: Schlacht der Herzen

Atem stieß die Tür des verwahrlosten Gebäudes mit einem lauten Krachen auf. Sofort sah er den blonden Haarschopf in einigen Metern Entfernung, der nur Mai gehören konnte, doch bevor er noch ein Wort sagen konnte, stürzte eine Kreatur mit glühend roten Augen auf sie zu.
 

„Halt!“ Die Stimme durchschnitt die Stille wie ein Peitschenknall und die seltsame Kreatur zuckte zurück. „Ich konnte dich ja noch nie leiden, aber daß du deine Versprechen brichst, ist selbst für dich unterste Schublade.“ Tenghe trat aus einem Schatten und sah den schwarzhäutigen Mann stirnrunzelnd an.
 

„D-du hast alles gesehen?“
 

„Ja, Antes, das habe ich. Wie ich es erwartet habe, hast du verloren.“ Tenghe schnippte mit den Fingern und öligglänzende Stränge schossen aus dem Boden, wickelten sich um Antes und zogen ihn hinunter auf die Knie.
 

„Tenghe!“ Atem überwand seine Überraschung und stürzte neben Mai. 
 

Kaiba folgte ihm. „Was ist das für ein häßliches Ding?“ fragte er, nachdem er Antes mit einem angewiderten Gesichtsausdruck gemustert hatte.
 

„Mai, geht es dir gut?“
 

Sie sah zu Atem, aber nickte trotz ihrer Blässe und ihrer schreckgeweiteten Augen.
 

„Das hier, Seto Kaiba, war einmal ein Mensch, ein Usurpator, der das Pech hatte, an die falsche Magierin zu geraten“, erklärte Tenghe und trat gemessenen Schrittes neben Antes. 
 

„Also ist er wirklich Antes.“ Atem konnte es nicht fassen! Hatte also nicht nur Tenghe, sondern auch ein weiterer seiner ärgsten Widersacher bis heute überlebt? 
 

„Sodomit!“ spie Antes aus. „Warte nur, bis ich deinen kleinen Liebling in die Finger kriege, dann werde ich...“
 

„Du wirst gar nichts!“ schnitt Tenghe ihm laut das Wort ab. „Als ich dich damals nach meiner Flucht aus dem Steinbruch in der Wüste gefunden hatte, warst du nicht viel mehr als ein Wurm. Nur mir verdankst du es, daß du wieder einen annähernd menschlichen Körper hast. Ich habe deine Magiekanäle geöffnet, du untalentierter Trottel! Ich habe dir Seelen zu fressen gegeben und dich jahrtausendelang mitgeschleift.“
 

„Ja, ich bin dir nützlich!“
 

Atem schüttelte den Kopf. Niemand war für Tenghe unersetzbar. 
 

„Du warst mir nützlich, solange du Seelen fangen konntest. Aber jetzt, da die große Stunde naht, kann ich dich leider nicht mehr gebrauchen. Schon gar nicht, wenn du noch nicht einmal so ein simples Versprechen halten kannst.“ Tenghe nahm die Goldreifen von ihrem rechten Arm und steckte sie in eine Tasche.
 

„Dieses Miststück...“
 

„Ach!“ Tenghe winkte und Schattenfühler schnellten hoch und stemmten mit einem widerlichen Knacken Antes’ Kiefer auseinander. „Dann muß ich wohl deine Versprechen einlösen, nicht wahr?“
 

Atem, Seto und Mai konnten nur voller Grauen zusehen, wie Tenghe ihren Arm bis zur Schulter in Antes’ Rachen schob. Ihr Opfer schrie dumpf und versuchte, zu entkommen, aber es gelang ihm nicht. Schließlich sackte Antes etwas nach vorne. Tenghe zog ihren mit grünem Schleim und Fleischfetzen bedeckten Arm wieder aus Antes’ totem Körper. Fünf golden schimmernde Lichtbälle folgten ihm, kreisten für einen Moment über der Leiche, dann schossen sie in alle Himmelsrichtungen davon.
 

„Hier sind die Seelen. Viel Spaß damit! Wir sehen uns noch, kleiner Falke.“ Damit verschwand Tenghe in den Schatten. Die Fesseln, die sowohl Mai wie auch Antes gehalten hatten, lösten sich auf.
 

„Ich glaub, ich muß mich übergeben.“ 
 

Mai und Atem sahen zu Seto, der ungewöhnlich grün um die Nase geworden war.  
 

„Darf ich mich dir anschließen?“ erkundigte Mai sich und stampfte mehrmals auf, um ihre schmerzenden Beinmuskeln zu entkrampfen.
 

„Laßt uns einfach von hier verschwinden! Wir müssen Yugi und Shizuka finden und vielleicht ist Malik ebenfalls hier.“ Atem packte die beiden an den Armen und zerrte sie weiter hinein in den Zoo. Bloß nicht zurücksehen oder sein Magen würde sich gewaltsam entleeren.
 

„War das deine Schwester, Atem?“ fragte Mai ungläubig.
 

„Die Betonung liegt auf „war“, denn ich habe sie aus der Familie verstoßen für alles, was sie getan hat.“
 

„Tolle Familie, die du da hast.“
 

„Ja, das kommt mir auch in den Sinn, wenn ich dich ansehe, Kaiba“, schoß Atem grimmig zurück. Sein Sturmlauf wurde gestoppt, als vor ihm eine Treppe auftauchte, die augenscheinlich in den Keller führte. Atem ließ Mai und Kaiba los, um seine alte Duel Disk aus dem Rucksack zu nehmen und sich umzuschnallen. Nachdem er den Rucksack mit Yugis Disk wieder auf seinen Rücken genommen hatte, sah er zu seinen beiden Mitstreitern. „Dort unten wartet unter Garantie Tenghe auf uns.“
 

„Laber’ nicht!“ knurrte Kaiba gereizt und ging als Erster die Treppe hinunter.
 

***

Yugi kniff die Augen zusammen, als grelles Licht in sein winziges Gefängnis drang.
 

„Na? Gut geruht?“ Die Stimme des Schattens war so höhnisch, daß Yugi einfach nicht fassen konnte, daß dieses Ding einmal Teil seines Liebsten gewesen sein sollte. Der Riemen löste sich von Yugis geröteten Lippen.
 

Yugi öffnete seine feuchten Augen. „Wozu fragst du?“ Sein Herz hämmerte noch immer viel zu laut in seiner Brust und er hatte das Gefühl eines Ertrinkenden, der geglaubt hatte, er würde nie wieder Luft in seine Lunge ziehen können.
 

„Vielleicht bist du ja jetzt einem kleinen Spiel eher aufgeschlossen.“ Mühelos hob der Schatten Yugi aus der Kiste und schleuderte diesen auf einen Berg schwarzer Kissen, der neben der Kiste aufgetürmt worden war.
 

Yugi stöhnte gequält, als sein durch die Riemen zusammengedrückter Körper aufkam und leicht einsank. Jeder einzelne Muskel schmerzte ihn und nicht mal die weichen Kissen konnten das mildern. „Deine Art von Spielen gefällt mir nicht“, erwiderte Yugi mühsam.
 

„Keine Sorge, ich werde dich nicht anzünden. Dafür habe ich viel zu lange darauf warten müssen, endlich aus meinem Gefängnis befreit zu werden. Aber wir können andere Dinge tun, du und ich.“ Die Stimme des Schattens sandte Schauder des Entsetzens über Yugis Rücken. Die Kissen sackten unter zusätzlichem Gewicht noch mehr ein.
 

Yugi kämpfte gegen die Riemen, aber sie gaben nicht einen Zentimeter nach, sondern schnitten nur noch mehr in seine Haut. „Laß mich!“ wisperte Yugi. „Ich will dich nicht.“
 

„Wenn du ihn willst, dann mußt du auch mich wollen. Wir sind ein und dieselbe Seele. Du kannst das nicht weglügen.“ Der Schatten legte sich hinter Yugi und zog diesen, so sehr der auch zappelte, mit dem Rücken an seine kalte Brust.
 

„Du bist nur das Böse, das sich in seiner Seele eingenistet hat!“ schrie Yugi. „Ich liebe den wahren Atem, nicht dich!“
 

„Ich habe mich nicht in seiner Seele eingenistet, Yugi, ich wurde von ihr geboren. Ich bin alles, was Atem am liebsten vergessen würde, alles, was ihm nachts den Schlaf geraubt hat.“ Ein kalter Finger strich nachdenklich über Yugis Oberarm. Plötzlich verschwanden die Riemen und Yugis Körper ruckte befreit in eine angenehmere Position.
 

Endlich konnte Yugi wieder richtig sehen und er nutzte das sofort, um sich nach einer Fluchtmöglichkeit umzublicken. Sie befanden sich in einem hellen Raum, der mit all den Möbeln eingerichtet war, die in ein Schlafzimmer gehörten, also auch ein Bett. Yugi wurde schlecht. Er sah sich weiterhin hektisch um.
 

„Es gibt hier keine Tür, zumindest nicht für dich.“ Die Stimme des Schattens war amüsiert. „Mit dem Halsband kannst du mir sowieso nicht weglaufen, also versuch es gar nicht erst.“ Mit einem zufriedenen Seufzen schmiegte er sich noch enger an Yugi.
 

„Also willst du... mich einfach...?“ Yugi konnte es nicht aussprechen.
 

„Oh, sehr sogar!“ Jetzt war die Stimme unverhohlen lüstern. „Aber wir haben Zeit, oder?“
 

„Ich will dich nicht!“ rief Yugi entsetzt. Es gelang ihm, etwas von seinem kalten Kerkermeister fortzurücken. Er mußte dem Seelensplitter entfliehen, er mußte einfach!
 

„Aber ich lasse dich nicht gehen!“ Der Schatten bewegte sich über Yugi. „Ich lasse niemals los.“
 

„Aber Atem hat dich losgelassen.“
 

Der Schatten lachte überrascht auf, dann beugte er sich so nahe zu Yugi, daß dieser seinen Atem auf der klammen Haut spüren konnte. „Er hat mich verbannt, doch ich bleibe bei ihm. Wir gehören zusammen, genauso wie ich auch zu dir gehöre, Yugi. Du kannst mich nicht von ihm trennen, nur weil ich dir unangenehm bin.“
 

Yugi schloß die Augen und holte langsam Luft, dann sah er direkt in die roten Augen seines Gegenübers. „Ja, du hast recht, du bist mir unangenehm und zwar weil ich weiß, daß Atem besser ist als das, was du verkörperst. Daß er keine Gewalt einsetzen muß, um zu siegen. Daß er sich nicht von seiner Wut leiten lassen muß, um etwas zu erreichen. Daß er keinen Haß braucht, um in seinen Augen besser als jemand anderes zu sein. Aber das ist es auch, was dich quält. Ohne ihn bist nämlich du gar nichts, nicht umgekehrt!“
 

Der Schatten verzog sein Gesicht und zeigte scharfe Zähne. Yugi hatte den wunden Punkt getroffen. „Du kennst ihn und mich viel zu gut! Also warum denkst du, daß ich dich vergewaltigen will? Ich will dich, aber nicht mit Gewalt!“ Er setzte sich auf und starrte auf einen Punkt an der Wand, den nur er sehen konnte. „Ich bin vieles, aber das nicht. Ich gebe zu, daß ich, als ich Shizuka sah, nur daran gedacht habe, wie es wohl wäre, sie aufzuschlitzen, zu sehen, was in ihr drinsteckt, aber ich könnte niemals jemanden vergewaltigen.“
 

Yugi brauchte eine Minute, um zu verdauen, was der Schatten gesagt hatte, dann setzte auch er sich auf. „Was will Tenghe mit dir und Marik?“
 

„Sie macht uns zu Teilen des allmächtigen Apophis“, erwiderte der Schatten, offenbar froh über den Themenwechsel. „Dann bleibe ich für immer bei dir und Atem.“ Er sah zu Yugi und lächelte. „Gefällt dir das nicht?“
 

„Wenn Apophis kommt, wird er viele Menschen töten!“
 

„Na und? Er wird ihnen das finstere Utopia geben, daß sie sich schon immer gewünscht haben. All die Gewalt, all die Kriege, alles Leid... Wie deutlich soll die Menschheit Apophis noch sagen, daß sie ihn wollen?“
 

„Nein, die meisten Menschen wollen in Frieden leben! Sie wollen das alles nicht. Sie wollen nicht von Apophis und seinen Jüngern regiert werden!“ sprach Yugi eindringlich. „Das kannst selbst du nicht wollen!“
 

„Doch, ich will es! Ganz im Gegensatz zu diesem Bakura, der uns mit seinem lächerlichen Geschwafel über Zorc auf die Nerven fällt.“ Der Schatten knurrte. „Niemand ist so mächtig wie Apophis!“
 

Yugi schüttelte den Kopf. „Du weißt, daß es falsch ist!“
 

Der Schatten drehte sich zu Yugi. In seinen Augen lag Blutdurst.
 

***

„Keine Menschenseele zu sehen.“ 
 

Atem blickte zu Mai und nickte. „Sie sind wahrscheinlich mit den Vorbereitungen für das Ritual beschäftigt. Wenigstens kommen wir so schneller voran.“
 

Kaiba murmelte etwas und öffnete die nächste Tür in dem langen, schlecht beleuchteten Gang. „Eine Besenkammer?“ Ungläubig sah er zu Atem.
 

„Was weiß denn ich, wie Schurken ihr Hauptquartier einrichten“, erwiderte der und sah selbst in den nächsten Raum. Leer bis auf einen Stapel zerrissener Kutten. Ihm kam eine Idee, also durchwühlte er den Stapel.
 

„Was willst du mit der Schmutzwäsche?“ Kaiba beobachtete ihn ungeduldig.
 

Atem nahm drei Kutten, die noch am wenigsten ramponiert aussahen und reichte Mai wie Kaiba jeweils eine. „Tarnung“, erklärte er knapp.
 

Mai kräuselte die Nase. „Kein Einwand, aber warum stinkt das Zeug so penetrant?“
 

„Weihrauch“, erwiderte nun Kaiba. Die drei schlüpften in die Kutten und zogen die Kapuzen tief in ihre Gesichter. 

Keine Sekunde zu früh, denn Schritte näherten sich. Gleich darauf kam ein Mann um die Ecke. Er hatte die Kapuze nach hinten geschoben und so konnten Mai, Atem und Kaiba die Schlangenhaut-Tätowierung deutlich erkennen.
 

„Das muß der sein, der Malik entführt hat“, wisperte Atem hastig Kaiba und Mai zu. 
 

„Was treibt ihr euch noch hier herum?“ Der Kultist hielt vor ihnen und musterte sie verächtlich. „So ein großer Tag und ihr taucht hier in Lumpen auf! Daß ihr euch nicht schämt.“
 

„Wir wollten uns noch umziehen, bevor das Ritual beginnt“, erwiderte Atem. 
 

„Das will ich hoffen! Selbst wenn niederes Pack wie ihr nicht mit in die Opferhalle darf, könntet ihr wenigstens mit guter Kleidung eure Hingabe an den großen Apophis zeigen. Ich muß jetzt das Opfer holen und ihr macht euch derweil irgendwie nützlich. Putzt den Boden. Da drüben ist eine Besenkammer.“ Der Kultist drehte sich um, da hatte Kaiba ihn schon am Nacken gepackt und eine Hand auf seinen Mund gepreßt.
 

„Wo ist das Mädchen?“ zischte Kaiba. 
 

Der Kultist zappelte, aber gab keinen Ton von sich.
 

„Wird’s bald?“ Kaiba drückte kurz zu und der Kultist wurde panisch.
 

„I-im Kerkerraum.“ Die Worte waren gedämpft, aber gut genug zu verstehen.
 

„Wo ist der?“ verlangte Atem zu wissen.
 

Der Kultist beschrieb ihnen mit bebender Stimme den Weg, dann schlug Kaiba ihn ohne weiteres Federlesen einfach bewußtlos. Sie schleiften ihn zu dritt in die Besenkammer, dann folgten sie der Wegbeschreibung. Sie brauchten keine fünf Minuten, um ihr Ziel zu erreichen.
 

„Keine Wachen“, stellte Mai leise fest. „Meint ihr, ob drinnen eine ist?“
 

„Werden wir gleich sehen! Wehe, wenn diese Schweine Shizuka auch nur ein Haar gekrümmt haben“, zischte Kaiba und seine eisblauen Augen verengten sich zu Schlitzen.
 

Atem schwieg. Sein Herz klopfte. Hoffentlich war sein Aibou ebenfalls in diesem Raum. Langsam drückte er die Klinke hinunter und spähte in den Raum. 

An der gegenüberliegenden Wand waren mehrere Gitterzellen, doch nur zwei von ihnen waren belegt. Atem öffnete die Tür ganz und trat gefolgt von Mai und Kaiba ein.
 

„Shizuka!“ Kaiba lief sofort zu ihrer Zelle und starrte auf die regungslose Gestalt am Boden.
 

„Sie schläft noch“, erwiderte eine Stimme aus der Nachbarzelle.
 

„Malik!“ Atem sprengte die Türen mit Magie auf. Schwarz-violette Funken stoben aus de3n Schlössern. „Geht es dir gut?“
 

Malik rappelte sich auf und hinkte mit schmerzverzerrtem Gesicht zur Tür. Mit einer Hand hielt er sich die Seite. „Solange Marik nicht hier ist, sollten wir schnellstens verschwinden.“
 

Atem öffnete zuerst Maliks Sklavenhalsband, dann das Shizukas, die von Kaiba getragen wurde.
 

„Marik? Ich dachte, dein böses Ich wäre nach Battle City verschwunden.“ Mai sah nicht so aus als ob sie Wert darauf legen würde, ihren Peiniger je wiederzusehen.
 

„Ein Schatten von ihm verblieb in meiner Seele und Tenghe hat ihn herausgerissen. Dasselbe hat sie mit Bakura bei Ryou gemacht“, erklärte Malik und rieb sich stöhnend den Hals.
 

„Wo ist Yugi?“ drängte Atem, denn eine fürchterliche Ahnung hatte ihn überkommen.
 

„Dein Seelensplitter hat ihn geholt. Wohin er ihn gebracht hat, weiß ich nicht.“
 

Atem schloß kurz die Augen und biß die Zähne zusammen. Die Furcht, die sein Herz nun umklammerte, dürfte nicht die Oberhand gewinnen, doch er fühlte, wie kalt und feucht seine Hände waren. „Ich suche Yugi“, preßte er mühsam hervor. „Mai, Kaiba, bleibt bei Malik und Shizuka. Verschwindet von hier, so schnell es geht.“
 

Mai erwiderte besorgt: „Sicher?“
 

„Ganz sicher. Ohne Shizuka können sie Apophis nicht rufen.“
 

„Dann hau schon ab und such ihn!“ Trotz der harten Worte flackerte in Kaibas Augen Verständnis.
 

Atem nickte nur, drehte sich um und rannte aus dem Kerkerraum. ‚Aibou, wo bist du?’ rief er in Gedanken, aber ebenso wie all die Male vorher kam keine Antwort. Das Sklavenhalsband, das Yugi tragen mußte, verhinderte wohl, daß sie Kontakt aufnehmen konnten. Also verließ Atem sich weiterhin nur auf sein Gefühl. 
 

***

 

„Wag es ja nicht, mich weiterhin so mitleidig anzustarren!“ Der Schatten bebte vor Zorn. „Dein Versuch, mich umzudrehen, wird nicht funktionieren, Yugi. Ich kenne selbst jede dieser Methoden.“ Eine Hand schoß vor und packte Yugi am Hemdkragen.
 

Yugi zitterte, aber er wich dem Blick seines Gegenübers nicht aus. „Aber du tust mir leid! Ich will dir...“
 

„Du willst immer allen helfen“, unterbrach der Schatten ihn verbittert. „Du bist so ein elender Gutmensch!“ Mit aller Macht zerrte er Yugi auf die gelähmten Beine. 
 

„Aber du willst doch selbst alle diese Dinge nicht! Das... das glaubst du nur!“ Yugi schwankte und hätte der Schatten ihn nicht festgehalten, er wäre zu Boden gestürzt.
 

„Ich werde dir zeigen, was ich will! Niemand redet mich weg!“ Der Schatten holte mit der Faust aus und Yugis Kopf zuckte instinktiv zurück. Doch bevor der Schatten zuschlagen konnte, starrte er wie gebannt auf Yugi.
 

„Nein, das kann nicht sein!“ zischte er verzweifelt. „Das Licht...“ Er ließ Yugi los. Das Sklavenhalsband sprang wie von selbst auf und fiel klirrend zu Boden.
 

Yugi, von dem lähmenden Bann dessen befreit, taumelte zurück, bevor er sich wieder fangen konnte. Erstaunt starrte er auf den Schatten, der sich aufheulend in die von Yugi am weitesten entfernte Ecke zurückgezogen hatte. „Warum hast du mich freigelassen?“
 

„Das habe ich nicht.“ Der Schatten bebte vor Wut und vor Angst. „Ich kann dich nicht versklaven!“
 

Yugi verstand das nicht, doch bevor er noch etwas fragen konnte, riß der Schatten den Kopf hoch.
 

„Zeit für das Opfer“, wisperte er. „Ich werde wiederkommen, Yugi, und dann kannst du meine Macht nicht mehr abschütteln.“ Wie eine Nebelschwade löste er sich auf.
 

Yugi sackte auf die Knie. Er fühlte sich auf einmal so ausgelaugt, als hätte er stundenlang Magie geübt. Er keuchte. Vorerst war er sicher, aber er mußte hier heraus! Er mußte Shizuka und Malik retten. Irgendwo mußte es doch einen Ausgang geben. Getrieben von der Dringlichkeit kam er wieder auf die Beine und fing an, die Wände abzutasten und zu –klopfen. 
 

‚Aibou, wo bist du nur?’
 

Die Stimme war so verzweifelt, daß Yugis Herz sich schmerzhaft zusammenzog. ‚Mou hitori no boku! Ich bin in einem Zimmer, ein Schlafzimmer, aber es gibt hier keine Tür. Dabei muß ich doch Shizuka und Malik helfen.’
 

‚Sie sind schon befreit. Warte, Aibou, ich bin gleich bei dir.’

Atem trat plötzlich aus einem der Schatten, aber bevor Yugi sich noch erschrecken konnte, lag dieser auch schon in seinen Armen. „Ich bin froh, daß ich dich gefunden habe. Geht es dir gut?“ Er streichelte durch Yugis Haar, als wolle er sich versichern, daß dieser echt war.
 

„Ja, dein Seelensplitter... Er mußte weg. Er sagte, das Opfer beginnt jetzt.“ Yugi umarmte Atem kurz, bevor er sich sanft aus dessen Armen befreite. 
 

„Zum Glück haben sie niemand mehr, den sie opfern können.“
 

„Das ist gut! Aber was ist mit deiner Schwester und den Seelensplittern? Ich glaube nicht, daß sie aufgeben werden.“
 

„Werden sie auch nicht.“ Atem nahm den Rucksack ab und hielt ihn Yugi hin. „Wir müssen Tenghe ein für allemal aufhalten!“
 

Yugi nahm den Rucksack und sah hinein. Er zog die Duel Disk heraus und befestigte sie an seinem Arm. „Dann müssen wir sie nur noch finden“, antwortete er entschlossen.
 

„Das sollte kein Problem sein.“ Atem zog seine Kutte aus und warf sie zu Boden. „Dafür ist sie viel zu sehr darauf versessen, mich zu besiegen.“
 

Yugi sagte nicht, daß es umgekehrt genauso war, sondern nickte nur. Nachdem er dank Atems Hilfe das Zimmer durch die Schatten verlassen hatte, mußte er noch eine Sache erwähnen. „Mein Sklavenhalsband ist von allein abgegangen. Dein Seelensplitter sagte irgend etwas von einem Licht und daß er es nicht gewesen sei.“
 

Atem dachte für einen Moment nach, dann schüttelte er den Kopf. „Keine Ahnung, was er damit meinte, Aibou. Darum kümmern wir uns später.“
 

Yugi nickte und zusammen liefen sie durch die zahllosen Gänge. Zu sehen war noch immer niemand. „Glaubst du, sie sind schon alle in der Opferhalle?“
 

„Ja, oder sie sind davor“, erwiderte Atem.
 

„Oder Tenghe legt uns rein“, gab Yugi seine Sorge preis.
 

„Ja.“ 
 

Schließlich öffnete sich der Gang vor ihnen in eine riesige kreisrunde Halle. Fackeln erleuchteten den aus schwarzem Granit geschlagenen Raum, dessen Wände mit zahlreichen Hieroglyphen und Abbildungen des Apophis’ geschmückt waren. In der Mitte stand ein Altar, der solange poliert worden war, daß er wie schwarzes Glas glänzte. Eine sicher drei Meter große Statue von Apophis, das Maul weit aufgerissen, richtete sich über diesem auf.
 

„Hier sind wir richtig“, wisperte Atem.
 

„Aber ich sehe niemanden.“ Yugi hielt sich nahe an Atem, während er nervös die Umgebung mit den Augen absuchte. Zusammen gingen sie tiefer in die Opferhalle hinein. Der Geruch von Weihrauch war so durchdringend, daß Yugi davon übel wurde.
 

„Dann mußt du wohl lernen, genauer hinzusehen.“ Tenghe saß auf einmal auf dem Altar, die Beine übereinandergeschlagen, und wippte mit dem Fuß.
 

Atem ignorierte, was Tenghe gesagt hatte, einfach. „Es wird Zeit, daß wir es zuende bringen.“
 

Yugi sah die Entschlossenheit und den Haß in den Augen seines Liebsten und es schmerzte ihn. Dieses Duell würde eine schmerzhafte Reise zurück in Atems Vergangenheit werden, aber er hatte das untrügliche Gefühl, daß es so sein mußte, daß Atem sich noch ein letztes Mal damit auseinandersetzen mußte.
 

„Damit hast du recht! Ich habe auch den richtigen Einsatz für dieses Duell.“ Ein grausames Lächeln umspielte Tenghes Lippen, als ein schwarzer Wirbel neben dem Altar erschien und schließlich einen schwarzen Käfig freigab.
 

Yugi rutschte das Herz in die Hose, als er darin Shizuka, Mai, Kaiba und Malik betäubt und an die Gitterstäbe gebunden entdeckte. Durch die Gedankenverbindung nahm er Atems Entsetzen wahr.
 

„Wenn ihr Nukegara schon bewußtlos schlagen müßt, dann doch bitte richtig“, spottete sie und ließ sich vom Altar gleiten. Sie hob ihren linken Arm und zeigte ihre Duel Disk. „Der Einfachheit halber werde ich gleich gegen euch beide kämpfen.“
 

‚Sie muß sich sehr siegessicher sein,’ sagte Yugi in Gedanken zu Atem.
 

‚Das oder sehr dumm, was nicht paßt. Egal, wir müssen einfach gewinnen.’
 

„Seid ihr fertig mit eurer Gedankenunterhaltung?“ Tenghes Duel Disk erwachte per Knopfdruck zum Leben und zeigte die obligatorischen viertausend Lebenspunkte an.
 

„Ja“, riefen die beiden jungen Männer und taten es ihr gleich. Nachdem die Decks eingeschoben worden waren, ging der erste Zug an Yugi.
 

Er überlegte, während er seine Karten betrachtete, dann entschied er sich dafür, vorerst auf Verteidigung zu setzen. „Ich rufe Riesenschild Guardner im Verteidigungsmodus. Fertig!“ Mit den zweitausendsechshundert Verteidigungspunkten seines Monsters war er vorerst sicher.
 

„Dann ziehe ich.“ Atem betrachtete seine Handkarten, schließlich spielte er eine verdeckt. „Außerdem rufe ich Gazelle, König der mystischen Bestien im Angriffsmodus. Du bist dran, Tenghe.“
 

„Niedlich und so vorhersehbar“, erwiderte sie und zog. „Ich spiele Schlangentrio. Hier sind Grüne Mamba, Schwarze Mamba und Gewöhnliche Mamba. Verabschiede dich von deinem Gazelle, kleiner Falke! Angriff!“ kommandierte sie grinsend.
 

„Nein!“ rief Yugi. „Guardner, schütze Gazelle!“ 
 

Das Monster sprang dazwischen und die Grüne Mamba prallte an seinem Schild ab. Tenghes Lebenspunkte fielen von vier- auf dreitausend. Sie hielt die anderen beiden Mambas vom Angriff ab. „Süß“, knurrte sie angeekelt. „Ich spiele eine Karte verdeckt und beende meinen Zug.“
 

Yugi sah kurz zu Atem, dann zog er. Er mußte ein Monster beschwören, mit dem er die eintausendsechshundert Angriffspunkte jeder Mamba nicht mehr zu fürchten brauchte. Doch leider hatte er kein Monster auf der Hand, das genug Angriffspunkte hatte. Dann eben anders. „Ich beschwöre den Stillen Schwertkämpfer Level 0 im Verteidigungsmodus. Außerdem setze ich eine Karte verdeckt. Damit ist mein Zug beendet.“ Er sah wie Atems Augen sich berechnend verengten, bevor dieser zog.
 

„Ich spiele Fusion und verschmelze Gazelle auf dem Feld mit Berfomet in meiner Hand“, rief Atem und spielte die notwendigen Karten. „Hier kommt meine Geflügelte Chimära mit zweitausendeinhundert Angriffspunkten. Du weißt, was das heißt, Tenghe. Chimära, greif die Grüne Mamba an!“ 
 

Tenghe zuckte noch nicht mal mit der Wimper, als ihr Monster vernichtet wurde und ihre Lebenspunkte auf zweitausendfünfhundert fielen. „Danke. Damit hast du meine Falle ausgelöst. Vergiftung der Kleopatra!“ Die Fallenkarte wurde aufgedeckt und zeigte das Bild, wie Kleopatra sich eine Schlange mit weitaufgerissenem Maul an ihren Unterarm hielt. „Das funktioniert jetzt wie folgt: Ich lasse mich von meinen beiden verbliebenen Mambas angreifen.“
 

Yugi sah ungläubig zu Atem. Wollte Tenghe sich selbst besiegen?
 

„Keine Angst. Das Duell ist noch nicht vorbei“, erriet sie Yugis Gedanken. „Der Schaden, den ich durch diese Angriffe erleiden würde, wird nämlich meinen Gegnern direkt von den Lebenspunkten abgezogen. Damit kann sich jeder von euch von eintausendsechshundert Lebenspunkten verabschieden“, erklärte sie triumphierend, bevor sie den Angriff befahl. Wenige Sekunden später hatten sowohl Yugi wie auch Atem jeweils nur noch zweitausendvierhundert Lebenspunkte.
 

„Bist du fertig?“ knurrte Atem. Als Tenghe nickte, setzte er eine weitere Karte verdeckt und beendete seinen Zug.
 

„So wütend, kleiner Falke?“
 

„Ich habe dir gesagt, du sollst aufhören, mich so zu nennen!“
 

„Was für ein Pech aber auch, daß es dir rein gar nichts gebracht hat, meine Zunge zu spalten, nicht wahr?“ Tenghe zog beiläufig ihre nächste Karte. „Vielleicht hättest du lieber gleich meinen Kopf vom Körper trennen sollen.“
 

„Meine Fehler werden mich wohl ewig verfolgen.“
 

„Tja, du wirst mich einfach nicht los, kleiner Bruder. Ich werde dich nämlich niemals loslassen.“ Tenghes Gesicht verdüsterte sich. „Ich werde immer bei dir sein.“
 

„Ich verstehe einfach nicht, wie du das deiner eigenen Familie antun kannst?“ Yugi hielt es einfach nicht mehr aus. „Spürst du denn kein Mitleid für die Menschen, die dich lieben?“
 

Tenghe blickte ihn erstaunt an. „Mitleid?“ fragte sie, dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Ich fühle ihr Leid, ihren Qualen, ihre Trauer. Er hingegen fühlt nichts!“
 

„Natürlich fühle ich diese Dinge auch!“ warf Atem ein. „Meinst du, du bist die einzige, die leiden muß?“
 

„Als ob du gelitten hast, wenn du dich nachts mit diesem Nichtsnutz in den Laken gewälzt hast!“ schrie Tenghe erzürnt. „Ich opfere Gewöhnliche Mamba und Schwarze Mamba, dafür beschwöre ich meinen Schlangengott der Finsternis!“ Eine riesige, dunkelgrün geschuppte Schlange mit Augen voller bösartiger Schwärze reckte gleich darauf ihren dreieckigen Kopf von der Größe eines Stiers in die Höhe.
 

„Er hat auch nur zweitausendeinhundert Punkte“, stellte Atem unbewegt fest.
 

„Oh, das reicht schon, um den Stillen Schwertkämpfer zu besiegen. Der hat nämlich auf Level 2 leider nur zweitausend Verteidigungspunkte. Los, Schlangengott der Finsternis! Friß dieses niedere Monster.“
 

Der Schlangengott riß sein Maul auf. Klare Flüssigkeit tropfte von den Zähnen, die so groß wie Yugi selbst waren. Der Schlangengott stürzte sich auf den Stillen Schwertkämpfer und verschlang ihn mit einem Bissen, woraufhin seine Angriffspunkte um dreihundert in die Höhe schnellten.
 

„Für jedes Monster, das mein Liebling sich einverleibt, bekommt er noch einen kleinen Kraftschub. Eine Karte verdeckt, damit ist mein Zug beendet.“ Tenghe sah jetzt selber aus, als hätte sie einen ganz besonders leckeren Happen verschlungen. In ihrer nächsten Runde könnte sie jetzt ganz einfach Chimära besiegen und danach Riesenschild Guardner.
 

Yugi zog. Ja, mit diesen Karten konnte es klappen. „Ich rufe den Stillen Magier Level 0 im Verteidigungsmodus und lege eine Karte verdeckt. Mou hitori no boku, dein Zug!“ rief er entschlossen.
 

Atem nickte kurz, dann zog auch er. „Ich rufe Ritter der Königin im Angriffsmodus aufs Feld. Fertig.“
 

Yugi fragte sich, welche Strategie Atem verfolgen mochte. Bis jetzt sah das eher verzweifelt aus als gut durchdacht. Oder wollte Atem nur Tenghe ablenken, damit sie sich nicht auf ihn selbst konzentrieren konnte?
 

„Schön, dann wird es Zeit, daß ich deine Chimära vernichte“, erwiderte Tenghe während sie zog. „Schlangengott, lösch das Biest aus!“
 

Der Schlangengott schoß vor, doch plötzlich prallte er zurück, bevor er die Chimära hatte verschlingen können.
 

„Was?“ Tenghe sah sich um und entdeckte die Fallenkarte, die Yugi aktiviert hatte.
 

„Kontraschild“, erklärte Yugi. „Ich opfere meinen Riesenschild Guardner und alle seine Verteidigungspunkte werden Atems Chimära zu den Angriffspunkten hinzugefügt.“
 

Riesenschild Guardner verschwand vom Feld und Chimäras Angriffspunktezähler zeigte in der Tat die stolze Summe von viertausendsiebenhundert Angriffspunkten.
 

Yugi sah zu Atem, der jetzt unmerklich den Kopf schüttelte. Was ihm aber noch mehr auffiel, war die Tatsache, daß Atem zitterte. Sie mußten dieses Duell schnell beenden! Yugi hatte das dumme Gefühl, daß Tenghe ansonsten Atems Schwachpunkte für sich ausnutzen würde.
 

Tenghe hatte in der Zwischenzeit die verdeckte Karte auf ihrer Feldseite aktiviert. „Ich spiele Schadenspuffer. Wenn ich mein gesamtes Blatt zum Friedhof schicke, wird mein Schaden auf Null reduziert. Tut mir leid, Jungs!“
 

Atems Augen weiteten sich. „Die Angriffspunkte deines Schlangengottes...“
 

„Ach, hatte ich diese hübsche Fähigkeit meines Lieblings noch nicht erwähnt? Für jede Karte, die ich durch den Effekt einer anderen Karte auf den Friedhof schicke, bekommt der Schlangengott der Finsternis fünfhundert Angriffspunkte zusätzlich. Seid froh, daß ich nur noch eine Karte auf der Hand hatte.“
 

Der Schlangengott reckte sich in die Höhe. Mit seinen zweitausendachthundert Angriffspunkten hatte er zwar weniger als die Chimära, aber Yugi hatte das ungute Gefühl, daß dieses Monster über noch mehr Überraschungen verfügte. Sie mußten gut aufpassen!
 

„Mein Schatz wird euch beide am Ende verschlingen“, bestätigte Tenghe Yugis Vermutungen. Sie lächelte grausam. „Das wird schön! So viel Blut...“
 

„Du bist so krank!“ Atem fuhr sich mit der rechten Hand verzweifelt durch die Haare. „Warum bist du nur so?“
 

„Warum bist du es nicht? Deine Mutter, unser Vater, unsere Geschwister... Keiner von ihnen hat dich je interessiert“, fauchte sie.
 

„Wie kommst du nur darauf?“
 

„Weil du nicht leidest! Sie alle sind gestorben, aber du stehst noch immer da und tust so, als wäre das völlig unerheblich.“
 

„Unerheblich?“ Atems Gesichtsausdruck wurde düster. „Ich liebe sie alle und ich leide darunter, was mit ihnen geschehen ist. Nur gehe ich deshalb nicht los und hacke meine eigenen Kinder in Stücke!“
 

„Ich habe ihnen einen Gefallen getan und Nefertiti auch!“ brüllte Tenghe mit rotem Gesicht. „Ich habe sie fortgeschickt, damit sie nicht dasselbe Leid erfahren müssen.“
 

„Du hast nur neues Leid erzeugt, Tenghe. Immer und immer wieder! Denkst du, Apophis wird das ändern? Wenn ja, dann liegst du falsch. Wie viele Unschuldige hast du getötet, Tenghe? Wieviel Leid über sie gebracht? Nefertiti war schwanger und glücklich verliebt, als du sie erstochen hast. Sie hatte ein gutes Leben vor sich und du hast es zerstört.“
 

Tenghe zitterte am ganzen Leib. „Yugi, es ist dein Zug“, sagte sie gefährlich leise.
 

Yugi nickte und zog. Die Situation wurde immer schlimmer. „Zuerst spiele ich meine Karte der Unantastbarkeit. Jetzt müssen wir alle ziehen bis jeder sechs Karten auf der Hand hat.“ Das half Tenghe zwar am meisten, aber Atem hatte auch nur noch zwei Karten auf der Hand gehabt. Yugi sah jetzt in seiner Hand die Karte, die er brauchte. „Ich aktiviere die Karte Sand der Zeit. Damit überspringen wir drei Züge.“
 

Atem und Tenghe zogen jeweils drei Karten und warfen jeweils zwei auf den Friedhof, um das vorgeschriebene Kartenmaximum nicht zu überschreiten. Yugi mußte nur eine Karte abwerfen. Der Schlangengott inzwischen hatte seine Angriffspunkte auf dreitausendachthundert erhöht, doch das war unerheblich. 
 

„Vielen Dank, Yugi, das war sehr hilfreich für mich“, höhnte Tenghe boshaft. „Dein Magier hat noch immer nicht genug Angriffspunkte, um meinen Liebling zu schlagen.“
 

„Jetzt versetze ich meinen Stillen Magier Level 8 in den Angriffsmodus. Dadurch kann ich die besondere Fähigkeit meines Gilfer-Biests nutzen, das ich gerade auf den Friedhof geschickt habe, und die Angriffspunkte meines Stillen Magiers um weitere fünfhundert Punkte erhöhen. Stiller Magier, attackiere den Schlangengott der Finsternis!“ Den viertausend Angriffspunkten des Stillen Magiers war der Schlangengott nicht gewachsen und er verschwand in einer Explosion glühender Funken vom Spielfeld. Tenghes Lebenspunkte fielen auf zweitausendzweihundert.
 

„Atem!“ rief Yugi, um seinem Liebsten zu signalisieren, daß der es jetzt beenden sollte.
 

Atem antwortete nicht, aber er zog, dann legte er eine Karte auf den Friedhof.
 

„Was schaust du nur so grimmig, kleiner Falke? Keine Sorge, dieses Duell ist noch nicht vorbei.“
 

„Was meinst du?“ erkundigte Atem sich überrascht.
 

„Ich aktiviere die Falle Gemeiner Tauschhandel aus meiner Hand!“ rief Tenghe triumphierend. „Wenn ich kein Monster mehr habe, aber mein Gegner wenigstens zwei, erlaubt es mir diese Karte, mir die Monster meines Gegners zu eigen zu machen. Dumm gelaufen, kleiner Falke! Jetzt dienen deine Lieblinge mir.“ Der Ritter der Königin und Chimära verschwanden von Atems und Yugis Feldseite, nur um Sekunden später auf Tenghes wiederzuerscheinen. 
 

Atems Kiefer mahlten, aber er sagte nichts, statt dessen starrte er auf sein Blatt. Er lächelte. „Ich spiele Defusion und ich wende sie auf Chimära an!“
 

Auf Tenghes Feldseite teilte sich dieses Monster und gab Berfomet und Gazelle preis. „Kluger Zug“, erwiderte sie anerkennend. „Damit ist der Effekt von Kontraschild hinfällig und ich habe kein Monster mehr, mit dem ich dich auf einen Schlag auslöschen könnte. Aber das heißt nur, daß ich dich um so länger quälen kann.“
 

„Aber warum willst du ihn quälen? Warum?“ rief Yugi verzweifelt aus. „Das alles macht doch überhaupt keinen Sinn.“
 

„Es gibt keinen Sinn im Chaos. Was ist, Atem? Da kommt doch sicher noch mehr, nicht wahr? Oder willst du aufgeben?“
 

„Du redest Unsinn“, knurrte Atem. „Ich spiele Ritter des Königs und lasse ihn Berfomet angreifen. Los!“ Berfomet zersprang durch den mächtigen Schwertstreich seines Gegners und Tenghes Lebenspunkte fielen auf zweitausend. „Dann aktiviere ich eine meiner verdeckten Karten und zwar den Zauber Netz der tausend Fäden. Damit kann ich Berfomet vom Friedhof zurück in meine Hand holen, Tenghe. Damit ist mein Zug beendet.“
 

„So langsam werdet ihr beiden richtig lästig.“ Tenghe zog und warf, diesmal böse dreinschauend, eine Karte auf den Friedhof. „Es wird Zeit, dieses Duell zu beenden. Ich opfere Ritter der Königin und Gazelle, um Serpentia zu beschwören.“
 

Serpentia war, im Vergleich zu Tenghes vorherigen Monstern, klein und dünn. Ihre weißen Schuppen waren mit goldenen Hieroglyphen geschmückt und ihre kleinen Augen waren glühende Rubine. Mit zweitausend Angriffspunkten war sie stark genug, Atems Ritter des Königs zu vernichten und seine Lebenspunkte auf zweitausend zu reduzieren.
 

„Ich spiele noch zwei Karten verdeckt und beend...“
 

„Nicht so voreilig! Ich aktiviere meine Falle Rettungsleine! Damit hole ich meinen Ritter des Königs zurück und erhöhe seine Angriffspunkte auf zweitausendvierhundert. Allerdings muß ich dafür eintausend Lebenspunkte bezahlen.“ Atem sah Tenghe grimmig an, während sich seine Lebenspunkte halbierten.
 

„Deine Entscheidung“, erwiderte sie achselzuckend und beendete ihren Zug.
 

Yugi sah besorgt zu Atem. Wieso nur hatte er das dumme Gefühl, daß der sich gerade um Kopf und Kragen spielte? Er mußte sich auf das Spiel konzentrieren, wenn schon Atem es nicht zu schaffen schien. „Mein Zug!“ Er warf eine Karte auf den Friedhof, dann setzte er eine Karte verdeckt. „Stiller Magier, greif Serpentia an!“
 

Tenghe grinste. „Fallgrube!“ rief sie. Die Fallenkarte aktivierte sich und der Stille Magier zersprang in tausend holographische Scherben. Damit war das mächtigste Monster vom Spielfeld gefegt worden.
 

Yugi sah zu Atem und erkannte Sorge in dessen Augen. War es wirklich Atem, der Gefahr lief zu verlieren? Er zwang sich zu einem schwachen Lächeln, dann beendete er seinen Zug.
 

„Ich ziehe“, verkündete Atem. Kaum hatte er die Karte in der Hand, begann der gesamte Raum zu beben. „Was...?“
 

„Apophis ist nahe“, erklärte Tenghe mit einem siegesgewissen Lächeln. „Bald werdet ihr alle von einem wahren Gott verschlungen!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sandy
2013-10-10T16:09:13+00:00 10.10.2013 18:09
Hallo ich habe ja schon dir gesagt in deiner anderen ff ich finde diese ff auch so klasse wie deine anderen ff ich bin wirklich sehr gespannt ob yugi und Atem das Duell gegen Atems ex Schwester gewinnen können.? Echt super deine Story und natürlich auch die ich gerade verfolge von dir. Hoffe das diese ff bald wieder weiter gehen wird. Also hoffe bis bald. Lg von mir sandy
Von:  Haruhi-chan_Amaya
2013-07-02T22:41:10+00:00 03.07.2013 00:41
Bin ich vielleicht gespannt wies weitergeht! Total spannend und die sorgen im duel kommen richtig gut rüber :) *Kekspackung schenk*


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