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Alles begann mit einer Melodie

von

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Kapitel 1: Begegnung

Kapitel 1 - Begegnung
 

Schwarz war die Nacht und man hörte nur leise in der Ferne einen Uhu. Außer dem Mond, welcher zur Zeit wieder einmal eine Sichel war erhellte nichts den Friedhof. Dort war kein Leben mehr. Könnte man meinen, aber etwas lebte dort noch. Gehend, ja schon fast gleitend, bewegte sich auf diesen eine dunkle schlanke Gestalt. Wenn man genauer hinsah erkannte man ein zerschlissenen eleganten Anzug, der schon eher Fetzen glich. Deren Besitzer war ein junger Mann, welcher schwarze Haare, die bis zum Boden gingen und blasse, ja schon fast weiße Haut besaß. Er irrte scheinbar ziellos durch die unzähligen Gänge des Friedhofs und blieb schließlich in dessen Zentrum stehen. Wie aus dem Nichts hatte er eine Violine in der Hand und fing an die Mondscheinsonate zu spielen, in der Hoffnung, jemand würde auf diese aufmerksam werden. All die Nächte hatte dies auch nie einer wahrgenommen. Bis auf in dieser Nacht. Draußen vor dem Tor ging gerade Kazuki vorbei, welche von der Trauerfeier ihrer Eltern kam und einfach wieder einen freien Kopf kriegen wollte. Nun war sie ganz allein auf der Welt. Allein gelassen von alles und jeden, der ihr je irgendwas bedeutet hatte. Als sie die Melodie war nahm blieb sie stehen. Sie erkannte gleich, das es sich bei dieser um die Mondscheinsonate von Beethoven handelte. Ihr Lieblingsstück. Sie schaute sich suchend um, woher diese stammte und realisierte, das diese vom Friedhof kamen. Sie rüttelte am Tor, doch dieses wurde schon vor geraumer Zeit abgesperrt. Das hielt sie aber nicht davon ab, der Melodie nachzugehen. Sie kletterte die daneben gelegene Mauer hoch und sprang, als sie auf dieser war, auf der anderen Seite wieder runter. Dort lauschte sie nach der Musik und ging, wie von einer unsichtbaren Hand geführt instinktiv die kleinen Wege entlang, bis sie im Zentrum angekommen war. Dort sah sie eine schwarze Silhouette, welche sich für sie beim genaueren hinsehen als einen jungen, Violine spielenden Mann herausstellte. Leise kam sie näher und lehnte sich an einen Grabstein, welcher dann neben ihr war an, schloss die Augen und genoss diese unbeschreiblich schöne Spielweise der Mondscheinsonate. Gedankenverloren summte sie dann auch mit, was der Mann vor Schreck bemerkte und aufhörte zu spielen. Dies schien Kazuki nicht mit bekommen zu haben, da sie weiter summte. Erst als sie die letzte Note gesummt hatte, merkte sie, das die Melodie schon verstummt war. Als sie ihre Augen wieder öffnete sah sie zu dem Mann, welcher sie musterte.

„Ähm … tut mir Leid sie gestört zu haben. Ich hab Ihr Spiel vor dem Friedhof gehört und da hat es mich einfach hierher gezogen.“ entschuldigte sie sich, verbeugte sich und wollte gerade gehen.

„Wartet bitte!“ rief der Mann und packte sie am Arm.

Erschrocken schaute sie ihn an. Wie konnte eine menschliche Hand nur so kalt sein? Wie erstarrt blieb sie stehen und schaute einfach nur in seine Augen, welche so viel Schmerz und Einsamkeit inne hatten und dann doch so leer waren.

„Oh … tut mir Leid. Ich wollte nicht …“ begann er, ließ sie los und wandte den Blick ab.

Kazuki sah ihn verwirrt und traurig an. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie wollte sie nicht das er wieder ging und legte daher einfach ihre Hand auf seine Schulter. Er zuckte bei dieser Berührung innerlich zusammen. Und ohne sie auch nur einmal wieder anzusehen legte er seine Hand auf ihre und sank in die Knie. Wie lange hatte er auf ein Wesen gewartet, welches ihn wahr nahm. Und nun schien dieses Wesen ihn endlich gehört zu haben. Kazuki indes wusste nicht, wie sie sich nun verhalten sollte. Instinktiv ging sie ebenfalls in die Hocke und umarmte ihn von hinten. Bei dieser Berührung spürte sie in ihrem tiefsten inneren die Trauer und Einsamkeit des Mannes, wobei sie nicht genau definieren konnte ob es nun wirklich seine oder ihre eigene war. Stunden vergingen, in denen sie nur so da saßen und nichts sagten. In der Ferne hörte man immer noch den Uhu vor sich hin rufen, wobei sich noch das Zirpen von Zikaden dazu gesellt hatte. Der Mond stand mittlerweile direkt über ihnen. Erst jetzt bemerkte Kazuki, das ihre Beine vom langen hocken weh taten und sie richtete sich vorsichtig auf. Die Berührung allerdings unterbrach sie nicht. Viel zu sehr hatte sich die Angst in ihr breit gemacht, das sich der Mann, wenn sie den Kontakt abbrach einfach in Luft auflösen würde. Dieser schaute nun das erste mal wieder hoch und sah sie traurig an. In seinem Blick stand die selbe Angst, welche in ihr wohnte. Als sie dies bemerkte lächelte sie ihn leicht an.

„Mir tun langsam die Beine weh.“ entschuldigte sie sich klein laut.

Von ihm kam daraufhin nur ein leises erleichtertes Seufzen. Er erhob sich ebenfalls. Mit einer schnellen, ja schon lautlosen Bewegung hatte er im nächsten Moment Kazuki auf seine Arme gehoben und brachte sie zu einer, in nahe gelegenen Bank. Als sie plötzlich den Boden unter den Füßen verlor, schloss sie instinktiv ihre Augen und schlang ihre Arme um seinen Hals. Als sie dann nach ein paar Schritten wieder runter gelassen wurde, öffnete sie diese wieder langsam. Er hatte sie zu einer Bank getragen, damit sich wohl ihre Beine ausruhen konnten. Dankbar für diese Geste lächelte sie ihn an. Bei diesem Lächeln, welches so viel Wärme inne hatte, füllten sich seine Augen mit Tränen, welche er nicht mehr zurückhalten konnte.

„Tut mir Leid, wenn ich etwas falsches gesagt, oder getan habe.“ meinte Kazuki daraufhin schnell.

„Nein das haben sie ganz gewiss nicht. Verzeiht mir bitte meine Tränen.“ entschuldigte er sich und wischte sich schnell die Tränen mehr schlecht, als recht wieder weg.

„Kazuki“

„Wie meinen?“

„Mein Name ist Kazuki. Sie brauchen mich nicht zu Siezen.“ antwortete sie auf seinen fragenden Blick hin mit einem Lächeln.

„Ein wunderschöne Name. Wie passend für ein so wunderschönes Wesen wie den Ihren.“ erwiderte er ebenfalls mit einem Lächeln.

Kazuki wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund fühlte sie sich in seiner Gesellschaft vollkommen ausgeglichen und vor allen wohl. Genießend hob sie ihren Kopf und sah gen Mond. Auch wenn dieser sich nicht in seiner vollendeten Schönheit zeigte, so war er gerade an diesen Abend eine der schönsten Erscheinungen die es gab. Zumindest in den Augen von Kazuki. Der Fremde beobachtete sie und ihm wurde warm ums Herz. Erstaunlich, das er trotz dieser für ihn schier endlos gewesenen Zeit, wieder solche Gefühle spürte. Er hatte schon wieder vergessen wie sich dieses unbeschreibliche Gefühl anfühlte. Umso mehr war er froh, das ihn endlich wieder jemand war nahm. Die Ewigkeit konnte so lang und einsam sein, wie er es schon erlebt hatte. Und das, obwohl er diesen Weg nicht freiwillig gegangen war. Leise erhob er sich und entfernte sich ein paar Schritte von der Bank. Sein Blick ruhte dabei immer noch auf Kazuki. Zu schön war dieses junge Wesen und noch viel reiner wie er spürte. Er setzte wieder die Violine an und begann erneut mit der Mondscheinsonate. Zuerst war Kazuki traurig, als sich der Fremde erhob und wollte ihn daran hindern zu gehen. Aber als sie die ersten Töne vernahm war sie erleichtert. Erleichtert darüber, das er nicht gegangen war. Noch nie hatte sie einen Mann wie ihn kennen gelernt. Sie wusste nicht warum, aber sie würde für ihn ohne zu zögern ihr Leben geben. Woher kam nur dieses Vertrauen? Sie wusste es nicht. Bei den Gedanken von ihr erfasste ihn das Gefühl von Trauer.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“ fragte sie, da sich seine Traurigkeit in der Melodie wieder spiegelte.

Bei dieser Frage zuckte er leicht zusammen. Mit so einer Frage hatte er nicht gerechnet. Auch ist ihm jetzt erst aufgefallen das sein Violinenspiel trauriger geworden war und ihm wieder Tränen über die Wangen rollten. Er unterbrach sein Spiel allerdings nicht. Beim spielen konnte er wenigstens für einen winzigen Moment seine Einsamkeit vergessen. Nur war er jetzt wirklich noch allein? Im Moment war ihm noch nicht bewusst, wie wichtig ihm Kazuki noch werden würde und das er auch schon bald eine sehr schwere Entscheidung von ihr abverlangt. Mit einer letzten Träne beendete er die Melodie und senkte die Violine wieder.

„Macht euch um mich bitte keine Sorgen. Mir geht es gut.“ meinte er dann und hoffte, das Kazuki sich nicht mehr solche Sorgen um ihn machen würde.

Heute würde sie nicht mehr nach hacken. Obwohl es ihr schwer fiel ging sie darauf nicht weiter ein. Ein bisschen erleichtert darüber setzte er sich wieder neben sie.

„Verzeiht mir bitte meine Neugier. Aber warum wart ihr bei so später Stunde noch allein in dieser Gegend unterwegs?“ wollte er wissen.

„Wissen sie. Meine Eltern sind vor kurzen ums Leben gekommen und heute war ihre Todesfeier. Ich habe es dort einfach nicht mehr aus gehalten. Die ganze Zeit dieses Gerede darüber, ob meine Verwandten etwas von dem Erbe ab bekommen und wer mich jetzt nun, wie sie meinen 'durch füttern' müsse. Das war mir einfach zu viel.“ erzählte sie.

Sie zuckte kurz zusammen, als sie seine kalte Hand an ihrer Wange spürte. Sie hatte nicht mitbekommen, wie sich in ihren Augen Tränen gebildet und sie sich instinktiv selbst umarmt hatte, woraufhin er sie dann auch in den Arm nahm. Nun konnte sie nicht mehr an sich hallten, klammerte sich an ihn und ließ ihrer Trauer freien lauf.

„WIESO? WIESO HASSEN MICH ALLE UND LASSEN MICH IN DIESER SCHRECKLICHEN WELT ALLEIN!“ schrie sie.

„WIESO?“ wiederholte sie immer und immer wieder verzweifelt.

Der junge Mann konnte ihren Schmerz nur zu gut verstehen. Um so mehr tat es ihm weh, das ausgerechnet so ein reines und zerbrechliches Wesen wie den ihren, in so jungen Jahren diese Erfahrungen machen musste. Er wusste nicht, wie er sie beruhigen konnte und so hielt er sie einfach nur fest im Arm. Auch als sie verzweifelt gegen seine Brust schlug, lies er sie nicht los. Eher zog er sie noch näher an sich. Insgeheim hoffte er, das er ihr damit irgendwie helfen würde. Nach einer Weile beruhigte sich Kazuki allmählich wieder. Er bemerkte, das sie ruhiger wurde und allmählich weg driftete. Sie war vor Erschöpfung eingeschlafen.

„Es tut mir Leid.“ flüsterte er ihr noch ins Ohr, bevor er sie leise auf seine Arme nahm.

Der Morgen würde bald anbrechen. Heute hatte er eigentlich den Entschluss gefasst, seinem ewigen Leben mit der Sonne den Rest zu geben. Aber als er zu ihr runter sah, konnte er es nicht mehr. »Sie sollte nicht noch jemanden verlieren.« dachte er. Nur wohin sollte er sie bringen? Er selbst hatte ja keine so rechte Heimat und wieder gehen lassen wollte und konnte er auch nicht. Also entschloss er sich, sie erst einmal nach Hause zu bringen und im Schatten auf ihr erwachen zu warten. Also setzte er sich in Bewegung und brachte sie, nachdem er durch Gedanken lesen erfahren hatte wo sie wohnte erst einmal nach Hause.



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