Zum Inhalt der Seite

Geliebte Verräterin

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Gin ließ die Tür ins Schloss fallen und massierte sich die rechte Schulter. Gott, er hätte wirklich im Bett schlafen sollen. Im Moment beschwerten sich alle Muskeln über die vergangene Nacht. Außerdem fingen seine Augen wieder an zu jucken. Wieso vertrug er diese verdammten Kontaktlinsen nicht mehr? Er rieb sich über die Augen, ehe er fluchte, da das Jucken nur noch stärker wurde. Wenige Sekunden später fielen die Linsen wieder in ihre Behälter und die Gläser klärten seine Sicht. Im Badezimmer nahm er erneut die Augentropfen und wartete etwas, während er mit dem Brillengestell rumspielte. Eigentlich brauchte er die Brille nicht wirklich genauso wenig wie die Linsen, da er nur auf einem Auge eine Sehschwäche hatte, aber er ging halt lieber auf Nummer sicher. Was ihn aber mehr beschäftigte als das kleine Problem mit seinen Augen, war die Tatsache, dass Sherry wirklich geschrumpft war. Dieses kleine Mädchen war seine kleine Sherry! Er würde eine Meldung rausgeben, sobald er seine Ansprüche klar gemacht hatte. Er hatte den Verdacht, dass es noch jemanden gab, der ein fehlerhaftes Serum verabreicht bekommen hatte. Nicht einmal er achtete groß auf das Verhalten von Kindern. Wie wurde Sherry wieder groß? Außerdem musste er noch diesem Laborant eine Abreibung verpassen, damit dieser merkte, dass er keine leeren Drohungen aussprach. Sein Blick streifte die Badewanne, in die ein Whirlpool integriert war. Er würde weiter darüber nachdenken, wenn seine Muskeln nicht mehr Schmerzen durch seinen Körper jagten.

 

„Aber Ai! Hör mir doch zu! Ich bin mir sicher, dass der Mann etwas mit der Organisation zu tun hatte!“, rief Conan. Ai seufzte. „Kudo. Nur weil Gin hinter diesem Mann gefahren ist, heißt das noch lange nicht, dass der Verunglückte von der Organisation umgebracht wurde. Und wenn es doch so wäre, dann hätte Gin in der Hinsicht nichts damit zu tun.“, erklärte sie ihr Verhalten, „Er ist nicht so idiotisch, in der Nähe zu sein, wenn seine Zielpersonen sterben. Zumindest wenn er sie nicht erschießt. Außerdem hätte er dann nicht Inspektor Megure zusätzlich auf sich aufmerksam gemacht.“ „Und wenn es doch so ist? Wenn das die Gelegenheit wäre diesen Verbrechern endlich auf die Spur zu kommen?“, erwiderte Conan aufgeregt. „Verdammt, bist du jetzt so verplant mit deinem Leben als Detektiv, dass du keinen normalen Unfall mehr erkennst? Der Mann war besoffen, wollte sich bei einer Mutprobe beweisen und hat dann versagt und ist gestorben, weil er vergessen hatte die Handbremse zu lösen!“, schrie Ai. „Aber Fortschritte beim Gegenmittel gibt es doch, oder?“, fragte der Geschrumpfte neugierig und wurde im nächsten Moment aus dem Raum geschmissen.

 

Konnte der nicht einmal Ruhe geben? Die Erdbeerblonde seufzte. Sie erinnerte sich eigentlich nur sehr ungerne an ihre Zeit in der Organisation, aber dort hatte nun einmal alles seinen Anfang gehabt. In der Organisatin. Dort waren ihre Eltern gewesen. Dort war sie aufgewachsen. Dort hatte sie ihre Liebe zur Chemie entdeckt. Und dort hatte sie in Ruhe arbeiten können, verdammt! Merkte dieser Idiot von Detektiv nicht, dass er mit seiner Fragerei ihre Forschungen nur behinderte? Ai sie dir dies an, Ai sieh dir an, Ai du kommst doch sicher mit zu Zelten, Ai, wie weit ist das Gegengift? Gott, der war so ein Mistkerl! Kapierte er nicht, das er nicht weiterhin so kurzsichtig durchs Leben laufen konnte? Selbst wenn das Gegenmittel fertig wäre, könnten sie es nicht nehmen! Er würde sich sofort wieder in die Aufmerksamkeit der Medien stürzen und die Organisation würde ihn schneller endgültig töten, als dass irgendetwas unternommen werden könnte. Und alle anderen würden auch sterben. Die Kinder, der Professor, Ran und ihre Vater und wahrscheinlich auch Heji und Kazuha. Vielleicht auch Sonoko. Und es gab noch etwas, was sie in der Organisation zu lieben gelernt hatte oder eher jemanden. Gin.

Damals war er anders zu ihr gewesen. Erst war er nur distanziert gewesen. Er kam hin und wieder im Labor vorbei, um die Vorschritte zu überprüfen oder verschiedene Gifte zu holen. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er sie nur kühl gemustert und dann stehen gelassen. Sie hatte unter seinem Blick Blut und Wasser geschwitzt. Irgendwann war er höflicher zu ihr geworden, was auch daran liegen konnte, dass sie langsam in den Rängen aufstieg. Dann hatte er angefangen mehr Worte mit ihr zu wechseln als nötig. Nach und nach hatte sich erst eine wacklige Freundschaft, wenn man es so nennen konnte, entwickelt, aber sie war immer fester geworden. Er hatte sie angefangen bei schlechtem Wetter vom Labor zu ihrer Wohnung zu fahren und im Winter regelmäßig hingebracht. Als einmal bis spät in die Nacht gearbeitet hatte, hatte er draußen auf sie gewartet. Sie musste unwillkürlich lächeln, als sie sich erinnerte, wie oft sie sich entschuldigt hatte. Und er hatte gelächelt. Nicht kalt, nicht gehässig, sondern wie ein ganz normaler Mensch. Sein Lächeln war warm gewesen. Und amüsiert über ihr Verhalten. Er hatte sie zum Schweigen gebracht. Mit einem Kuss. Gott, sie hatte ihm drei Wochen lang nicht in die Augen sehen können! Mit Schaudern kam das Grinsen vor ihr inneres Auge. Das Grinsen, welches er im Gesicht hatte, als er sie aus dem Wagen sah. Nein. Conan konnte sie nicht schützen. Nicht vor ihm. Gin war weitsichtiger und um einiges rücksichtsloser, wenn es um die Organisation ging. Wenn sich Conan offen gegen den Silberhaarigen stellen würde, würde er sterbe und das sehr schnell. Aber diese Grinsen. Es war so gewesen, als würde er wissen, dass sie Sherry war. Spätestens in der kommenden Nacht, würde ihr Unterbewusstsein ihr den Schlaf rauben. Ein Wirbel aus Angst und Verzweiflung. Und ein kleiner Schimmer der Wärme, die sie früher bei ihm gespürt hatte und auch vermisste. Selbst wenn sie es sich nicht eingestehen wollte.

 

Vermouth war sauer. Stinksauer! Was fiel dem Kerl ein, mit ihr zu reden, als wäre sie ein blutiger Anfänger?! Jedenfalls hatte sie sich direkt mit einer Beschwerde an Anokata gewandt und gleichzeitig das ranghöchste Mitglied informiert, das mit der Suche nach Verrätern beschäftigt war. Soju hatte sehr ungehalten reagiert und sich gleich auf den Weg gemacht, um diesem Gespräch beizuwohnen.

 

Vermouth und Soju saßen schweigend in dem dämmrigen Raum. Sie waren herbestellt worden, nachdem sie ein Gespräch mit Anokata verlangt hatten. Dieser saß vor ihnen. Fünf Meter entfernt hinter einem großen Schreibtisch. Mehr als eine halbe Stunde schwiegen sich die drei Personen an, ehe Anokata seufzte. „Ich verstehe nicht, was ihr von mir wollt.“, meinte er, „Sojus Aufgebrachtheit kann ich ja noch nachvollziehen, aber du, Vermouth, benimmst dich wie ein verwöhntes Kind, das seinen Willen nicht bekommt.“ Die Blonde zuckte leicht zusammen. Ohne es zu wissen, hatte Anokata fast dieselben Worte wie Gin verwendet. „Meine Abteilung ist für das Suchen von Verrätern verantwortlich! Da haben sich unaufmerksame Idioten nicht einzumischen, nur weil sie aktiv im Außendienst sind!“, rief Soju, ein Mann in den Vierzigern mit kurzem, braunem Haar, wütend. „Du weißt schon, dass du gerade einen meiner fähigsten Mitarbeiter beleidigst?“, bemerkte Anokata mit einem neutralen Gesichtsausdruck, „Es wird ihm gar nicht gefallen, wie du ihn genannt hast. Ich denke, du kannst dich glücklich schätzen, dass er in nächster Zeit mehr damit zu tun haben wird, einen Laboranten davon zu überzeugen, dass er keine leeren Drohungen verbreitet, als sich um dich zu kümmern. Außerdem kann er so unaufmerksam nicht sein, wenn er mehrmals eine konkrete Spur von Sherry finden konnte und sie auch einmal fast zu fassen bekam. Du und dein Team hingegen, haben in über sechs Monaten nicht einmal ein Haar von ihr gefunden. Oh nein, Gin wird nicht sehr begeistert sein.“ Soju wurde blass. Er hatte nicht gewusst, wer Vermouth so auf die Palme gebracht hatte.

„Aber er hält Informationen zurück!“, zischte Vermouth wütend, „Und er meinte, sie hätten mit ihm ein Ultimatum über Sherry! Was ist damit? Wieso behauptet er so etwas?“ „Weil es wahr ist, Vermouth!“, erwiderte der Boss. Seine Stimme war in den Minusgraden. „Und beherrsch dich. Ich verlange immer noch Respekt von meinen Untergebenen, egal wie ranghoch sie sind!“ Es Herrschte wieder mehrere Minuten schweigen. Dann öffnete Soju den Mund. „Anokata, wovon handelt dieses Ultimatum? Und warum ist es ihm erlaubt seine Informationen für sich zu behalten?“, wollte der Mann wissen.

„Ich schätz ihr wist von seiner kleinen…Beziehung mit Sherry? Was frage ich da eigentlich? Du, Vermouth, weißt hundertprozentig davon. Immerhin versuchst du schon seit Monaten dir Gin gehörig zu machen. Sehr amüsant im Übrigen. Und sehr sinnlos. Er ist vollkommen auf die kleine Wissenschaftlerin fixiert.“, bei diesem Kommentar schnaubte die Blonde, wurde aber ignoriert, „Jedenfalls fiel mir nach dem Verschwinden von Sherry auf, dass Gin sich nicht mehr an ganz so vielen Aufträgen beteiligte wie vorher. Mit einem natürlichen Misstrauen, ließ ich ihn überprüfen. Er suchte Sherry. Und er suchte sie ausdauernd. Er kontrollierte Kameras, hackte sich in Server und überprüfte die Passagierlisten der Flughäfen, durchsuchte die Aufträge von Taxen und drang sogar schließlich in die Computer der Polizei ein, ob sich dort jemand gemeldet hatte. Vergeblich, aber gründlich. Nach dem Fiasko mit Pisco, wo er sie fast stellte, rief ich ihn zu mir und schlug ihm das besagte Ultimatum vor. Wenn er es schaffen würde, Sherry vor dir zu finden, Soju, darf er mit ihr machen, was er will. Sie exekutieren oder sie für immer einsperren und ganz für sich haben.“, der Boss endete und Vermouth schnappte nach Luft, während Soju einen Fisch imitierte. „Er darf was? Was ist, wenn sie ihn überredet, sie wieder gehen zu lassen?“, rief die Blonde. Der Boss musterte die Schauspielerin. „Vermouth. Ich kenne Gin. Er kann sich vollständig gefühllos geben. Er hat in einigen Hinsichten keine Gefühle mehr. Und das wurde gefährlich. Wie soll man Opfern eine Falle stellen, wenn man ihre Reaktionen nicht nachvollziehen kann? Ein Mindestmaß an Gefühlen ist dafür notwendig, aber sogar dieses drohte ihm zu entgleiten. Außerdem wird er sich allen Zusprüchen zum Trotz, nie von mir abwenden. Er hat es mit bei seinem Eintritt geschworen. Der Hintergrund dieses Eides hat euch nicht zu interessieren, aber ich bin mir seiner vollständigen Loyalität sicher.“

„Boss. Es gab seit Monaten keine Spur von der Verräterin. Wie will Gin sie jetzt noch finden?“, versuchte es Soju erneut, dass die Suche dem Silberhaarigen die Suche entzogen wurde. „Er hat eine Spur.“, murmelte Vermouth leise. Der braunhaarige fuhr zu ihr herum. „WAS???“, seine Gesichtsfarbe war zu einem aggressiven Rot geworden. „Er hat ein Haar von ihr zur Analyse gebracht. Er hat eine Spur. Eine sichere Spur, da bin ich mir sicher.“, führte sie ihre Aussage fort.

„Ich wusste, dass es zu Ergebnissen kommt, wenn man Leuten die Suche aufträgt, die wirklich am erfüllen der Aufgabe interessiert sind.“, grinste Anokata. Eisblaue Augen blitzten zufrieden.

"Was soll das denn heißen?", riefen Vermouth und ihr Kollege im Chor. „Soju, du solltest mal dein System überarbeiten. Alle ranghohen Mitglieder wissen, wie es funktioniert und können durch deine Maschen schlüpfen. Und du Vermouth…früher warst du sehr nützlich, aber in letzter Zeit hast du stark nachgelassen. Du rasselst mit dem FBI aneinander, startest eigennützige und waghalsige Aktionen, ohne an die Folgen zu denken und verlierst die Ziele aus den Augen. Gin hat Informationen über eine Person, nach der seit Monaten von einer ganzen Truppe gefahndet wird, alleine bekommen und erledigt seine Aufträge effizient, ohne andere Mitglieder zu gefährden. Die beiden Untergeben schwiegen. Diese Kritik war hart, aber gerecht. Soju gestand es sich innerlich ein, während Vermouth unter Schelle litt, wie nie zuvor. Sie hatte geglaubt, dass Gin für seine Unverschämtheit endlich in seine Schranken gewiesen werden würde.  Stattdessen wurde offenbart, dass er und Anokata ein Abkommen hatten. „Und nun…könnt ihr beiden verschwinden. Es wurde alles gesagt, was zu sagen war.“, meinte Anokata mit übertriebender Höflichkeit. „Aber-“ „RAUS!“, schrie Anokata. Er hatte bereits genug Zeit verschwendet. Die Angeschrienen flohen aus dem Raum. Gedanklich überdachte er seine damalige Entscheidung noch einmal. Gin war ihm treu, aber was war, wenn Sherry mehr Einfluss auf ihn hatte, als er dachte? Er konnte Gin die Suche nicht einfach verbieten, wo er eine feste Spur hatte. Er musste darauf vertrauen, dass der Silberhaarige seinen Eid hielt. Und er hatte es versprochen. Und eine Respektsperson brach ein gegebenes Versprechen nicht.

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück