Leben - Goldmund
In meiner Schulzeit, so erschien es mir
War ich ständig nur am Träumen
In den Pausen ohne Schule und Messe ruhte ich,
Anstatt anständig zu beten, lieber unter den Bäumen.
Griechisch verstand ich nicht,
Genauso wenig Latein,
Und du sagtest mir:
„Goldmund, es soll nicht sein,
Dass du Mönch wirst im Kloster,
Dass du zölibatär und asketisch lebst,
Dass du zwangsweise Denker und
Am Ende dann unglücklich wirst.
Ich will dich ermahnen, ziehe hinaus
In die weite Welt, die dich erwartet,
Bevor das Leben, das dein Vater dir wollte,
Am Ende noch darin ausartet,
Dass du, der nicht zum Denker geboren,
Am Ende noch einer der Mystiker wirst.
Nicht von deinen Vorstellungen loskommst
Und damit letztendlich die Jugend verdirbst.“
Nun bin ich, wie du’s mir befohlen,
Hinausgezogen in die weite Welt,
Hab nichts zu essen, zu trinken
Und auch keinen Groschen Geld.
Aber wie du es mir prophezeit,
Bin ich glücklicher mit dem Leben.
Ich lebe in den Tag hinein,
Nichts kann mir mehr Freude geben!
Jeden Tag bin ich woanders,
Lach mir viele Frauen an
Und genieße meine Jugend,
Solange ich es kann.
Oft denk ich an dich, Narziss,
Aber immer wieder frage ich mich,
Ob du mein lieber Freund und Lehrer
Auch ab und zu denkst an mich…