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Unsere kleine Farm

Himmel während schwerem Regen
von

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Meine kleine Farm - Himmel während schwerem Regen
 

Wir sind die Weißen. Sie finden uns nicht sonderlich sympathisch, aber es ist ja meistens so. Wir leben, wie erwartet, auf einer Farm und unsere Angestellten sind Einheimische, weil es unlogisch wäre, weiße Arbeitskräfte zu beschäftigen, da die Arbeitslosen hier die Plätze brauchen. Ich heiße Julana und bin die Tochter des Hauses. Meine kleine Schwester liegt noch in den Windeln, das kleine süße Wunder meiner Eltern. Sie ist schon niedlich, allerdings nicht, wenn sie nachts alle aus dem Schlaf reißt. Ich wache auch auf und fühle mich schon selbst wie, glücklicherweise betreut meine Mutter das Kind, wickelt und füttert es.

Ich gehe auf eine kleine Schule, wo die Hauptanzahl der Schüler Weiße ausmachen. Manche Farmarbeiter schicken auch ihre Kinder hierher. So wie Dajan und Asiza. Ihre Väter arbeiten auf den Feldern, Dajans Mutter ist als Haushälterin bei uns. Jetzt ist die Frage, was meine Mutter noch den ganzen Tag tut, außer das Kind zu schaukeln. Nicht viel, außer, dass sie den Hund verhätschelt.
 

Ich gähnte hinter hervorgehaltener Hand. Nicht, dass ich den Unterricht nicht verstand, ich lebte schließlich schon mein ganzes Leben hier, es ist für mich jedoch mehr als uninteressant, über das kolonialistische Zeitalter und die Weltkriege nachzudenken. In einem Geschichtsbuch, das mein Vater aus Europa mitgebrachte, hatte ich schon alles, was es über diese zeitlichen Abschnitte zu wissen gibt, gelesen. Hier haben alle nun mal mehr Zeit. Unsere nächsten Nachbarn wohnten einige Kilometer weit weg und mein Vater lässt mich sowieso nicht mit dem Auto fahren. Ich glaube kaum, dass ich einen Fahrlehrer bräuchte, in den Städten fahren sowieso alle, wie sie wollten.

Gut, ich hatte sowieso keine Freunde auf den anderen Farmen, also brauchte ich auch nicht zu fahren.

Dajan und sein Bruder Salaam halfen meistens ihrem Vater, den Großteil meiner Zeit verbrachte ich mich Asiza, ihrer Schwester und den Freundinnen aus der Schule. Sie versuchten mich „kulturell sensibilisieren“, wie sie es nennen. Meine Haare waren in diesen dünnen Zöpfen eng an meinem Kopf geflochten, aber nur der vordere Teil. Es sah merkwürdig aus bei meinen dunkelblonden Haaren, aber war durchaus praktisch. Außerdem hatten sie mir eine Gesangsprobe abverlangt und mir daraufhin zwei Lieder beigebracht, von denen sie meinten, sie würden zu mir passen. Mit Dajan und anderen Jungen spielten ich in der Schule beinahe immer Fußball, wobei die Kleinen mich gerne abschossen, weil ich eine Ausländerin und noch dazu ein Mädchen war. Dajan nahm mich in Schutz. Die Kleinen nannten ihn Trainer, weil er ihnen die Technik erklärte, die er im Fernseher gesehen hatte. Respekt und Vertrauen.

Obwohl er nach dem Willen seiner Gemeinschaft keine Zeit mit mir verbringen durfte, lernten und spielten wir gemeinsam. „Hätte Gott gewollt, dass sich unsere Völker mischen, hätte er es getan.“ So lautete die Meinung. Vornehmlich seine Tante äußerte diesen Satz gerne. Paradox fand ich dabei, dass Europäer ihnen diesen Gott gebracht hatten, von dem sie sprach.

Als mein Freund mir das erzählte, meinte er nur: „Die Weiber reden den ganzen Tag nur Unsinn.“ Auf meine hochgezogenen Augenbrauen hin korrigierte er sich. „Außer dir. Ich werde sowieso eine Frau mitbringen, die sie zufriedenstellt später.“ Und somit waren Weiße ausgeschlossen. Er handelte seiner Familie zuliebe, genau wie alle seine Vorfahren.
 

Mit einem breiten Grinsen schaute ich ihn, als ich ein Tor geschossen hatte. Seine Augen schienen fast grau, eine eingeschlichene Einwanderin hat ihm dieses Geschenk gemacht. „Der Trainer mit dem Himmel in den Augen“, wobei sein Name eigentlich „Himmel während schwerem Regen“ bedeutete. Ich dachte, höchstens nachts könnte er seinem Namen gerecht werden. Ich hatte ihn nachts aber noch nie gesehen.

Er grinste zurück, schlug mir auf den Rücken und warf den Ball nach vorn, um ihm erneut nachzurennen. Maamuni, eine Junge aus der sechsten Klasse, grätschte mir zwischen die Beine, als ich erneuten Ballkontakt hatte und ich fiel nach vorne auf meine Unterarme. Bevor mein Beschützer dem Kleinen einen Klaps auf den Hinterkopf geben konnte, stand ich schon wieder und hatte den Ball weiter gespielt, ungeachtet des Pochens in meinen Unterarmen und den Händen.

Es wurde weitergespielt, bis uns die Lehrer riefen und alle kehrten zurück in die Klassen, erschöpft aber zufrieden. Asiza schüttelte den Kopf bei meinem Anblick und deutete auf meine Arme. Sie waren rot, aufgeschürft, aber bluteten nicht. Meinen Kugelschreiber mochte ich kaum anfassen, es tat weh, ihn längere Zeit zu halten oder zu schreiben.

Erleichtert ließ ich mich auf der Ladefläche des Pick Ups nieder, den meine Mutter steuerte, neben mir Asiza und Dajan in der Fahrerkabine, beide nahm sie mit zurück zur Farm.

Meine Freundin blieb noch, während unser Klassenkamerad zu seinem Vater ging. In meinem Zimmer zupfte sie an meinen Haaren herum, weil sie mich überzeugen wollte, sie mir vollständig flechten zu lassen. Als ich meine Verletzungen einsprühte, bemerkte ich ihren Blick, welcher missbilligen auf mir lag.

„Was?“, fragte ich.

„Du bist kein Junge.“

„Ich weiß.“

„Dann verhalte dich auch nicht wie einer. So läuft das hier nicht. Wir sind nicht in Europa“, erklärte sie mir nüchtern.

„Mädchen spielen hier kein Fußball. Aber es macht mir Spaß.“

„Julana, du darfst das nicht.“

„Es gibt dagegen kein Gesetz.“

„Man tut es nicht. Dajan wird keine Frau finden, wenn ihr beiden ständig zusammen hockt.“

„Machst du dir Sorgen um mich oder um ihn?“, fragte ich scherzhaft.

„Du kannst ihn nicht heiraten, versteh das.“

„Hat irgendjemand was davon gesagt?“

Meine Freundin sparte sich eine Antwort.

„Ich weiß es“, erwiderte ich und sprühte mich weiter ein, um das Brennen zu betäuben.

„Hilfst du mir mit den Haaren? Du kannst sie doch so gut schneiden.“

„Klar.“ In freudiger Erwartung klapperte ich mit der Schere. Ein breites Grinsen stand mir auf dem Gesicht.

Ich löste ihre Zöpfe auf, kämmte ihre unbändige Naturkrause durch und wusch sie unter dem dem Duschkopf bevor ich anfing diese zu kürzen. Die Haare reichten noch immer bis über die Schulterblätter und fingen schon wieder an sich zu kräuseln, nachdem ich fertig war. Dazu glättete ich ihre Haare noch so gut es denn eben ging. Wie anders sie auf einmal aussah, sie glaubte ihrem Spiegelbild ja nicht einmal selbst. Über ihre großen Kulleraugen musste ich lachen.

„Danke.“

„Keine Ursache. Anziehen musst du dich aber schon selber.“
 

Heute Abend war Erntefest, die Menschen dankten Gott für das eingebrachte Essen. Dazu gehört ein richtiges Fest, selbstverständlich auch auf unserer Farm. Gleichzeitig war die Gelegenheit günstig unauffällig Brautschau zu betreiben.

Eigentlich weniger beabsichtigt kamen wir, Asiza, ihre kleine Schwester und ich zu spät. Und obwohl ich immer bei ihnen war, bekam ich mehr Aufmerksamkeit als alle anderen.

Asazi und ihre Schwester wurden Komplimente für ihr Aussehen ausgesprochen, lächelnd und stolz setzte ich mich neben Lakisha auf die Erde. Es wurde geschwatzt und auch Alkohol herumgereicht. Das glich doch dem europäischen Feierkult, weitere Drogen blieben dennoch fern.

Über den Feuerschein sah ich Dajan das erste Mal in die Augen und war der Meinung sein Name traf zu. Ich lächelte und erhielt eines zurück. Dadurch, dass ihre Haare durch das Öffnen ihrer Zöpfe noch voluminöser waren, fasste sich das Mädchen rechts von meiner Freundin diese zurück und begann ein Lied anzustimmen, das mir bekannt vorkam. Die anderen stimmten ein und begannen zu tanzen. Meiner Meinung stand es mir nicht zu daran teilzunehmen, deshalb saß ich auf der Erde die Tänzerinnen beobachtend. Meine Freundin zog mich auf die Füße, ich stieg in ihren Gesang ein und lachte über meine eigene Unbeholfenheit. Zu meinem Erstaunen schlossen sie mich nicht aus, sondern nahmen mich in ihre Mitte auf und ließen mich in darin bewegen.

Mit Asiza wurde ich gezwungen eine Strophe eines Liedes zu singen, das ich auch kannte und bemühte mich es fehlerfrei zu schaffen. Alkoholgeschwängert erschienen mir tiefe Emotionen damit verbunden.

Bald ließ ich mich zurück auf meinen Hintern plumpsen. Alsbald löste sich mein Freund aus seiner Gruppe und setzte sich neben sich. Zunächst ignorierte ich ihn, schaute weiterhin den Mädchen zu.

„Ihr könntet auch mittanzen. Oder ist das unmännlich?“, richtete ich mich an ihn.

„Sie wollen es nicht. Es gehört ihnen.“

„So wie Kind, Haus und Essen kochen.“ Lediglich einen kleinen Blick aus dem Augenwinkel gönnte ich mir in diesem Augenblick.

Vermutlich ging es mir nur darum, zu widerlegen, dass Europäer und Afrikaner keine Beziehung eingehen konnten. Abenteuerlust. Sonst könnte ich mir auch jemanden aus der Schule nehmen, aber ich wollte es nicht.
 

Dajan war mein Opfer.
 

Uns beiden war wahrscheinlich klar, dass meine Hand nicht zufällig auf seiner landete, trotzdem drehte er mir den Kopf zu. Ich lächelte ihn an und unüblicherweise strich er mir durchs Haar. Diese Sekunden verfolgte ich seine Augen, konnte sie jedoch nicht abwenden, als er den Blick erwiderte. Unter normalen Umständen hätten wir uns jetzt geküsst, aber er stand auf und entfernte sich in die Richtung des Herrenhauses. Ich nahm noch einen Schluck von dem Getränk, richtete ein Lächeln an die Mädchen um mich zu vergewissern, dass sie mich nicht vermissen würden und folgte ihm. Die Jungen hatte ich nicht beobachtet.

Im Schatten versteckt, packte er mich und zog mich heran. Von der Überraschung schwang ich um in Spaß und Erwartung etwas Angenehmen. Ich konnte ihn nicht erkennen, wusste mich jedoch zu orientieren. Unsere Lippen fanden seine und Erleichterung und Begehren flossen durch meinen Körper. Wir hatten keine Ahnung was wir taten, hielten uns aneinander fest.

In meinem Gehirn liefen noch genügend Impulse ab, dass ich ihn ins Haus durch den Flur in mein Zimmer lotsen konnte. Für ihn würde es nicht besonders gut stehen, wenn man uns erwischte. Für mich auch nicht.

Wie festgezurrt stand er in der Mitte des Raumes, ich wandte mich zu ihm, legte meine Hände auf seine Schultern und ließ sie leicht seine Arme hinabgleiten. Mit den Rücken meiner Finger fuhr ich sie wieder hinauf, wie gebannt von dem Kontrast unserer Hautfarben. Ich sah den immer noch starren Dajan an, ließ ihn mich küssen und führte ihn zu meinem Hals. Seine Hände brauchten keine Anleitung, fuhren meinen Rücken hinunter zum Ansatz meines Rockes, schoben sich energisch unter mein Oberteil und meine Wirbelsäule wieder hinauf.

Er befreite mich von meinem Oberteil, gönnte sich eine Musterung meines Körpers, bevor er mich erneut berührte. Er kam meinem durch den Größenunterschied bedingtem Problem nach, indem er sich selbst seines T-Shirts entledigte, ließ mir Zeit ihn anzusehen, bevor er mich wieder für sich vereinnahmte. Die Hände in seinen hinteren Hosenbund geklemmt, dirigierte ich ihn zum Bett. Für meinen Geschmack ließ es sich im Liegen besser aushalten. Augenblicklich kniete er über mir, liebkoste meinen Oberkörper und alle Gedanken verdrängt, seufzte ich auf.

Fahrig berührten wir einander, nachdem wir aufeinander lagen, der Hitze Abhilfe schaffend. In einem Wust von Verwirrung, Verlangen und Berührungen ging es vorbei, auch wenn es schmerzte, lächelte ich meinen Liebhaber dennoch an.
 

Wir lagen nebeneinander, Händchen haltend, während jeder seinen Gedanken nachhing. Ich hatte keine Ahnung, in was ich mich da hineingeritten hatte. Wahrscheinlich hatten wir jetzt eine geheime Affäre und trafen uns heimlich zum Vögeln. Oder er kam zu dem Schluss, dass es völlig falsch sei, in Zukunft sollten wir Freunde sein, die sich, wo es ging, nicht begegneten. Das musste ich bereit sein zu zahlen, wo ich mein Opfer doch nun schon in diese prekäre Lage gelenkt hatte. Ich war mir sicher, dass seine Tante ihren Willen bekommen würde.

Seine Hand strich über meine Haare und ich schmiegte mich weiter in seine Arme.

„Jule?“

War es denn schon so weit?

Ich brummte, das hieß, er sollte fortfahren.

„Magst du mich?“

„So eine dumme Frage!“ Entscheiden drehte ich mich auf die Seite, um ihn anzusehen. „Ja, das tue ich.“

Erneut streichelte er mein Haar. Es war ihm an der Nasenspitze anzusehen, dass er nicht wusste, was er sagen sollte.

„Das war zu schnell, oder?“, übernahm ich heldenhaft die Konversation. Er nickte.

„Mein Lebensstil passt nicht hierher. Ich muss mich entschuldigen, dass ich dich da jetzt mit reingezogen habe.“ Umständlich krabbelte ich vom Bett, suchte meine Sachen zusammen und zog mich an, danach gab ich ihm seine. „Entweder gehst du zurück, oder ich. Sonst vermisst uns womöglich noch jemand.“

„Wir sollten ...“, begann er, verlor jedoch den Faden.

„Lass uns morgen darüber reden, okay?“ Ich versuchte an ihm vorbeizugehen, doch er stellte sich mir in den Weg. Gerade als ich den Kopf hob, küsste er mich erneut, zwingend, keine Ausflüchte erlaubend. Seine Hände wanderten erneut über mein Shirt und ich drückte ihn von mir fort.

„Geh jetzt, bitte.“

In etwa konnte ich ihn verstehen. Er wollte sich davon überzeugen, dass er der Mann war und seine Frau unter Kontrolle hatte, doch ich war nicht wie die Frauen hier und das wusste er genau. Wir lieferten uns ein schweigsames Duell, bis er sich umdrehte und verschwand.
 

Einige Minuten später klopfte jemand an mein Fenster, ich hatte mich nicht gerührt, sonder nur der Vision von Dajan nachgehangen. Liam stand dort, ich öffnete das Fenster. Wortlos warf er etwas nach mir und rannte los. Ich konnte zwar ausweichen, jedoch erkannte ich das Objekt erst, als ich darauf zu trat. Es drohte mir mit aufgestelltem Vorderteil und zischte mit der Zunge. Ich erstarrte, die Augen weit aufgerissen, meine Füße klebten am Boden. Schlangen waren nicht aggressiv, solange man sie nicht attackierte. Das war meine Überzeugung, sie würde mir nichts tun, wenn ich nur stehen blieb. Nur passte es einer Schlange nicht, erst gefangen dann und in ein Zimmer geworfen zu werden.

Langsam schlängelte sie auf mich zu, ich flüchtete mich auf mein Bett, versuchte meinen Kopf zu zwingen zu denken, kopflos loszurennen konnte gefährlich werden. Das Fenster lag an der kurzen Seite, diagonal zum Bett, die Tür lag genau gegenüber. Das Zischen krallte sich in meinem Kopf fest und denken erschien unmöglich. Stattdessen fing ich an zu schreien. Meine Eltern waren bei unseren Nachbarn, ich war völlig allein. Als einzige Hoffnung konnte ich mir einreden, dass das Tier überhaupt keinen Appetit hatte und damit das Bett als zu großes Hindernis um es zu erachten. Ich schrie nach Hilfe, meine Eltern, Dajan und Asazi, nach Gott und meinen europäischen Verwandten, die ich nicht kannte.

Ich schrie, schrie und schrie, ließ mich resigniert auf die Knie sinken und begann zu weinen. Meine Freundin Asazi erschien am Fenster, zog sich rauf, bleib jedoch auf der Fensterbank sitzen, als sie die Schlange erkannte. Ich glaubte sie hatte mich gerufen, doch ich reagierte nicht. Plötzlich saß sie neben mir, schüttelte mich, damit ich wieder zu mir kam. Nur undeutlich vernahm ich ihre Stimme, versuchte mich zu konzentrieren, doch ich konnte nicht reagieren. Ruppig zog mir mein Shirt über den Kopf und warf es in die Richtung meines Schrankes, riss mich vom Bett zur Tür und rüttelte an der Klinke. Normalerweise ließ sie sich nach innen öffnen, gerade jetzt war sie verschlossen. Vergeblich rüttelte sie an dem Holz, gab auf und trat den Rückzug an. Doch anstatt zum Bett schob sie mich zum Fenster, hindurch und unsanft schlug ich mit dem Kopf auf dem Boden auf, obwohl ich noch reflexartig die Arme nach vorn riss. Dagegen landete sie eleganter auf ihren Füßen und zog mich weiter mit. Durch die Dunkelheit rannten wir auf ihr Haus zu, von Weitem schrie sie schon ihrer Mutter etwas zu, die uns in Empfang nahm und uns ins Haus ließ. Man legte mir eine Decke um und drückte mich auf einen Stuhl.

Kaum saß ich, fing ihre Mutter an zu kreischen. Die Wade meiner Freundin war stark angeschwollen, Blut lief in einem Rinnsal auf ihren Schuh. Jammernd verband die Mutter ihre Tochter mit einem Kleidungsstück, während gegen die Wand gelehnt saß und unregelmäßig atmete. „Ruf deine Eltern an“, wies sie mich an, denn entgegen ihrer Verletzung, funktionierte ihr Denken noch.

Einige Momente brauchten diese Informationen, um in mein Gehirn zu gelangen, da ich entsetzt auf den blutgetränkten Verband starrte.

So schnell, wie ich vorher geflohen war, rannte ich zurück zu meinem Geburtsort, riss in Panik alle Schubladen auf, ließ sie offen stehen warf achtlos den Kleinkram auf den Boden. Mit zitternden Händen hielt ich den Hörer an mein Ohr gepresst, während ich auf eine Antwort wartete. Ich glaube kaum, dass sie verstanden was ich ihnen sagte, dennoch erklärten sie, sie wären schon auf dem Weg.

Man wartet auf die Rettung und hat den Eindruck alles geschieht in Zeitlupe. Mein Herz schlug und meine Hände zitterten von dem Adrenalin. Keiner der anderen Jugendlichen vom Fest kam, doch die Freunde von Asizas Eltern kamen, um dem grotesken Schauspiel zu folgen. Bleich, schwach uns schwitzend lag sie da, alle Leute um sie herum und taten nichts.

Es war meine Schuld.
 

Während die Ärzte meinen und ihren Eltern die Situation erklärte, in seinem entsprechendem Vokabular, führte mein adrenalingefluteter Körper mich den Flur rauf und runter. Sie starb. Ich spürte es auch ohne das es mir jemand sagen musste.

Ihre Mutter vergrub ihr Gesicht in den Händen, murmelte Gebete zu Gott in der Hoffnung nicht zu verzweifeln. Ich verstand keines ihrer Wörter, auch nicht, als ich genau neben ihr stand.
 

Voll bandagiert lag die Gestalt im Bett, Schläuche hingen wirr über ihrem Rumpf, das Gegengift tropfte aus der Flasche in ihre Blutbahnen.

Morgens hatte sie genug von dem Kampf, sie hatte aufgegeben und niemanden die Gelegenheit gegeben letzte Worte an sie zu richten. Für ihre Mutter gab es ein Beruhigungsmittel, da sie in ihrer Wut mich anschrie und meine gleichgültig wirkenden Gesichtszüge sie noch weiter provozierten. Stumm liefen mir die Tränen über die Wangen, als meine Eltern mich mit nach Hause nahmen.

Leblos verbrachte ich den Tag am Küchentisch, während um mich herum gegessen, geredet und das Baby gestillt wurde.

Asizas Schwester kam, setzte sich mir gegenüber, redete auf mich ein und schwieg, als ich keine Antwort gab. Einige Mal trat meine Mutter zu mir, nahm mich in die Arme und versuchte mir meine Schuld auszureden.
 

Den Kopf gesenkt, wurde ich vorwärts geschoben. Es ihr richtig, dass ich auf der Beerdigung anwesend war. Ich stand als Täterin in der Mitte der Leute, die sie gern hatten und weinte. Ihre Mutter stand neben ihrem Mann, ihr Blick ging durch alles hindurch. Es war heiß.

Dajan sah mich an.



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