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In mondlosen Nächten

von

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Bela lehnte mit seiner Zigarette und einer Flasche Bier in der Hand am Geländer seines Balkons. Es war unglaublich kalt, und da er sowieso nur aus Haut und Knochen bestand und heute auch nur, auch wenn es Winter war und er verdammt noch mal auf einem Balkon stand, ein Shirt, welches diese Bezeichnung gar nicht verdient hatte, und enge Jeans, die auch besser aussahen als sie eigentlich wärmten, anhatte, fror er wie sonst was.

Aber Bela war das egal. Ihm war so vieles in den letzten Wochen, Monaten egal geworden. So sehr, dass er gar nicht mehr wusste, was für ein Monat war. Was für ein Wochentag war. Und wer die Leute waren, die in seiner Wohnung standen, saßen, lagen und feierten bis in die frühen Morgenstunden.

Es war ihm egal.

In letzter Zeit hatte er generell keine Lust mehr. Keine Lust auf irgendwas. Hatte keine Lust darauf, sich zu betrinken, hatte aber noch weniger Lust darauf, nüchtern zu sein. Auf das Mädchen, welches sich katzenähnlich an ihn schmiegte und seine Schulter küsste, während sie über seinen Bauch strich, irgendeinen erregten Nonsens in sein Ohr flüsterte, hatte er aber im Moment am wenigsten Lust. Gott, er wusste ja nicht mal, ob er sie kannte. Oder ob er sie heute schon durchgenommen hatte. Oder gestern…

Bela seufzte schwer, leerte die Bierflasche und ließ sie einfach fallen. 8 Stockwerke senkrecht nach unten, vielleicht traf sie ja jemanden und tötete diese Person.

Und ob man es glauben wollte oder nicht…auch das war Bela egal.

Müde stützte er seinen Kopf in die Linke, in der rechten Hand hielt er immer noch die Zigarette, starrte vor sich hin, direkt in die rabenschwarze Nacht hinein. Kein Stern und schon gar kein Mond war zu sehen, und das, obwohl keine einzige, noch so kleine, Wolke am Himmel stand. Er seufzte schwer, der erste Laut, den er innerhalb der letzten Stunden von sich gegeben hatte, nahm einen tiefen, viel zu tiefen Zug von seiner Zigarette, ließ sie dann auch einfach fallen. Falls der Unbekannte nicht von der Bierflasche getötet wurde sondern nur bewusstlos war…spätestens jetzt hatte sein letztes Stündlein geschlagen, denn mit viel Pech würde er nun gleich auch anfangen zu brennen.

Anfangs dachte er, dass es am Kokain lag. An Speed und Heroin. Aber mit der Zeit wurde es ihm Tag für Tag, Atemzug für Atemzug klarer. Es lag nicht an den ganzen Stoffen. Es lag daran, dass er alleine war.

Er hatte niemanden mehr.

Und das alles, dieser tödliche Cocktail aus Frust, Langeweile, Unmengen an Alkohol und Drogen, Jan würde sofort einwerfen, dass darin kein großer Unterschied war, und dieser unglaublichen Einsamkeit führte zu dieser unerträglichen Gleichgültigkeit.

Jan… anfangs tat es noch unglaublich weh, wenn er an den Blonden dachte. An ihn und an sein unverwechselbares Grinsen. An seine strahlenden Augen, in denen man diese unbeschreibliche Lebenslust erkennen konnte, wenn er wieder von einer seiner Reisen erzählte.

Doch mit der Zeit wurde es besser. Er zwang sich, nicht mehr an ihn zu denken. Es war ja sinnlos. Immerhin war es vorbei. Die Ärzte waren Geschichte. Natürlich, mit allen Höhen und Tiefen, genauso wie ihre Freundschaft, aber…die Tiefen hatten gesiegt. Darum stand er nun hier, alleine, ohne Jan, dafür mit unendlich vielen Fremden, die er einmal seine Freunde nannte.

Ja, mittlerweile war es fast gut. Mittlerweile waren die Wunden fast verheilt. Er musste nicht schlucken, wenn er an den Blonden dachte. Musste nicht mit den Tränen kämpfen, wenn er an sein strahlendes Lächeln dachte. Er musste nicht weinen, wenn er daran dachte, wie schrecklich alleine und hilflos er ohne dem Riesen war.

Denn er dachte nicht mehr an ihn.

Zumindest versuchte er es, denn es klappte nicht.

Nicht, wenn er alleine im Bett lag, arglos die Augen schloss und dachte, dass nun alles gut war.

Nicht, wenn ein betrunkener ‚Freund‘ mit einem Brief in der Hand auf den Balkon taumelte, mit den Blättern in der Luft rumschwenkend und mit einem ‚‘issn das? Is dit von Jan, hm?‘ auf den Lippen die Blätter auf den kleinen Tisch knallte und wieder nach drinnen wankte, da er wohl die Interesse an Bela verloren hatte, dafür nun den Biervorrat in der Küche ansteuerte.

Nicht, wenn ein Windstoß kam und die Blätter, welche Bela eigentlich versucht hatte zu ignorieren, natürlich nur auf seine eigene Gesundheit und sein Wohlbefinden zu achten, mit einem Mal neben Bela in der Luft tänzeln und langsam zu Boden sinken ließ.

Nicht, wenn er auf die Blätter blickte und daran dachte, was Jan da geschrieben hatte, wie sehr er ihn vermisste und dass sie das mit den Ärzten vielleicht doch noch mal probieren sollten.

Nicht, wenn er auf die eine Stelle sah, die eine Stelle, in der es hieß, wie sehr Jan ihn geliebt hatte und es immer noch tat.

Und schon gar nicht, wenn er in mondlosen Nächten am Balkon stand und von Farin träumte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Toozmar
2010-11-05T22:09:06+00:00 05.11.2010 23:09
Ich weiß gar nicht genau was mir an der Story am Besten gefällt...
Ein ziemlich müder Bela, diese herrliche Vorstellung der tötenden Bierflasche, das Bild von Bela in engen Jeans auf dem Balkon, dieser kitschig-romantisch-schöne Schlussteil?
wahrscheinlich alles ^^

Von:  cooking_butty
2010-10-30T17:59:28+00:00 30.10.2010 19:59
Moah, is das süß (irgendwie...wenn man mal davon absieht, dass es traurig is)

aber egal, is schön geworden (und ein Bela, der nur noch Haut und Knochen ist, ist eine willkommene Abwechslung zu seinem jetzigen Erscheinungsbild^^)

hehe, am besten hat mir der Teil mit der fallengelassenen Zigarette und der möglicherweise untenliegenden Person gefallen ;)

lg
Von: abgemeldet
2010-10-29T20:32:58+00:00 29.10.2010 22:32
~seufz~
Wie dramatisch!
Das schreit quasi nach einer Fortsetzung!
xD
Auch wenn ich Bela am Schluß nicht so wirklich verstehe *grübel*
Oder ich bin zu müde...
Egal. ^^
ich schweife ab ^.^
Ich mags trotzdem *smile*


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