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Leidenschaft

Creative Dying
von

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"Leidenschaft heißt Leidenschaft, weil sie Leiden schafft."
 

Ich war schon immer ein Fotofreak. Eine von denen, die ihre Kamera überall hin mitschleppen, egal, ob sie sie brauchen oder nicht. Der Bilderspeicher war chronisch voll und die Batterie ebenso leer. Deswegen auch immer einen Haufen Ersatzbatterien und SD-Karten dabei, und wenn die Kamera doch mal unbrauchbar geworden war, hatte man ja immer noch das Handy. Bestimmt habe ich diese Stadt schon öfter durch irgendwelche Linsen gesehen als meine eigenen vier Augen… ja, Brillenträgerin, genau. Kein Alien. Besonders Stillleben waren davor nicht sicher, ich liebte es, Gegenständen Leben einzuhauchen, indem ich sie in dem richtigen Blickwinkel darstellte.

Tja. Auch wenn man das nicht glauben mag, so kann einem auch eine so unschuldige Faszination wie Fotografie zum Verhängnis werden. Da bin ich doch ein glänzendes Beispiel. Und zwar lief das so ab.

Es war ein strahlend schöner Nachmittag, vielleicht einer der letzten in diesem Jahr. Ein verspäteter Nachzügler des Altweibersommers, schön warm und mit diesem wundervollen goldenen Licht, das nur im Herbst zu finden war und alles so positiv aussehen ließ. Richtiger Gute-Laune-Tag, genau das, was man nach einer schweren Klausur gebrauchen konnte. Leider brannte er auch alle Ideen aus meinem Hirn, sodass ich vor dem Computer saß wie ein Zombie und kein Wort an meinem geliebten Roman geschafft hatte. Also schnappte ich mir kurzerhand mein Monster und meine Kamera und legte einen längeren Nachmittagsspaziergang ein.

Mein Hund trug seinen Beinamen „Monster“ nicht ohne Grund. Ich war zwar weder sonderlich groß noch kräftig gebaut, der schwarz-weiße Mischling jedoch überragte mich ohne Probleme, wenn er sich auf die Hinterläufe stellte, und war auch ungefähr zehn Kilo schwerer als ich. Dass ich also von jeher leichte Probleme hatte, ihn wirklich zu halten, wenn er nicht wollte, erklärte sich beinah von selbst. Das war nichts zwingend Schlechtes, im Gegenteil hatte er mir damit nach dem letzten Frühjahrssturm sogar das Leben gerettet, als er mit einem Mal vorhechtete, ich hinterher stolperte und hinter mir ein Baum auf den Boden aufschlug. Aber wie man so schön sagte, gab es zu allem eine ausgleichende Gerechtigkeit und das bezog sich wohl auch hierauf. Oh, Verzeihung, ich greife vorweg.

Jedenfalls bin ich mit ihm dann in den kleinen Wald neben dem Haus. Dieser Wald dient eigentlich zur Lärmdämpfung zwischen unserer Siedlung und der Autobahn, war auch recht spärlich bewachsen an manchen Stellen, sodass das Farbenspiel des Lichtes wirklich gut zur Geltung kam. Mit ein Grund, warum ich diesen Ort liebte, aber auch, weil kaum Menschen hierher kamen und man sozusagen fast völlig ungestört war.

Da ich aufgrund des guten Wetters eine längere Route beabsichtigte, machte ich mich daran, zunächst einen Umweg außen herum zu machen, am Waldesrand, um dann die Ausläufer des Chemieparkes immer noch im Waldgebiet zu umgehen und dann im weiten Bogen zu unserer Wohnung zurückzukehren. Das hieß allerdings auch, dass ich am Anfang ganz dicht neben der Autobahn herlaufen musste, also nur ein etwa zehn Meter breites, bewachsenes Gefälle zwischen mir und dieser hatte. Nicht weiter tragisch, ich war diesen Weg schon oft gelaufen und es war nicht einmal sonderlich laut. Um die paar Geräusche aber ganz auszublenden, nun, dafür war mein kleiner Liebling zuständig und schon fanden die Kopfhörer ihren Weg auf meine Ohren und Rockmusik den ihren in selbige.

Plötzlich stich mir etwas Leuchtendes ins Auge. Von kräftiger lila Farbe hatte sich dort oben, dicht an der Leitplanke, eine vereinzelte Blume gefunden. Eine wie diese gab es gewöhnlich hier in der Gegend nicht, sodass ich sie nicht identifizieren konnte, und auch die Jahreszeit war eher untypisch. Aber ich wäre nicht ich gewesen, hätte das nicht mein Interesse geweckt. Also machte ich mich daran, zwischen den Brombeerranken und Bäumen über den Hang hochzuklettern, auf die Blume zu. Mein Hund hatte es da leichter, trotz Leine sprang er kurzerhand über jedes Unterholz, durch das ich mich so mühsam schlagen musste. Schließlich aber war das geschafft, kurz betrachtete ich die dünnen Risse in meiner Hose und hatte herzlich wenig Lust, die nachher meiner Mutter erklären zu müssen. Dann jedoch betrachtete ich die Blume, lief ein wenig um sie herum, ging schließlich in die Hocke, bis ich den perfekten Winkel entdeckt hatte. Schon war die Kamera einsatzbereit, der Blitz wurde vorsorglich ausgestellt – warum er jedes Mal aufs Neue an war, war ein ungeklärtes Mysterium – und tada, schon hatte man ein wundervolles Bild der unbekannten Blume. Grade wollte ich wieder aufstehen und mich an den Abstieg machen, als mein Hund offenbar etwas dagegen hatte und auf einmal loshetzte – ab über die Leitplanke. Ehe ich wusste, wie mir geschah, fiel mir die Kamera herunter und ruckte ich hinterher, das Metall in meinem Weg, sodass ich über es drüber fiel und das nicht grad glücklich, von dem Hund noch ein Stück weit geschliefen, ehe die Leine meinem Griff entglitt – dafür klang trotz der Kopfhörer deutlich das Kreischen der Bremsen in meinen Ohren, die nicht mehr rechtzeitig griffen.

Tat mir leid um die armen Leute, die deswegen jetzt im Stau stehen. Na ja. Wenigstens musste ich nicht die Straßenreinigung bezahlen, das könnte nämlich teuer werden, so, wie die aussah.



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