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Mission! Desperate Musician to College!

von

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Target: Spyke Anders

„MILITÄRSCHULE!?!“

Spyke traute seinen Ohren nicht. Dieser dumme, arrogante Fuzzi wagte es tatsächlich-?!

„Ma, und du lässt das zu???“ Fassungslos starrte er seine Mutter an – sein eigen Fleisch und Blut! -, die es jedoch prächtig verstand, seinem Blick auszuweichen und sich hinter den Rücken ihres Ehemanns zu ducken. Ihre Stimme klang nicht wirklich von sich überzeugt, als sie auf seinen Vorwurf reagierte: „Schatz, es wäre doch wirklich besser für dich, so schlimm ist es dort gar ni-“ „Liebling, lass mich das doch regeln, der Junge braucht einfach eine härtere Hand.“ Mit einer scheinbar beruhigenden Geste fasste der Stiefvater des Jungen die Frau bei den Händen und wandte sich nun wieder Spyke zu, seinen zornigen Blick eiskalt erwidernd. „Weißt du, Junge, ich war in meiner Jugend auch dort, und dir kann es bestimmt nicht schaden, ein paar Manieren eingeprügelt zu bekommen. Sieh dir nur an, wie viel Kummer du deiner Mutter machst!“ Vorwurfsvoll deutete er auf seine zerknirschte Frau, als wenn das alles allein Spykes Schuld wäre. Wütend ballte der Junge die Fäuste und schwang sich mit einer raschen Kopfbewegung eine seiner schwarzen Strähnen aus dem Gesicht. Er wusste genau, wie dieser Streit enden würde: Wie immer würde seine Mutter diesem Fremden Recht geben, nur weil er in einem günstigen Moment in ihr Leben getreten war und sich nun ihren Ehemann schimpfen durfte, und er hatte dann wieder das Nachsehen. Aber diesmal nicht! Das hier war was anderes, schließlich ging es um seine Zukunft, seine Träume...!

„Ma, du hast gesagt ich darf studieren! Du hast es mir versprochen! Weißt du, wie lange ich geschuftet und gespart habe, um das Geld für die Musikhochschule zusammenzukriegen?! Und jetzt kommt dieser- dieser-... dieser Typ einfach an und will mich irgendwo nach Timbuktu schicken, wo ich durch Schlamm kriechen und herumballern darf und die einzige Belohnung sind vielleicht ein paar Peitschenhiebe weniger???“

Er bekam keine Antwort.

Weder von seiner Mutter, die tatenlos zusah, wie ihm das ganze Leben zerstört wurde. Noch von diesem Kerl, der sie tröstend in den Arm nahm und ihr beruhigende Worte zuflüsterte wie dass der Kleine es schon verstehen würde, dass es ihm helfen würde mehr Disziplin zu erlernen und dass er mit seiner Musik sowieso nicht weit käme.

Der Kloß in seinem Hals wurde immer größer, genauso wie das Bedürfnis, diesem manipulierenden Arschloch einfach eine reinzuhauen. Aber nein, das würde den beiden ja nur bestätigen dass er tatsächlich ein komplexgesteuertes, unerzogenes und aggressives Arschlochkind wäre.

„Okay...“ Zischend atmete er aus, versuchte das Zittern seiner Fäuste zu unterdrücken. „Damit eins klar ist: Und wenn ich abhauen und auf der Straße leben muss, ich lasse mir dieses Studium nicht versauen! Ich habe Jahrelang nichts anderes getan als gelernt und gearbeitet, um diesen Studienplatz zu bekommen, und ich habe dir zuliebe auch noch nebenbei meinen Schulabschluss gemacht, den ich eigentlich gar nicht gebraucht hätte! Ich beherrsche 5 verschiedene Instrumente und in meinem Zimmer liegen 7 Orchesterkompositionen und 18 selbstkomponierte Songs für Klavier und Gitarre, und ich werde das alles auf keinen Fall umsonst gewesen sein lassen, kapiert?! Also mach vielleicht mal die Augen auf, Ma, und kapier endlich, dass der Fatzke zu deiner Rechten nichts anderes bezweckt als mich schnellstmöglich loszuwerden!!“ Um seinen Ausbruch noch zusätzlich zu untermalen, stampfte er mehrere Male wütend auf, ehe er in sein Zimmer abrauschte, dabei gleich drei Treppenstufen auf einmal nehmend. Ja, er hatte seine eigene Mutter angeschrien und ja, er hatte ihren Mann einen Fatzke genannt. Na und, was scherte ihn das noch? Er hatte sie doch sowieso gegen sich, egal was er noch tat!

Mit einem lauten Knall fiel die Tür zu und er selbst warf sich frustriert aufs Bett. Er wollte diesen Platz so sehr, er hatte sich bereits vor zwei Jahren für ihn beworben und wäre damals schon mit offenen Armen aufgenommen worden. Nur seiner Mutter zuliebe hatte er die Schule beendet, da sie unbedingt darauf bestand. Und nun, wo er es endlich geschafft hatte, sich seinen Traum von diesem Musikstudium zu erfüllen, kam dieser – Typ! – einfach an und machte seine ganze Arbeit von Jahren an einem Tag zunichte!

Nicht einmal das Kissen, welches seine Schläge lediglich mit einem kleinen Ächzen wegsteckte, konnte ihn abreagieren.

Was sollte er nur tun?
 

„Agent Spin meldet sich zum Dienst, Sir!“ Übermotiviert stand der junge Agent vor dem riesigen Zentralrechner, an dessen Kontrollpult sein Vorgesetzter saß und ihn nachdenklich betrachtete. Was für diesen eine schwere Entscheidung gewesen war, die nur aufgrund derzeitiger Missionsfluten und damit verbundenem Personalmangel gefällt wurde, war für Spin wie Weihnachten und Ostern an einem Tag. Seine erste Einzelmission, nur er alleine, der diesmal ohne zusätzliche Rückendeckung zeigen konnte, was in ihm steckt!

Seufzend runzelte Commander Kahn die Stirn. Hoffentlich bedeutete dieses überbreite Grinsen im Gesicht des BA-5 keine Unachtsamkeit wegen zuviel Vorfreude oder ähnliches. „Dein Ziel heißt Spyke Anders, 19, in der Common Street. Ich denke, du solltest diesen Auftrag alleine schaffen, pass allerdings lieber auf; das ist dein erstes Solo, Agent Spin, und wir wollen schließlich keine unangenehmen Zwischenfälle erleben.“ Spin nickte heftig, er wollte endlich los..!! „Nun gut. Agent Spin... GO!“

Diese Worte waren sein Zeichen, loszulegen. „Aye, aye, Sir!“ Hastig machte er kehrt machte sich auf den Weg. Er würde das Kind schon schaukeln, da war er sich sicher!
 

Keine fünf Minuten waren vergangen, da befand Spin sich auch schon an seinem Ziel; Raketenrucksäcke konnten schon eine erstaunliche Geschwindigkeit erreichen, wenn man bedachte, dass sie sich auf die Größe eines gewöhnlichen Kugelschreibers zusammenfalten ließen.

Natürlich sollte sein Opfer nichts von seinem Auftritt mitbekommen, doch das war die leichteste Übung eines Elite Beat Agents: Sie verstanden es normalerweise bereits spätestens einen Monat nach Ausbildungsbeginn meisterhaft, von keiner Menschenseele bemerkt zu werden. Es wäre schließlich äußerst nachteilhaft, wenn ein gewöhnlicher Ottonormalverbraucher im nächsten Laden nach einem Raketenrucksack verlangte wie er ihn gerade angeblich mit einem Anzugtragenden Geheimagenten über sich hinwegfliegen sah.

Vorsichtig lugte er durch das Fenster. Nein, nicht einmal die Bewohner des Hauses geschweige denn die neugierigen Nachbarn nahmen auch nur ansatzweise den Agenten war, der da mit einem High-tech-gerät auf seinem Rücken, aus welchem blaue Antriebsflammen zischten, direkt vorm Fenster herumschwebte(Schon komisch, solche normalen Leute. Da findet man einen Brandfleck im Rasen und die einzige Erklärung, die einem einfällt, sind ungezogene Kinder oder Aliens).
 

Das war er, ganz bestimmt. Typisch für verzweifelte Leute waren die deutlichen Signale, die sie aussendeten und die nur sehr wenige der Menschen wirklich wahrnehmen konnten(Sobald solch ein Mensch ausfindig gemacht wird, kommen ein paar nette Leute mit Sonnenbrillen und Anzügen vorbei und holen ihn ab, um aus ihm einen sogenannten Elite Beat Agent zu machen; schließlich sollte man ein solches Talent nicht verschwenden). Spin, der nur einer der Resultate von derartigen Entführungen war, checkte noch einmal das kleine Gerät an seinem Handgelenk, um das mitgegebene Foto zur besseren Identifizierung mit dem Kerl zu vergleichen, der auf seinem Bett hockte und auf ein unschuldiges Kissen einschlug(Auch ein mögliches Symptom für angestauten Frust und Ratlosigkeit).

Alles klar, so konnte es doch losgehen! Elegant wie ein Elefant im Porzellanladen plumpste der BA-5, der seine Landung wirklich noch üben musste, auf den Rasen im Vorgarten und zog sein Mikrofon aus der Tasche. „Three, two, one.. Go-!!”
 

Wenn du mit dir am Ende bist

Und du einfach nicht weiter willst

Weil du dich nur noch fragst warum und wozu

Und was dein Leben noch bringen soll
 

Mit für ihn ganz untypisch fließenden Bewegungen tanzte Spin zu dem doch etwas langsamen Song, der durch seine überdurchschnittlich großen Kopfhörer dröhnte. Nicht ganz sein Geschmack, aber es war ja für den Jungen und nicht für ihn. Er merkte, dass es ohne zwei Hintermänner im Rücken deutlich schwerer fiel, genug gebündelte positive Energie auszuschicken. Doch mit genug Motivation würde er es schon schaffen!!
 

Halt durch, auch wenn du allein bist

Halt durch, schmeiß jetzt nicht alles hin

Halt durch, und irgendwann wirst du verstehn

Dass es jedem einmal so geht
 

Seufzend hielt Spyke in seiner Bewegung inne. Anstatt erneut zuzuschlagen, ließ er das Kissen nun Kissen sein und schwang sich aus dem Bett. Ein erstaunlich klarer Gedanke war in seinen Kopf eingedrungen und setzte sich dort unerbittlich fest. Er wusste, wie er seine Mutter dazu bekommen würde, ihm sein Studium zu lassen. Er musste sie nur von seinen Qualitäten überzeugen – nein – sie geradewegs erstaunen, damit sie endlich einsah, wo er hingehörte! Hastig packte er sein Telefon und rief die Musikhochschule an, um so schnell wie möglich einen Termin beim Rektor zu vereinbaren. Die Sekretärin kannte ihn bereits gut; er war oft genug vorbeigekommen und hatte sich nach aktuellen Gastvorlesungen erkundigt oder sich einfach in den Hof gesetzt, um dem Orchester beim Proben zu lauschen und vielleicht sogar das eine oder andere eigene Stück zu schreiben.

Okay, der Termin stand, er würde dem Rektor nach allen Regeln der Kunst vorführen, wie sehr er ein Stipendium verdient hatte! Und wer konnte auf so eine Leistung so einfach pfeifen? Bestimmt nicht einmal seine Mutter!
 

Und wenn ein Sturm dich in die Knie zwingt

Halt dein Gesicht einfach gegen den Wind

Egal wie dunkel die Wolken über dir sind

Sie werden irgendwann vorübergehn!
 

Es ging doch!

Nachdem Spin sich erst einmal an den langsamen Takt gewöhnt hatte, war der Anfang doch gut gelaufen! Er spürte eine deutliche Welle der Motivation von Spyke ausgehen, was ihn selbst dazu veranlasste, sich mehr reinzuhängen. Er sah die Pläne des Jungen deutlich vor sich: Sich das Stipendium verdienen und dann seinen Eltern nach einem perfekt ausgeführten selbst gemachten Abendessen erster Klasse die gute Neuigkeit präsentieren. Wer gut kochen und putzen konnte, war schließlich in den Augen eines jeden Elternteils weder unerzogen noch unverantwortlich, oder?
 

Steh auf, wenn du am Boden bist

Steh auf, auch wenn du unten liegst

Steh auf, es wird schon irgendwie weitergehn!
 

Als wäre das Glück gerade nur auf ihn und seinen Erfolg fixiert(oder ob es Zufall war, ganz egal-), hatte der Direktor gerade aufgrund von Migräne einen Termin abgesagt bekommen und Zeit, Spyke zu empfangen. Trotz seiner Motivation ordentlich nervös betrat dieser mit einer hastigen Verbeugung das protzige Büro, um die eine Schulter eine mit Eigenkompositionen gefüllte Aktentasche, um die andere so viele transportfähige Instrumente, wie er tragen konnte. „Mr. Anders, ihr Besuch überrascht mich keineswegs!“, ließ der Direktor mit geschwollener Brust verlauten, „Nachdem sie sich nun seit zwei Jahren ihren Platz gesichert haben war es nur eine Frage der Zeit, bis sie mit einem Stipendiumsgesuch zu mir kommen, wissen sie?“ Da sein Kopf gerade wegen des Stresses etwas leergefegt war, was die Kommunikationsecke betraf, nickte Spyke nur kurz, bevor er seine Noten nahm und auf dem Schreibtisch des Rektors ausbreitete. Zitternd nahm er Platz, beobachtete, wie der alte Mann seine Lesebrille auspackte und die Blätter kritisch beäugte, mal eine Zeile davon vor sich hinsummte, um sich dessen Klang bewusster zu werden, mal ein paar eher an sich selbst gerichtete Kommentar in seinen gewaltigen Schnauzer brummte, mal einfach nur schwieg.

„Gutgut, packen sie bitte ihre Instrumente aus, ich will was hören!“ Der Satz erklang mit einem fröhlichen Tonfall, wirkte auf Spyke jedoch wie Projektile, die durch seinen Körper jagten. Natürlich musste er zeigen, wie viele Instrumente er wie gut beherrschte, doch hinderte dieses Wissen seine Schweißporen nicht daran, ihre plötzliche Überfunktion einzustellen oder seine Finger, mit dem Zittern aufzuhören. Der Kofferdeckel klapperte höllisch, als er die Geige herausholte und noch einmal kurz die Saiten prüfte, ehe er sie anlegte. „Nur kein Grund zur Nervosität, mein junge, spielen sie einfach!“

Natürlich, das sagte sich so einfach... Noch einmal holte Spyke tief Luft, setzte an und begann.
 

Es ist schwer, seinen Weg nicht zu verliern

Und bei den Regeln und Gesetzen hier

Ohne Verrat ein Leben zu führn

Das man selber noch respektiert
 

„Scheiße!“ Spin verfluchte seine Eigenschaft, den Raketenrucksack einfach irgendwohin zu schmeißen und nicht ordentlich zusammenzufalten in dem Moment, in dem seine Fußspitze nach einer ausschweifenden und somit ziemlich schwungvollen Drehung dessen Kante berührte. Da selbst ein Elite Beat Agent die Schwerkraft nicht für sich aufheben konnte, landete besagter Tollpatsch daraufhin ächzend im Gras, ehe er überhaupt verstand, was gerade passiert war. Die Musik war weg, seine positive Strahlung ebenso – starr vor Schreck fiel sein Blick auf den kleinen Monitor an seinem Handgelenk, der ihm den Blick zum Ziel in die Hochschule ermöglichte. Hätte er nur nicht hingeschaut! Kalter Schweiß brach dem armen Agenten aus, als er sah, wie dem jungen Musiker mitten in seinem Spiel gnadenlos eine Geigensaite riss. Das konnte doch nur katastrophal enden! Was sollte er tun?

Ruckartig sprang er auf. Er musste weitertanzen, bestimmt war noch etwas zu retten...!
 

„...!“ Für einen Moment verschwamm seine Sicht, als Spyke den Knall und den direkt darauf folgenden Schmerz auf seinen Fingern spürte, als die unter Spannung stehende Saite riss und dagegen prallte. Nein...nein, nicht gerade jetzt!! Einzig seiner antrainierten Handautomatik war es zu verdanken, dass er den Ton nicht abrupt abbrach, sondern langsam ausklingen ließ.

Fassungslos starrte er auf die Reste seiner Saite. Was nun, was tun?! Die Motivation, der Ansporn, der bis jetzt tief in seinen Knochen gesteckt hatte, die Gewissheit, er würde das schon schaffen... mit einem Schlag war alles wie ausradiert und er stand da, hätte am liebsten losgeheult und den Kopf gegen die Wand geschlagen.

Nein!

...Was? Verwirrt blinzelte er.

Nein!! Eine innere Stimme, die sich bisher im Hinterstübchen aufgehalten hatte, meldete sich energisch zu Wort.

Tu was! Jetzt oder nie, lass dir was einfallen!!

Aber-

Nichts aber, Spiel weiter!

Er hatte Recht. Oder es. Was auch immer da in seinen Gedanken hockte, es hatte vollkommen Recht. Er war Musiker, nicht? Und seiner Meinung nach auch gar kein so schlechter. Was tun, wenn man eine Saite weniger zur Verfügung hat...? Fieberhaft überlegte er, schwang dabei den nun schon so lange angeschlagenen Ton trotz seiner wie gelähmten Hand zu Ende und setzte erneut an. Arbeite mit dem, was du hast!, sagte er sich immer wieder selbst, warf noch einen Blick auf die Noten- natürlich! Wieso war ihm das nicht früher aufgefallen?

Die Selbstsicherheit machte sich wieder in ihm breit, ließ keinen Platz für Zweifel. Wie selbstverständlich klemmte er in einer raschen Handbewegung die beiden kaputten Saitenenden weg und spielte auf den übrigen weiter, als wäre nichts gewesen.

Leichtes Erstaunen machte sich im Gesicht des Direktors breit, als das Stück weitertönte, wie es sich gehörte – der junge Mann spielte das ganze tatsächlich gerade aus dem Stehgreif eine Terz höher, um die Noten der fehlenden Saite einfach auf die übrigen zu verteilen!
 

-Was war das? Agent Spin hatte mehrere Anläufe gestartet, wieder in seinen Tanz zu kommen, sein verbleibender Schock angesichts des Stolperunfalls erwies sich dabei allerdings als äußerst hinderlich. Er war kurz davor, einen der anderen Agenten um Verstärkung anzufunken, als er spürte, wie Spykes Zuversicht wieder anstieg und er die Situation in den griff bekam. Ein breites und erleichtertes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Agenten aus; anscheinend waren die ganzen Anläufe doch zu etwas nutze gewesen! Voller neuem Tatendrang und Konzentration meisterte er den Wiedereinstieg in die Mission, und die Musik erklang erneut.
 

Auch wenn die Zeichen gerade alle gegen dich stehn

Und niemand auf dich wetten will

Du brauchst hier keinem irgendeinen Beweis zu bringen

Es sei denn es ist für dich selbst!
 

„Ja, hm-hm...also...“ Der Direktor schien sich nicht ganz schlüssig über seine Meinung zu sein. Spyke Anders war äußerst begabt, keine Frage, er hatte soeben außer dem eben gehörten Geigenstück auch gezeigt, dass er Klavier, Gitarre und Querflöte meisterhaft beherrschte. Aber die kaputte Saite und-... Mit einem abschließenden Nicken klappte er die Notenmappe zu. „Ich setze mich mit ein paar Kollegen zusammen und heute Abend rufe ich dich zurück, wie wäre das?“ Mit gemischten Gefühlen hinterließ der Junge seine Nummer und verließ das Büro, atmete anschließend einmal tief durch, ehe er weiterging. Was hatte er auch erwartet, dass er sofort mit offenen Armen empfangen würde? Natürlich musste der Rektor das alles noch einmal mit ein paar wichtigen Leuten besprechen, schließlich verteilte man Stipendien nicht einfach auf der Straße. Andererseits war es ein ganz gutes Zeichen gewesen, dass er trotz gerissener Saite nicht sofort rausgeschmissen wurde, oder? Ja, diese Zuversicht sollte er sich beibehalten, wenn sein Vorhaben aufgehen sollte, beschloss er. Also auf zu Phase 2!
 

Steh auf, wenn du am Boden bist

Steh auf, auch wenn du unten liegst

Steh auf, es wird schon irgendwie weitergehn!
 

Erleichtert registrierte Spin, dass das Vorstellungsgespräch wohl ganz gut verlaufen war. Auch wenn das Stipendium nicht beschlossen war, wollte sein Ziel den nächsten teil seines Plans bereits starten: Seine Mutter zu überzeugen, was für ein braves Kerlchen er doch war!

Der Agent seufzte tief. Eine ähnliche Erfahrung hatte er vor ein paar Jahren auch machen müssen, als er von zu Hause ausziehen musste, um seinen Eltern zu beweisen, dass er kein Kind mehr war. Damals hatte er zum ersten Mal die Elite Beat Agents kennen gelernt, die ihn angefeuert und ihm somit ziemlich aus der Patsche geholfen hatten. Heute konnte er auf kaputte Wasserrohre und Leitungen, die er aus Geldmangel selbst reparieren musste, zurücksehen und darüber lachen, doch da war das nicht sehr lustig gewesen.

Mit einem kurzen Kopfschütteln warf er die Erinnerungen aus seinen Gedanken und konzentrierte sich wieder auf die Mission. Spyke war schließlich gerade im Anmarsch und nun hing alles von den Vorbereitungen für diesen Abend ab! Nach einer formvollendeten Bewegung am Boden schwang er sich wieder hoch und setzte zum Letzten Drittel an.
 

Nur keine Panik, so schlimm wird es nicht

Mehr als deinen Kopf reißt man dir nicht weg

Komm und sieh nach vorn!
 

Erleichtert registrierte der junge Musiker, dass beide Autos in der Einfahrt fehlten; der Streit vorhin hatte seine Eltern glücklicherweise nicht davon abgehalten, pünktlich zur Arbeit aufzubrechen. Frohen Mutes stapfte er ins Haus und krempelte die Ärmel hoch. Jetzt wurde geputzt und gekocht, und das am besten gleichzeitig!
 

Ächzend wischte sich Spin den Schweiß von der Stirn. Nur noch ein Bisschen durchhalten, dann hatten sie beide es geschafft! Der Song war vor seinem Finale in einen normalerweise gar nicht vorhandenen, elendig langen Instrumentalteil übergegangen, der die ganze Zeit überdauerte, die Spyke am arbeiten war. Nachdem nun das untere Stockwerk vor Sauberkeit förmlich glitzerte und das Kochwasser abgestellt war und abgegossen werden konnte, fand es endlich ein Ende und ging wieder in den normalen Musikteil über.
 

Steh auf, wenn du am Boden bist

Steh auf, auch wenn du unten liegst

Steh auf, es wird weitergehn!
 

Mit vom ganzen Schrubben und Polieren schmerzenden Armen wurde der Tisch gedeckt, noch einmal über die Arbeitsflächen der Küche gewischt und die Ankunft der Erziehungsberechtigten erwartet.
 

Steh auf, wenn du am Boden bist

Steh auf, auch wenn unten liegst

Steh auf, es wird schon irgendwie weitergehn!
 

Der Moment der Entscheidung war nun gekommen. Spyke hörte das Auto seiner Mutter vorfahren und den Motor verstummen. Er wollte die Tatsache ausnutzen, dass das manipulierende Arschloch erst später von der Arbeit kam, um die Frau in Ruhe von sich überzeugen zu können. Diese staunte nicht schlecht, als sie das blitzblanke Haus betrat und ihr Sohn sie fast schon peinlich zurechtgemacht mit einer wohlig duftenden, warmen Mahlzeit empfing. Irgendetwas konnte hier nicht mit rechten Dingen zugehen, das war ihr von Anfang an klar. Doch sie würde das Spielchen mitspielen, sie kannte ihren Jungen; er redete nie besonders lange um den heißen Brei herum.

So genossen sie also beide stumm, bis auf ein Bisschen Smalltalk, das durchaus genießbare Mahl. Als er gefragt wurde, wie sein Tag war, sah er seine Chance gekommen.

„Ich war heute in der Musikhochschule, weißt du- Ma, lass mich bitte ausreden, ja?“ Seufzend rollte Mrs. Lawrence(Sie hatte bei der Heirat den Namen ihres zweiten Ehemannes angenommen) mit den Augen. Natürlich, das Thema musste ja noch zur Ansprache kommen, was dachte sie denn? Nun gut, dann würden sie das eben in Ruhe noch einmal durchkauen wenn es sein musste...

Als Spyke erleichtert vernahm, dass sie wohl nichts gegen eine letzte Diskussion über das Thema einzuwenden hatte, fuhr er fort: „Was würdest du sagen, wenn ich ein Stipendium dort bekommen würde? Würdest du mich immer noch wegschicken wollen?“

„...“

Seine Mutter überlegte. Ja, das war gar kein schlechtes Zeichen. Nach einer Weile entschloss sie sich lediglich zu einer Gegenfrage: „Du bekommst ein Stipendium?“

„Ja. Ich meine vielleicht. Ich weiß es noch nicht“, murmelte er etwas kleinlaut. Er hatte die Zusage schließlich noch nicht bekommen und anlügen wollte er sie nicht. „Aber die Chancen stehen gut, dass-“ „Spyke, mit einem ‚vielleicht’ kann ich nichts anfangen! Wenn wir dich jetzt an der Militärschule abmelden, nur weil du ein Stipendium bekommen könntest...!“

Der Junge blinzelte, ehe sich Zorn in seinem Gesicht breit machte. Er versuchte, seine Stimme zu zügeln, er versuchte es wirklich. Doch das war einfach zuviel! „Ihr habt mich schon angemeldet?!“

Ehe er eine Antwort bekam – obwohl das Fehlen dieser wohl besser für sein Gemüt war – klingelte das Telefon. Hastig sprang er auf und stolperte fast über seine eigenen Füße, als er zum Hörer hetzte. „Anders hier, bitte?“
 

Wenige Sekunden später hörte man im Esszimmer nur noch das Knallen des Hörers auf die Gabel und einen lauten Freudenschrei, gefolgt von einem Krachen, der einen ungewollten Kontakt zwischen Fuß und Schrank vermuten ließ, und daraufhin wie zur Bestätigung zischendes Fluchen.

Spyke kam wieder hereingehumpelt, sein Gesicht pures Strahlen. „Siehst du, ich sagte es doch! Sie freuen sich, mir das Stipendium zu gewähren, hörst du? Sie freuen sich!!“

Doch beim Anblick des skeptischen Blickes seiner Mutter verschwand seine Freude augenblicklich. „Komm schon, siehst du nicht dass es die Chance für mich wäre? Und sie finden mich wirklich gut, nein, ausgezeichnet!“

Nach einigen weiteren Momenten der stummen Blicke fügte er noch vorsichtig hinzu: „Und gute Musiker verdienen ab einem gewissen Bekanntheitsgrad auch ziemlich viel...“

„Du weißt, dass das nicht mein primäres Anliegen ist“, seufzte die Frau daraufhin nur und starrte auf ihren Teller herab. Sollte sie, sollte sie nicht? Sie wusste, sie würde sich damit gegen ihren Mann stellen, allerdings behauptete er doch immer, ihm würde es nur um Spykes Wohl gehen. War das denn nicht das beste für ihn, wenn er beim Direktor einen so guten Eindruck gemacht hatte?

Und er hatte sich wirklich Mühe gegeben um sie zu beeindrucken, geputzt, gekocht...

„Ich werde mit Rick reden“, sagte sie schließlich und schenkte ihm ein Lächeln. „Ich denke nicht, dass da noch etwas gegen zu sagen ist. Du musst dir die Studienmaterialien aber selber besorgen, schließlich hast du noch deine angesparten Studiengebühren, die du nicht mehr brauchst. Und gib dein bestes, okay?“

„DANKE! Dankedankedankedankedanke, Ma!“

Ein weiterer Freudenschrei und Sohn hing an Mutter bzw. hatte sie an sich gehängt, da er sie um einiges überragte.
 

Nachdem seine Mutter ihm versichert hatte, dass er sich nach seiner ganzen Mühe heute ruhig ausruhen konnte und sie den Abwasch erledigen würde, war Spyke in sein Zimmer gestürmt und wollte gerade zum Telefon greifen, um den Rektor wegen weiterer Details zu kontaktieren, als er verwirrt innehielt.

Was war das? Spielte da jemand im Garten Musik?

Er horchte. Nein, das war definitiv etwas anderes. Es war eher wie ein... wie ein einzelner Beat, den er in seinem Inneren wahrnahm. Dennoch schien es irgendwie von draußen zu kommen.
 

Zufrieden mit sich und der Welt schnallte Spin seinen Raketenrucksack wieder an. Seine erste Solomission war doch herrlich verlaufen, nicht? Das Team würde stolz auf ihn sein, da war er sich sicher. Ein letzter Check, ob alles richtig saß, und schon düste er in die inzwischen hereingebrochene Nacht hinaus.
 

So ein Pech, dass es schon dunkel war! Sonst hätte der Musiker sicher mehr erkennen können als eine dunkle Gestalt, die in den Himmel emporschoss und verschwand. Es war ein Mensch gewesen, da war er sich ziemlich sicher. In dunkler Kleidung. Doch seit wann konnten Menschen fliegen bzw. wie Raketen an seinem Zimmerfenster vorbeijagen?

Der Beat war mit ihm gegangen, er spürte ihn nicht mehr. Stirnrunzelnd starrte er den Telefonhörer in seiner Hand an. Hatte er sich das nur eingebildet?



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