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Medieval Chronicles

von

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Kapitel 2

Leises Trippeln hallte von den Höhlenwänden wieder. Vier kleine Füße tapsten über den kalten Stein. Ein lederner Schwanz mit vereinzelten, borstigen Härchen schlängelte sich um ein Gelenk, als das weiße Tier auf eine menschliche Hand lief und ein rosa Schnäuzchen stupste an die Nase eines Jungen.

Schmale Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und die Ratte kletterte auf die Schulter ihres Besitzers. Die Dunkelheit, die in der Grotte Einzug hielt, wollte nicht weichen und das kleine Tier hatte sichtliche Schwierigkeiten mit seinen Äuglein etwas erkennen zu können.

„Keine Sorge, Nemesis“, beruhigte der Träger des Nagers den kleinen Racker und kraulte seinen Begleiter sanft an der pelzigen Wange. Genießerisch schloss die Ratte die Augen, ließ ihre Zähne aufeinander schlagen und zeigte dem Jungen, der sie trug, dass ihr diese Liebkosung durchaus gefiel. Das Tropfen von eiskaltem Wasser, das von den Stalaktiten herab fiel und sich in kleinen Pfützen zwischen den Stalagmiten sammelte, verklang gleichmäßig wie das ferne Rauschen eines Flusses. Dieses unterirdische Höhlensystem existierte schon seit Jahrzehnten und diente der schemenhaften Gestalt, die sich zwischen den Bergen von Stein und Eis hindurch schlängelte schon seit geraumer Zeit als Schleichweg durch das verhängnisvolle Gebirge.

Die Kälte war allgegenwärtig und das Tierchen, das wie Espenlaub bebte, verkroch sich, einer Erkältung, die ihm den Tod bringen konnte, vorbeugend in die Manteltasche seines Besitzers.
 

Das Zwitschern von Vögeln hallte kaum hörbar in der Dunkelheit der Höhle wieder und je weiter sich der Wandernde von den Geräuschen der lebenden Welt leiten ließ, desto mehr klarte sich die Finsternis auf, bis sich schließlich die Gestalt eines Jünglings durch einen Spalt in der Gebirgswand hindurch zwängte.

Sein gesamter Körper wurde von einer Böe erfasst, die Kapuze seines Umhanges fiel ihm vom Kopf und sammelte sich um seine Schultern. Helle Haare wogten im Wind, schmiegten sich an leicht gebräunte Haut und eine smaragdgrüne Iris funkelte im Licht der Sonne wie Gift.
 

Death.

Unter diesem Namen war er im ganzen Lande, selbst jenseits der Berge bekannt. Sein Blick glitt in die Ferne und blieb nur kurz an dem kleinen Dorf inmitten der weiten Prärie hängen. Der Drache legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und genoss das Gefühl frischer Luft auf seiner Haut. Tief sog er den lebenserhaltenden Sauerstoff in seine Lungen und atmete anschließend langsam wieder aus.

„Halt dich gut fest“, flüsterte der junge Mann augenscheinlich zu sich selbst, wusste jedoch, dass zwei rosa Ohren seine Worte genau vernommen hatten. Leichte Bewegungen an seiner rechten Seite brachten ihn dazu seinen Blick zu senken und er beobachtete Nemesis, wie er die Ratte getauft hatte, wie sie in seine Hosentasche kroch und sich zu einem Knäuel aus Fell zusammen kauerte.

Ihr würde nichts geschehen. Sie war schon lange sein Gefährte und sie wusste, was sie tun musste, um nicht aus Versehen verloren zu gehen.

Kleine Tropfen klaren Wassers, das vom Gebirgsfluss, den er die ganze Zeit über hatte rauschen hören und der in einem Wasserfall endete, in die Luft geschickt wurden, trafen auf seine Haut und wurden zu kleinen Eiskristallen, die in der Sonne funkelten. An der Gebirgswand kletterte er entlang, zog sich an dem kleinen Vorsprung hoch und sah schlussendlich über die Klippe hinweg in die Tiefe. Ein Sturz aus dieser Höhe würde für jeden normal Sterblichen den sicheren Tod bedeuten. Diese Überlegung verlangte dem einzigen Feind des Elfenlords ein schiefes Lächeln ab und er knackte, sich auf den folgenden Schritt vorbereitend, mit den Halswirbeln. Death schloss die Augen, machte noch einen Schritt in die unendlich scheinende Tiefe und ließ sich dem heranrasenden Felsvorsprung entgegen fallen.
 

Seine bestiefelten Füße setzten auf den Boden auf. Der Stein gab unter dieser Krafteinwirkung nach, riss zu allen Seiten auf und schickte unzählige Staubpartikel in die Luft, die sich um ihn herum sammelten und schließlich vom Wind fort getragen wurden.

Langsam richtete er sich auf, trat aus den Rauchschwaden heraus und schnitt eine Grimasse, als ein schriller Schrei seine empfindlichen Ohren erreichte. Seinen Blick zur Seite gleiten lassend, erkannte der Drache, dass eine Bäuerin direkt neben ihm zu Boden gefallen war und sich nun an die Hauswand an ihrem Rücken drängte, vor ihm fliehen wollte und scheinbar Todesängste ausstand.

Der Schrecken der Berge konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, wandte sich der heranreifenden Frau zu und trat langsam näher, begab sich vor ihr auf die Knie und hob ihr Gesicht, einen Finger an ihr Kinn gelegt, soweit an, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. Der Drache blinzelte und mit dem nächsten Lidschlag blickte er die Bedienstete seines Todfeindes aus glühend roten Augen heraus an.

„Macht nicht so einen Lärm, sonst hört Euch vermutlich noch jemand“, hauchte der vermeintliche Jüngling leise und zog seine Hand zurück, wobei er mit den Fingerkuppen über die Haut des verängstigten Menschen strich. Death zwinkerte ihr noch einmal zu, ehe er das Klappern von Rüstungen hören konnte und wusste, dass sein Auftauchen nicht unbemerkt geblieben war.

Ein leises Piepen erreichte die Ohren des Königsfeindes und er sah wachsam auf. Der Nebel aus Dreck lichtete sich und der Himmel wurde dunkel. Ein Regen aus Pfeilen hielt auf ihn und die junge Frau zu und er schnalzte missbilligend mit der Zunge. Mit einem schnellen Handgriff durchbrach er die Stütze eines Vordaches der alten Windmühle direkt neben ihm und sprang im nächsten Moment zurück. Die metallenen Spitzen der Geschosse trafen in den steinigen Boden, auf Holz oder ins Leere und mit dem Aufprall der befiederten Wurfwaffen, berührten seine Füße festen Boden.

Ein kurzer Aufschrei war erklungen und hatte die königliche Leibgarde dazu veranlasst für einen Sekundenbruchteil ihre Aufmerksamkeit von ihrem Feind abzuwenden. Diesen Moment nutzte der junge Drache und hob einen faustgroßen Felsbrocken, der vor ihm im Gras lag in seine Hand, warf ihn ein paar Male hoch, fing ihn wieder auf und holte schließlich aus. Der Stein wurde mit einer solchen Wucht gegen die Mittelschiene der Mühlenflügel geschleudert, dass das Holz unter dieser Krafteinwirkung nach gab und die Räder zu Boden segelten. Der Pfad, der die Ritter, die gerade zum Angriff vorstürmten und die der Steig zu ihm geführt hatte, wurde vom Holz und Leinen verschlungen und der Weg schlussendlich versperrt.

Der Angegriffene dachte darüber nach, dass er Glück hatte, dass er zu einer solch ungewöhnlichen Zeit erschien, waren sie auf einen Überfall zu dieser Stunde doch nicht vorbereitet und stellten sich ihm aus diesem Grund auch nicht allzu viele Wehrmänner entgegen. Hätte er es mit der üblichen Zahl an Untergebenen des Elfenlords zu tun gehabt, hätten die speerähnlichen Waffen mit Leichtigkeit sein Fleisch durchbohren können, obgleich seine Haut widerstandsfähiger war als die eines gewöhnlichen Sterblichen.

Mühsam quälte sich die junge Bäuerin unter dem hölzernen Vordach hervor, besah sich die wunden Stellen an ihrem Arm, mit dem sie gegen die Häuserwand gedrückt wurde und von Furcht gepackt schließlich aufgeschrieen hatte, dachte sie doch, dass das ihr Ende wäre. Im nächsten Moment schreckte sie hoch.

Das alte Stück Gehölz, das dazu gedacht war das Mehl, das von einem Gebäude ins nächste getragen werden musste, vor Regen zu schützen, lag vor ihr. In dessen Eingeweide bohrten sich hunderte von Pfeilen und der Frau traten die Tränen in die Augen.

Diese Männer hatten keine Skrupel gehabt sie für ihren Zweck zu opfern. „Welch ein Glück“, hauchte die Überlebende, als sie darüber sinnte, dass sie nur knapp dem Tode entkommen war und wich im nächsten Moment zurück. „Mit Glück hatte das nichts zu tun, meine Gute“, antwortete ihr eine tiefe Stimme und der Schrecken der Berge verneigte sich in einer höflichen, doch viel mehr spöttischen Geste vor der irritierten Menschenfrau, ehe er mit einem Satz, dass die Erde von dieser Kraft nach unten gepresst wurde und eine tiefe Mulde zurück blieb, über die Burgmauer sprang und noch einmal zu der Festung seines Todesfeindes zurück blickte. „Wir sehen uns, alter Mann“, rief der Vagabund und kehrte den Bogenschützen, die ihn bereits ins Ziel genommen und den Finger von der Sehne genommen hatten, den Rücken zu. Das Geräusch von Federn, die die Luft durchbrachen und das Pfeifen der Pfeile, die sich ihm unaufhaltsam näherten in den Ohren, lief der blonde Jüngling los und wich den Geschossen aus, dass es den Schützen bereits nahezu unmöglich war ihn als Ziel zu erfassen. Lediglich das Eisen eines vereinzelten Geschosses streifte seinen Handrücken, hinterließ einen kleinen geröteten Streifen und bohrte sich schließlich in den Waldboden. Verspottendes Lachen erreichte die Ohren der Soldaten und setzte sie über ihre unausgesprochene Niederlage in Kenntnis.
 

Wenn Death versucht hatte die Burg zu erreichen, den König zu morden und dessen Herrschaft damit endgültig zu beenden, so waren diese Männer allerdings keine zu unterschätzenden Gegner.

Sein Ziel war dieses Mal jedoch nicht der Palast, in dem dieses miese Schwein wie die Made im Speck lebte, sondern der Abkömmling dieses edelblütigen Mistkerls. Er hatte sie gewarnt. Er hatte ihr geraten diesen Auftrag nicht anzunehmen. Sie hätte, wäre sie klug gewesen, das Exil, die Verbannung in Kauf nehmen sollen. Ein Leben außerhalb dieses vergoldeten Gefängnisses wäre eine weitaus vorteilhaftere Aussicht gewesen als der Tod.

Mit der gleichen Geschwindigkeit, wie es Phoenix vermochte, zog der Verhasste des Landes an Büschen und Bäumen vorbei, wich den Stolper- und Grubenfallen aus, die er bereits in sehr viel jüngeren Jahren kennen gelernt hatte und nutzte die unzähligen Schleichwege, die ihn schnellstmöglich aufs offene Feld hinaus trugen. Der Jüngling ignorierte den sicheren Weg, lief über Felder und Weiden und ersparte sich somit den Umweg, der durch die vielen Schlaufen, die der Trampelpfad innehatte, zustande kam.

Rauch stieg am Horizont dem Himmel entgegen und der Reisende verengte die erneut giftgrünen Augen, um etwas erkennen zu können. Mitten auf dem Felde erstreckte sich ein kleines Dorf, das ein vertrauter Geruch wie ein aufregendes Parfum umgab. Death zügelte sein Tempo, bewegte sich schlussendlich wie ein normaler Umherziehender fort und berührte, in seinen Bewegungen nun vollkommen erstarrt, den Holzscheit, an dem sich Ciara angelehnt hatte, als sie nach einer Herberge gebeten hatte. Der Geruch von Tod lag in der Luft und der Rauch stank, als käme er direkt aus der Hölle. Ein markerschütternder Schrei riss ihn aus seinen Gedanken und er tänzelte einen Schritt zurück, ehe der stolze Bauer hätte seinen Schädel spalten können.

Ein überhebliches Grinsen zierte die Lippen des Drachen und er stieß einen Pfiff aus. „Begrüßt Ihr alle Eure Gäste so, mein Herr“, fragte der Vagabund belustigt und wich sogleich dem nächsten Angriff des Größeren aus. Es war nur logisch, dass selbst das einfache Volk großen Groll gegen ihn hegte, immerhin wurden immer mehr Männer in die Kasernen berufen und immer mehr Steuern eingehoben, um die Leibgarde des Königs immer weiter vergrößern zu können. Tapfere Bauern, die in Rüstungen gesteckt wurden, um als Drachenfutter zu dienen, wurden von diesem vermeintlichen Jüngling in Stücke gerissen und das Feuer, das er ausspie, verbrannte ebenso Saat wie jegliche Ernte.

Einmal von der scheinbar angeborenen Angst der Menschen vor metergroßen Reptilien abgesehen, stellte der Drache das perfekte Hassbild eines jeden auf Erden Wandelnden dar.
 

Das Spielchen, das dieser Schrecken der Berge nun mit dem muskelbepackten Bauern austrug, erstreckte sich auf den gesamten Vormittag und weitete sich zu einem lächerlichen Kampf zwischen den gesamten männlichen Dorfeinwohnern und ihm aus. Allmählich war Death des Ausweichens überdrüssig und die Müdigkeit begann sich in die Leiber der Angreifer vor zu arbeiten, als der Drache seine Hand erhob und damit die frisch geschliffene Axt abwehrte, die sich ein paar Millimeter tief in das Fleisch seiner Handfläche bohrte und seine Haut zum Platzen brachte. Seine Finger hielten das kalte Metall fest und der ausgewachsene Mann vor ihm war nicht mehr in der Lage seine ‚Waffe’ zurück zu erobern.

Verängstigt ließen dessen Söhne die Schaufeln und Hacken fallen, liefen zu ihren Müttern zurück und versteckten sich hinter allerhand Gerümpel. Die Frauen hielten sich die Hand vor den Mund und wagten es in aufsteigender Panik nicht mehr zu atmen. Das Familienoberhaupt, das sich der offensichtlichen Gefahr alleine gegenübersah, starrte angsterfüllt in die glühenden und dennoch kalten Augen des überirdischen Wesens und seine klammen Finger rutschten vom hölzernen Griff.

„Ich will wissen, ob in den letzten Tagen ein Fremder bei Euch Unterkunft gesucht hat“, begann der Eindringling langsam und deutlich, als spräche er mit einem dummen Gör und sein Griff um das Eisen verstärkte sich, bis dieses unter dem Druck nachgab und kleine Risse sich von seinen Fingern ausgehend durch die Schneide zogen.

Ungeachtet des Blutes, das in dünnen Rinnsalen über sein Handgelenk floss, ließ er das nun unbrauchbar gewordene Werkzeug fallen und senkte seine Hand, sodass die süßen, roten Tropfen die Grashalme in seinem Schatten tränkten. „Ich weiß nicht, was Ihr meint“, zischte der alte Mann wohl mutiger, als er sich in diesem Moment fühlte, war er sich doch bewusst, dass er keine Chance hatte diese Auseinandersetzung lebend zu überstehen, sollte er nicht die gewünschte Auskunft geben. Dennoch fühlte er sich dazu verpflichtet Stillschweigen über die letzten Tage zu bewahren. Verärgert zog Death die schmalen Brauen über seinen Augen zusammen und schnaufte verächtlich auf, trat noch einen weiteren Schritt auf den Bauern zu, sah dann jedoch überdeutlich an diesem vorbei. Seine Mine hellte sich auf und das Zähneknirschen wich einem nichts Gutes verheißenden Grinsen. „Ich lasse Euch die Wahl, Bauer“, begann der Drache seine Ansprache und flüsterte genau so laut, dass nur der vor ihm Stehende deutlich dessen Worte vernehmen konnte.

„Ihr sagt mir, was ich zu wissen wünsche und ich verlasse Euer Dorf ohne das geringste Anzeichen meiner Anwesenheit zu hinterlassen. Oder Ihr weigert Euch weiterhin mir Auskunft zu erteilen und ich sorge dafür, dass aus dieser Feuerbestattung Eures Sohnes ein Familienbegräbnis wird, bei dem Ihr selbst die letzten Worte an die Toten richten dürft.“

Die Augen des Angesprochenen weiteten sich in purem Entsetzen und ein einziges Wort verließ heiser gekrächzt dessen Lippen. „Schwein“, presste der Bauer zwischen seinen rissigen Lippen hervor und der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn. Das war genau die Reaktion, auf die der Kleinere gebaut hatte, immerhin gab es genügend einfache Familien, die aus reinem Erhaltungstrieb entstanden waren. Dies schien eine der wenigen zu sein, die sich aus Liebe aufgebaut hatten. „Es liegt in Euren Händen, mein Herr“, drängte der Peiniger sein Opfer und sein Blick fiel auf die Familie des Angesprochenen, die sich in einem Winkel des Dorfplatzes verkrochen hatten und wohl meinte, er würde sie hinter einem Karren nicht entdecken. Provokativ leckte sich der Tyrann über die Lippen und erzielte damit genau das, was er wollte. „Eine junge Frau, adelig, vor zwei Tagen, in diese Richtung“, klang es wie Musik in seinen Ohren und mit dieser Antwort durchaus zufrieden bedankte sich der Erpresser mit einer tiefen Verbeugung, ehe er wie ein Blitz über das Feld zog und dabei die Gräser und Weizenhalme beinahe mit sich riss.
 

Knopfaugen hafteten auf seiner Gestalt und Death wusste, dass Nemesis ihn aus seiner Manteltasche heraus anstarrte. Dieses Tier schien ein eigenes Empfinden von Gerechtigkeit zu haben und allem Anschien nach verstieß dessen Besitzer gegen diese Ansichten.

„Schau mich nicht so an, Nemesis“, begann der Angeklagte leise und wurde langsamer, blieb schließlich an einer kleinen Quelle stehen und begab sich auf die Knie, sodass der Vierbeiner aus seiner Tasche kriechen und an das Ufer heran tapsen konnte. Seine linke Hand zu einer Schale geformt und in das kalte Nass gelegt, sie schließlich an seinen Mund führend, sprach der Drache weiter. „Einen sturen Esel bekommt man auch nur mit heißem Eisen zum Weiterziehen.“ Der soeben Gesprochene schloss die Augen, hielt sein Handgelenk an sein Kinn und neigte den Kopf leicht in den Nacken, um die Flüssigkeit seine Kehle hinab fließen zu lassen. Diese Tätigkeit wiederholte er einige Male, ehe er die Luft aus seinen Lungen stieß und sich mit dem Handrücken über die Lippen strich. Eine Weile, die wie eine Ewigkeit schien, betrachtete der Junge sein eigenes Spiegelbild. Sein Blick glitt in die Ferne, seine Augenbrauen zogen sich auf seiner Stirn zusammen und seine Augen wurden schmal. Die Lippen des Jünglings verzogen sich zu einer schmalen Linie und er beobachtete den Fremden in der Quelle, der unter den Wogen des Wassers tänzelte. Sein Gesicht war ihm so vertraut, wie es einem nur sein konnte und doch fühlte er den Hass auf die Person, die er sah und die nicht er war. Erinnerungen fluteten seinen Verstand, seine Muskeln spannten sich an. Sein Herz hielt den aufkommenden Gefühlen nicht stand, hämmerte hart gegen seine Rippen. Das Blut schien ihm in den Adern zu kochen und sein Blick strahlte so viel Hass aus, dass das kühle Nass selbst vor ihm zurück zu weichen schien.

Die Wogen glätteten sich, die einzelnen Partikel sammelten sich, wölbten sich vor seinen Augen und das Bild, das er mit so viel Hass betrachtete, wie jemand nur empfinden konnte, verzerrte sich. Eine Wolke schob sich vor die Sonne und die Person, die dem Drachen aus dem Wasser entgegen blickte, wurde eine andere.

Ein animalisches Knurren, ein dumpfer Schlag und lautes Plätschern ließen die Tiere des Waldes hektisch die Flucht antreten, sie Schutz suchend zu allen Seiten laufen. Wasser fiel vom Himmel und prasselte in einem kühlen Sprühregen auf die Blätter und Grashalme nieder, die friedlich im Wind wogten.

Rote Fäden klaren Blutes zogen sich durch die klare Gebirgsquelle und trübten das Spiegelbild des Königsfeindes, der noch eine Weile unbeweglich am Ufer saß und in das zerstörte Bild seiner selbst blickte. Der Schlag in das Wasser, der bis zum Grund gereicht hatte, hatte ihn daran erinnert, dass er seine rechte Hand verarzten musste und das Brennen in der Wunde verriet ihm, dass er durch seine Aggressivität Schlamm aufgewirbelt haben musste.

Der Hass war aus seinem Blick gewichen. Was blieb, war grenzenlose Leere.
 

Das Geräusch von Metall, das die Luft durchstieß weckte den jungen Drachen aus seinen Gedanken, die ihn zu verschlingen drohten und er rollte sich gerade noch im letzten Moment zur Seite, das kleine Fellknäuel in seiner rechten Hand. Die blank polierte Schwertschneide bohrte sich in den nachgiebigen Untergrund, grub sich in den weichen Waldboden und stieß schließlich lautstark auf einen vergrabenen Stein.

Death ließ sich abrollen, kam mit einem Bein kniend, das andere angewinkelt, mit der Hand auf den Boden abgestützt wieder zum Stehen, ließ Nemesis von seiner Handfläche laufen und wartete, den Blick starr auf seinen Opponenten gerichtet. Erst, als er sich sicher war, dass dem kleinen Racker nichts passieren konnte, erhob sich der Feind des Königs und all seiner Schergen auf die Beine, klopfte sich den Staub vom Gewand und legte seine dünnen Finger an den Griff seines Schwertes, das bereits Tausende nieder gestreckt hatte. Der Griff des Ritters legte sich um das vergoldete Metall, in dem der Eid des Elfenlords eingraviert war und der junge Angegriffene zog die Augenbrauen bedrohlich zusammen, blieb sein Gesicht jedoch weiterhin bar jeder Emotion. „Ihr wurdet also vom König gesandt“, stellte der Hellhaarige fest und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, das mit jedem Wort breiter zu werden schien, während er sein Schwert langsam aus der Scheide zu ziehen begann und der eisige Stahl in der Sonne zu glänzen schien. „Von diesem bedauernswerten Abbild eines Herrschers, der selbst von seiner eigenen Angst nieder gezwungen wird.“

„Schweig“, unterbrach ihn der Ritter lautstark und knirschte sichtlich mit den Zähnen. Seine Waffe hatte er bereits wieder aus dem erdigen Untergrund gezogen, fest mit beiden Händen den Griff umschlossen und in seinem Blick lag der Wille diesen Heimsucher in Scheiben zu schneiden. „Du suchst das Land heim, tötest unschuldige Bürger und tapfere Ritter. Du wünscht unserem König, der unserem Land den Handel und somit Reichtum gebracht hat, den Tod. Für deine Schuld wird dir niemand Vergebung entgegen bringen. Du wirst niemals Ruhe finden können. Ich werde dich in den Abgrund der Hölle zurück schicken, aus dem du gekommen bist!“

Mit diesen geschrieenen letzten Worten auf den Lippen stürzte der edelmütige Alleinkämpfer auf seinen Feind zu, schwang das Schwert über seinem Kopf und holte zum zweiten Schlag aus. Ein klirrendes Geräusch erklang und im nächsten Moment sprang der Angreifer ein Stück weit zurück. Death hatte seinen Schwerthieb mit seinem eigenen pariert, stand dem Muskelprotz gegenüber und begab sich in eine entspannte Haltung. Sein Schwert hielt er in einer Hand, ließ den Griff in seiner Handfläche rotieren und stieß sich urplötzlich vom Boden ab, nur um im Bruchteil einer Sekunde später auf den Ritter zu zujagen. Das Metall durchstieß die Brust seines Opfers und der edelblütige Mensch keuchte für einen Moment auf, ehe er schwer zu Boden fiel und dabei einzelne Grashalme und Staubpartikel in die Luft wirbelte.

Der Junge wandte sich ab, war ein Stoß in das Herz eines Sterblichen in jedem Falle tödlich und würde diese bemitleidenswerte Kreatur schon bald alles verzehrende Schwärze einhüllen.

Eine Klinge zerteilte Fleisch, schabte an Knochen und grub sich durch den Stoff wieder ins Freie. Nemesis fiepte auf und sah zu ihrem Besitzer, der in seinen Bewegungen, sein Schwert wieder in die Lasche zu schieben, inne gehalten hatte und dessen Finger der glänzende Stahl schließlich entglitt. Sein Mund öffnete sich, doch kein Ton verließ seine Kehle. Rotes, heißes Blut lief über die fahle Unterlippe des Grünäugigen und tropfte schließlich auf die Schneide des Schwertes, das aus seinem Rumpf ragte. Ein angesetztes Keuchen erklang, als der Sinne betäubende Schmerz einsetzte und die Waffe des Königsfeindes schließlich zum Liegen kam. Ein Fuß stemmte sich gegen seinen Rücken und mit einem Ruck wurde er zu Boden geschleudert, die eiserne Waffe aus seinem Rücken gezogen. Reglos lag er im Gras. Unter ihm breitete sich eine Lache dunkler, metallischer Flüssigkeit aus und der Ritter schleppte sich mühsam an die Gebirgsquelle heran, um den königlichen Stahl zu reinigen, ehe er seine Stimme erhob, wissend, dass er den Drachen mit diesem Angriff nicht getötet haben konnte, hatte er doch das Herz dieses Monstrums nicht berührt. „Ich habe dir bereits gesagt, dass dir von niemandem Vergebung entgegen gebracht würde“, begann der junge Mann, ehe er den geschundenen Leib seines Feindes umrundete und schließlich in dessen blutverschmiertes Gesicht sah, das durch den roten Lebenssaft jegliche Jugend vermissen ließ. Deaths Atmung war langsam, setzte ab und zu aus und bis auf ein gelegentliches Husten, gemischt mit Auswürgen des eigenen Blutes, war lediglich sein angestrengtes und schmerzerfülltes Keuchen zu hören.

Glühende Augen richteten sich auf die Gestalt seines Peinigers und der am Boden Liegende betrachtete die klaffende Wunde an der Brust seines Gegners. „Auch Ihr habt Eure Seele dem Teufel verkauft, mein Herr“, krächzte der Bewegungsunfähige und ein hämisches, jedoch zittriges Grinsen umspielte seine aufgerissenen Mundwinkel. Unter dem Vorhang seiner blonden Haare hinweg starrte er den augenscheinlich Unverwundbaren an, als würde sein Blick genügen, um ihn in die Tiefen der Hölle zu befördern, die ihn für seine Sünde erwartete.

„Ihr habt einen Gott getötet und habt dadurch Unsterblichkeit erlangt“, entlarvte der Unterlegene seinen Kontrahenten und spuckte zur Seite. Bitterer, metallischer Geschmack lag ihm auf der Zunge und er hatte das Gefühl sich jeden Moment alleine aus diesem Grund erbrechen zu müssen. Es fiel ihm schwer zu atmen, ihm wurde allmählich schwarz vor Augen, die Sicht verschwamm und er fühlte wie das Blut in die durchstoßene Lunge floss. „Ihr wurdet verbannt, habe ich Recht? Deswegen ist es Euch so wichtig Eure Ehre wiederherzustellen und von Eurem, ach so geliebten, König wieder in dessen Kreise aufgenommen zu werden. Ihr wollt Euch Vergebung erkaufen.“ Ein heiseres Lachen ging von Death aus und er hustete kurz auf. „Das wird Euch nicht gelingen. Diese Ratte kennt keine Gnade oder Vergebung. Er hat Angst vor Euch, weil Ihr die Macht hättet ihn von seinem bereits eingesessenen Thron zu stürzen. Und das macht Euch zu einem noch größeren Feind als ich es jemals sein könnte.“
 

Die Augen des Angesprochenen weiteten sich in ungläubigem Entsetzen und er torkelte ein paar Schritte weit zurück. Er konnte nicht einmal ansatzweise begreifen, was ihm sein Opfer so eben offenbart hatte. Konnte er diesem Bastard Glauben schenken, oder wollte ihn dieser Kerl nur verunsichern? Er hatte nie auch nur daran gedacht sein Schwert gegen den König zu erheben. Seine Loyalität kannte keine Grenzen und er war jederzeit bereit gewesen sein Leben bedenkenlos für den Elfenlord zu opfern. Er war ihm treu ergeben, hatte sich geschworen ihn auf ewig zu beschützen. Oder hatte diese miese Kröte am Ende doch noch Recht? Das konnte alles nur erlogen sein. Es durfte nicht wahr sein! Die Ungewissheit darüber, ob in den Worten des Drachen doch die Wahrheit verborgen lag, oder er ihn nur seines Willens berauben wollte, das unbestimmte Gefühl, dass seine Welt gerade in sich zusammen brach und das Wissen, dass er nichts dagegen tun konnte, ließen tiefe Verzweiflung im Inneren des Ritters aufkeimen. Sein Ziel schien nicht mehr so klar zu sein, wie vor wenigen Minuten und er fragte sich ernsthaft, ob es mit dem Tod des am Boden Liegenden besser werden würde. Würde er seine Ehre wieder bekommen, oder wäre er der nächste Gesuchte? Doch selbst, wenn dem so war, so würde er mit erhobenem Kopf und reinem Gewissen in den Schlund der Hölle treten. Wenn sein König es von ihm verlangte, würde er sich sogar selbst vierteilen. Sein Blick klärte sich und sein Ziel lag erneut klar vor seinen Augen. Er musste diesen Gottlosen zur Hölle schicken. Mit einem Eid dem König gegenüber auf den Lippen zückte der Ritter abermals seine Waffe, rannte auf den Wehrlosen zu und durchstieß mit der Schneide lediglich die Luft, ehe sie auf einen Stein traf und kleine Funken zur Seite flogen.

Gerade noch rechtzeitig hatte sich Death zur Seite gerollt, sich ins Wasser fallen und mit der Strömung mit ziehen lassen. Die Wellen stießen zur Seite, die Oberfläche wölbte sich auf und die Wogen schienen seinen Körper zu verschlingen, ehe das Wasser über ihm wieder zusammen schlug, ihn mit sich nahm. In seinem momentanen Zustand hatte er keine Chance gegen diesen übermächtigen Gegner und selbst, wenn er nicht verletzt gewesen war, war es schwer einen Kampf zu überleben und sogar noch als Sieger daraus hervor zu gehen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Fluchtweg anzutreten und sich erst einmal um seine Wunde zu kümmern. Wenn er klug war, würde er eine offene Konfrontation mit diesem Mann, der es geschafft hatte ein höheres Wesen zu Fall zu bringen, in Zukunft meiden.
 

Der Drache dachte daran, dass ihm einst gelehrt worden war, dass es nicht möglich war, einen Allmächtigen zu töten, doch mittlerweile wusste er es besser. Selbst hatte er sich noch keinem Gott entgegen gestellt, war noch keinem begegnet und hatte es auch nicht vor. Diese Länder wimmelten von Unheil stiftenden Geistern oder Irrwichten, wurden regiert von Illusionen und gestellten Fallen und dienten Göttern, die die Menschen nicht kannten, als Spielwiese. Die Natur selbst stellte sich einem in den Weg und man musste starke Nerven haben, um in der Wildnis überleben zu können.

Die Sterblichen verhielten sich in dieser Hinsicht verhältnismäßig klug. Sie legten Siedlungen an Orten an, an denen sie sich relativ sicher fühlten und verließen diese nur, um ihrer Tätigkeit auf dem Felde nach zu gehen. Das Handeln, übernahm eine ritterliche Eskorte.

Doch er war in der Wildnis aufgewachsen, war sein Leben lang alleine gewesen und hatte sich unter den Erscheinungen und Fallenlegern Respekt erkämpft. Des Öfteren hatte er sich Kobolden entgegen stellen und sich gegen einen Waldgeist behaupten müssen, die meinten ihn in ihren Bann ziehen und ihn seines Lebens erleichtern oder ihn zumindest ärgern zu müssen.
 

Ein Husten drang aus dem Dickicht und das Rauschen von Wasser wurde von den Tropfen, die in dieses zurück fielen, übertönt. Death griff nach der Wurzel eines am Ufer stehenden Baumes, zog sich entkräftet daran aus dem kalten Nass und verschnaufte eine Weile, ehe er warmes Fell an seiner Hand fühlen konnte. Schwer atmend neigte der Drache seinen Kopf und erkannte seine Gefährtin, die, völlig außer Atem, auf seinem Handrücken saß und besorgt das Schnäuzchen in die Luft streckte, um den Zustand ihres Herren zu analysieren. „Nemesis“, keuchte der Junge, dem das Blut vom Körper gewaschen worden war und lächelte zittrig. Er sprach so leise, dass selbst die kleine Ratte aufhorchen musste, um ihn verstehen zu können. „… los“, setzte der Verletzte noch an seine vorhergehenden Worte und hievte sich am Stamm der großen Buche, die ihr Blätterdach über ihm auszubreiten schien, auf seine Beine. Wankend und sich seiner Schritte nicht sicher, lief der Schrecken der Berge, der an Glaubwürdigkeit verloren hatte, hinter seinem Haustier her und hatte sichtliche Schwierigkeiten damit das Gleichgewicht zu halten.

Das Schlagen von Hufen, das sich von dem Geräusch unterschied, das er kannte, wenn Ritter des Königs durch die Berge zogen, erweckte seine Neugier und Death sah auf, bedeutete dem kleinen Racker, der ihn geführt hatte, dass er in seine Tasche klettern sollte und schlich lautlos zwischen den Bäumen hindurch, die sich mit jedem weiteren Schritt zu verdichten schienen.

Kurzes, silbriges Fell, das unter den vereinzelten Sonnenstrahlen zu glitzern begann, eine Mähne, die sich bis über die Schulter des Tieres in langen, schneeweißen Locken erstreckte, ein Schweif, ebenso hell und wellig, der bis an den Boden reichte und Hörner aus geschwungenem Elfenbein, die ebenso wie die Hufe des Einhorns durch ein helles Gold auffielen. An den Beinen des Tieres erstreckten sich helle und dunkle Streifen und die Schnauze des pferdähnlichen Wesens schien im Licht zu leuchten.

Dunkle Augen sondierten die Umgebung und der Hengst stieß die Luft aus seinen Nüstern. Er hatte ihn schon lange entdeckt, lag der Geruch von Blut doch zu allgegenwärtig in der Luft.

Zweige brachen und die Blätter sanken zur Seite, enthüllten die Gestalt des geschundenen Drachen und offenbarten ihn dem Blick des himmlischen Tieres. Dessen Augen blitzten auf und es hob abwartend den Kopf, nahm eine festere Position ein und ließ den Schweif unbeweglich von seinem Hinterteil hängen. „Verzeiht mein forsches Eindringen“, flüsterte der von Blut Besudelte und begab sich unter größter Anstrengung und wissend, dass somit nur noch mehr des Leben spendenden Saftes aus seiner Wunde floss, auf die Knie. „Ich bitte Euch untertänigst Euch meiner bemitleidenswerten Gestalt anzunehmen, Wächter des Waldes.“

Die Gestalt, die weder Mensch, noch sonst ein Lebender hatte erblicken dürfen, ohne dabei den Verstand verloren zu haben, sah auf den Knienden herab und schabte mit dem Huf über den harten Waldboden. Die Augen des Einhorns wurden schmal und sein alles durchdringender Blick haftete auf Deaths Manteltasche. Nemesis reagierte sofort, kam aus ihrem Versteck und senkte demütig den Kopf.

Das himmlische Geschöpf setzte sich in Bewegung, trat auf die kleine Ratte zu und betrachtete sie mehrere Minuten lang schweigend. Die Äuglein des kleinen Tieres fielen zu und ihr pelziger Körper sackte zur Seite. Der Drache bewegte sich nicht, verharrte ungerührt auf seinem Platz und hielt weiterhin den Kopf gesenkt. Misstrauisch umrundete der Gott den Jungen und betrachtete ihn von allen Seiten. Eine tiefe, eindringliche Stimme erreichte seine Ohren und er hatte das Gefühl, dass sie mit seiner Seele sprach. Er vernahm einen Befehl und obwohl er wusste, dass er es nicht durfte, wollte er sein Leben nicht auf der Stelle aushauchen, hob er den Kopf. Sein Blick begegnete schwarzer Tiefe und sein Herz setzte für einen Moment aus.

Deaths Augen weiteten sich und sein Körper verfiel in eine Starre, die seine Glieder schmerzen ließ. Ein Gefühl, als würde alles Leben aus seinem Körper gezogen, als würde alle Energie aus jeder Zelle seines Seins geschöpft, erfasste ihn und der Hellhaarige hatte große Mühe damit nicht die Augen zu zutun und dem gleichen Schicksal zu erliegen wie seine Begleiterin.

Dieselbe Stimme wie zuvor erklang ein weiteres Mal, doch in diesem Moment konnte der Angesprochene die Worte seines Gegenübers kaum ertragen. Mit jeder Sekunde, die er dieser Tonlage lauschte, zog sich sein Herz weiter zusammen, fühlte es sich an, als würde jeder Knochen in seinem Inneren bersten und brannte es in seiner Lunge, als atmete er Feuer. Durch seine Adern zog flüssige Lava und seine Muskeln schienen zu zerspringen, sein Schädel zu explodieren. Doch er wandte sich nicht ab. Er hielt dem Blick stand. Die Stelle unter seiner Nase begann zu kribbeln und als er einen verräterischen süßen, metallischen Geschmack auf der Zunge bemerkte, wusste er, dass er blutete. Es fühlte sich wie Sterben an und der Drache war sich sicher, dass er dieses Aufeinandertreffen nicht lebend überstehen würde.

Dann, ganz plötzlich, ließ er los. Death sackte zu Boden, atmete stoßweise und zitterte unter der Spannung in seinen Muskeln, die mehreren starken Stromstößen glich, während ein dünnes Rinnsal seines eigenen Speichels an der Seite seines Gesichtes hinab lief. Nemesis zuckte einmal kurz zusammen, richtete sich wankend auf und schüttelte schließlich den Kopf. Die Hufe, die der Drache erkennen konnte, entfernten sich und das letzte, was der junge Vagabund noch in Gedanken hörte, war doch die ganze Zeit kein Wort in die Realität gedrungen, war das verklingende Geräusch von hartem Horn, das auf festen Stein traf, dann verschlang ihn die alles einnehmende Finsternis.



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Von:  GhostTiger345
2011-12-05T15:16:22+00:00 05.12.2011 16:16
Ui das war ganz schön knapp. Beinah wäre er gestorben.
*aufatme*
Dem Einhorn sollte nicht jeder begegnen.


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