Zum Inhalt der Seite

Die Legende vom Avatar

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Am nächsten Tag führte ihn Mana in eine der zählreichen Gänge ihres Labyrinths, nur begleitet vom kleinem Dachsmaulwurf, den sie in ihren Armen trug. „Hör zu, Grünschnabel“, begann sie. „Dachsmaulwürfe lernen in sehr jungen Jahren wie sie überleben können. Sie lernen von ihren Eltern und geben das, was sie von ihnen gelernt haben, an ihre Kinder weiter, die das Wissen an ihre Kinder weiter geben. Seine Eltern starben, bevor sie ihr Wissen weitergeben konnten. Deswegen musst du das jetzt übernehmen. Dachsmaulwürfe sind von Geburt an blind. Sie sehen über die Vibrationen in der Erde und spüren instinktiv, was du oder Mana empfinden. Das ist wichtig wenn du ihm beibringen willst, wie man die Erde bändigt.“

„Womit wir wieder bei dem Problem sind, dass ich keine Erde bändigen kann.“ Sofort kniff sie ihn wieder feste in den Arm. „Aua!“

„Du musst die Erde nicht bändigen können um ihm beizubringen wie man die Erde bändigt. Das macht er von ganz alleine. Du musst ihm nur beibringen was man dazu braucht um die Erde zu bändigen. Verstanden?“

„Kein Wort.“

„Erde steht für Substanz. Erdbändigen beruht auf Stärke und Entschlossenheit. Um dem kleinen Kerlchen hier das Erdbändigen beizubringen, musst du Entschlossen sein und felsenfest davon überzeugt, dass du diesen Fels bewegen kannst. Der Dachsmaulwurf wird diese Gefühle wahrnehmen und verinnerlichen. Siehst du? Ganz einfach.“ Kenai war alles andere als überzeugt, doch Mana kümmerte sich nicht darum. „Du musst nur immer wieder diese Bewegung machen, so lange, bis das Junge es dir nachmacht.“ Entschlossen trat sie mit dem Fuß auf dem Boden, während sie gleichzeitig die Hände nach vorne streckte, als würde sie etwas von sich wegstoßen wollen. „Mehr musst du nicht tun. Nur diese Bewegung. Ganz einfach.“

Es klang wirklich einfach. Er positionierte sich vor einer Wand, holte tief Luft und machte genau die Bewegung, die Mana ihm vorgemacht hatte. Er kam sich unglaublich dämlich dabei vor. Sofort kniff ihm Mana wieder in den Arm.

„Stärke und Entschlossenheit! Der Dachsmaulwurf lernt durch deine Gefühle. Also?!“

„Stärke und Entschlossenheit.“ Mana nickte. Sie setzte den Dachsmaulwurf auf den Boden ab und ließ die beiden dann alleine, um sich um ihre andere Patientin zu kümmern. Kenai sah den Dachsmaulwurf an, der Dachsmaulwurf sah Kenai an. „In Ordnung. Dann wollen wir mal. Stärke und Entschlossenheit, Stärke und Entschlossenheit, Stärke und Entschlossenheit.“ Im sich ewig wiederholenden Singsang ließ er seine Schultern kreisen, wippte ein paar Mal auf und ab und ließ seinen Nacken knacken, bevor er sich wieder auf die Wand konzentrierte. „Stärke und Entschlossenheit.“ Entschlossen stampfte er mit seinem Bein auf den Boden und stieß seine Hände nach vorne. Selbstverständlich passierte nichts. Der Dachsmaulwurf saß neben ihm und sah ihn an, ohne die geringste Lust seinem Beispiel zu folgen. Wieder wiederholte Kenai die Bewegung. Dann noch einmal. Und noch einmal. Der kleine Dachsmaulwurf sah ihm dabei zu. Neugierig neigte er den Kopf zur Seite, doch schon bald verlor er die Lust daran und nagte lieber an seinen langen Krallen herum.

„Hey“, beschwerte sich Kenai laut, kaum dass er das Dessinteresse seines Schülers bemerkte. „Schau gefälligst hin wenn ich mich schon für dich zu Affen mache!“ Wieder konzentrierte er sich auf die Wand, doch er konnte sich einfach nicht dazu aufraffen, diese sinnlose Bewegung fortzusetzen. Er kam sich abgrundtief dämlich dabei vor. Wenn er Atka erzählen würde, was er hier tat, würde dieser ihn bis ans Ende seiner Tage damit aufziehen. Der Dachsmaulwurf sah ihm noch nicht einmal dabei zu. Ob Mana ihm das ganze Theater nur aufgebrummt hatte, damit sie sich in Ruhe um das Wolfsbärenjunge kümmern konnte? Seufzend sah er den jungen Dachsmaulwurf an, dann nahm er ihn in seine Arme. „Du hast keine Lust darauf, oder? Kann ich verstehen. Machen wir Pause?“ Begeistert schleckte ihm das Kerlchen die Nase ab.

Als sich sein schlechtes Gewissen meldete, nahm Kenai die sinnlose Übung wieder auf, war jedoch nur halbherzig bei der Sache. So sehr er sich auch bemühte, er konnte sich einfach nicht zur Ernsthaftigkeit durchringen. Er war ein Wasserbändiger durch und durch. Mit Wasser konnte er etwas anfangen, nicht aber mit dieser dämlichen Wand, die ihm von Sekunde zu Sekunde unsympathischer wurde. Ernsthaft. Wenn er etwas immer weniger Leiden konnte, dann war es dieses vollkommen unnütze Gestein, das so unschuldig vor ihm stand, das es ihm vorkam, als wolle es ihn verhöhnen. Frei nach dem Motto: „Ätsch. Ich stehe hier und du musst vor mir die beknacktesten Bewegungen deines Lebens machen, nur um einem kleinen Dachsmaulwurf etwas beizubringen, was diesen nicht interessiert und der dir gerade ans Bein pinkelt.“ Es war zu spät um das Tierchen noch davon abzuhalten.

Wieder verstrich einiges an Zeit, bis Kenai endlich die Übung fortsetzte, doch anstatt Stärke und Entschlossenheit zu empfinden, war das einzige, was er empfand, Frustration und Wut. Die Wand machte ihn noch fertig. Er wusste, dass er sie nicht bewegen konnte, aber der Gedanke, das er davon überzeugt sein musste diese Wand bewegen zu können, obwohl er wusste, dass das vollkommen unmöglich war, war einfach zu viel für ihn. Er stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. „Oh, ich hasse dich! Ehrlich.“ Die Wand strafte ihn mit Schweigen.

„WAS MACHST DU DA?!“, donnerte plötzlich Manas aufgebrachte Stimme, magisch verstärkt vom Echo der Gänge. „Du sollst Entschlossenheit und Stärke ausstrahlen!“

„Ich kann keine Entschlossenheit und Stärke ausstrahlen!“, fuhr er sie an. „Ich kann das einfach nicht!“

„Dann stirbt das Wolfsbärenjunge. Mana will gerade los, um einige Kräuter zu besorgen. Es muss entgiftet werden. Der Dachsmaulwurf hat die besseren Überlebenschancen, also wird Mana sich von nun an nur noch um das Dachmaulwurfsjunge kümmern.“

„Nein.“ Angespannt ballte Kenai seine Hände zu Fäusten. „Bitte nicht.“

„Du bist scheinbar nicht in der Lage, diese einfache Aufgabe zu bewältigen.“

„Ich komme mir dabei so dumm vor“, gestand er und senkte seinen Kopf. „Diese Wand macht mich fertig! Wie soll ich Stärke und Entschlossenheit ausstrahlen, wenn ich genau weiß, dass ich nichts ausrichten kann?“

„Du sollst nichts ausrichten, du sollst nur lehren. Das Tier hier wird sterben, wenn es das Bändigen nicht lernt. Es steckt in seinem Blut, doch er braucht das Wissen um es anwenden zu können. Du hast jetzt das Wissen, aber nicht das Blut. Ihr ergänzt euch. Zeig ihm wie es geht und er wird dir folgen.“

„Er schaut mir noch nicht einmal zu!“

„Kein Wunder. Du machst dich mit deinem Gehampel lächerlich.“

„Ich mache nur, was du mir gezeigt hast!“

„Nein, machst du nicht. Du machst das!“, sagte sie und führte ihm die Übung noch einmal vor. Sie trat auf den Boden als wolle sie einen Käfer zerquetschen und streckte so schlaff die Arme aus, als hätte sie Angst ihre Fingernägel abzubrechen. Sie hatte recht. Es sah lächerlich aus. „Was Mana meint ist das!“ Energisch trat sie auf den Boden und stieß die Hände nach vorne. Mit einem ohrenbetäubenden Knirschen und Donnern wurde der Fels zurückgeschlagen. Staub wirbelte durch die Luft. Als er sich wieder legte, war eine tiefe Kuhle entstanden. Neugierig hob der Dachsmaulwurf den Kopf. „Du musst nur überzeugt sein. Wenn du es richtig machst, wird das Tier einen Gang erschaffen und damit die Fähigkeit erhalten in der Welt überleben zu können. Wenn du einen Fels bewegen willst, musst du ein Fels werden. In deinem Fall musst du einfach nur so tun. Hast du Mana verstanden?“

„Ja. Ich habe verstanden.“

„Dann wird Mana sich wieder um das Wolfsbärenjunge kümmern.“ Mit diesen Worten zog sie sich zurück. Seufzend sah Kenai ihr nach, dann sah er den Dachsmaulwurf an, bevor er sich wieder an die verhasste Wand wandte. „Um einen Fels zu bewegen, musst du selbst zum Fels werden.“ Er holte tief Luft, dann schloss er seine Augen. Es ging nicht um die Wand. Die Wand stand einfach nur da, weil sie da stehen musste. Es war ihre Natur. Er musste sich nur selbst überzeugen. Die Wand war eine Blockade, Blockaden waren da, um überwunden zu werden. Überwinden konnte man etwas nur, wenn man stark war, egal ob körperlich oder mental. Körperlich konnte er gegen die Wand nichts ausrichten, aber mental würde er sich nicht von ihr fertigmachen lassen. Er war stärker als ein Fels!

Entschlossen stampfte Kenai mit dem Fuß auf, stieß die Arme mit voller Kraft nach vorne, spürte, wie er den Fels berührte und wurde mit solch einer Wucht nach hinten geschleudert, dass er auf der anderen Seite des Ganges in der Wand stecken blieb. Benommen hustete er sich den aufgewirbelten Staub aus der Lunge, blinzelte und stieß einen erschrockenen Schrei aus, als er merkte, dass er unbequem mit dem Hintern im Felsen schreckte. Es kostete ihn alle Mühe sich heraus zu drücken. „Was war das denn?“, fragte er den Dachsmaulwurf, doch dieser leckte sich die Fußsohlen. Verwirrt wanderte sein Blick von der unversehrten Wand vor ihm zu der brüchigen Wand hinter ihm und wieder zurück. „Alles klar“, meinte er schließlich gedehnt, während er sich den schmerzenden Hintern rieb. Das musste Mana gewesen sein. Wahrscheinlich war sie hier irgendwo in seiner Nähe und wollte ihm eine Lektion erteilen. Bitte. Er würde ihr beweisen, dass er diese Aufgabe durchaus ernst nehmen konnte.

Wieder schloss er seine Augen. Wieder atmete er einige Male tief durch, versuchte seine Gefühle zu beherrschen und seine Gedanken alleine auf sein Ziel zu konzentrieren. Es gab nur ihn und den Felsen. Alles andere existierte nicht, nicht einmal der Dachsmaulwurf. Alles löste sich auf, verschwand in Bedeutungslosigkeit. Er spürte, wie er langsam ruhiger wurde.

Er öffnete die Augen, stampfte mit dem Fuß auf den Boden auf und stieß seine Hände nach vorne. Er wurde zum Fels, der Fels wurde zu ihm. Seine Hände berührten das raue Gestein. Es bebte. Es krachte. Brechender Stein hallte wie Donner in den weiten Gängen wieder, hundertfach verstärkt durch ein nicht enden wollendes Echo. Staub wirbelte auf und verklärte ihm die Sicht. Zermalmtes Gestein rieselte von der Decke auf ihn hinab, doch Kenai rührte sich nicht. Er stand einfach nur da, fest wie ein Fels, die Hände zum Stoß erhoben und starrte nach vorne, ohne zu begreifen was sich ihm da offenbarte. Vor ihm stand keine Felswand mehr. Vor ihm klaffte ein großes, tiefes Loch.

Neugierig kroch der junge Dachsmaulwurf auf das Loch zu und schnüffelte an dessen Rändern. Begeistert sah er zu Kenai auf, doch dieser rührte sich noch immer nicht. Sein Verstand konnte nicht begreifen, was er da sah. Er wusste was er sah, er konnte es deutlich sehen, doch er verstand es nicht. Wo kam das Loch her? Das war eben noch nicht da gewesen. Er war sich sicher, dass es eben noch nicht da gewesen war! Warum war da plötzlich ein Loch?! Langsam ließ er seine Arme sinken. Das machte keinen Sinn. Das musste Einbildung sein. Seine Vorstellungskraft spielt ihm einen Streich damit er sich gegenüber der Wand besser fühlte. Ja, das musste es sein. Doch als er seine Hand ausstreckte, um die Illusion verschwinden zu lassen, griff er ins leere. „Okay ... Das wird jetzt irgendwie gruselig … Mana!“, rief er und wirbelte herum, als würde er sie hinter seinem Rücken erwarten. „Ich weiß, dass du hier bist! Ich habe es ja verstanden! Stärke und Entschlossenheit! Du kannst damit aufhören mich zu veralbern, hörst du?“ Erwartungsvoll sah er sich um, doch nichts rührte sich. Sofort suchte er die näherliegenden Gänge ab, doch nirgendwo konnte er Mana entdecken, nicht einmal das kleinste Anzeichen von ihr. Verwirrt kehrte er zum Dachsmaulwurf zurück. „Sie muss sich versteckt haben“, erklärte er dem Tier unnützerweise. „Vielleicht hört sie jetzt damit auf und kümmert sich wieder um die Kleine. Sie wird gemerkt haben, dass ich es jetzt begriffen habe. Oder?“ Hoffnungsvoll sah er das Jungtier an, doch das Jungtier neigte nur leicht den Kopf zur Seite. „Also schön. Versuchen wir es noch einmal.“ Dieses Mal dauerte es bedeutend länger, bis er seinen Geist beruhigt und seine Konzentration gesammelt hatte. Wieder stampfte er auf den Boden und stieß die Hände nach vorne, dieses Mal jedoch nicht so wuchtig wie zuvor. Wieder krachte es, als der Fels zurückgeschleudert wurde und nichts anderes zurückließ als eine klaffende Wunde im Gestein.

Ungläubig fiel Kenai auf die Knie. Langsam dämmerte es ihm. Das war nicht Mana gewesen. Er hatte genau darauf geachtet. Die Wand hatte genau in dem Moment nachgegeben, als er sie berührt hatte. Es konnte nicht Mana gewesen sein, ebenso wenig wie der kleine Dachsmaulwurf, der noch immer nicht die geringsten Anstalten machte seinem Beispiel zu folgen. Das konnte nur er gewesen sein. Aber das war nicht möglich. „Ich bin ein Wasserbändiger“, hauchte er. Fassungslos hob er seine Hände und starrte sie an. Das waren die Hände eines Wasserbändigers. Diese Hände waren dazu gemacht worden um das Wasser zu bändigen. Bis vor wenigen Wochen hatten diese Hände noch nie feste Erde berührt. Sein ganzes Leben lang hatte es für sie nur Schnee, Wasser und Eis gegeben. Sie konnten nur das Wasser bändigen! Doch als er seinen Kopf hob, sah er ein tiefes, in Dunkelheit getauchtes Loch, das er mit eben diesen seinen Händen erschaffen hatte. „Unmöglich“, flüsterte er. „Vollkommen unmöglich. Das kann nicht sein!“ Energisch ballte er seine Hände zu Fäusten, sprang auf seine Füße und versuchte es noch einmal. Und dann noch einmal. Und noch einmal. So lange, bis er es nicht mehr leugnen konnte. Schwer atmend stand er vor einem Loch, das so tief ging, das er damit Manas Labyrinth durchbrochen hatte und auf der anderen Seite das Prasseln von Regen hören konnte. Staub klebte ihm auf seiner schweißnassen Stirn, seine Seite brannte wie Feuer, doch das alles nahm er kaum noch war. Er verstand es nicht. Er wusste, dass er all diese Löcher und Gänge erschaffen hatte. Er hatte es gesehen, gehört, sogar gespürt, doch er konnte es einfach nicht begreifen. Er stand vollkommen unter Schock und das tat er auch noch, als Mana ihn wenig später fand. Überrascht sah sie sich um, doch dann lächelte sie glücklich.

„Mana ist erfreut“, lobte sie ihn. „Mana hätte nicht gedacht, dass du dem Jungtier so schnell das Bändigen beibringen kannst. Normalerweise dauert es einige Zeit, bis die Jungen ihre ersten selbstständigen Versuche machen. Du musst ein sehr guter Lehrer sein, Grünschnabel.“ Lächelnd wartete sie auf eine Reaktion ob ihres Lobes, doch als diese ausblieb, verzog sie beleidigt das Gesicht. „Mana hat dir ein Kompliment gemacht!“, beschwerte sie sich laut. „Mana macht nur selten Komplimente! Wenn Mana ein Kompliment macht, solltest du ihr dankbar sein!“ Als er immer noch nicht reagierte, verengte sie misstrauisch ihre Augen zu Schlitze. „Was ist los?“

„Mana“, begann Kenai langsam, doch seine Stimme schien seltsam fremd in seinen Ohren. „Ist es möglich, mehrere Elemente bändigen zu können?“

„Mehrere Elemente?!“ Mana musste lachen bei dieser Vorstellung. „Unmöglich. Vollkommen unmöglich. Ein Apfelbaum kann nur Äpfel tragen und niemals Birnen, so wie ein Erdbändiger nur Erde bändigen kann, aber niemals Feuer.“

„Und wenn man es doch könnte?“

„Unmöglich. Das wäre gegen die Natur.“

„Du hast es auch nicht für möglich gehalten, dass Tsai Shen mich mag“, erinnerte sie Kenai.

Misstrauisch runzelte Mana die Stirn. „Was willst du Mana damit sagen?“ Kenai sah sie an. Etwas in seinem Blick beunruhigte sie, doch sie sagte nichts, als er sich vor eine Wand stellte, die Augen schloss und all seine Kräfte bündelte. Sie erkannte sofort, dass er sich ihre Worte zu Herzen genommen hatte. Seine Körperhaltung hatte sich vollkommen verändert. Kaum hatten seine Hände das Gestein berührt, wurden es wuchtartig zurückgeschleudert, so das nichts weiter blieb als ein neuer Gang. „Du hast mich angelogen!“, rief sie empört, noch bevor sich der Staub gelichtet hatte. „Du hast gesagt, dass du ein Wasserbändiger bist!“

„Ich BIN ein Wasserbändiger!“ Kenai war der Verzweiflung nahe.

„Bist du nicht!“

„Ach ja?“ Grob packte er Mana am Arm und zerrte sie einen seiner selbstgemachten Gänge entlang, bis er mit ihr mitten im Regen stand. Er ließ sie los, entfernte sich einige Schritte von ihr und genoss für einen kurzen Moment das kühle Nass auf seiner Haut. Noch nie hatte sich Wasser so gut angefühlt. Erbarmungslos prasselte der Regen auf ihn hinab, angestachelt von einem scharfen Wind, der ihm entgegen peitschte. Donner erfüllte die Luft, Blitze zerrissen die schwarzen Wolken. In Sekunden schnelle waren sie beide bis auf die Knochen durchnässt, doch er kümmerte sich nicht darum. Mit geschlossenen Augen empfing er sein Element, das Element, mit dem er geboren war und breitete langsam seine Arme aus, als wolle er es nach so langer Zeit willkommen heißen. Doch plötzlich spannte Kenai seinen Körper an. Das Wasser erstarrte im selben Augenblick. Als hätte die Zeit vergessen sich zu drehen, erstarrten die Regentropfen um sie herum, mitten in der Luft. Einen Moment lang schwebten sie sanft um sie herum, doch dann schlossen sie sich zu einer großen Blase zusammen, die sie vor dem Unwetter schütze, das über dem Gebirge hereingebrochen war. Fassungslos sah Mana sich um. Hier, direkt bei Kenai, war es warm und trocken, doch wenn sie über seine Schulter blickte, vorbei an der Barriere aus Wasser, sah sie den tobenden Sturm und den Regen, der erbarmungslos vom Himmel goss.

„Jetzt sag mir noch mal, dass ich kein Wasserbändiger bin.“ Mit diesen Worten gab er den Regen wieder frei. Hilfesuchend sah er Mana an, die fassungslos nach Fassung rang. Plötzlich brach sie in Jubel aus.

„Mana hat einem Wasserbändiger das Erdbändigen beigebracht … Mana hat einem Wasserbändiger das Erdbändigen beigebracht! Mana ist ein Genie!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  DarkDragon
2012-06-25T10:10:07+00:00 25.06.2012 12:10
die alte ist sehr amüsant und merkwürdig^^ Naja wenn man so lange unter der Erde wohnt... Kenai solle einem Maulwurf erdbändigen zeigen und lernt es dabei selber.*grins* sehr schön. Bin gespannt wie es weiter geht.
lg
Von: abgemeldet
2012-05-17T16:39:24+00:00 17.05.2012 18:39
Wirklich interessant, wie Kenai das Erdbändigen erlernt - weder komplett zufällig noch mit fester Absicht. Auf jeden Fall hast du es sehr elegant gelöst, eleganter als mancher professioneller Autor, der den Helden mal eben seine Magie entdecken lässt, bevor dieser es überhaupt weiß.
Darüber hinaus muss ich mal wieder deinen Stil loben, der geradezu unverschämt gut ist :) Wie du das Bändigen beschreibst, ist einfach klasse.
Von:  fahnm
2012-05-14T20:02:42+00:00 14.05.2012 22:02
Das Kapi ist wirklich klasse.^^


Zurück