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Menschlich

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Menschlich

Menschlich
 

Eve rechnet nicht damit, dass Train sich mit einem Seufzen neben sie auf die Parkbank fallen lässt, auf welcher sie sitzt.

Sie zuckt zusammen, ihr Gesicht verzieht sich missbilligend. Er scheint immer so sorglos und lebt von einem Tag zum nächsten, ohne sich wirklich Gedanken um die Zukunft zu machen. Etwas, was sie trotz der kurzen Zeit, die sie nun schon frei ist, tut.

„Es ist herrliches Wetter, oder?“, fragt Train sie. Er hat Recht, die Sonne scheint warm auf ihr Gesicht, auf der Wiese vor ihnen tummeln sich Familien, die, wenn sie es richtig verstanden hat, etwas veranstalten, was man Picknick nennt. Sie möchte das auch irgendwann einmal ausprobieren. Wenn Sven wieder auftaucht, wird sie ihn danach fragen.

Als habe er ihre Gedanken gehört meint Train: „Sven besorgt Eiscreme. Wird wohl noch etwas dauern, bei der Schlange am Eiswagen.“

Eves Augen beginnen vor Vorfreude zu leuchten. Eis, die kalte Süßspeise, welche sich in der kurzen Zeit, die sie sie kennt, zu ihrem Lieblingsessen entwickelt hat.

Das liegt allerdings nicht nur am Geschmack, sondern vielmehr an der Bedeutung, die sie diesem für viele unbedeutenden Snack zuspricht.

Für sie ist das Eis das Symbol für ihre Freiheit.

Sie erinnert sich noch gut daran, wie sie dem jungen Mann gefolgt ist, der so wie sie nach Blut und Tod gerochen hat und den sie später als Train kennengelernt hat. In diesem Moment verspürte sie nur Faszination. Es ist für sie nur natürlich gewesen, nachdem er auf ihre Bitte zu warten nicht reagiert hat, ihm zu folgen.

Doch sie hat seine Spur schnell verloren, ist herumgeirrt, bis sie durch einen Zufall auf Sven getroffen ist.

Sven ist für sie eine Person, zu der sie ohne Kompromisse aufsehen kann. Wenn sie den Büchern trauen darf, die sie gelesen hat, dann ist er für sie so etwas wie ein großer Bruder. Und anders als bei Train ist sie sich sicher, dass er immer die Realität im Auge hat.

Sven ist es auch gewesen, der in ihr die ersten heftigen menschlichen Emotionen hervorgerufen hat. Er ist es gewesen, für den sie das erste Mal Tränen vergossen hat.

Es hat ihr das Herz zerrissen, dem Befehl Torneos Folge zu leisten und Sven anzugreifen nachdem er so nett zu ihr gewesen ist, sie vor dem unfreundlichen Mann, der sie angepöbelt hat, gerettet hat – obwohl sie zugeben muss, dass sie das auch allein geschafft hätte.

Sven, der ihr von menschenbevölkerten Städten erzählt hat, in denen man sich nicht mehr vorwärts bewegen kann.

Sven, dem sie ihre Passion für Eis verdankt.

Und nicht zuletzt ist er auch derjenige, der trotz der üblen Bauchverletzung, die sie ihm zugefügt hat, gekommen ist um sie zu retten.

Sie weiß, dass es ihn viel Kraft gekostet haben muss, überhaupt aufrecht bis zu ihr und Torneo vorzudringen. Und sie empfindet unglaubliche Sympathie für ihn, weil er sich so um sie gesorgt hat, obwohl sie eigentlich nur eine Fremde gewesen ist. Inzwischen weiß sie, dass es mit seinem selbstentworfenen Gentleman-Code zusammenhängt.

Ein unangenehmes Gefühl an ihrer linken Schulter reißt sie aus ihren Gedanken. Sie wirft Train einen bösen Blick zu, wie lange er sie schon piekt weiß sie nicht, aber es muss schon länger sein.

Er lacht sein katzenartiges Lachen – im Allgemeinen erinnert er sie oft an eine Katze.

„An was hast du gedacht, Prinzessin?“, will er wissen, er klingt tatsächlich interessiert. „Muss ja wirklich interessant gewesen sein.“

„Als ob dich das was angeht“, erwidert sie eingeschnappt. Sein letzter Satz hat eindeutig ein wenig neckend geklungen.

Es ist auch einer seiner Charakterzüge, der sie immer wieder irritiert. Immer wieder wirkt er auf sie naiv und verspielt, bei seiner Vergangenheit ist das erstaunlich. Wie sie damit umgehen soll, hat sie bis jetzt noch nicht herausgefunden, aber sie arbeitet daran.

Trains Grinsen ist trotz ihrer recht barschen Antwort nicht verschwunden, im Gegenteil, sie hat sogar das Gefühl, dass es breiter geworden ist.

Eves Gedanken kehren wieder zu Sven zurück. Er ist der erste Mensch, für den sie wirklich etwas riskiert hat.

Sie wird den Ausdruck in seinem Gesicht nie vergessen, als er sicher ist, dass sie sterben wird, weil sie ihn beschützt hat, genauso wie das Gefühl der sie haltenden Arme, als er sicher ist, dass sie leben wird.

Sie hat sich nützlich gefühlt in diesem Moment, Linslet hat ihr bei ihrer gemeinsamen Shoppingtour erklärt, dass sie in diesem Moment glücklich gewesen ist.

Obwohl Eve sich immer noch sicher ist, ihre Emotionen in diesem Moment nicht annähernd richtig beschrieben zu haben.

„Eve?“

Sie sieht direkt in Svens Gesicht, er hält zwei Eistüten in der Hand. Train macht sich schon glücklich über seine Portion her, scheinbar ist es ihm egal, in welchem Zustand sich Milch befindet, die er zu sich nimmt. Seine Vorliebe für dieses Getränk ist Eve schon in den ersten Tagen, die sie gemeinsam verbracht haben, aufgefallen.

Sie rückt ein Stück, damit auch Sven noch auf die Bank passt. Nun sitzt sie zwischen ihm und Train, er hält ihr eine der Eistüten hin.

„Ich dachte mir, ein paar neue Sorten auszuprobieren kann nicht schaden.“

Eve nickt. Sie ist ihm dankbar für alles, was er für sie tut.

Auch dafür, dass er sie überhaupt mitgenommen hat. Sie weiß, dass es ihn einige Überwindung gekostet hat, tatsächlich zuzustimmen. Seiner Meinung nach ist der Beruf des Sweepers nichts, mit dem ein Kind – denn das ist sie in seinen Augen – zu tun haben soll.

Vorsichtig probiert sie das Eis in ihrer Hand. Die erste Sorte schmeckt nach Orange, die zweite kann sie nicht zuordnen, aber es schmeckt ihr außerordentlich gut.

„Was ist das hier für eine Geschmacksrichtung?“, fragt sie Sven. „Das eine ist Orange, aber das andere …“

Sven lächelt, es ist ein offenes Lächeln. Sie mag diesen Gesichtsausdruck.

„Das ist Himbeere“, beantwortet er ihre Frage. Sie wiederholt das Wort in Gedanken. Eine Eissorte, die sie auf jeden Fall öfter zu sich nehmen wird.

Abwesend lehnt sie sich an Svens Schulter, während sie schweigend ihr Eis essen.

Beinahe kann sie vor ihrem inneren Auge sehen, wie er erst erstaunt in seiner Bewegung verharrt, dann aber anfängt zu lächeln.

Train gähnt neben ihnen, sie stehen auf und machen sich auf den Rückweg zu dem Hotel, in welchem sie momentan wohnen.

Eve nimmt Svens Hand in ihre, während sie laufen.

Er ist es, der ihr die Möglichkeit gibt, menschlich zu sein, frei zu entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen will.

Und sie wird diese Herausforderung, dieses „Abenteuer Menschlichkeit“, wie sie es still und heimlich für sich nennt, annehmen und sich ihm stellen.

Das ist sie nicht nur sich selbst schuldig, sondern vor allem Sven, denn sie möchte, dass er stolz auf sich sein kann.

Und vor allem möchte sie, dass er stolz auf sie ist und sieht, dass sich die Anstrengungen, die er für sie auf sich genommen hat, lohnen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2011-07-25T18:00:46+00:00 25.07.2011 20:00
Hey,

zuerst Eve ist in meinen Augen absolut IC. Ich meine, sie scheint auch in der Serie nicht elf, sondern deutlich reifer zu sein. Sie hatte ja nie die Möglichkeit ein Kind zu sein. Deswegen finde ich deine Sorge absolut unbegründet, du hast Eve sehr gut getroffen.
Ich mag es wie du Eves Gefühle beschreibst, wobei sie sich selbst noch sehr unsicher ist und für sie eigentlich alles eine neue Erfahrung ist.
Vor allem die Erwähnung mit dem Picknick finde ich süß oder mit dem Himbeereis.
Generell ist der Os einfach nur gut gelungen, ich mag Train, der sie ärgert und den sie nicht so ganz zu verstehen scheint. Ich mag Linselt, die ihr mal versucht hat ihre Gefühle zu verstehen und ich mag Sven mit dem Eis.
Es ist ein herrlicher Os, der sehr passend zu dem Werbespruch ist.
Vielen lieben Dank dafür.
Aber eins musst du mir verraten, zu welchem Fandom wolltest du eigentlich schreiben? Ich hatte mit Naruto oder Fairytail gerechnet, deswegen bin ich umso überraschter gewesen, dass es Black Cat geworden ist.;)

Nochmal herzlichen Dank für den süßen Os und liebe Grüße,
Mita


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