Zum Inhalt der Seite

Ein Bruder für jede Schwester

Flucht durch die Ewigkeit
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Nur noch uns

Kapitel 31: Nur noch uns
 


 

„Die Menschen, die am Ende eines Tages noch bei einem sind, das sind diejenigen, die es wert sind, dass man bei ihnen bleibt. Natürlich kann man sich auch zu nah kommen. Andererseits ist es manchmal genau das, was man braucht: sich jemandem ganz nah zu fühlen.“ (Greys Anatomy)
 

Katherines Sicht:

Rückblick

Vorsichtig sah ich zu Helena, die traurig und gebrochen aussah und deren Blick immer wieder zu nach hinten glitt, zu unserem Zuhause.

Nein, es war nicht mehr unser Zuhause.

Es könnte noch ihres sein, aber sie hatte es für mich aufgegeben.

Ich sollte selbstlos sein und ihr sagen, dass sie das nicht tun sollte, dass sie mit unseren Brüdern wieder zurückreisen sollte.

Dass sie sich einen Mann, den sie mag suchen und den sie heiraten sollte.

Aber keines der Worte kam über meine Lippen.

Ich konnte das einfach nicht.

Es schmerzte mich und machte mich traurig, aber trotzdem konnte ich sie nicht loslassen.

Wenn ich sie gehen lassen würde wäre ich allein und nicht einfach nur allein, wie ich es ohne meine Familie war.

Ich wäre vollkommen allein und nicht einmal vollständig.

Helena gehörte zu mir, sie war meine kleine Schwester und ein Teil von mir.

Ohne sie würde mir etwas fehlen.
 

Vielleicht war es egoistisch, aber ich brachte es nicht fertig selbstlos zu sein.

Deswegen sah ich sie nur an und als sie zu mir sah, bemerkte ich die Tränen auf ihrem Gesicht.

Zaghaft griff ich nach ihrer Hand und versuchte zu lächeln, auch wenn es wahrscheinlich mehr als nur kläglich aussah.

Aber ich musste für sie stark sein, wenn sie schon alles für mich aufgab, dann musste ich Diejenige sein die stark war und die ihr Halt gab, denn sie gab mir ihren, mit ihrer bloßen Anwesenheit.

Ich durfte nicht weinen, das stand mir nicht zu, nur ihr.

Es dauerte fast den halben Tag, bis wir endlich am Hafen ankamen.

Gabriel und Philipp regelten alles was wichtig war, unsere Tickets, unsere Kabine und Christoph und David halfen uns mit dem Gepäck.

Keiner sagte etwas und doch wusste ich, dass sie mich hassen mussten.

Meine Brüder mussten mich hassen, nicht nur weil ich ging und sie eine Schwester verloren, ich nahm ihnen auch noch ihre andere.

Es war so ungerecht und sie konnten sicher gar nicht anders, als mich zu hassen, es war nur fair.
 

Gabriel nahm Helena zur Seite und ich sah wie er ihr die Tickets gab und mit ihr ein paar Worte wechselte.

Mein kleiner Bruder David sah mich mit Tränen in den Augen an.

Er war gerade mal dreizehn Jahre alt und der jüngste von uns Geschwistern.

Ich nahm ihn in die Arme und versuchte zu verhindern, dass auch mich die Tränen überrollten.

Ich hatte ihn so lieb. Sanft küsste ich ihn auf den Kopf und wuschelte ihn durch seine dunkelbraunen Haare.

Er war so unschuldig und lieb und ich war mir nicht mal sicher, ob er wirklich verstand was hier vor sich ging.

So unschuldig sah er mich auch aus seinen graublauen Augen an.

„Bitte, Katerina bleib.

Ich will nicht, dass ihr geht.

Das geht einfach nicht, ich werde dich zu sehr vermissen.“

Sofort nahm ich ihn wieder in die Arme und drückte ihn noch fester an mich.
 

Ich streichelte über seine Wange und küsste ihn auf die Stirn.
 

„Ich hab dich lieb David und es tut mir so unendlich leid“, sagte ich ihm reuevoll und diese Worte waren nicht nur an ihn gerichtet.

„Bitte nicht, Schwester.

Bitte nicht!

Bleib hier, ich…“

Christoph legte eine Hand auf Davids Schulter und unterbrach ihn somit.

Er schüttelte den Kopf und David schien nur noch mehr zu weinen.

Vorsichtig sah ich Christoph an, mit David zusammen war er Derjenige gewesen mit dem ich am meisten Zeit verbracht hatte.

Zögernd reichte ich ihm meine Hand und er sah darauf. Als ich sie zurückziehen wollte, nahm er meine Hand und zog mich zu sich.

Er schlang seine Arme um mich und küsste mich auf die Wange.

„Du warst so dumm, Katerina.

So dumm“, meinte er seufzend und strich durch meine Haare.
 

Ich zog seinen Geruch ein, er roch nach einer Mischung aus unseren Pferden und Holz.

Das lag wohl daran, dass wir alle viel mit Pferden zu tun hatten und dass Christoph meist derjenige war, der Holz hackte.

Er war nur ein Jahr älter als ich und Helena.

„Ich weiß, ich weiß…

Es tut mir so leid.

Ich werde euch so sehr vermissen“, flüsterte ich.

Ich wollte nicht gehen, das war nichts, was ich jemals angestrebt hatte.

Sie waren meine Familie, ich liebte meine Familie und ich wollte bei ihnen bleiben.

Christoph sah traurig aus, er sah mich aus seinen dunkelblauen Augen aus an.

Seine dreckigen blonden Haaren waren total verwuschelt und hatten heute anscheinend noch keinen Kamm gesehen.

Sanft fuhr ich ihm durch die Haare und versuchte sie ein wenig zu richten.
 

Danach kam Philipp zu mir und auch er schloss mich in seine Arme, was mich wahrlich verwunderte.

Philipp war zurückhaltend und er sah mir und Helena sehr ähnlich.

Er hatte dieselbe Haarfarbe wie wir und genauso braune Augen, er sah ordentlich und korrekt aus und er war groß und schlank.

Er hatte viele Muskeln, er und Gabriel trainierten oft zusammen und kämpften gegeneinander.

„Stell nichts Dummes an, Katerina“, warnte er mich und küsste mich auf die Stirn.

Leicht nickte ich und nahm mir wirklich vor, bewusst nichts Dummes anzustellen.

Als letztes kam Gabriel zu mir und selbst er umarmte mich.

Er war acht Jahre älter als ich und Helena, Philipp nur vier.

Er hatte goldblonde leicht gelockte Haare und graue Augen.

Gabriel war nicht nur der Älteste, sondern auch der größte von uns, er war sogar größer als unser Vater.

„Bitte tu mir den Gefallen, Schwester und hör ab sofort auf das was Helena sagt.

Du bist zwar älter, aber sie ist vernünftiger, also hör auf sie, ja?

Versprichst du mir das?“, flüsterte er mir zu und küsste mich auf meine Stirn.
 

Eifrig nickte ich.

„Ich verspreche es!“, sagte ich und meinte es ernst damit.

Keiner der Jungs, bis auf David, weinten.

Natürlich nicht, wie auch.

Sie durften es nicht.

Männer zeigten keine solchen intensiven Gefühle, das war nicht nur eine Regel unseres Vaters, sondern auch eine unserer Gesellschaft.

Ich spürte Tropfen auf meiner Wange und wollte meine Tränen wegwischen, doch sie waren viel kälter.

Verwundert schaute ich nach oben in den Himmel und merkte wie es langsam anfing zu regnen.

Aber bei ein paar Tropfen blieb es nicht lange, ein paar Sekunden später steigerte sich die Zahl so sehr, dass wir vollkommen nass wurden.

Wie eine dichte Wand prasselte der Regen auf uns hernieder.
 

Gabriel küsste sowohl mich, als auch Helena noch einmal und schubste uns dann Richtung Schiff.

„Na los, schnell rein da mit euch und zieht euch was anderes an, sonst werdet ihr krank“, jagte er uns davon.

Ich musste schlucken und merkte nur nebenbei wie Helena sich bei mir unterharkte.
 

„Lebt wohl!“, rief sie zu unseren Geschwistern und ich schaffte es nur ihnen zuzunicken.

Wir liefen hinauf auf das Schiff und der Regen hatte bereits unsere Kleidung durchgeweicht, die nun an unserem Körper klebte.

Als ich nach hinten sah, merkte ich wie Christoph David festhielt, der laut schrie und weinte und offensichtlich zu uns laufen wollte.

Philipp winkte uns leicht zu und ich sah zu Gabriel, der so ernst aussah.

Da drang es zum ersten Mal wirklich in mein Bewusstsein.

Wir würden unsere Brüder nie mehr wiedersehen.

Das hier war ein Abschied für immer, womit ich wirklich nie gerechnet hätte.

Ich wollte das nicht, das hatte ich niemals gewollt.

Ich hatte mich doch nur verliebt und das hatte bis hier hin geführt, wie weit würde mich diese Sache noch weitertreiben.

Welche Konsequenzen würde das noch haben?
 

Wir gingen auf das Schiff und dann hinein, meine Brüder verschwanden für immer aus meinen Blickwinkel.

Noch fester klammerte ich mich an meine Zwillingsschwester und wir suchten unsere Kabine auf.

Zwar hatte Gabriel gesagt wir sollten uns umziehen, doch wir setzten uns auf das untere Ende des

Doppelbettes.

Schweigend schlangen wir die Arme umeinander.

Alle waren weg, ich war allein, bis auf meine zweite Hälfte.

Bis auf meine Schwester waren alle weg und ich würde sie nie wieder sehen.

So nah wie möglich rückte ich an Helena ran, denn das war es was ich jetzt brauchte, ihre Nähe, ihre Geborgenheit, ihren Schutz.

Wieso war sie nicht meine ältere Schwester?

Ich war nicht gut für diesen Job geeignet.

Ich hatte versagt und jetzt war das Einzige was wir noch hatten, uns.

Rückblick Ende



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück