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Ein Bruder für jede Schwester

Flucht durch die Ewigkeit
von

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Der Kuss

Kapitel 35: Der Kuss
 


 

„Ein Kuss klingt nicht so laut wie eine Kanone. Aber das Echo lebt länger.“ (Oliver Wendell Holmes)
 

Elijahs Sicht:

Rückblick

Mit Helena an meiner Seite sah ich die Welt auf einmal ganz anders als vorher.

Sie erschien mir irgendwie… schöner, lebenswerter.

Natürlich wusste ich, dass die Welt sich nicht wirklich verändert hatte, sonders dass es meine Sichtweise war, die nun anders war.

Zusammen entfernten wir uns von dem Anwesen der Burg, sodass wir schon bald aus der Sichtweite der Angestellten waren.

Ich verstärkte den Druck um Helenas Arm und hielt an, weswegen sie es auch tun musste.

Fragend sah sie mich an.

„Wo wollen sie hin?“, fragte ich und sah ihr dabei in die Augen.

Sie wurde nicht wirklich nervös, aber sie zögerte und ich schloss daraus, dass sie selbst nicht wirklich darüber nachgedacht hatte.
 

Etwas hilflos deutete sie in Richtung Norden.

„In den Wald, dort war ich noch nicht“, meinte sie und ich musste lächeln.

Ich nahm ihre Hand in meine und küsste sie zärtlich. Ziemlich verblüfft sah sie mir in die Augen.

„Ein anderes Mal, Helena.

Ich will ihnen und ihrer Familie keinen Schaden zufügen.“

In ihren Augen erkannte ich, dass sie verstanden hatte, was ich damit meinte.

„Das würde nicht passieren, es gibt keine Familie mehr die ich habe, außer Katerina“, erklärte sie und konnte dabei den Schmerz in ihrer Stimme nicht verschleiern.

Sanft strich ich über ihre Hand, auch wenn ich ihr lieber über die Wange streichen würde, um sie zu trösten.

„Helena, ich weiß, dass sie es trotzdem noch haben und das will ich ihnen nicht nehmen.

Zumindest nicht so.

Wenn, dann will ich sie für immer bei mir haben.“
 

Ich merkte wie sie den Atem anhielt und mich unverändert verblüfft ansah, bis ich beschloss sie aus ihrer Starre zu befreien.

„Das ist nicht gesund, was sie tun.

Bitte atmen sie“, bat ich sie und eine sanfte Röte legte sich auf ihren Wangen, die sie nur noch bezaubernder machte.

Ich zog sie näher zu mir und suchte einen neuen Weg aus, den wir gehen konnten, wo die Leute einen guten Blick auf uns hatten, sodass ich ihren Ruf unbefleckt lassen konnte.

Mir kam ein Gedanke, der sich nicht verdrängen ließ, seit sie ihn angesprochen hatte.

„Würden sie mir etwas über ihre Familie erzählen?“ Auf ihren fragenden Blick, fügte ich schnell hinzu: „Nur, wenn es ihnen nichts ausmacht, natürlich.“

Sie atmete noch einmal tief durch, so als müsste sie sich sammeln.

„Ich habe zwar nur eine Schwester, aber dafür vier Brüder.“

Überrascht sah ich sie an. Vier. Sechs Kinder waren nicht ungewöhnlich, aber es erinnerte mich sogleich an meine eigene Familie, auch ich hatte vier Brüder und eine Schwester.

Auch wenn es in ihrer Familie ein Mädchen mehr gab und sie war die jüngste. Ich war dankbar darum, dass es so war.
 

„Einen jüngeren Bruder, namens David. Er ist dreizehn Jahre alt und müsste bald vierzehn werden, der den ganzen Tag bei den Pferden verbringen könnte, ohne dass ihm langweilig werden würde.

Christoph war derjenige, der immer im Wald war und dort Bäume gefällt hat. Er hat Holz gehackt und Katerina und David waren in seiner Nähe, bei den Pferden. Er war ebenfalls älter als ich, da ich die zweitjüngste in der Familie bin.“

Es erinnerte mich daran, wie jung sie eigentlich war.

Nicht nur im Gegensatz zu einem Vampir, sondern auch als Mensch, war sie gerade mal eine junge Frau.

Natürlich schon im heiratsfähigen Alter, das war man schon mit dreizehn und doch war sie noch ein Kind, das man viel zu früh zu einer Erwachsenen erzogen hatte.

„Philipp und Gabriel, sie waren diejenigen mit denen ich am meisten Zeit verbracht hatte.

Sie haben immer viel trainiert und wir hatten uns gegenseitig bei unseren Pflichten geholfen.

Philipp war mir ziemlich ähnlich, er hat mir das Lesen beigebracht und Schach zu spielen. Wir haben abends Stunden lang im Schweigen miteinander verbracht.

Gabriel war so etwas wie mein persönlicher Engel, zumindest schien es mir immer so. Er hat mir bei allem geholfen, mich aufgebaut und getröstet. Es war als würde er immer die richtigen Worte für mich finden.“
 

Sie hatten ihnen nah gestanden, ihren ältesten Brüdern hatte sie näher gestanden, als ihren jüngeren, auch wenn ich an ihrer Stimmlage merkte, dass sie sie ebenso geliebt hatte.

„Katerina und ich waren so unterschiedlich, wie wir es auch jetzt noch sind, und doch wussten wir immer was die Andere dachte und fühlten mit ihr.

Nie hatte ich jemanden besser verstanden als sie und sie war mir immer das Wichtigste, obwohl wir kaum etwas gemeinsam haben.

Sie ist nun mal meine…“

Helena stoppte und runzelte die Stirn, ihr Blick glitt zu Boden und sie versuchte es irgendwie zu erklären.

„…Schwester“, vollendete ich ihren angefangen Satz.

„Zwillingsschwester.“ Sie sagte es, als hätte es eine ganz andere Bedeutung, zumindest für sie. „Und ich brauche sie auf eine Art, wie kein anderer Mensch sie ersetzen kann.

Sie ist einfach, ein Teil von mir.“
 

Ein Teil von ihr.

Ich dachte an Klaus oder Rebekah und fand dort zwar tiefe geschwisterliche Gefühle für sie, aber sie als einen Teil von mir zu sehen, ohne den ich nicht eins wäre, das konnte ich mir nicht vorstellen.

Wenn es einen fehlenden Teil zu meiner Seele gab, dann war es Helena.

„Das klingt verrückt, oder?“, fragte sie und verdrehte über sich selbst die Augen.

„Nein, es klingt wunderschön“, gab ich zu und es wäre schön so etwas zu fühlen. Zaghaft lächelte sie mich an und dann fiel mir auf, dass ich so etwas fühlte, nur eben nicht bei meinen Geschwistern, sondern bei ihr.

„Was ist mit ihren Eltern?“, fragte ich weiter nach.

Ich spürte wie sich ihr Körper an meiner Seite verkrampfte und ich wünschte mir in diesem Moment, dass ich nicht nachgefragt hätte.

„Mein Vater war… streng und schwierig.“ Sie wählte ihre Worte bedacht und es gab wohl noch einiges mehr zu sagen, aber sie sprach es nicht aus, sondern schluckte es herunter.

Dann lächelte sie sanft und ihr Gesicht erhellte sich bei ihren nächsten Worten.

„Meine Mutter war einfach nur wundervoll. Sie war sanft, liebevoll, fürsorglich, mitfühlend und egal was man tat, sie war für einen da. Ihre größte und stärkste Eigenschaft war es ihre Kinder alle gleichermaßen, unwiderruflich und bedingungslos zu lieben.

Meiner Meinung gibt es keinen besseren Menschen als sie.“
 

Ansichtssache.

Allerdings schien sie eine tolle Mutter zu haben, auch war es unsere gewesen.

Mutter war besser gewesen als Vater, das hatten wir alle gewusst und auch so gesehen und doch hatte sie sich selten gegen ihn durchsetzen können.

Aber sie hatte uns so sehr geliebt, dass sie uns in Vampire verwandelt hatte.

„Was ist geschehen, dass sie von ihnen in der Vergangenheit reden und nicht mehr ihre Familie sind.

Es hört sich nicht wirklich an, als wären sie tot.“

Mehr als hätte sie etwas auseinander getrieben, aber was gab ihnen Anlass sich von ihrer Familie zu trennen?

Das machte keiner, schon gar nicht zwei junge Mädchen.

„Ich hätte es nicht tun müssen, aber ich habe mich dafür entschieden.

Es war meine Wahl, Katerina zu begleiten. Ich hätte nicht gehen müssen, aber sie…“

Ich verstand es, auch ohne dass sie die Erklärung beendete und jetzt wusste ich auch, warum es keine Rolle mehr für sie spielte, wenn wir allein gesehen werden würden.

Auf einmal war es mir so klar, was Katerina getan haben musste und ich konnte es mir wahrlich vorstellen.

Es erklärte so einiges und es machte sie blind.

Sie suchte so sehr nach Liebe, dass sie nicht sah welche Gefahr sie bereits umschlossen hatte.
 

Aber wenn ich zu Helena hinunterblickte, sie war so rein und unschuldig, wie ein Kind es nur sein konnte und ich wollte es ihr nicht einfach unehrenhaft nehmen.

Sie hatte mehr als das verdient, so viel mehr, wahrscheinlich mehr als ich ihr geben konnte, aber ich war zu egoistisch, um sie gehen zu lassen.

Für mich würde sowieso nie jemand gut genug für sie sein.

Wir machten uns wieder auf den Rückweg, zu der Burg, da es langsam dunkel wurde.

„Was ist mit ihrer Familie, würden sie mir etwas von ihr erzählen?“, fragte sie mich und sah mir nun neugierig in die Augen.

Nun, ich nehme an, das wäre jetzt nur fair.

„Meine Mutter brachte sieben Kinder auf die Welt.

Eines starb wirklich sehr früh.

Henrik wurde umgebracht, er war noch sehr jung.

Finn ist auch tot.“ Gut, zumindest irgendwie.

Helena sah mich entsetzt an und ich musste meine Worte wohl falsch gewählten haben.

„Es tut mir leid für sie“, sagte sie. Natürlich, sie war eine so mitfühlende Person, das niemand der sie etwas kannte, darüber überrascht sein würde.

„Schon gut. Aber Klaus lebt noch, ihn kennen sie bereits und dann sind da noch Kol und Rebekah, sie werden sie bald kennenlernen. Ich werde sie ihnen vorstellen“, versprach ich ihr.
 

Irgendwie musste ich Klaus nur noch begreifbar machen, wie wichtig Helena mir war und zwar ohne dass er auf den Gedanken kam, dass sie meine Schwäche bedeutete und er ihr etwas antat.

Sie war zwar ein Doppelgänger, aber es gab noch Katerina.

Zwar wäre es Helenas Verlust, aber es war nicht mal eine wirkliche Wahl, es gab kein Vergleich.

Auch in diesem Fall war ich selbstsüchtig genug, sie nicht sterben zu lassen.

„Was ist mit ihrer Mutter und ihrem Vater?“, fragte sie nach und ich konnte mir ein knappes Lächeln nicht verkneifen, als ich merkte wie ähnlich diese Situation ihrer wieder war.

„Mein Vater ist wohl… nunja, wie ihrer, schätze ich.

Meine Mutter hat uns sehr geliebt, aber sie starb schon vor einer Weile.“ Durch die Schuld meines Vaters.

Ich hoffte nicht, dass Helenas Vater ebenfalls so grausam war.

Unser Gespräch fand ein Ende, als wir uns Klaus und Katerina zum Abendessen anschlossen und wir schwiegen beide, wie auch sonst üblich, wohingegen mein Bruder sich mit ihrer Schwester, wie immer über etwas, für mich unwichtiges unterhielt.
 

Ich begleitete Helena allerdings zu ihrem Zimmer, das sie sich mit ihrer Schwester teilte.

Nicht unter den Blicken meines Bruders zu sein und dazu auch noch mit ihr allein, war um einiges angenehmer.

„Ziehen ihr Bruder und ihre Schwester zu ihnen, dass sie hierher kommen?“, riss sie mich aus meinen Gedanken und kurz musste ich nachdenken, wie sie darauf kam. Aber dann fiel es mir wieder ein, dass ich sie den beiden vorstellen wollte.

„Nein, wir veranstalten ein Fest, zum Geburtstag unseres Bruders Kol, allerdings wird er nicht lange bleiben. Er lebt in Rom.“ Zurzeit zumindest.

Helena nickte verstehend und vor ihrer Tür bleiben wir stehen.

„Würden sie mir die Ehre erweisen, mich zu dem Fest zu begleiten?“, fragte ich höflich nach, aber etwas das mir auf der Seele lag und wichtig für mich war.

Sofort sah ich, wie sich wieder diese bezaubernde Röte auf ihre Wangen legte, aber sie nickte leicht und lächelte mich an.

Dieses Lächeln, das mir mehr gab, als sie sich träumen lassen konnte.

Meine Hand legte sich wie von selbst auf ihre Wange und ich kam ihr immer näher. Sie wusste eher was ich tat, als ich selbst.

Helena schloss ihre Augen und sanft legte ich meine Lippen auf ihre.

Nur einen Moment, ein paar Sekunden und doch brachen mehr Gefühle über mich ein, als ich in den letzten Jahrhunderten gefühlt hatte.

Der Kuss war so schnell vorbei und doch brannten meine Lippen wie Feuer und ich konnte in ihren Augen sehen, dass sie dasselbe fühlte.

„Danke“, flüsterte sie zaghaft und schüchtern wendete sie sich ab.

„Gute Nacht, Helena“, wünschte ich ihr, bevor sie verschwand und mich mit einem Gefühlschaos zurückließ, dass ich glaubte nicht bewältigen zu können und vor allem, das nicht so schnell verschwand.

Es verhallte weiterhin in mir und fesselte mich an dieses einzigartige Wesen.

Rückblick Ende



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