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Wolfschroniken - Sidestorys

Abseits der Wege :3
von

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Wolfskinder Sternenwege - Windsgesang

Ahkuna lief lachend über den Sand. Die Sonne Navarres wärmte ihr Fell und die schier unendliche Weite um sie herum lud sie zum Laufen ein. Sie lief gerne, es gab ihr ein Gefühl von Glück und Freiheit, etwas, was sie die meiste Zeit schmerzlich vermisste.

Meistens wurde ihr, nach Freiheit, nach Unbändigkeit strebender Geist so eingeengt, das sie meinte, nur der Tod könnte sie davon wirklich und wahrhaftig befreien. Doch nun war sie wirklich frei. Sie hatte die ganze Welt nur für sich, sie konnte laufen, tanzen, lachen und niemand würde es ihr verbieten. Es war einfach keiner da.

Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag. Sie blieb stehen und schaute sich um. Sie war völlig alleine. Sie mochte frei sein, aber sie wollte nicht einsam sein. Sie schaute zurück, wusste, das sie umkehren konnte, zurück in die Gefangenschaft des goldenen Käfigs, den man von klein auf schon um sie herum gebaut hatte.

Stattdessen jedoch schüttelte sie entschieden den Kopf und ging langsam weiter. Sie liebte die Wüste, sie mochte den warmen Sand und die helle Sonne. Es war hier kein Sommer, den sonst wäre sie hier schon längst verdurstet. So aber erfreute sie sich einfach an der Wärme.

Da gewahr sie eine Gestalt. Sie wusste, dass jeder, der nicht in der Wüste aufgewachsen war, manchmal sehr schnell unter der Sonne aufgeben musste, denn sie konnte sich noch sehr genau an Manas ersten Besuch erinnern. Das Mädchen, das in den Eiswüsten Wynters aufgewachsen war, hatte keine zwei Stunden auf dem Pferderücken ausgehalten, bevor sie ohnmächtig zusammengebrochen war.

Seitdem war Ahkuna immer sehr vorsichtig, wenn sie auf Fremde traf, die so gar nicht in die Wüste zu passen schienen. Viele von ihnen unterschätzten die Sonne. So lief sie auch sogleich los, als sie die Gestalt gewahr. Sie wollte helfen, sollte es nötig sein.

Doch als sie näher kam, das erkannte sie, das sie nicht helfen brauchte. Die alte Frau, die im Schatten eines Felsens saß und ruhig an ihrem Spinnrad ihr Tageswerk tat, schien gesund und munter. Deswegen wurde Ahkuna langsamer, doch sie beschloss, die alte Frau dennoch anzusprechen.

»Gute Tag, kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?«, fragte sie und lächelte schüchtern.

»Ich habe auf dich gewartet, kleine Wüstenprinzessin«, begrüßte sie alte Frau sie stattdessen, ohne auch nur aufzublicken.

»Wirklich? Dann bist du bestimmt die Norne, oder?«, mutmaßte das Mädchen.

»Genau so ist es. Ich bin Urd«, antwortete die Frau, während Ahkuna sich in den Sand setzte. Es erschien ihr so unhöflich, einfach stehen zu bleiben und auf eine so viel ältere Person hinabzuschauen, als wäre sie etwas Besseres.

»Skadi sagte, das du mir etwas über mich erzählen würdest…«, überlegte Ahkuna laut.

»Da hat Skadi recht. Ich werde dir deine Fragen beantworten, wenn du welche hast«, bot Urd an. Ahkuna überlegte einen Moment, dann nickte sie langsam.

»Ich möchte gerne von dir wissen, was Liebe ist«, bat sie.

»Liebe ist bloß ein Wort«, antwortete die Norne darauf hart und mit einem strengen Tonfall, doch Ahkuna ließ sich nicht verschrecken.

»Das weiß ich wohl, aber… was bedeutet es? Was ist das Gefühl, das wir so nennen? Ist es nur Zuneigung oder geht es tiefer…? Weißt du, ich wüsste gerne, ob ich die Liebe schon kennen lernen durfte. Ich glaube es, aber ich… ich bin mir nicht sicher. Und für eine Illusion, für etwas, was ich einfach nicht richtig deuten konnte, will ich nicht einen Fehler begehen, der eine Kettenreaktion ins Verderben heraufbeschwören könnte. Ich glaube, dass es liebe ist, aber ich bin mir nicht sicher. Also erzähl mir bitte von diesem Gefühl. Damit ich mir sicher sein kann«, bat sie.

»Du redest von Ace, nicht wahr, Wüstenprinzessin?«

Ahkuna zögerte, doch schließlich nickte sie. Warum sollte sie es auch leugnen? Und das auch noch einer Frau gegenüber, die vermutlich viel mehr über sie wusste, als sie selbst?

»Weißt du, Wüstenprinzessin, wahre Liebe ist viel mehr, als das, wovon das Wort erzählen kann. Zuneigung wird oft dafür gehalten, so mancher ist schon diesem Irrtum erlegen. Und manchmal kann selbst wahre Liebe nicht bestehen. Weißt du, es gibt nur sehr selten dieses glückliche Ende, in dem die Prinzessin mit ihrem Prinzen bis in alle Ewigkeit leben darf. Denkst du, dass du zu diesen Wenigen gehören könntest?«

Das Mädchen zögerte, dann verneinte sie traurig.

»Ich denke, es ist Zeit, dass du weitergehst«, forderte Urd sie auf. Ahkuna blinzelte erstaunt. Eigentlich hatten sie doch gar nicht viel besprochen…? Doch sie widersprach nicht, stattdessen nickte sie und stand wieder auf.

»In welche Richtung muss ich gehen?«, fragte sie.

»Wohin du willst. Hier führt jeder Weg ans Ziel«, lächelte Urd. Das Mädchen nickte, wandte sich ab und ging einfach los. Ohne, das sie bewusst eine Richtung wählte.

Irgendwann begann sie wieder zu laufen, spürte dabei, wie sich ihr Körper zu verändern begann, bis sie schlussendlich eine Wölfin war und um sie herum das rote Gleißen des Sonnenuntergangs den Sand scheinbar zum Brennen brachte. Sie war in der Gegenwart angelangt, das wusste sie. Doch wo nur war die zweite Norne?

Da plötzlich fegte ein heftiger Wind über das Land, doch sie hatte keine Angst. Sie mochte den Wind, den auch er erzählte von Freiheit. Sie folgte ihm lachend, jetzt war sie nicht mehr allein. Sie sprang so hoch und weit, wie sie konnte, um ihm nahe zu sein, bemerkte dabei nicht einmal die junge Frau, die an einem Webrahmen saß und wob.

»Willst du nicht zu mir, Windsgesang?«, erkundigte die sich. Dabei nutzte sie die Macht des Namens, denn sofort und ohne wirklich zu verstehen wieso, blieb Ahkuna stehen und schaute sie aus großen Augen an. Sie spürte, dass es nicht ihr Wille war, doch die gehorchte trotzdem. Sie musste gehorchen, etwas anderes beherrschte ihren Willen.

Doch die zweite Norne ließ sie schon nach einigen Schritten wieder frei, sodass sie sich freiwillig vor die Frau setzte.

»Woher kennst du meinen Schülernamen?«, erkundigte sie sich leise, aber nicht ängstlich.

»Solche Dinge sind niemals ein Geheimnis für uns, Wüstenprinzessin. Doch du bist nicht Grundlos hier. Erzähl es mir, was hast du auf dem Herzen?«, erkundigte sich die zweite Norne.

»Nun, ich…«, sie wusste nicht genau, wie sie am Besten beginnen sollte. Sie seufzte schwer und legte sich dann nieder.

»Es begann damit, dass ich einen neuen Leibwächter bekam. Weißt du, Wüstenprinzessin ist gar nicht so falsch, immerhin bin ich nicht irgendwer… Meine Eltern hatten angst, dass mir etwas geschehen könnte, nachdem mein alter Leibwächter einmal versagt hatte, also bekam ich einen neuen. Er ist nicht einmal viel älter als ich, aber er galt als der Beste. Er war immer so lieb zu mir, er hat mich auch nie behandelt wie eine Prinzessin, sondern wie jeden anderen auch. Es… es hat nicht einmal lange gedauert, bis ich ihn schon geliebt habe. Zumindest… glaube ich es…«, erklärte Ahkuna leise.

»Und was ist jetzt? Was ist deine Gegenwart, Ahkuna?«, erkundigte sich die junge Frau leise.

»Jetzt… na ja, Ace ist… er ist nicht meines Standes gemessen, wie man so schön sagt. Wir können nicht zusammen sein, das wäre ein Skandal. Es gibt da noch einen anderen jungen Mann, Nori. Er ist der Sohn eines Lords, ich weiß, dass meine Eltern es sehr gerne sehen würden, wenn ich ihn heiratete. Er ist auch sehr nett, gar nicht so eingebildet, wie man sich einen jungen Mann von Adel vorstellen würde, aber… er ist eben nicht Ace«, erklärte sie und vergrub ihre Schnauze in ihrem Brustfell.

»Was genau hindert dich daran, deinem Herzen zu folgen? Ahkuna, was soll dir bitte im Weg stehen?«, fragte die Norne sanft.

»Die bloße Tatsache, dass ich eine Prinzessin bin«, antwortete das Mädchen traurig.

»Bist du denn nicht bereit, alles, was man von dir erwartet, alles was man an der sehen will aufzugeben?«

»Doch. Aber nur, wenn diese Geschichte auf ein gutes Ende nehmen kann. Ich muss mir sicher sein können, dass es wirklich Liebe ist, was ich empfinde, und nicht nur eine fixe Idee. Sonst wache ich eines Morgens auf und bin ganz allein, ohne meine Eltern und ohne meine Geschwister, die dann nichts mehr mit mir zu tun haben wollten und bei einem Mann, für den ich nur Abscheu empfinde. Ich habe angst vor solch einer Zukunft«, erklärte sie traurig.

»Weißt du denn, was wirkliche Liebe ist?«

»Nein. Niemand hat mir diese Frage bisher beantwortet. Viele konnten es nicht und manche wollten einfach nicht«, antwortete sie.

»Dann hast du vielleicht nicht die Richtigen gefragt. Frag die, die dir von wahrer Liebe erzählen können. Es gibt genug in deiner Umgebung. Oder traue dich, es selbst herauszufinden. Was denkst du, was ist wahre Liebe?«

Nachdenklich schaute Ahkuna auf den Sand.

»Wahre liebe ist, wenn man bereit ist, alles zu Opfern, alles für eine einzige Person zu tun, ohne irgendetwas als Gegenleistung zu fordern.«

»Ich denke es wir Zeit, das du deine Zukunft besuchst. Es ist alles gesagt, was es zu sagen gibt«, fand die Norne.

Ahkuna stand zögernd auf und nickte. Auch jetzt überlegte sie, wohin sie wohl nun laufen musste, doch sie befand, das es wohl auch diesmal keine Rolle spielen würde, also lief sie los. Irgendwohin. Um sie herum wurde es Nacht, eine silberne Mondsichel erschien am Himmel und ihr Körper wurde wieder zu dem einer jungen Frau.

Nachdenklich wurde sie immer langsamer, bis sie gänzlich stehen blieb. Sie schaute in den samtig blauen Himmel und fragte sich, ob sie wirklich dazu bereit war, alles aufzugeben, für etwas, was so fatal schief gehen konnte.

Sie überlegte, ob sie weiterlaufen sollte. Sie konnte sich ihre Entscheidung so einfach abnehmen lassen, doch wollte sie das wirklich? Nein, gewiss nicht. Sie setzte sich in den Sand und begann laut zu singen. Sie kannte viele Lieder und sie sang sehr gerne, wenn auch nicht oft. Sie sang nur, wenn sie glücklich war. Oder traurig. Und nun sang sie ein Lied, das ihr Nea beigebracht hatte, als sie einmal, von Heimweh geplagt, die ganze Nacht nicht hatte schlafen können.

Sie konnte sich gut an diese Nacht erinnern. Sie war damals noch keine Schülerin, sie war nur zu besuch in Wynter. Sie hatte angst vor den Geräuschen vor ihrem Fenster gehabt, hatte sie weinend unter ihrer Decke versteckt, da war Nea hereingekommen, um nach dem rechten zu sehen. Sie hatte gemerkt, die schlecht es Ahkuna ging und war mit ihr hinausgegangen um die anderen Kinder nicht zu wecken.

Gemeinsam hatten sie sich ins Wohnzimmer gesetzt und Ahkuna hatte der Frau, alles erzählt, was ihr auf dem Herzen lag. Wie sehr ihr der Wind angst machte und wie sehr sie die warmen Nächte der Wüste vermisste und ihren Windbären.

Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis Nea begriffen hatte, wer ihr Windbär war. Es war ein riesiges Tier, das eines Nachts auf ihrem Balkon gestanden hatte. Damals hatte Ahkuna nicht gewusst, das es ein Bär und eigentlich sehr gefährlich war, sie war furchtlos auf ihn zugelaufen. Und hatte danach jeden Abend über Wochen hinweg mit ihm gesprochen, denn sie waren gute Freunde geworden.

Nea hatte ihr erklärt, das es der gleiche Wind war, der nun um die Fenster wehte. Ihr Windbär wollte ihr nur zeigen, dass sie nicht alleine war, das er sie beschützte. Und dann hatte ihr Nea dieses Lied beigebracht. Diese Nacht hatte ihr ihren Schülernamen eingebracht. Windsgesang.

Und hieran erinnerte sich Ahkuna nun, sang leise das Lied, das ihr immer am meisten Mut schenkte, wenn sie sich einsam fühlte. Es erinnerte sie daran, wie ihr Windbär um die Fenster wehte um zu zeigen, dass er auf die aufpassen würde.

Da flaute der Wind wieder auf, zeigte ihr auch dieses mal, das sie nicht alleine war. Er stürmte um sie herum, zerzauste ihr langes Haar, trocknete ihre Tränen.

»Wahre Liebe ist, wenn du dich traust alles aufzugeben und trotzdem immer weiterzukämpfen«, flüsterte er ihr ins Ohr.

»Ich werde kämpfen«, versprach sie fest. Sie zögerte kurz, doch dann setzte sie entschlossen hinzu: »Und ich werde alles aufgeben!«

»Dann wird auch alles gut werden. Deine Eltern würden dir niemals böse sein, weil du deinem Herzen folgst. Aber du musst ihm in all seiner Konsequenz vertrauen, wie falsch es dir auch erscheinen mag«, flüsterte der Wind.

»Das werde ich tun. Hab dank, mein Windbär«, rief sie lachend. Damit ging der Wind wieder. Sie überlegte kurz, ob sie dennoch zur dritten Norne gehen sollte, doch sie hatte ihre eigene Entscheidung getroffen. Sie wollte nicht wissen, ob sie gut oder schlecht war.

Und so entschied sie sich dagegen. Sie wandte sich lachend ab, fühlte ihr Herz, das vor Freude schier überlief, und lief über den Sand zurück. Eigentlich hätte auch dieser Weg in ihre Zukunft führen sollen, doch die Nornen schienen Ahkunas Entscheidung zu billigen, denn die dritte Norne sollte sie nie treffen.

Stattdessen kam sie bald wieder zur Wurzelhöhle, die sie nach draußen bringen würde. Sie sang leise ein Lied, das sich geisterhaft brach, während sie die durchquerte. Es klang ein wenig, wie der Gesang des Windes.

Als sie die Höhle wieder verließ, das lachte die Sonne gut gelaunt auf sie herab. Und sie fühlte sich frei und glücklich, als sie ihre Freunde wieder begrüßte, denn sie wusste trotzdem, das ihre Zukunft wunderbares mit ihr vorhatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2012-03-13T20:22:26+00:00 13.03.2012 21:22
Ich muss gleich noch ein dranschieben *_____________*
*schon zum dritten mal gelesen hat den Teil*
Schade das das alles Sachen sind die nicht so gelaufen sind XD
*______________*
Von: abgemeldet
2012-03-13T20:19:27+00:00 13.03.2012 21:19
Oh mein Gott wie geil *______________________________*
Ahhwwwwwwww >________________________< Ich vergöttere diesen Teil grade XD
Ahkuna und Ace <3 Man, total geil geschrieben und einfach... ahhhwwww *.*



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