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Ein neuer Blickwinkel

Großvaterparadoxon
von

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Spitznamen

Kapitel 25: Spitznamen
 


 

„Das erste Anzeichen wirklicher Liebe ist bei einem jungen Mann Schüchternheit, bei einem jungen Mädchen Kühnheit.“ (Victor Hugo)
 

Elijahs Sicht:

„Bekommst du das wieder in Ordnung?“, fragte mich meine Schwester seufzend.

Ich besah mir den umgekippten Pfeiler an, der ausgerechnet an der Erde, abgebrochen war.

„Ich schätze nicht.

Aber ich werde dir zusammen mit Finn einen neuen bauen, dann wirst du morgen oder übermorgen einen neuen bekommen“, versprach ich ihr.

Sobald er wieder da war, zumindest.

Es würde selbst wenn wir uns anstrengten, einige Zeit in Anspruch nehmen.

„In der Zeit werdet ihr dann euch weniger schmutzig machen, seh ich das richtig?

Weil das Wäschewaschen ist nur ein Teilprozess, die Wäsche muss auch trocknen, außer ihr erklärt euch bereit sie nass anzuziehen“, meinte Rebekah genervt.

Ich seufzte, weil ich es einfach schon gewohnt war und ihr Temperament einfach nur noch über mich ergehen ließ.

„Was soll ich denn sonst tun, Rebekah?“

Sie stellte sich alles immer so einfach vor, als würden sich alle Probleme einfach so in Luft auflösen, wenn sie vor uns standen und sie diese an uns übergab.
 

„Ich dachte schon es ist keiner da“, rief eine Stimme und erschrocken stand ich sofort auf, als ich Tatias Stimme hörte.

Mein Herz schlug, wie in letzter Zeit schon gewohnt, um einiges höher.

„Tatia!“, rief Rebekah begeistert aus und schon schienen ihre Sorgen vergessen zu sein.

Ich drehte mich zu ihnen und sah wie sie sich umarmten.

„Guten Tag, Rebekah, Elijah“, wandte sie sich an mich und nickte mir leicht zu, was ich erwiderte.

Sie überreichte Rebekah einen Korb, den sie bei sich trug.

„Ayanna meinte, du wolltest das gerne haben.“

„Danke.

Dann werde ich mich wohl daran machen etwas zu essen zu machen, frische Wäsche gibt es zumindest die nächsten Tage nicht“, erklärte sie und verschwand ins Haus.

Verwirrt runzelte Tatia die Stirn und sah meiner Schwester belustigt hinterher.

„Was hat sie denn?“
 

Ich deutete auf den kaputten Pfeiler hinter mir.

„Ihre Wäscheleine ist gerade nicht benutzbar und jetzt dramatisiert sie das Ganze.“

Verstehend nickte Tatia und kam auf mich zu, sie kam mir so nah.

Ich wusste nicht was ich tun sollte, allerdings ging Tatia an mir vorbei und band das Ende der Wäscheleine vom Pfeiler ab und hielt es mir dann hin.

„Warum verbindest du es nicht solange mit dem Haus, das dürfte doch auch funktionieren“, meinte sie und deutete zu unserem Haus.

Etwas perplex sah ich von der Schnur zum Haus und schätzte die Entfernung ab, das sollte funktionieren.

Sie übergab mir das Ende der Schnur und ihre Finger berührten dabei meine Hand.

Wie erstarrt sah ich auf meine Hand, die zu verbrennen schien.

Mein ganzer Körper bebte von so einer unscheinbaren Berührung.
 

„Elijah“, sagte sie und sofort schaute ich zu ihr, direkt in ihre wundervollen braunen Augen, die vor Wärme leuchteten. „Wieso kommst du mich nicht besuchen?“

Mein Körper kam zum Stillstand, wie ein Schock, der mich ergriff und mich einfach nur einfror.

Ich wusste nichts darauf zu erwidern.

Ich wollte sie sehen, so gerne, in jeden Moment, doch nie wusste ich was ich zu ihr sagen sollte.

Ihr Blick war so traurig und sie sah zu Boden.

„Hab ich was falsch gemacht?“

Ihre Frage zerriss mich innerlich und ich griff nach ihrer Hand, brachte sie dazu mich wieder anzusehen.

Es war als konnte sie in mich hineinsehen.

Sah sie meine Seele, meine Gedanken, meine Gefühle?

Sie zwang sich zu einem gequälten Lächeln und deutete dann auf die Wäscheleine.

„Wir sollten das reparieren, sonst habt ihr am Ende wirklich nichts anzuziehen“, meinte sie und ich machte mich daran die Schnur zu befestigen.

Ich schaute zu Tatia, die meinem Blick auswich.

„Ich denke ich werde deine Schwester die gute Nachricht berichten gehen“, beschloss sie und ich sah ihr zu wie sie nach drinnen ging.
 

Seufzend lehnte ich mich an die Hauswand, um meine Gedanken zu ordnen, die dank Tatia mal wieder alle durcheinander geraten waren.

Irgendwie wusste ich nie was ich zu ihr sagen sollte oder wie ich mich verhalten sollte.

Alle normalen Handlungsabläufe schienen mir in ihrer Gegenwart schwer zu fallen und ich wusste selbst nicht was ich genau tat.

Tatia war anders, anders als alle Mädchen die ich sonst getroffen hatte.

Vor allem war sie anders als alles was ich generell kannte.

Es war als würde sie alle guten Eigenschaften, die ich schätzte, in sich selbst vereinen und sie war sich dessen nicht einmal bewusst.

Sie wusste nicht, dass sie uns mit ihrem Verhalten beeindruckte und immer wieder aufs Neue ins Staunen versetzte.

Ich stieß mich von der Wand ab und ging hinein, in der Hoffnung dass sie noch da sein würde.

Tatsächlich stand sie mit Rebekah am Tisch und die beiden lachten miteinander und schnitten nebenbei das Gemüse.
 

Rebekah sah auf und bemerkte mich so.

„Weißt du was, Elijah?

Ich hab jetzt auch einen Spitzname von Tatia verpasst bekommen.

Sag ihn ihm, Tatia!“, forderte meine Schwester ihre Freundin auf.

„Becky“, meinte sie schmunzelnd. „Tatia ist der Meinung, dass man jeden Namen der zu lang ist auf schöne Weise verkürzen sollte.

Irgendwie stimmt es, deswegen nennen wir Niklaus auch immer Nik.“

Wie kamen die beiden nur auf solche Gesprächsthemen?

Sie schafften sich immer wieder über Dinge zu unterhalten, auf die wir anderen nie kommen würden.

Kol hatte das allerdings in einem Wort zusammen gefasst, Mädchen.

„Obwohl man Tatias Namen auch verkürzen kann, auch wenn er von selbst so kurz ist“, meinte Rebekah dann und ich zog eine Augenbraue hoch.

Tatia schüttelte den Kopf. „Nein“, meinte sie, schien dann aber genauer darüber nachzudenken und runzelte dabei die Stirn. „Wie?“, fragte sie nach.

„Tia, wir könnten dich auch Tia nennen.“

Rebekah klang bei ihrer Idee begeistert wie ein kleines Kind.
 

Ich ging zu den beiden, setzte mich am Tisch und sah ihnen zu.

„Welchen Spitznamen würde ich bekommen?“, fragte ich interessiert nach.

Überrascht blickte Tatia mich an, schüttelte dann aber den Kopf. „Das spreche ich lieber nicht aus, das wird zu lächerlich.“

Das brachte meine Schwester aber dazu noch viel neugieriger zu werden, sie liebte es Möglichkeiten zu haben uns in jeglicher Weise aufzuziehen.

„Oh bitte!“, flehte sie schon, doch zu meinem Glück schüttelte Tatia beharrlich den Kopf.

„Manche Dinge sollte man besser nicht aussprechen, sie verdienen es ein Geheimnis zu bleiben“, befand Tatia und ich musste nachdenklich lächeln.

Bei den Ideen für Namen, die mir kamen, konnte ich da nur zustimmen.

„Aber wir könnten Henrik, Rik nennen“, schlug sie dann vor und Rebekah stimmte zu.

Ich schüttelte den Kopf.

„Wieso sollte man überhaupt allen Spitznamen geben?“, fragte ich, weil ich nicht wirklich einen Sinn darin sah.

Würde nicht der normale Name ausreichen?

„Das ist doch ganz einfach.

Spitznamen gibt man einmal, wenn der normale Name zu lang oder kompliziert ist.

Aber meistens eigentlich nur um seine Zuneigung auszudrücken.

Deswegen gibt man einander auch Kosenamen.

Wenn wir etwas angestellt hatten, dann hatte unsere Mutter immer unseren vollen Namen geschrien und dann wussten wir dass wir Ärger bekommen würden“, erklärte Tatia amüsiert und mich verwunderte es, das sie beiden Gedanken, ärger zu bekommen, lächeln musste.

„Ist das ein schöner Gedanke?“, fragte Rebekah nach, die über das Lächeln genauso verwirrt zu sein schien, wie ich.
 

Tatia zuckte mit den Schultern.

„Ich weiß nicht.

Mutter war diejenige von der wir immer eine Moralpredigt bekommen haben und auch unsere Strafe, obwohl wir natürlich wussten dass wir es verdient hatten.

Schließlich war uns klar, dass wir etwas angestellt hatten.

Wir waren wirklich schreckliche Kinder.

Vater fand das nie wirklich schlimm, deswegen hat er das schimpfen unserer Mutter überlassen.

Eigentlich erinnere ich mich nur einmal, dass er sauer auf uns war und das war wo ich mit meinen jüngeren Bruder aufs Dach geklettert war.

Wir sind runter gesprungen und ich hab mir das Bein gebrochen, während mein Bruder auf mich drauf gefallen war.

Ich glaube das ist das einzige Mal gewesen, das ich ihn wütend gesehen hatte, sonst hatte er immer eine Wahnsinns Geduld mit uns“, berichtete sie uns und ihr Blick glitt dabei wieder weit in die Ferne, als würde sie die Erinnerung vor sich herrufen.

Dann aber riss sie sich selbst aus ihren Gedanken und sah lächelnd von mir zu Rebekah. „Unsere Strafe hatten wir aber auch dieses Mal von unserer Mutter bekommen, aber ich hab das Gefühl das sie den Umständen entsprechend sehr milde ausgefallen war.“
 

Unsere Mutter schimpfte wenn dann mit uns, um unserem Vater zuvor zu kommen und wahrscheinlich in der Hoffnung, dass wir so nicht noch weitere bekamen.

Tatias Vater allerdings schien eine wahnsinnige Geduld zu haben.

„Dann hat euch eure Mutter geschlagen?“, fragte Rebekah leise und ich schloss kurz die Augen, versuchte mich zu besinnen, um nicht darüber nachzudenken wie Tatia geschlagen wurde.

Sie aber sah uns unverständlich und auch fassungslos an.

„Wieso geschlagen?

Unsere Eltern haben uns nie geschlagen.

Sie haben uns Hausarrest gegeben, Aufgaben aufgetragen oder uns irgendwas verboten, was wir gern gemacht haben.“

Ich konnte kaum glauben was ich hörte, doch war ich auch darüber froh.

Rebekah lächelte gequält und auf Tatias fragenden Blick, meinte sie: „Ich hätte gerne deine Eltern.“

Tatias Augen weiteten sich verstehend uns sie schaute auf das was sie tat, nachdenklich und traurig.

Sie war so anders, weil sie völlig unterschiedlich aufgewachsen war und weil wir so verschiedene Eltern hatten.



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