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Musenkuss

#2 - Love
von

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Musenkuss

Musenkuss
 

Es war ein wunderbarer Tag.

Die Sonne schien, der Himmel war blau und eine warme Brise machte den Aufenthalt im Freien sehr angenehm. Einige Vögel flatterten aufgeregt von einem Baum zum nächsten, suchten wahrscheinlich nach passendem Nistmaterial.

Der Sommer lag in der Luft und Klio spürte ihn mit jeder Faser ihres Körpers. Sie nahm einen tiefen Atemzug und schloss genießerisch die Augen. „Wunderbar…“, murmelte sie und streckte sich noch ein wenig mehr den Sonnenstrahlen entgegen. Wie lange hatte sie nicht die Möglichkeit gehabt, sich so auf einer Wiese im Park liegend zu erholen! Aber plötzlich schob sich etwas zwischen sie und die Sonne. Vielmehr flog es sogar und sie öffnete irritiert die Augen und blinzelte sofort verwirrt.
 

Eine Art Wolke kam ihr entgegen. Eine Wolke aus Papier-Blättern!
 

Die Brise legte sich und mit ihr kamen auch die Blätter raschelnd zur Ruhe, sammelten sich um sie herum an, kreisten sie regelrecht ein. Erstaunt richtete sie sich auf, wischte ein paar Blätter von ihren Beinen und bemerkte dabei, dass etwas auf ihnen geschrieben war. Neugierig warf sie einen genaueren Blick auf die Buchstaben, die offensichtlich jedes Papier mindestens zur Hälfte füllten. „Eine Geschichte?“, schoss es ihr durch den Kopf. Fertig schien sie jedoch nicht zu sein. Immer wieder brachen Sätze plötzlich ab oder waren durchgestrichen. Es wurde also noch an ihr gearbeitet.

Gerade wollte sie zu ein paar anderen Seiten greifen um sie zu betrachten, als abermals ein Schatten die Sonne verdeckte. Klio sah auf und blickte direkt in die Augen eines Mädchens, dem es anscheinend ziemlich peinlich war, dass jemand die Blätter gefunden hatte. Ihre Wangen färbten sich nämlich dunkelrot und sie begann hastig, die Zettel wieder einzusammeln und mied Klios fragenden Blick rigoros.
 

„Eine schöne Geschichte hast du da geschrieben.“, versuchte Klio, die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich zu lenken. Zugleich wollte sie ihr mitteilen, dass sie sich ihrer Geschichte nicht zu schämen brauchte – denn das tat sie offensichtlich. Das Mädchen zuckte in ihrer Bewegung zusammen, warf ihr einen unsicheren Blick aus blauen Augen zu und klaubte dann die restlichen Blätter zusammen.

„…sie ist noch nicht fertig.“, kam die genuschelte Antwort. So leise, dass Klio sie beinahe nicht gehört hätte. „Und wahrscheinlich wird sie auch nie fertig“, fügte das Mädchen mit einem schweren Seufzer hinzu. Klio runzelte die Stirn. „Wieso sollte sie das nicht? Du gibst dir doch so viel Mühe.“ Das Mädchen sah sie kurz verwirrt an. Sie hatte anscheinend gehofft, dass der letzte Satz nicht gehört worden war. Dann strich sie sich die braunen Haare aus dem Gesicht und sah verlegen zur Seite.

„Naja…es will grade einfach nicht. Ich komme nicht voran und ich liebe das Schreiben aber … wie auch immer. Vielleicht finde ich ja noch eine Inspiration, die mich weiterschreiben lässt ohne, dass alles…sich so seltsam anhört.“ Mit diesen Worten wandte sich das Mädchen wieder ab, drehte sich aber noch einmal kurz zu Klio um und murmelte so etwas wie: „Entschuldigung, was den Blätter-Regen angeht.“ Dann war sie verschwunden.

Klio sah ihr hinterher. Da hatte anscheinend jemand ernste Probleme – zumindest in kreativer Hinsicht. Vielleicht konnte man da ja etwas tun. Man war schließlich nicht umsonst eine Muse.

Flink erhob sie sich und folgte dem Mädchen unauffällig. Diese war gerade dabei, den Park zu verlassen. Über ihrem Arm hatte sie eine Tasche hängen, aus der ein Haufen Blätter herausragten. An einem war ein Stift festgeklemmt. Anscheinend hatte sie sich in den Park gesetzt um auf Ideen zu kommen. Und geholfen hatte es – den vielen durchgestrichenen oder berichtigten Sätzen auf den Blätter nach zu urteilen – nicht. Würde Klio ihr nun weiter folgen, würde das doch etwas sehr auffallen. Menschen achteten interessanterweise auf so etwas. Also würde sie ihr in ihrer Musen-Form folgen. Sie würde nicht mehr als einen Lufthauch spüren, wenn sie sich berühren würden.
 

Der Weg des Mädchens führte durch einige kleine Gassen, über den großen Platz in der Stadtmitte und dann wieder durch die eine oder andere Gasse. Schließlich blieb sie vor einer Tür stehen, kramte in ihrer Tasche nach einem Schlüssel und öffnete. Ein warmer Windhauch begleitet sie zur Tür hinein und sie seufzte erneut. Heute war kein guter Tag gewesen. Sie war schon wieder nicht weiter gekommen und das, obwohl sie sich so viel Mühe gab. Missmutig streifte sie sich die Schuhe von den Füßen und schlurfte mit gesenkten Schultern zu ihrem Zimmer.

Sie ließ die Taschen von ihrer Schulter gleiten, fischte sich den Haufen Blätter samt Stift heraus und machte es sich auf ihrem Bett bequem. Nachdenklich überflog sie nochmals alle ihre Notizen und tippte mit dem Ende des Stifts gegen ihre Lippen. Irgendwas musste doch kommen, irgendetwas! Doch in ihrem Kopf herrschte gähnende Leere. Es war, als wären alle Ideen schon ausprobiert oder aufgeschrieben worden und jetzt war der Vorrat an Kreativität einfach erschöpft.

Es war frustrierend. Dabei wollte sie so gerne weiterschreiben. Sie hatte schon eine Menge Ideen für die folgende größere Handlung und für kleinere Sequenzen! Dahin musste man jedoch erst einmal kommen und genau da begannen auch ihre Probleme. Es wollte sich einfach kein vernünftiger Übergang finden. Alles, was sie bisher probiert hatte wirkte zu abgehoben, zu gekünstelt oder zu flach. Nichts schien zu passen – weder die Worte, noch die Geschehnisse. Sie ließ den Kopf auf ihre Knie sinken und seufzte wie schon so oft an diesem Tag. Schreibblockaden waren einfach schrecklich…
 

Klio war dem Mädchen die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen, auch wenn diese sie nun nicht mehr sehen konnte. Es tat ihr unglaublich Leid das Mädchen so niedergeschlagen zu sehen, besonders, da dieses das Schreiben wirklich zu lieben schien. Ein bisschen Inspiration hatte sie auf jeden Fall verdient und genau aus diesem Grund war Klio ja nun bei ihr.

Mit einem letzten Blick auf die Blätter umfing sie den Kopf des Mädchens sanft, brachte sie dazu wie von selbst den Blick ein wenig zu heben und legte ihr vorsichtig die Lippen ans Ohr. Der Kuss der Muse dauerte kaum ein paar Sekunden und kaum hatte Klio dem Mädchen den Hauch Inspiration gegeben, begannen die blauen Augen sich aufzuhellen.

Immer klarer wurden sie und Klio konnte sehen, wie es hinter ihnen arbeitet und zusammensetzte. Immer mehr Ideen schienen sich zu bilden und dann ging plötzlich eine Art Feuerwerk an Ideen los. Schneller als die Muse blinzeln konnte hatte das Mädchen sich ein neues Blatt geholt, richtete eifrig den Stift und begann mit unglaublicher Geschwindigkeit Notizen zu machen. Immer mal wieder hielt sie inne, um eine neue Idee zu erfassen und sie dann schriftlich zu festigen.

Dabei breitete sich ein so glückliches und erleichtertes Lächeln auf dem Gesicht des Mädchens aus, dass Klio ganz warm wurde und auch sie sich eines Lächelns nicht erwehren konnte.

Nichts ließ sie ihre Aufgabe mehr lieben als Menschen, denen sie dazu verhelfen konnte glücklich zu sein.



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