Zum Inhalt der Seite

Über Hexen

Hexen hassen Kinder?
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Herbstgeschichte

Ein trister Nebel hatte sich über die Stadt gelegt. Dabei hatte es am Morgen erst geregnet.

Es wurde langsam kühl und auch die Blätter die rot und braun an den Bäumen hingen oder bereits hinabgefallen waren zeigten deutlich, dass es Herbst wurde.

Trotzdem fand die alte Frau ihre Enkelin ohne Jacke auf der Veranda des im altjapanischem Stil gebauten Hauses.

Die siebenjährige mit dem rotblonden Haar hatte sich zusammengekauert. Die Beine hatte sie an den Körper heran gezogen, die Arme fest darum gelegt und das Gesicht gegen die Knie gepresst.

„Fami-chan“, meinte die alte Frau sanft, „Willst du nicht reinkommen?“

Das Mädchen schüttelte nur leicht den Kopf, ohne aufzusehen.

„Ich mach dir auch Pudding, wenn du willst“, versuchte die Frau das Kind weiter zu locken.

Erneutes Kopfschütteln, dann ein Laut, der sich eindeutig als Schluchzen identifizieren ließ.

Mit einem Seufzen kniete sich die Frau neben das kleine Mädchen und tätschelte ihren Rücken. „Ist ja gut“, flüsterte sie. „Ist ja gut.“

Es dauerte etwas, ehe das Mädchen reagierte. Dann, auf einmal, fing sie an lautstark zu weinen und schmiegte sich an den dunklen Kimono ihrer Großmutter, welche die Arme um sie legte und ihren Rücken streichelte.

„Baa-chan“, jammerte das Kind. „Baa-chan...“

„Ist ja gut“, wiederholte die alte Frau.

Sie hatte gewusst, dass Fami kommen würde, nachdem ihre Schwiegertochter sie angerufen hatte und ihr von Mikki, der Katze des Mädchens, erzählt hatte.

„Ich will Mikki wiederhaben“, schluchzte Fami in den Schoß ihrer Großmutter. „Ich will sie wiederhaben.“

„Das ist nicht möglich“, antwortete diese sanft. Sie konnte die Gefühle ihrer Enkelin verstehen, auch wenn sie nie ein Haustier gehabt hatte.

„Aber wieso nicht?“ Es sprach reiner Trotz aus der Stimme des Kindes, dass eigentlich selbst die Antwort kannte.

Deswegen antwortete die alte Frau auch nicht, sondern strich weiter über den Rücken und durch das Haar des Mädchens, bis dieses etwas weniger schluchzte und sich langsam beruhigte.

Nach einer Weile streichelte die alte Frau, deren graues Haar locker zurückgebunden war, dem Mädchen erneut über den Kopf. „Lass uns reingehen“, meinte sie erneut. „Ich mache dir einen Pudding.“

Noch immer verweint sah die siebenjährige auf, nickte dann aber und richtete sich langsam und steif auf, woraufhin ihre Großmutter sie anlächelte.

Schweigend folgte das Kind ihr ins Wohnzimmer, wo es sich schlapp an den niedrigen Tisch setzte und den Kopf auf ihre Arme legte, während die alte Dame die Schiebetür zur Veranda schloss und das Licht anschaltete.

Besorgt sah sie zu Fami, ging dann jedoch in die Küche, um wie versprochen den Pudding zu kochen.

Während sie damit beschäftigt war fielen die Augen ihrer Enkelin, die Ziellos über die klassische Einrichtung des Wohnzimmers schweiften auf das Bücherregal.

Fami zögerte, stand dann jedoch auf und ging langsam zum Regal hinüber, um ein altes, abgegriffenes Buch dort heraus zu ziehen. Sie kannte das Buch, denn ihre Großmutter hatte es ihr früher oft vorgelesen.

Mit dem Buch in der Hand ging sie zum Tisch zurück. Sie schlug das Buch auf, ehe sie sich wieder genau so wie vorher an den Tisch setzte, wobei sie den Kopf nur wenig mehr aufrichtete, um auf die Seiten des teilweise illustrierten Buches sehen zu können.

Noch immer liefen einzelne Tränen über ihre Wangen.

„Hier, siehst du, Fami-chan“, meinte ihre Großmutter, als sie mit Pudding auf einem Teller hineinkam. „Du solltest ihn aber abküh...“ Sie hielt inne, als sie das Buch sah und lächelte. „Was hast du denn da?“

„Du hast mir doch früher einmal aus dem Buch vorgelesen“, flüsterte das Mädchen, dessen Stimme noch immer brüchig war.

„Ja, habe ich“, erwiderte die Großmutter, während sie das Tablett auf den Tisch stellte.

Wortlos schob Fami ihr das Buch zu und zog dann den Pudding zu sich hin.

Gedankenverloren fuhr die alte Frau über den Einband des Buches und lächelte. Über Hexen, war dort gerade noch zu lesen, da die Schrift schon lange ausgeblasst war. Sie öffnete das Buch, dessen alte Seiten an einigen Stellen sogar eingerissen waren.

Da bemerkte sie den Blick ihrer Enkelin und schenkte auch dieser ein weiteres Lächeln. Sie räusperte sich, ehe sie anfing zu lesen. „Wie man eine Hexe erkennt“, begann sie.

„Hexen haben rote Augen. Alle Hexen tragen Handschuhe. Alle Hexen hassen Kinder...“ Sie brach ab und seufzte. „Das stimmt so auch nicht...“

„Hmm?“ Fami legte den Kopf schief.

„Viele Hexen mögen Kinder“, erwiderte ihre Großmutter. „Nicht unbedingt Menschenkinder, aber es gibt doch auch Hexenkinder...“

„Hexenkinder?“, unterbrach das Mädchen, dessen Stimme sich etwas festigte.

„Ja, natürlich.“ Das Lächeln auf dem Gesicht der alten Frau wurde breiter. „Es muss ja auch immer wieder neue Hexen geben, nicht?“

Fami dachte nach. „Stimmt“, gab sie dann zu.

Ihre Großmutter seufzte und für einen Moment war ein wenig Traurigkeit in ihren Augen zu erkennen. „Weißt du, Hexenkinder werden aus Blumen geboren.“

Das Kind sah sie ungläubig an. „Aus Blumen?“

„Ja, aus Blumen“, bestätigte die Alte.

„Haben sie dann keine Eltern?“, fragte Fami.

„Sie haben Mütter“, lautete die Antwort. „Sie bekommen eine Hexe zugeteilt, die sie großzieht.“

Ungläubig sah das Kind sie an.

„Aber das würde doch jemand merken“, meinte es schließlich, doch seine Großmutter schüttelte sanft den Kopf.

„Nein“, erwiderte sie. „Hexen leben nicht in dieser Welt. Sie haben ihre eigene Welt und nur wenige von ihnen begeben sich unter Menschen.“ Sie strich über den Einband des Buches. „Es gibt nämlich nur wenige Tore zwischen den beiden Welten. Und man kann sie nur in Nächten benutzen, in denen der Mond lächelt.“

„Ich hab den Mond aber nie lächeln sehen.“ Mit einem Seufzen wandte sich das Kind nun ihrem Pudding zu und stocherte mit ihrem Löffeln darin herum.

Für eine kurze Weile, sah ihre Großmutter ihr dabei zu und bemerkte, dass das Mädchen, das durch ihre Geschichte zuvor abgelenkt gewesen war, nun wieder bedrückt wurde. Eine einzelne Träne rollte nun wieder über die runde Wange des Kindes, das den Pudding nur ansah, anstatt ihn zu essen.

„Was ist, Fami-chan?“, fragte sie daher.

Das Kind seufzte. „Es ist doch nur eine Geschichte“, flüsterte es. „Wenn es Hexen wirklich gäbe... Wenn ich eine Hexe wäre, dann könnte ich Mikki zurückholen!“

„Nein, das könntest du nicht“, antwortete die alte Frau bestimmt.

„Aber wieso nicht?“ Erneut war Trotz in der Stimme Famis zu hören, als diese ihre Großmutter ansah.

„Es ist verboten.“ Die faltige Hand fuhr in einer beruhigenden Geste wieder über den Kopf des Mädchens. „Es ist verboten Wunden mit Magie zu heilen oder gar Tote wiederzubeleben. Wenn man es versucht, wird man krank oder vielleicht stirbt man sogar selbst...“

Wieder füllten sich die hellen Augen mit Tränen. „Aber wieso?“, wiederholte sich die Frage.

Die alte Dame sah das Mädchen mit weisem Blick an. „Fami-chan“, meinte sie. „Weißt du noch, wie du geweint hast, als du den Anhänger verloren hast, den Vater dir geschenkt hat?“

Fami nickte.

„Warum hast du geweint?“

Das Kind überlegte etwas. „Weil er mein Schatz war. Und er war mir wertvoll.“

„Richtig“, erwiderte ihre Großmutter. „Und was machst du seither mit deinen Schätzen?“

„Ich passe besonders auf sie auf?“ Die Antwort war mehr wie eine Frage formuliert, doch die Reaktion der alten Frau war ein lobendes Nicken.

„Aber was wäre, würdest du jeden Schatz, egal ob du ihn verlierst oder kaputt machst wieder herzaubern könntest?“

Fami überlegte für eine Weile schweigend. „Ich würde weniger drauf achten...“

„Eben“, antwortete ihre Großmutter. „Wenn wir etwas jeder Zeit wiederbeschaffen können, auch wenn es kaputt geht oder wir es verlieren, dann verliert es für uns an Wert, wird ersetzbar. Und stell dir vor, wie es wäre, wenn die Menschen, die wir lieben auf einmal ersetzbar würden...“ Sie sah zu dem Schrein ihres verstorbenen Mannes, der in einer Ecke des Zimmers aufgestellt war.

Bedrückt sah das Kind auf seine Hände. „Aber Mikki...“

„Auch wenn du eine Hexe wärst, würde Mikki sicher nicht wollen, dass du krank wirst oder gar dein eigenes Leben opferst, um sie wieder zu holen...“

Nun nickte Fami.

Sie schwieg und nahm schließlich einen Löffel des Puddings in den Mund. „Danke, Doremi-baa-chan“, flüsterte sie dann, ehe sie still den Pudding weiterlöffelte, wobei sie sichtbar noch immer mit den Tränen kämpfte.

Doremi lächelte. „Du bist ein gutes Kind, Fami-chan.“

Draußen begann es wieder zu regnen, während das Kind die Süßspeise aß. Sie konnten hören, wie er auf das Dach prasselte, während der Wind die Bäume, die das Haus umgaben, schüttelte.

„Sag mal, Baa-chan“, begann Fami schließlich leise, als sie den Pudding aufgegessen hatte. „Woher weißt du so viel über Hexen?“

Doremi lachte kurz. „Weißt du, deine Großmutter mag vielleicht nicht so aussehen, aber früher als sie nur wenig älter war als du, da war deine Großmutter selbst eine Hexe.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (7)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -lyra-
2013-11-12T21:20:56+00:00 12.11.2013 22:20
ich habe gerade die doremi ffs durchgesehn und da sprang mir der titel dieser ins auge und ich musste sie lesen.
in der mitte dachte ich mir schon das es doremi sein könnte und ihre enkeltochter kann ich mir bildlich vorstellen. die story ist wirklich süß geschrieben. am liebsten würd ich mir jetzt dank der story wieder alle alten doremi folgen ansehn wolln :D
Von:  _Hikari-chan_
2013-03-10T03:49:58+00:00 10.03.2013 04:49
Guten Morgen ^^

Also mir hat der OS auch sehr gut gefallen, als Kind habe ich Doremi immer total gerne geschaut und die Folge mit Fami gehört definitiv zu einer mein Lieblings (auch, wenn ich sie erst viel später geschaut habe), deshalb find ich es toll, dass du etwas zu ihr geschrieben hast
Die Szene ist ja seh realitätsnah mit dem toten Haustier und durch deinen tollen Schreibstil habe ich mir das ganze ebenfalls richtig bildlich vorstellen können ... und sowas gibt es wirklich zu selten
Charakterlich gibt es natürlich an keinem der beiden Charas was zu meckern aus meiner Sicht und auch Fami kam wirklich ihrem Alter gemäß rüber, keineswegs übertrieben aber auch nicht zu alt sondern eben so, wie sich ein Kind in dem Alter wohl in so einer Situation verhalten würde
Ehrlich gesagt hatte ich, da die Geschichte von dir ist, etwas wirklich gutes erwartet weil ich ja weiß wie genau du immer bist und ich wurde in keinster Weise enttäuscht ... also mir hat dieser kleine OS wirklich sehr gut gefallen ^^

Negative Sachen sind mir keine aufgefallen

LG
_Hikari-chan_ [Re-✖✐✖]
(Und bitte ignorier Rechtschreibfehler falls hier welche drin ist, es ist spät/früh und ich bin verdammt müde aber ich hatte den Kommentar nun mal versprochen für heute ... an der Stelle auch nochmal ein wirklich großes sorry, dass es so lange gedauert hat ^^')
Von: abgemeldet
2012-11-27T16:56:47+00:00 27.11.2012 17:56
Ein wirklich wundervoller OS. :)
Mir hat es sehr gut gefallen und es hat mir auch spaß gemacht, mal wieder was über Doremi zu lesen. =)
Du hast wirklich alles super beschrieben, wie die Anderen auch schon gesagt haben.
Man kann sich einfach nur wiederholen. :)
Weiter so. ;)

MfG
abgemeldet ✖✐✖
Von:  phantomrabbit
2012-11-22T09:39:41+00:00 22.11.2012 10:39
Mir gefiel der OS sehr gut. Alles hat sich gut gelesen und mir haben auch die einzelenen Beschreibungen gut gefallen. Ich hatte ein genaues Bild der Umgebung vor Augen.
Und ich kann mich meinen Vorgängern nur anschließen, die Erklärung mit den Schätzchen ist schön.
Doremi fand ich als Kind immer toll und ich habe auch etwas mit gerätselt welche der Hexen, die Großmutter ist.

Lg phantomrabbit
Re ✖✐✖
Von:  Schreiberchen
2012-10-11T19:56:00+00:00 11.10.2012 21:56
ja, wirklich schön XD
ich kenne DoReMi eigentlich nicht wirklich und wusste auch nicht, dass die Geschichte eine FF dazu sein soll (habs wohl übersehen). Ich fand es wirklich schön ruhig geschrieben. Zuerst hab ich gedacht, das Mädchen hätte ihre Eltern verloren, aber dann war es ein Haustier. Naja, ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man ein geliebtes Haustier verliert. Das ist immer schlimm. Als ich kleiner war, hab ich meinen Hund verloren und mir gewünscht, dass ich ihn irgendwie zurückholen kann. Ich hab ungefähr in diesem Zeitraum angefangen zu lesen (Märchen). Irgendwann kam ich auf etwas Ähnliches, wie deine erklärung, "weil man dann seinen Schatz vernachlässigt". XD

Schön geschrieben. Keine Rechtschreibfehler gefunden. :D
Von:  CharleyQueens
2012-08-01T11:38:16+00:00 01.08.2012 13:38
Juhu^^
Doremi, ich habe diese Serie als Kind geliebt. Bin per Zufall auf deinen OS gestoßen und beschlossen, ihn durchzulesen.
Ich finde ihn wirklich toll gemacht. So schön ruhig und gemütlich, auch ich musste an ein Märchen denken.
Doremis Erklärung, weshalb es eben doch wichtig ist, etwas gehen zu lassen, fand ich wirklich zuckersüß geschrieben. Ich mag den Satz "Weil man dann seinen Schatz vernachlässigt...". Eine Erfahrung, die jedes Kind irgendwann macht/machen sollte.
Zum Stil, die Geschichte hat sich flüssig gelesen, wie schon gesagt, es war so schön ruhig und gemütlich und das hat mir sehr gefallen. Rechtschreibfehler und dergleichen konnte ich auch nicht entdecken.
Wirklich ein gelungener OS.
LG, Lilim
Von:  Taroru
2012-07-31T22:11:45+00:00 01.08.2012 00:11
ui *.*
das klingt spannend ^^ es fängt ruhig und gemütlich an ^^
erinnert mich ein klein wenig an ein märchen *lach* XD
aber ich finde es gut ^^ es liest sich einfach mal anders ^^
wird es noch weiter gehen? ^^ ich hoffe es jedenfalls XD


Zurück