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Shinda Sekai

Songfic heidi. - shinda sekai [gestorbene Welt]
von

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shinda sekai

Keiner weis, wer ich bin oder woher ich stamme. Auch ich nicht. Ich habe keine Erinnerung an die Zeit davor. Im Alter von ca. 15 Jahren – vielleicht ein Jahr mehr oder weniger, wer weis das schon – wurde ich bewusstlos unter der alten Trauerweide im verlassenen Stadtviertel gefunden, sagte man mir. Die Schwestern im kirchlichen Waisenhaus nennen mich einen Bastard, einen Dämon, und sie werden schon ihre Gründe dafür haben. Einen neuen Namen haben sie mir nicht gegeben, und einen alten habe ich nicht mehr. Auch an die Trauerweide, oder daran wie ich in dieses Waisenhaus kam, habe ich keine Erinnerung mehr. Ich weis nicht mehr, was bei meiner Ankunft dort geschah, ich weis nicht warum sie mich einen Teufel nennen. Aber sie, die Schwestern, werden es schon wissen.
 

He, hier bin ich!

He, irgendjemand soll mich holen kommen!
 

He, hier bin ich!

He, ist denn keiner hier?
 

auf dieser abgestorbenen Erde wurde ich zurückgelassen

Nun bin ich letztlich allein.
 

Als ich nach ihrem Dafürhalten volljährig wurde, schickten sie mich weg. Gaben mich in die Obhut einer sogenannten Schule. Sie sagten, dort sei ich gut aufgehoben, sei unter meinesgleichen. Ich weis nicht, warum sie mich all die Jahre mit solcher Skepsis und solcher Angst beäugten. Und ich weis nicht, warum sie dachten, die Schule wäre das Richtige für mich. Aber in gewisser Weise hatten sie Recht. Ich wurde tagein tagaus geschlagen und misshandelt. Statt Worten nutzte der Lehrer die Peitsche. Andere wie ich wurden dazu getrieben, mich zu schlagen. Ich wurde dazu getrieben, meinerseits zu schlagen. Wer verlor, litt Hunger. Wir kannten keine Freundschaft, wir waren Feinde im Krieg. Wir waren Fighter, alle miteinander. Und ich war gut. Aber war das gut?
 

"Die Welt ist gestorben! Die Welt ist gestorben!"

Bis meine Kehle zerreißt, schreie ich.

Lass uns eine Unterhaltung führen, egal mit wem und woher er kommt.

Rette mich bitte sofort aus dieser Realität!
 

Ich stieg zu einer Art Star auf, hatte sogar Fans. Die Massen liebten mich, weil ich brutal abschlachtete und niemals verlor. So wie ich es in der Schule gelernt hatte. Ich war gut. Und langsam begann ich zu verstehen, warum mich die Schwestern im Waisenhaus einen Dämon genannt hatten. Begann zu ahnen, was am Tag meiner Ankunft bei ihnen passiert war. Aber es störte mich nicht. Ich war ein Fighter und ich kämpfte. Tagein, tagaus. Es bereitete mir Spaß, meine Gegner zu zermalmen. Ich liebte die Art, wie mein Publikum mich liebte, und genoss die Anerkennung, die meine Lehrer mir zollten. Mein Publikum wurde größer, meine Gegner namhafter, die Wetteinsätze höher, die man auf mich setzte. Mir schwirrte der Kopf vor Erfolg, auch wenn es ein hartes Leben war. ... Bis ich schließlich den ersten Kampf verlor.
 

Halbtot geschlagen warfen sie mich noch in der gleichen Nacht auf die Straße, im Elend meiner eigenen Blutlache schutzlos unter dem Regenhimmel liegend. Davon ausgehend, daß ich ohnehin draufgehen würde. Keiner machte sich die Mühe, meine Wunden zu verarzten oder mir zu sagen, was das alles zu bedeuten hatte.
 

He, hier bin ich!

He, ist denn keiner hier?
 

auf dieser abgestorbenen Erde wurde ich zurückgelassen

Nun bin ich letztlich allein.
 

Ich war nur einer von vielen. Es war die übliche Vorgehensweise mit illegalen Kämpfern wie mir, wie ich später erfuhr. Unter Zwang das Maximale herausholen, verheizen, im Versagensfalle einfach wegwerfen. Es rückten ja genug neue, unverbrauchtere Fighter nach, die man durch den Fleischwolf drehen konnte bis sie ausgedient hatten.
 

"Die Welt ist gestorben! Die Welt ist gestorben!"

Bis meine Kehle zerreißt, schreie ich.

Lass uns eine Unterhaltung führen, egal mit wem und woher er kommt.

Rette mich bitte sofort aus dieser Realität!
 

Dummerweise ging ich nicht drauf, wie sie es gewünscht hatten – sie, die Schwestern im Waisenhaus, und sie, meine Lehrer. Ich wurde gefunden und in ein Krankenhaus gebracht, wo Ärzte stundenlang um mein Leben rangen. Ich weis, daß sie es weniger wegen mir taten, als viel mehr wegen ihrer berufsbedingten Pflicht. Warum auch? Sie kannten mich ja gar nicht, mich, der nicht einmal einen Namen und nichtmal eine Herkunft hatte. Aber sie taten es, und das zählt. Es war das erste Mal, daß irgendjemand etwas für mich tat. Und von diesem Moment an war ich frei.
 

Ihr, die ihr gestorben seid, versteht das bestimmt nicht:

Den Sinn blühender Blumen an

einem Ort, wo nichts mehr besteht,

die Bedeutung des Zurücklassens.
 

Warum bin ich wohl der einzige, der noch hier ist?



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