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Vorwort zu diesem Kapitel:
Und langsam meldet sich der Winter in den weiten Gefilden, so auch an dem Ort, an welchem ich am PC sitze und schreibe... *hust*
Dafür hat es lange gedauert, ich weiß. Hier aber ist es, das neue Chapter.

Ich möchte mich bei allen Kommentarschreiberlingen bedanken und ganz besonders meinem Betareader einen lieben Gruß schicken. :)

Bis zum nächsten Mal! Komplett anzeigen

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Begraben

Kapitel IV - Begraben
 

Tiefe Nebelschwaden hingen in der Luft und ließen diese seltsam surreal erscheinen. Alle Menschen, welche an diesem Tag zum Friedhof gefunden hatten, rutschten tiefer in ihre Mäntel und Jacken, versteckten die Hände in den Taschen oder blickten betroffen zu Boden. Es waren nicht viele, welche gekommen waren. Die Meisten von ihnen bestanden aus städtischen Vertretern, welche dazu gezwungen wurden und nur Wenige, welche weiter abseits standen, kannten den Toten tatsächlich. Kaiba hatte darauf bestanden, das jene anwesend waren, welche zu Lebzeiten mit ihm verkehrt hatten, ob nun im Guten oder im Schlechten.
 

"Folgen Sie mir bitte.", forderte der Pastor sie auf, ehe sich die kleine Delegation in Bewegung setzte und hinter den, soeben erschienenen Sargträgern einher wanderte, tiefer in das Gelände des Friedhofes hinein, auf welchem sie sich befanden. Es war der Tag der Beerdigung von Joeys Vater.
 

Kaiba befand sich am Ende der kleinen Schlange, welche sich über die Pfade und zertretenen Rasenstücke dem hinteren Friedhofsteil zu wandte. Die Hände tief in die Taschen seines schwarzen Mantels vergraben, blickte er missmutig auf das graue Wetter und stieß nach einigen weiteren Schritten seufzend die Luft aus seinen Lungen. Er hatte es getan, auch wenn er es nun kaum erwarten konnte, dass es vorbei ging. Dies war die Beerdigung eines Mannes, welchen er zu Lebzeiten nicht einmal gekannt hatte und doch innerlich einen Groll gegenüber hegte. Allein aus den Erzählungen der Tagebücher heraus, hatte er den alten Wheeler auf eine Art kennen und auf eine Andere hassen gelernt.

Ein Mann, der seinem Sohn gegenüber so brutal gewesen war, verdiente es an sich nicht, dass man sich an ihn erinnerte und doch wusste er instinktiv, dass Joey es anders gewollt hätte. Niemals hätte der Blonde zugelassen, dass man über Leute urteilte, die man nur vom Hörensagen her kannte, zu gutmütig war sein Geist und zu groß sein Herz. Kaiba hatte es erkannt, noch ehe sie das erste Halbjahr in der Oberschule überstanden hatten. Er sah diesen Jungen vor sich, der schäkerte, eine große, aber vor allem freche Klappe besaß und zu allen Leuten gleichermaßen freundlich war, außer zu denen, die ihm ans Leder wollten. Schon früh hatte der Firmenchef erkannt, dass dieser Blonde mit seinem Verhalten die eigene Gegenwehr in Gang setzte und damit auf pures Granit biss. Er hatte ihn nicht gemocht, weil er nach außen hin ein typischer Jugendlicher war, der er selbst niemals sein konnte - nicht sein durfte. Nicht von seinem Vater bis in die Träume verfolgt und gequält worden war. Nach außen hin.
 

Seine Gedanken schweiften zu den Büchern ab, welche sauber gestapelt auf dem Schreibtisch seinem Arbeitszimmer lagen und seit dem Vorfall in den Gängen der kleinen Kaiba Villa nicht mehr angerührt worden waren. Noch immer spürte er das leichte Zittern seiner eigenen Knochen, wenn er nur daran dachte, wie sich Joey hasserfüllt vor seinen Augen gezeigt hatte.
 

Der hochgewachsene Mann schreckte auf, als die Delegation plötzlich stehen blieb und sich vor einem tiefen Loch, dessen Ränder mit Tüchern abgedeckt waren, aufbaute. Die Sargträger wähnten sich ihrem Feierabend, oder zumindest einer Pause näher, stellten den schlichten, aus hellem Holz bestehenden Sarg vorsichtig ab und streckten ihre müden Rücken von der Last.

Der Pastor selbst, ein älterer Mann, welcher aus einem faltigen Gesicht müde in die Menge blickte, baute sich vor dem Grab auf, zeigte auf einen kleinen Ständer mit Erde und gab schließlich die Anweisung den Holzkasten in die Erde herab zu lassen.
 

Erneut hoben die Angestellten das Gestänge an, rückten sich zurecht und platzierten sich dann zu einer jeden Ecke des ausgehobenen Loches. Durch eine kleine Seilwinde, ließ man den Kasten langsam herab, bis dieser mit einem dumpfen Laut auf die Erde am Boden der Grube aufstieß, während die schweigenden Männer die Tragevorrichtung wegzerrten.

Kaiba zuckte bei diesem Geräusch zusammen und zog kurz, unsichtbar für die Umstehenden, seine Unterlippe zwischen die Zähne, ehe er sie wieder entließ.

"Wir haben uns hier zu dem traurigen Anlass der Beerdigung von Gregory Wheeler zusammen gefunden..."

Der CEO zog die Augenbrauen tief zusammen, während er seine Schultern einzog und dem näselnden Singsang des Kirchenmenschen lauschte. Er kam nicht umhin innerlich den Kopf gegenüber der Blindheit dieses Mannes zu schütteln, der fleißig aus der Bibel rezitierte und nicht ein einziges schlechtes Wort an jemandem ließ, welcher zu Lebzeiten nicht nur unbeliebt, sondern verhasst gewesen war.

Der gemordet hatte. Der geschlagen und seinen Sohn gedemütigt der Gosse überließ, der alles in seiner Macht stehende tat, um ihn - seinen Vater - zu schützen.

Kaiba riss sich selbst aus seinen Gedanken und forderte seine Augen dazu auf, sich wieder auf das Grab zu richten, anstatt auf einem Punkt weit ab hinter den Bäumen zu verweilen.

Er schluckte trocken und schob die Gedanken beiseite, welche ihn von dem Geschehen ablenken wollten. Nichts wäre willkommener gewesen, aber auch nichts unpassender.
 

"... und so lasset uns ein Gebet für Gregory Wheeler sprechen, welcher zu Lebzeiten Gott immer treu und zu Sterbezeiten seinem Herrn ergeben war."

Kaiba schluckte eine harsche Erwiderung runter, sah auf die nebenstehenden Menschen, welche schlicht nur ihre Häupter senkten und von denen jeder wusste, dass sie lieber lachen als beten würden.

Er selbst tat es ihnen gleich. Er schimpfte die Gesellschaft als etwas, was in ihrer lächerlichen Art so dermaßen heuchlerisch war, dass einem übel werden konnte, auch wenn er selbst zu dieser gehörte.

Gregory Wheeler hatte niemand geliebt. Gemocht, vielleicht, wenn sie es nicht besser gewusst hatten. Doch geliebt...
 

Innerlich schüttelte er den Kopf und war froh, als der Pastor endlich ein monotones 'Amen' verlauten ließ und sich dann von dem Loch abwandte. Fast schon surreal erschien diese Geste, als die Ersten an den Sarg heran traten und eine Hand voll Erde auf diesen niederregnen ließen. Fast schon hektisch wandten sie sich nach dieser Form von Höflichkeit ab, strebten sogleich über die kiesbedeckten Wege zurück zu der Kapelle und dann weiter vor zu ihren Fahrzeugen. Nach nicht einmal zwei Minuten, hatte sich die Masse aufgelöst und nur noch er selbst und die Arbeiter blieben zurück.

Kaiba blickte auf, maß einen jeden von ihnen mit einem stummen Blick, ehe auch er mit der Hand in den Dreckhaufen griff und Erde in das Loch rieseln ließ. Erst dann wandte er sich ab, durchmaß mit langen Schritten die Reihen der anderen Gräber und hielt schweigend auf seinen eigenen Wagen zu.
 

Seto Kaiba war niemand, der lange überlegte und dann handelte. Er war niemand, der ohne einen Gedanken an etwas zu verschwenden, einen Weg einschlug, der instinktiv der Richtige erschien. Er war aber auch niemand, der ohne Vorwissen drauf los preschte, wie so manch Anderer, den er gekannt hatte. An diesem Tag war es anders.

Er hatte den Friedhof verlassen, war mit seinem dunklen Mercedes vom Hof gerollt und so schweigend verschwunden, wie er auch aufgetreten war. Seine Pflicht war getan. Er hatte Gregory Wheeler diese Beerdigung ermöglicht, obwohl dieser nicht mehr als einen Fußtritt verdient hatte - So wie er selbst auch.

Er schallte sich selbst einen Idioten, als er harsch den Gang umlegte, das Gaspedal an tippte und letztlich in einer kleinen Seitenstraße zum Stehen kam. Mit raschen Bewegungen stieg er aus, schlug die Tür hinter sich zu und schloss mit seiner Fernbedienung den Wagen ab, ehe er über die schmale Straße huschte und vor einen kleinen Café, welches bei diesem Wetter kaum als solches erkennbar war, stehen blieb. Er griff nach der abgenutzten Klinke der Tür, schob sie auf und trat ein.

Seto Kaiba war Stammgast in diesem Etablissement, welches nur die Wenigsten kannten, da es so versteckt lag. Er selbst war einer dieser Wenigen.

Vorsichtig schob er sich an einer kleinen Anrichte vorbei, auf welcher eine Vase stand, weiter einen schmalen Gang entlang, nur um wenig später endlich den Gastraum zu betreten. Seine Schritte wurden von einem dicken, wollenen Teppich gedämpft, welcher überall auslag und zusammen mit dem Mobiliar aus dunklem Holz eine sehr gemütliche Atmosphäre schaffte. Wie er es erwartet hatte, war kaum jemand da, sodass er gemütlich auf seinen Stammplatz zu treten konnte und sich letztlich auf einen der Stühle sinken ließ.

Es herrschte gebührende Stille und langsam merkte er, wie die Lasten sich von seiner Seele trennten und von ihm abfielen. Erst ein lautes, durchdringendes Scheppern ließ den Brünetten aufhorchen und unsichtbar zusammenzucken.

"Verdammte Scheiße! Nana! Sag' mir nicht, dass Du eine der letzten Schüsseln endgültig zerstört hast!"

Kaiba blickte auf, als er die durchdringende Stimme der älteren Frau vernahm, welche dieses kleine, feine, versteckte Familienunternehmen leitete.

"Sorry, Chefin!", hörte er sogleich die junge Frau, ein hektisches Wesen Anfang Zwanzig, antworten und sah sie wenig später aus der Küche rauschen, in den Händen diese klatschnasse besagte Schüssel, die den Angriff auf ihr Leben anscheinend gut verkraftet hatte.

Der braunhaarige Mann, welcher wartend an einem der Tische saß, lächelte knapp bei dieser Diskussion, ehe das Mädchen auch auf ihn aufmerksam wurde, fast erstrahlte und das Porzellan nochmalig fallen ließ. Mit einem dumpfen Klirren kam die Schüssel auf dem Teppich auf, rollte einige Zentimeter, nur um sogleich wieder aufgehoben zu werden.

"Mira! Besuch!", brüllte die junge Frau nur, wandte sich mit einem geschäftigen Lächeln ab und wetzte den Gang entlang zu den hinteren Räumen. Dann herrschte wieder Ruhe.

Kaiba ließ sich zurück in die hölzerne Lehne sinken und blickte verdrossen auf die ältere Frau, welche nun, mit einer Schürze bekleidet, die Küche verließ, sich die Hände an einem karierten Tuch trocknete und auf ihn zuhielt.

"Mr. Kaiba!" Die grauen Augen funkelten ihn erfreut entgegen.

"Wie kommt es, dass Sie zu solch einer frühen Stunde hier auftauchen? Wollen Sie etwas haben? Soll ich Ihnen etwas bringen?"

Der Angesprochene lächelte nur leicht und nickte letztlich, wenngleich sich sein Gesicht bei diesem Gebahren von Freundlichkeit kaum verzog.
 

"Wie immer.", ließ er verlauten, was der älteren, korpulenten Frau ein breites Grinsen abgewann.

"Aber natürlich doch!" Ihre Stimme war freundlich, melodisch und leise, bis...

"Nana! Doppelter Kaffee, Aschenbecher und Schokoladenkuchen aufs Haus!" durch die Räume schallte.

Erst dann wandte sich die grauhaarige Frau ihm wieder zu.

"Sie sehen schlecht aus. Nicht geschlafen?", mutmaßte sie, und anstatt ihrer Angestellten zu helfen, ließ sie sich ungefragt ihm gegenüber am Tisch nieder, die Stimme wieder auf ein Normalmaß gesenkt, sodass das Klingeln in den Ohren des Brünetten langsam nachließ.

Anstatt aber ihn antworten zu lassen, redete sie sogleich weiter.

"Wie lange sind Sie nun schon hier Stammkunde?" Sie begann zu grübeln, legte das Geschirrtuch auf der dunklen Tischplatte ab und sprach direkt weiter, ehe er auch nur zu Wort kam.

"Ah, ja! Ich schätzte... Fast sechs Jahre, nicht?"

Kaiba blieb nur ein leichtes Nicken, ehe sie ihm wieder über den Mund fuhr.

"Manchmal frage ich mich, wie wir etwas ohne Sie geschafft hätten, schließlich haben Sie..."

"Mira, das sind alte Geschichten. Lassen wir sie." Seine Stimme war ein leises, durchdringendes Brummen, welches sie sofort innehalten ließ.

Überrascht erhob sie eine buschige Augenbraue und sah ihn durchdringend an.

"In Ordnung, Mr. Kaiba. Aber ich würde schon gern wissen, warum Sie einem der kleinen Unternehmen geholfen haben, die sich in dieser Gegend hier befinden. Nur dadurch..."

"Mira!" Der Tonlaut ließ sie erneut aufhorchen und letztlich zusammenfahren.

Langsam lehnte sich die dickliche Frau zurück, verschränkte ihre Arme vor der ausladenden Brust und musterte ihr Gegenüber mit einen durchdringenden Blick.

"Nie haben Sie darüber gesprochen, aber ich denke, dass es genau der richtige Zeitpunkt ist, das Warum mal zu klären."

Kaiba blickte auf, begann in seiner Tasche zu wühlen und ließ Momente später eine Zigarettenschachtel auf die kleine Tischdecke in der Mitte fallen.
 

Es stimmte. Er hatte nie darüber gesprochen, warum er eines Tages, in einer der schlechtesten Gegenden von Domino, in dieses Café spaziert war. Die Spelunke war am Ende gewesen. Die schlechte Substanz des Hauses, dazu die abgewetzten Möbel und eine verzweifelte Frau, die nach dem Tod ihres Mannes bangte, wie es weitergehen würde. Es war kurze Zeit nach seinem Abschluss gewesen, dass er, aus einer fixen Idee heraus, diesem Ort neues Leben geschenkt hatte - Einem Insidertreff, der für warme Qualität aus dankbarem Hause stammte und nicht von der Stange beliefert wurde.

Seitdem kam er des öfteren hier her, wo er seine Gedanken ordnen konnte und dem Chaos um ihn herum keine Beachtung schenken musste. Seit diesem Tage, fragte sie ihn, aber nie hatte er geantwortet. Bis heute.
 

"Ich weiß es nicht, Mira. Ich weiß nicht, warum ich es getan habe, warum ich hier war. Warum ich mich dafür interessierte. Am Kaffee lag es zumindest nicht."

Ein unsichtbares Schmunzeln zog an seinen Mundwinkeln, als er die ältere Frau musterte und ignorierte, dass die wissenden, grauen Augen ihn durchdrangen.

Mira seufzte leise auf, erhob sich langsam von dem Stuhl und nahm das Geschirrtuch wieder auf.

"Schließen Sie endlich mit dem ab, was Sie seit damals belastet. Vielleicht können Sie dann meine Frage beantworten."

Sie wandte sich ab, drängte sich an der herbeieilenden Nana vorbei und verschwand wieder in die anliegende Küche.

Die junge Frau blickte ihrer Chefin entgeistert nach.

"Hmm, mal wieder auf Granit gebissen?", mutmaßte sie, stellte einen tönernen Aschenbecher und ein Gedeck vor seiner Nase ab und richtete sich wieder auf.

Kaiba schwieg zu dieser Frage, griff nach der Tasse und zog sie zu sich.

Granit nicht, nur die eigene Unwissenheit. Und die war zumeist härter zu verstehen, als so manches Gestein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hmm, liest man es sich beim Vor-dem-Hochladelesen noch einmal durch, fallen einem unglaublich viele Ungereimtheiten auf oder Phrasen, die alles unerklärt lassen. Ich hoffe, dass ich die Wichtigsten noch beseitigen konnte und somit nicht alle im Unwissenden bleiben.

Sollten doch Fragen aufkommen; Dann her damit! Ich werde sie nach meinem besten Gewissen geantworten. Sollte ich es denn können... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Lunata79
2013-12-11T17:41:14+00:00 11.12.2013 18:41
Wieder sehr schönes Kapitel.
Freu mich schon aufs nächste.

Lg Lunata79
Von:  Onlyknow3
2013-12-11T17:23:25+00:00 11.12.2013 18:23
Super Kapitel,habe mich sehr gefreut es zu lesen mach weiter so, mir gefällt es das sich die Wirtin hier nicht abwimmeln lässt.

LG
Onlyknow3


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