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Verzaubert von einem Lächeln

von

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Die Schönheit von Lilien

Seit fünfundzwanzig Jahren ging ich nun schon regelmäßig einmal die Woche in denselben Blumenladen um dort die Blumen zu kaufen, die ich meiner Mutter immer am selben Tag in der Woche auf ihr Grab legen konnte. Es waren immer Lilien, denn sie liebte Lilien mehr als alles andere und ihr Anblick damals, als ich noch ein kleiner Junge war, wie sie in ihrem Garten inmitten dieser ganzen Lilien stand mit diesem bezaubernden Lächeln auf ihren Lippen ließ sie schöner wirken als jede andere existierende Frau auf diesem Planeten. Doch war es immer derselbe Laden in dem ich sie kaufte. Dies hatte nicht den tieferen Grund, dass meine Mutter damals schon ihre Blumen hier kaufte – nein. Das hatte lediglich diesen einen Grund, dass diese Verkäuferin, die mir jedes mal in der Woche am selben Tag die Blumen in die Hand drückte das selbe, bezaubernde Lächeln hatte wie meine Mutter damals. Ich konnte nicht sagen, dass ich mit meinen fünfundvierzig Jahren überhaupt noch im Stande dazu war zu schwärmen oder sonstiges für eine Frau zu verspüren, jedoch war diese Verkäuferin mit ihrem unbeschreiblichen Lächeln der Grund dafür, dass ich meine Blumen stets hier kaufte. Jeden Dienstag in der Woche kam ich in den Laden, begrüßte die Verkäuferin deren Namen ich nicht einmal kannte mit einem Lächeln und ging zu den Lilien um mir dort die drei schönsten heraus zu suchen und sie auf die Ablage an der Kasse zu legen. Jedes mal schlangen sich sofort die zierlichen Finger der Dame um die Stiele der Blumen, banden eine Schleife darum und legten sie so behutsam auf den Tresen zurück als könne man sie mit einem einzigen zu starken Atemzug zerstören. Dort lagen sie dann, in ihrer ganzen Schönheit mit einer Schleife verziert und warteten darauf, dass ich sie nehmen würde um sie zu dem für sie vorgesehenen Platz zu bringen. Und jedes mal fasste ich sie ebenso behutsam an wie jene Frau, die nun wieder zauberhaft Lächelnd hinter dem Tresen stand und mich dazu verführte ihr ein ebenso sanftes Lächeln zu schenken wie sie mir. Prinzipiell wussten wir rein gar nichts voneinander und wir fragten auch nicht. Für mich war sie nur die nette Blumendame und für sie war ich nur der freundliche Herr der jeden Dienstag seine Blumen hier kaufte. Nur heute – heute an diesem Tag war es anders als die vielen, vielen Tage zuvor. Sie ließ ihre schönen Finger auf den Blumen liegen und blickte mich mit ihrem bezaubernden Lächeln an. „Seit so vielen Jahren kommen Sie nun hier her und kaufen immer die selbe Anzahl von Lilien am selben Tag in der Woche. Und jeden Dienstag in der Woche wenn ich morgens aufstehe habe ich ein Lächeln auf den Lippen, weil ich genau weiß, dass Sie an jedem Dienstag der Woche her kommen und mir ein Lächeln schenken, auf das ich mich jede Woche erneut freuen kann. Nur sagen Sie, aus reiner Neugierde, gibt es eine Frau hinter all den vielen Blumen, die sich jeden Dienstag in der Woche darauf freuen kann, dass Sie mit neuen Blumen nach Hause kommen?“ Ihr Lächeln schwand die ganzen Worte über nicht und ich musste kurz nachdenken was ich darauf nun antworten sollte. War es doch das erste Wirkliche was sie je an mich gerichtet hatte und das nach fünfundzwanzig langen Jahren. Meine Stimme als ich sprach klang rau und trocken was lediglich daran lag, dass ich am Tage nicht viel hatte woran ich mich erfreuen konnte und niemanden hatte mit dem ich groß sprach. Allgemein war ich ein seltsamer Kauz und würde ich mich selbst auf der Straße an mir vorbei laufen sehen, so würde ich mich wahrscheinlich selbst nicht wahr nehmen. Nur diese Frau, diese Frau deren Namen ich nicht kannte war das, worauf ich mich jede Woche erneut freuen konnte – schenkte sie mir doch ein Lächeln was so schön war wie kein anderes. „Sofern sich ein Stein über Blumen freuen kann, so wird es wohl dieser sein, der sich jede Woche am selben Tag über meine Blumen freut.“ sagte ich schließlich und lächelte noch immer genau so wie zuvor – war sie es doch, die ihn ebenfalls noch immer ein Lächeln schenkte. „Das tut mir Leid.“ wahren ihre ehrlichen Worte daraufhin und der Moment an dem wir uns nichts mehr zu sagen hatten reichte bis hin in die nächste Woche. Wieder war es Dienstag, wieder stand ich an dem Tresen und wieder war da dieses bezaubernde Lächeln, welches mich Mal für Mal glücklicher zu machen schien. Ich legte die Lilien auf die Ablage, sie nahm sie und band wieder eine Schleife drumherum. Immer die selbe Farbe. Immer war sie gelb gewesen. Ein Mal hatte ich es ihr gesagt, dass mir das gelbe am meisten gefällt und sie hat es sich bis zum heutigen Tage gemerkt. ,,Lilien sind auch meine liebsten Blumen.´´ sagte sie, als sie die Blumen wieder auf den Tresen legte, mir ein Lächeln schenkte und ich dieses erwiderte. Ihre Stimme war ebenso schön wie das Lächeln, das sie mir immer schenkte und ebenso schön wie das Funkeln in ihren Augen, wenn sich unsere Blicke trafen. Es ähnelte alles einer Romanze, nur war es keine und doch schafften wir es jede Woche aufs neue uns gegenseitig glücklich zu machen und das ohne viele Worte. Ich schwieg, nahm die Blumen, nickte zur Verabschiedung und ging zum Grab meiner Mutter. Dort angekommen legte ich die Blumen auf das gut gepflegte Grab, nahm die Alten und warf sie in den Müll. Fünfundzwanzig Jahre, so lange schon ging ich jeden Dienstag in der Woche zu ihrem Grab und legte ihr frische Lilien dort hin um mich an jenen Moment erinnern zu können wie sie damals aussah in ihrem Garten inmitten dieser vielen Lilien und ein Lächeln besaß, so verzaubernd, dass man alles um sich herum vergessen konnte und nur noch dieser Moment zu existieren schien. Eine schöne Erinnerung und eine an die ich ewig festhalten wollte, war es doch das einzige was ich noch im Leben hatte. Ich war nicht sehr erfolgreich in meinem Job, saß den ganzen Tag in meinem Büro, kümmerte mich um den Papierkram, ließ mich herumschubsen und brachte es nicht fertig auch nur ein mal den Mund zu öffnen. Hier stand ich also nun, vor dem Grab der Frau die mir schon als Kind alles bedeutet hatte und ich hörte in meinem Kopf meine Mutter sprechen „gib nicht auf“ - denn das war das, was sie immer sagte wenn ich damals nach der Schule traurig darüber, dass mich keiner mochte nach Hause kam. Sie wusste einfach immer was sie sagen musste um mich glücklich zu stimmen und umso größer war der Schicksalsschlag als sie dann gestorben war. Nie hatte ich in meinem Leben mehr Trauer verspürt als an diesem Tag. Sicherlich ist es kein Geheimnis wenn ich nun sage, dass es ein Dienstag gewesen war, an dem meine Mutter starb. Ein Dienstag an dem die Sonne schien, die Lilien in unserem Garten schöner blühten als je zuvor und meine Mutter seelenruhig in ihrem Stuhl direkt vor dem Feld aus Lilien eingeschlafen war. Sie war schon alt und schwach gewesen, doch war ich damals schon froh, dass sie keine Schmerzen gehabt hatte. Sie war einfach eingeschlafen, an jenem Ort wo sie sich am wohlsten gefühlt hatte und einen schöneren Tot hätte sie sich niemals erträumen lassen können. Mit einem Lächeln wand ich mich nun wieder von dem Grab ab und fuhr zurück nach Hause wo nichts weiter auf mich wartete als ein Aquarium mit drei fischen, Fertigprodukte und ein Fernseher. Auf meinem Sofa, mit einer Schüssel Instantnudeln auf dem Schoß, schmiss ich den Fernseher an, schloss die Augen und freute mich auch schon auf den nächsten Dienstag – so hatte ich wenigstens diese eine Sache an der ich mich erfreuen konnte. Man konnte nicht sagen das ich depressiv war oder im Selbstmitleid versank – nein. Ich nahm alles so hin ohne mich zu beschweren, doch ich tat auch nichts dagegen, dass ich mich besser fühlen würde.
 

Der nächste Dienstag war gekommen und glücklich darüber heute wieder die nette Dame sehen zu können betrat ich den Laden, doch hatte sich etwas verändert.l Da war nicht die nette Dame die mich immer anlächelte hinter dem Tresen. Nein es war ein älterer Herr der mich weder freundlich anlächelte noch sonst irgendwie geistig Anwesend zu sein schien. Schweigen ging ich zu meinen Lilien, doch waren nur zwei Stück da. Stirn runzelnd griff ich nun nach diesen, legte sie auf den Tresen und blickte den Verkäufer eine Weile schweigend an. ,,Wo ist die nette Dame, die sonst um diese Uhrzeit hier bedient?´´ fragte ich schließlich und bei Gott – selbst eine solch kleine Frage hatte mich schon einiges an Überwindung gekostet. „Ein Autounfall“ sagte er schließlich knapp. „Sie ist noch vor Ort gestorben“ fügte er noch dran und in diesem Moment schien es als würde meine kleine Welt die ich mir jeden Dienstag hier geschaffen hatte zerstört werden. Sie brach auseinander, wie ein Spiegel. In tausend kleine Stücke. Ich ließ mir den Namen geben, fuhr zum Friedhof wo auch meine Mutter begraben lag und sah gleich daneben den Namen, welchen ich zum ersten mal hörte und der mir doch so vertraut vorkam wie kein anderer. Marry-Ann. Das war ihr Name. Marry-Ann. Oh wie gern hätte ich diesen Namen einmal ausgesprochen, ihn ihr ins Gesicht gesagt – in das selbe Gesicht welches mir jeden Dienstag erhellte und mir ein Lächeln schenkte wie es schöner nicht hätte sein können. Schweigend beugte ich mich hinunter, legte eine Lilie auf ihr Grab und die zweite auf das meiner Mutter. Da lagen sie, die beiden Frauen die mein Leben ausgemacht hatten – auch wenn sie für mich immer nur die nette Blumenverkäuferin gewesen war – so hatte sie doch stets etwas Licht in meine Welt gebracht. Dicke Tränen liefen mir die Wange hinunter und es schien als könnte ich nicht mehr atmen, so traurig war ich über den Verlust jener Frau, von der ich bis vor kurzen nicht einmal den Namen wusste. Es hatte fast zwei Stunden gedauert, bevor ich mich wieder im Stande dazu fühlte mich in mein Auto zu setzen und einfach los zu fahren. Wohin ich fuhr das wusste ich selbst noch nicht, schien mein Hirn wie vernebelt darüber, was heute geschehen war. Wo sollte ich jetzt jeden Dienstag meine Blumen kaufen? Was hatte ich denn jetzt noch zu lachen, wenn sie nicht mehr da gewesen war – war es doch etwas ganz anderes als Liebe das uns verband doch etwas, das zumindest in meinem eigenen Empfinden so viel mehr wert gewesen war als es Liebe jemals sein würde. Ich fuhr und fuhr, geradewegs ins nirgendwo, bis ich irgendwann an einem Ort angekommen war welcher schöner nicht hätte sein können. Vor mir erstreckte sich ein riesiges Feld voller Lilien, eine schöner wie die andere und so schien dieses Feld niemals zu enden. Ich stieg aus meinem Auto, ging einige Schritte und begann schließlich zu laufen. Ich lief und lief, immer weiter in das Feld hinein, so lange, bis mir irgendwann die Luft aus ging und ich mich einfach fallen ließ. Da lag ich nun auf dem Rücken, umgeben von Lilien, so weit das Auge blicke konnte und doch galt mein Blick nur dem Himmel. Jenem Ort, wo die zwei Frauen auf ihn warten würden, die wohl das lieblichste Lächeln hatten, welches auf dieser Welt existierte. Ich schloss meine Augen, spürte den Wind durch mein Haar wehen, roch den Duft der Blumen und spürte wie mein Herz langsamer wurde und schließlich aufhörte zu schlagen. So war es richtig. So und nicht anders. Schöner hätte ich es mir nicht erträumen lassen können zu sterben. Und auf meinen Lippen zeichnete sich ein zauberhaftes Lächeln.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Undine
2014-02-22T21:08:51+00:00 22.02.2014 22:08
Autsch meine Augen! Etwas mehr Absätze dürfen es schon sein :)
Nach gefühlten zwanzig Pause (entschuldige meine Augen - haha) muss ich sagen dass dein Schreibstil flüssig und angenehm zu lesen ist, deine Idee ist süß und lieblich und ich finde es toll wie du auf kleine Details eingehst, wie bei einer Zeitlupe. Es stört mich nur etwas dass das Lächeln häufig benutzt wird und so etwas vom Sinnbild verliert, ansonsten ist das Thema sehr schön getroffen und berührt mich, besonders gegen Schluss wo das liebliche weg ist als sie stirbt und ich nur noch traurig war, wie gemein!^^ Aber hey, lass den Typ nicht sterben, das darf er nicht.
Vielen Dank für deine berührende Idee.

Antwort von:  Shirael
25.11.2014 14:54
Nach langer Inaktivität habe ich mal diesen Kommentar gelesen und darf mich herzlichst dafür bedanken. Nur mit Kritik wird man besser und so etwas liest man dann natürlich gerne! Vielen Dank fürs Feedback! :)
Von:  Felicem
2014-01-07T09:35:21+00:00 07.01.2014 10:35
Fantastisch, wundervoll!


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