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Liebe zwischen Einbänden

Eine romantische Beziehung
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Disclaimer: Alle bekannten Namen, Orte, Personen und Begriffe gehören J.K.Rowling bzw. Terry Pratchett. Ein Teil ihrer Ausgestaltung und die Idee/Ausführung gehören jedoch mir. Der "SJ" ist eine Anspielung auf den "PJ", dem Helfer des B.O.f.H., so wie "B.L.f.H." eine Anspielung auf den B.O.f.H. selbst ist, deren Autor Simon Travaglia ist.
Vorgegebener Charakter: Irma Pince aka B.L.f.H.
Anmerkung: Irma Pinces Charakter basiert ein wenig auf zwei meiner Drabblesammlungen, die jedoch bisher nur auf ff.de zu finden sind. Auch habe ich mich aus diversen Gründen dafür entschlossen, dass die Geschichte Ende der 70er spielt, also noch zu Zeiten der Rumtreiber. Rita ist, meiner Zeitrechnung nach, Mitte bis Ende zwanzig, also schon einige Jahre aus der Schule raus. Komplett anzeigen

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Liebe zwischen Einbänden
 

 
 

~ Eine ROMANtische Beziehung ~


 

von Se.Ka.Ya./Noir13

~*~*~
 

 

Sie könnte ihrem Redakteur an die Kehle springen. Ein Interview? In Hogwarts? An sich kein Problem, sofern sie aufs Gelände kam – was Dank ihrer Animagusgestalt kein Problem war – aber die Bemerkung, wen sie befragen sollte... hatte der Mann den Knall nicht gehört? Wie hieß die Frau eigentlich? Die war so unbekannt, dass niemand eine Ahnung haben würde, von wem sie da schrieb. Sie würde ein Foto brauchen und das stellte ein weiteres Hindernis dar.

 

Nun, eine Rita Kimmkorn wuchs mit ihren Aufgaben.

 
 

ooOoo
 

 

Der Weg nach Hogwarts war erstaunlich einfach. Man sollte meinen, es wäre schwieriger, mit dem Ruf, den Hogwarts hatte, aber Rita hatte keinerlei Probleme festgestellt. Ihrem Valentinsinterview stand nun nichts mehr im Wege, außer der Tatsache, ihr Opfer ausfindig zu machen. Aber wozu hatte sie Informationen über ihren Interviewpartner eingeholt? Sie hatte den Namen und den Arbeitsplatz – Hogwarts einmal außen vor gelassen. Was brauchte sie noch?

 

Einen Lageplan. Ritas Blick fuhr die hohen Regalreihen entlang. Was war das? Ein Labyrinth? Sie wusste, warum sie als Schülerin die Bibliothek von Hogwarts bereits gehasst hatte – es waren Bücher über Bücher, und die Bibliothek schien sich ins Endlose zu dehnen. Irgendwo gab es bestimmt arme Seelen, die sich innerhalb der Regale verirrt hatten. Und auch jetzt, Jahre nach ihrem Abschluss, mochte sie die Bibliothek nicht. Da waren zum einen die Bibliotheksregeln an der Tür – die Zehn Gebote der Bibliothek – und dann das ganze Wissen, dass nichts taugte, zumindest nicht in ihrem Beruf. Was bitte sollte sie mit einer Enzyklopädie der Finstersten Flüche, wenn sie es nicht für eine Zeitungsnachricht verwenden konnte? Es gab genug träge Tassen, die sich mit diesen Dingen befassten, und die wären sicherlich auch genug daran interessiert, darüber zu schreiben.

 

Fehlte nur noch die Herrin der Bücher.

 

"Hey, du, Junge!"

 

Der schwarzhaarige Junge drehte sich um. Ein Slytherin – Rita seufzte, ausgerechnet! Der Blick des Kerls sagte ihr bereits, dass er nicht viel von sozialem Umgang hielt. Vermutlich war er einer von denen, die nicht einmal wussten, was zwischenmenschliche Beziehungen bedeuteten.

 

"Was?", fragte er genervt. "Ich habe zu tun – und es ist definitiv wichtiger, als mit einer farbblinden Vogelscheuche zu reden."

 

Rita schnappte nach Luft. "Also -!"

 

"Man beginnt keinen Satz mit 'also', Ma'am", sagte er spöttisch.

 

Einmal mehr wurde ihr bewusst, warum sie Gespräche mit Teenagern hasste. Die hatten einfach nichts Besseres zu tun, als dumme Sprüche von sich zu geben, jeden über zwanzig als halben Zombie abzustempeln und generell nur auf ihren Nerven herumzutrampeln. Nun, sie hatte eine Waffe, und diese Waffe hieß Schreibfeder – sie würde diesem Blag schon zeigen, wer hier das Sagen hatte, spätestens, wenn sie einen Artikel über Hogwartsabgänger schrieb. Sie machte sich eine gedankliche Notiz, das auf ihre To-do-List zu setzen.

 

"Wie heißt du?", fragte sie und befingerte ihren Notizblock.

 

Der Junge schien Lunte gerochen zu haben, denn sein Blick wurde noch eine Spur misstrauischer. Dass das möglich war! Rita wünschte sich fast, einen Fotografen dabei zu haben.

 

"SJ", sagte er schließlich kurz angebunden. "Mit einem großen S und einem großen J – SJ."

 

Rita knurrte – nur innerlich. Der Kerl nahm sie auf den Arm! Verdammt, sie würde erst entschlüsseln müssen, was SJ bedeutete, wenn sie ihm ein Ei an die Schiene nageln wollte. Oder etwas Schlimmeres. Sie merkte es sich, beschloss jedoch, sich wieder ihrem Hauptziel zuzuwenden.

 

"Du weißt nicht zufällig, wo ich Irma Pince finde?", fragte sie zuckersüß.

 

SJ wich zurück, so, als hätte er einen Peitschenschlag abbekommen. "Sie – Sie wollen zu Irma Pince? Zur B.L.f.H.? Sind Sie wahnsinnig?" Er verzog das Gesicht. "Oder, und liegt da auch der Grund für Ihre Stimmlage, sind Sie auf Zucker? Ein wenig hyper und so?"

 

Rita nickte, zog Feder und Notizblock hervor und schrieb neben 'SJ – was bedeutet es? Was kann ich ihm anhängen?' die Frage 'Was bedeutet B.L.f.H.?'. "In der Tat, ich will zu ihr, der... wie sagtest du? B.L.f.H.?"

 

"Bastard Librarian from Hell", sagte SJ abwesend und beobachtete ihr Tun fast nachdenklich. "Wenn Sie mir Ihren Namen sagen, dann organisiere ich einen Gedenkstein für Sie, während Sie Madam Pince Ihre Fragen stellen..." Er deutete in eine bestimmte Richtung.

 

Rita beschloss, dass der Junge übertrieb, und ignorierte seine unterschwellige Warnung. Seit wann ließ eine Rita Kimmkorn sich von solchen Dingen aufhalten? Sie notierte sich die Bezeichnung für Madam Pince und machte sich eine Notiz dahinter, dass es vermutlich dem Gehirn eines verärgerten Bibliotheksbesuchers entsprungen war. Sie ging an SJ vorbei in die angegebene Richtung und fragte sich, ob der Kerl sie nicht vielleicht hereingelegt hatte – er schien der Typ dafür zu sein. Sie musste nun schon Stunden in dieselbe Richtung gehen und noch immer kein Ende in Sicht! Bibliotheken gehörten verboten, sobald man sich darin verirren konnte.

 

Und da die Rettung: Ein menschliches Wesen!

 

"Irma Pince?", fragte Rita, mit Notizblock und Schreibfeder bewaffnet, die Frau.

 

Wie ein Drachen seine Flügel entfaltete, so entfaltete sich Irma Pince. Kein Wunder also, wenn man sie den Bibliotheksdrachen nannte. Rita überlegte, ob sie die Warnung von SJ vielleicht nicht hätte in den Wind schlagen sollen, aber es war bereits zu spät. Irma Pince hatte sie ins Visier genommen, sie gemustert und für unwürdig befunden.

 

"Wer und warum?", blaffte sie. "Ich habe nicht ewig Zeit!"

 

"Ein sehr voller Terminplan...?", mutmaßte Rita in dem Bestreben, spontan einige gryffindor'sche Anwandlungen zu entwickeln.

 

Pince schnaubte und Rita bildete sich ein, dass kleine Rauchringe aus ihren Nüstern – nein, ihrer Nase – stiegen. Sie schluckte. Pince beugte sich über ihren Schreibtisch – wieso stand das Ding überhaupt auf einem Podium? – und starrte Rita nieder.

 

"Terminplan?", zischte sie. "Terminplan? Ich wünschte, ich hätte die Zeit für einen Terminplan! Schüler, Leute wie Sie – alle stehlen sie meine Zeit! Ich habe besseres zu tun als ignoranten Idioten hinterher zu räumen! Warum kann dieses ganze Gesindel nicht einmal die Bücher an den richtigen Platz stellen? WARUM?""

 

Rita wusste, dass sie es mit einer Irren zu tun hatte. Dennoch, den Mutigen half das Glück, oder? Selbst, wenn sie kein Gryffindor von Haus aus war, irgendein Gott würde doch sicherlich über sie wachen?

 

"Nun, es tut mir Leid, aber –"

"LEID?!" Pince kreischte, ohne laut zu werden. Die Frau musste in einer Bibliothek groß geworden sein, dass sie sich dieses Talent angeeignet hatte. "WER SIND SIE ÜBERHAUPT?!"

 

Rita blinzelte. "Kimmkorn. Rita Kimmkorn, ich bin –"

 

"WAS WOLLEN SIE?!"

 

Vielleicht war es ein besonderes, magisches Phänomen? Ein geflüstertes Brüllen, dass einem durch Mark und Bein ging und zeitgleich nicht die Ruhe störte. Sie hätte sich eine Aufnahme besorgen sollen. Diese Pince war eindeutig nicht normal – vielleicht stammte sie von einem anderen Stern? Rita fragte sich insgeheim, was sie tun sollte. Die Frage nach einem Interview erschien ihr in Anbetracht des Bibliotheksmonsters vor ihr wie eine sehr schlechte Idee – der Redakteur würde dafür bezahlen – aber mit leeren Händen konnte sie auch nicht gehen. Eine Rita Kimmkorn gab sich so leicht nicht geschlagen!

 

"Nun, ich wollte Ihnen ein paar Fragen stellen, wenn –"

 

Pince unterbrach sie erneut, dieses Mal jedoch in normaler Tonlage. Statt aufzuatmen, war Rita nur noch mehr besorgt. Welche Teufelei kam jetzt?

 

"Fragen? Was für Fragen?"

 

Die Frau wirkte nun ein wenig mehr wie eine Bibliothekarin, aber Rita ließ sich nicht täuschen. Die Frau war nicht normal, sie war wahnsinnig und gehörte gut weggesperrt. Die war eine Gefahr für die Allgemeinheit! Wie konnte Dumbledore nur so eine Person einstellen? Oder gehörte die Pince bereits zum Inventar von Hogwarts und nicht einmal Dumbledore wagte es, sich ihr zu nähern, geschweige denn, sie rauszuschmeißen?

 

"Ich bin vom Tagespropheten –"

 

"Dieses Käseblatt?"

 

Rita ignorierte den Einwurf. "– und möchte Ihnen ein paar Fragen zum bevorstehenden Valentinstag stellen."

 

Eigentlich hatte sie das noch ausführen sollen, aber sie hatte bereits Öl ins Feuer gegossen und Pince lief zu neuen Hochtouren auf. "VALENTINSTAG?!" Sie schnaufte vor unterdrückter Wut. "So ein Unsinn! Das ist der größte Mist, der mir je untergekommen ist, einschließlich dieser ganzen Fehldrucke!" Sie beugte sich weiter über den Tisch. "Wissen Sie eigentlich, was Schüler in der Zeit um Valentinstag machen? Wissen Sie das?"

 

Rita schüttelte wie gelähmt den Kopf, geradezu hypnotisiert ob Pinces funkensprühender Augen. Ob die Frau auch Feuer spie?

 

"Sie malen Herzchen in die Bücher!"

 

Was auch immer sie erwartete hatte, das war es nicht. Rita blinzelte, einmal, zweimal. Sie unterdrückte den Drang, sich die Augen zu reiben und zu überprüfen, ob ihre Ohren nicht verstopft waren. Bücher? Die Frau regte sich so auf wegen ein paar Büchern? Sie hatte wirklich mit vielem gerechnet, von erhöhtem Arbeitsaufwand, weil die Schüler zu verliebt waren, um Bücher an die richtigen Plätze zu stellen, aber wirklich, sich wegen ein paar Kritzeleien so aufzuregen... das war übertrieben. Rita schüttelte innerlich den Kopf. Zeit für Ignoranztaktik Nummer neun.

 

"Nun, wie sieht es bei Ihnen aus? Bekommen Sie Valentinskarten? Erwarten Sie welche? Verschicken Sie selbst Karten?"

 

Pince schien für den Bruchteil einer Sekunde ob dieses Themenwechsels verwirrt zu sein, aber sie fasste sich erstaunlich schnell wieder. Zu Ritas Leidwesen.

 

"Sind Sie vollkommen verrückt?!" Pince grollte. "Was soll ich mit Karten? Die einzige Karte, die ich brauche, ist hier drin!" Sie tippte sich an den Kopf. "Und sie ist ein Plan der Bibliothek! Ich habe auch eine Karteikartensammlung, aber darum kümmert sich der SJ! Was soll ich mit Valentinskarten? Sie haben keinerlei praktischen Nutzen in der Bibliothek! Sie sind reine Papierverschwendung!"

 

Sie machte durch ihre Tonlage mehr als deutlich, dass sie jenseits des gesunden Menschenverstandes existierte, Rückkehr unmöglich. Rita wünschte sich, sie hätte einen anderen Interviewpartner – jemand, der zumindest noch im Besitz seiner geistigen Fähigkeiten war. Die Frau war schlicht und ergreifend wahnsinnig. Besessen. Die schien nur noch für Bücher zu existieren. Wie lange lebte sie schon hier? Vielleicht wurde man automatisch verrückt, wenn man zu lange mit Büchern arbeitete. Immerhin, Rita hatte gehört, dass die Bücher in der Verbotenen Abteilung schreckliche Dinge mit einem anstellen konnten, wenn man nicht aufpasste. Warum also nicht also auch etwas mit dem Kopf?

 

Zeit, eine neue Taktik anzuwenden. "Wenn Sie sich nicht für Valentinstag interessieren, nehme ich einmal ganz dreist an, dass Sie momentan in keiner romantischen Beziehung sind?"

 

Pince blinzelte sie verwirrt an. "Roman...?" Ihre Brauen zogen sich zusammen, so gefährlich wie finsterschwarze Gewitterwolken. "Was glauben Sie denn? Ich bin Bibliothekarin!"

 

Rita sah überrascht aus. "...und?"

 

"Natürlich habe ich eine romantische Beziehung!" Rita merkte auf und hob die Feder. "Auch wenn dies eine vornehmlich wissenschaftliche Bibliothek ist und demnach hauptsächlich Sachtexte hier herumstehen, haben wir hier genug Romane und zu denen habe ich natürlich eine Beziehung! Ich habe mir den Beruf nicht umsonst ausgesucht!"

 

Sie verkniff sich die Frage, ob Pince wusste, was "romantisch" bedeutete, denn offenbar war Hopfen und Malz bei der Frau verloren. Wenn sie die Frage stellte, würde am Ende nur ein Verweis auf ein Wörterbuch erfolgen, dessen war Rita sich sicher. Und sie war sich auch sicher, dass sie mit ihrem Latein am Ende war: Wie interviewte man eine Person, die außer Büchern nichts im Kopf hatte? Es war unmöglich! Vielleicht konnte sie über einige persönliche Informationen etwas herausfinden...? Andererseits, vermutlich hätte sie mehr Erfolg, wenn sie zuerst SJ suchte und ihn über Pince ausquetschte.

 

"Ähm, ja", sagte Rita in dem Bestreben, die Frau abzuwürgen, bevor sie einen weiteren Bücherfeldzug startete. "Können Sie mir sagen, wo ich... uhm... SJ finde?"

 

Pinces Augenbrauen zogen sich erneut zusammen – oder zogen sie sich nur noch mehr zusammen...? "Wovon reden Sie?" Rita öffnete den Mund. "Ich kenne viele Schwarzhaarige Jünglinge... wenn Sie jedoch meinen Assistenten meinen, der muss hier irgendwo herumrennen. Versuchen Sie es in dieser Richtung." Pince deutete in die Untiefen der Bibliothek und Rita machte sich schweren Herzens auf den Weg.

 
 

ooOoo
 

 

Sie musste bereits gefühlte drei Tage durch die Bibliothek gehen. Das bedeutete, dass es nur noch vier Tage bis Valentinstag waren, und sie musste immer noch die Informationen sammeln, den Rückweg antreten und schlussendlich den Artikel schreiben. Die Welt hasste sie ganz offensichtlich.

 

Wieso gab es in dieser verdammten Bibliothek eigentlich keine Hinweisschilder? Hier brauchte man bestimmt schon etwas wie eine Straßenkarte, um sich zu Recht zu finden. Und abgesehen davon, dass sie sich offenbar verirrt hatte, hatte sie immer noch kein Anzeichen des SJs gefunden. Wo steckte der verdammte Mistkerl? Vermutlich hockte der mit Pince zusammen und lachte sich ins Fäustchen. Nun, eine Rita Kimmkorn wusste sich immer zu helfen!

 

Nun gut, fast immer.

 

Diese Regalreihen sahen für sie alle gleich aus und schienen sich in die Unendlichkeit zu dehnen – und an die Decke?! Rita klappte der Mund auf, während sie mit Erstaunen beobachtete, wie die Regalreihen sich so nach oben krümmten, dass sie praktische eine Kugel bilden mussten. Natürlich war das rein vom Prinzip her nicht unmöglich, immerhin war dies eine Zauberschule, aber dennoch – es war unheimlich, zu sehen, wie Leute scheinbar unbeeindruckt an der Decke umherliefen.

 

Sie sah sich genauer um. Die Bücher waren noch immer Bücher, aber Rita hatte das ungute Gefühl, sich in die Verbotene Abteilung verirrt zu haben. Die Bücher raschelten und schienen vor Magie zu knistern. Hier und da klirrte eine Kette, wenn ein Buch daran zerrte. Was zur Hölle war das für eine Bibliothek?! Wie konnte man Schüler – und vor allem, sie selbst – nur auf einen Kilometer in die Nähe von solchen Dingen bringen? Das war unverantwortlich! Rita wollte sich umdrehen und zurück rennen, nur war hinter ihr eine weitere Regalwand wie aus dem Nichts aufgetaucht. Sie saß in der Falle!

 

Sie trat die Flucht nach vorne an und rannte, als wäre der Teufel selbst hinter ihr her. Leider war der Teufel nicht hinter ihr, sondern vor ihr. Sie stoppte – und bemerkte zu ihrem eigenen Erstaunen, dass ihre Schuhe ein quietschendes Geräusch auf dem Boden verursachten, sie einige Meter weiterschlitterte und mit rauchenden Absätzen und einer schwarzen Bremsspur zum Stehen kam. Rita beschloss, das hinzunehmen, denn momentan hatte sie andere Probleme: der große Orang-Utan direkt vor ihr. Der Affe grinste. Rita schrie.

 

"Oh, Sie sind es", sagte eine vertraute Stimme neben ihr.

 

Rita wirbelte herum und sah SJ, dem sie überschwänglich in den Arm sprang. "Da ist ein T-!"

 

SJ hielt ihr den Mund zu, was bedeutete, dass sie unsanft auf ihr Hinterteil fiel. "Niemals das T-Wort! Das kann er nicht ausstehen." Er nickte dem Orang-Utan zu und griff nach Ritas Handgelenk, um sie wieder in die Untiefen der Bibliothek zu ziehen.

 

Rita wehrte sich, aber die Wahl war schwer: Bei dem Affen bleiben oder dem SJ in die Bücherhölle folgen? SJ ließ ihr keine Wahl.

 

"Was machen Sie überhaupt hier?", fragte er, als sie sich vom Orang-Utan entfernt hatten. "Wollten Sie nicht mit Madam Pince reden?"

 

"Das habe ich", antwortete Rita und warf einmal mehr einen Blick über die Schultern. "Was macht ein Affe in Hogwarts...?"

 

SJ ließ sie los. "Wir sind nicht mehr in Hogwarts – das hier ist die Unsichtbare Universität. Und der Orang-Utan ist der hiesige Bibliothekar." Er nickte in die entsprechende Richtung. "Ein alter Freund von Madam Pince. Sie hat mich gebeten, ihm etwas vorbeizubringen. Aber was machen Sie hier?"

 

Rita starrte. "Nicht mehr... in Hogwarts? Unsichtbare Universität? Bibliothekar?"

 

SJ seufzte gequält und fuhr sich durch sein schulterlanges Haar. "Scheint so, als müsste ich Ihnen das einmal genauer erklären... Sie kennen den Ausspruch Wissen ist Macht, ja?" Rita nickte. "Nun, da Wissen Macht ist, Macht gleich Energie ist, Energie gleich Materie und Materie gleich Masse, und Masse den Raum krümmt, lässt sich daraus schließen, dass viel Wissen eine direkte Auswirkung auf den B-Raum hat. Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben." Er wies zur Decke. "Der B-Raum ist eine Verbindung, die zwischen allen Bibliotheken im Multiversum besteht – kurz gesagt, viele Bücher an einem Ort ermöglichen es, zwischen verschiedenen Bibliotheken hin und her zu reisen, und das auch auf andere Welten bezogen."

 

"...wie bitte?" Rita starrte ihn ungläubig an. "Wiederhol das ab 'Wissen ist Macht'."

 

"Vergessen Sie's. Glauben Sie mir einfach, wenn ich Ihnen sage, dass Sie unwissentlich den B-Raum betreten haben und von der Hogwarts-Bibliothek in diese hier gereist sind. Was ein Glück für Sie ist, denn Sie hätten auch in der Bibliothek von Ephebe enden können, während diese grade brannte."

 

Rita wimmerte. "Ich habe mich auf eine andere Welt verirrt? Eine Buchwelt?"

 

SJ schien etwas wie Mitleid mit ihr zu haben, denn er tätschelte ihr die Schulter. "Wissen Sie, Sie kommen ganz leicht zurück. Sie müssen nur hier links um die Ecke und dann immer gerade aus, bis Sie in Hogwarts rauskommen. Ignorieren Sie die Bücher, die treiben gerne Schabernack. In Nullkommanichts sind Sie dann wieder in Hogwarts und können nach Hause gehen."

 

Hogwarts. Rita griff nach diesem Strohhalm und klammerte sich begeistert an diesen. Gleichzeitig erinnerte sie sich jedoch auch daran, warum sie überhaupt hergekommen war, SJ gesucht hatte. Sie atmete ein paar Mal tief durch, bevor sie nach Notizblock und Feder griff und den Jungen vor sich erwartungsvoll ansah. SJ sah ein wenig verwirrt zurück.

 

"Woher kommt Irma Pince? Was hat sie gemacht, bevor sie nach Hogwarts kam, um dort als Bibliothekarin zu arbeiten? Hatte sie eine roma... nein, eine Liebesbeziehung? Was...?"

 

SJ zuckte zurück. "Wieso fragen Sie mich das?" Er überlegte. "Aber schön, ich sage Ihnen, was ich weiß, einfach, damit Sie mich wieder meine Arbeit machen lassen." Er hob die Hand zum Kinn und dachte nach. "Also, ich glaube, sie stammt aus Lancre, aber sicher bin ich mir nicht. Ist auf jeden Fall irgend so ein Dorf in den Spitzhornbergen, mittwärts von hier... Schnitte oder Blödes Kaff, vielleicht. Bevor sie die Hogwartsbibliothekarin wurde, war sie hier als Bibliothekarin – zusammen mit dem jetzigen Bibliothekar. Sie hatte wohl auch einmal eine Beziehung mit ihm, wenn ich das richtig verstanden habe, ist aber schon Ewigkeiten her, war lange bevor sie die Stellenanzeige von Hogwarts gelesen hat. Ich denke aber, sie stehen sich noch sehr nahe..."

 

Rita fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie diese Informationen niederschrieb. Weniger all das Zeug über Pinces Herkunft, sondern viel mehr die Tatsache, dass Pince scheinbar eine Liebesbeziehung mit diesem... diesem Orang-Utan hatte. Nicht zu fassen! Kein Wunder, die Frau war verrückt. Sie bedankte sich hastig bei SJ und schlug den von ihm angegebenen Weg zurück nach Hogwarts ein.

 

"Ob sie von dem Unfall weiß, der den Bibliothekar in einen Orang-Utan verwandelt hat...?", murmelte SJ, beschloss jedoch, die Sache auf sich beruhen zu lassen.

 
 

ooOoo
 

 

Weitere gefühlte drei Tage später war Rita endlich wieder in Hogwarts, welches sie sofort verließ, um ihren Artikel zu schreiben. In der Redaktion jedoch erwartete sie eine Überraschung, mit der sie nicht gerechnet hatte.

 

"Wo waren Sie?!", tobte ihr Chef. "Ich warte seit mehr als einer Woche auf Ihren Artikel! Zu erreichen waren Sie natürlich auch nicht!"

 

Rita unterdrückte den Schrei: Alles umsonst!

 

Na, wenigstens hatte ihr Chef aus ihrer langen Abwesenheit auch eine Schlagzeile gemacht, dachte Rita sarkastisch, als sie den Tagespropheten aufschlug und den Artikel unter "Kurioses" las: Reporterin in Bibliothek verschollen.

 
 

~ E N D E ~
 


 



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