Zum Inhalt der Seite

Vom Dunkel und vom Licht

Das unaufhörliche Streben nach Glück und die Kellen die das Leben gibt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hi,
schön, dass ihr Haruka in einem weiteren Kapitel begleitet. Dieses Mal wird es etwas heftiger zugehen, ich denke aber nicht, dass es deswegen schon als Adult gekennzeichnet werden muss. Der durchschnittliche Minderjährige hat sicher schon Saw 1 bis 25 geguckt.

Da ich keinen Betaleser habe, kann es natürlich sein, dass mir der ein oder andere Rechtschreibfehler entwischt ist. Auch weil ich immer etwas ungeduldig bin und euch das neue Kapitel so schnell wie möglich präsentieren will.
Sollte euch etwas extrem störendes auffallen, schreibt mir doch eine ENS. Ansonsten freue ich mich natürlich sehr über Kommentare.

Liebe Grüße
Vanhia Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 3 - Wirre Träume

„Diese verdammte Katze“, grummelte Genma.

„Tut weh?“ Dabei deutete ich auf sein Gesicht, in dem deutlich Tora's Krallenspuren zu sehen waren. Leider konnte er im Gegensatz zu dem Hokage meine Sprache nicht sprechen, daher musste er mit meinen Gestammel vorlieb nehmen. Während ich neben ihm herlief sammelte ich alle Macht meiner Sprachkenntnisse. Schließlich galt das eherne Gesetz: Sprache lernt man durch Sprechen.
 

„Heh? Oh. Nein, es tut nicht sonderlich weh.“ Er tat die Kratzer mit einem Achselzucken ab. „Aber dieses Tier ist die Bosheit in Person.“

Er sah meinen verwirrten Gesichtsausdruck und fügte hinzu: „Bei dir war er wirklich wie ausgewechselt. Wie hast du das geschafft? Gibt es da einen Trick?“

„Ich habe … gestreichelt.“

Genma ließ die Schultern hängen. Eine Geste die so gar nicht zu dem ernst wirkenden Mann passen wollte.

Schließlich seufzte er.

„Muss wohl so ein Katzending sein. Ich weiß schon wieso ich Hunde lieber mag. Ah da sind wir.“ Er war vor einem Haus stehen geblieben, das nicht allzu weit vom Hokageturm entfernt lag.

Alles in Allem ein sehr unscheinbarer Bau, der weit weniger bunt war, als die meisten restlichen Gebäude, die ich bisher in Konohagakure gesehen hatte.

Eine Besonderheit wies es dann aber doch auf, denn mit fünf Etagen war es höher als die restlichen Häuser der Umgebung.
 

Während ich mit dem Hokage in seinem Arbeitszimmer gesprochen hatte, war es draußen dunkel geworden. Die schwache Straßenbeleuchtung reichte kaum aus um den Weg wirklich nennenswert auszuleuchten. Aber einen Moment später war ich im Grunde sehr glücklich über diesen sparsamen Energieeinsatz, denn ich schaute nach oben.

Mir wurde ein atemberaubender Anblick geboten, denn genauso wie es am Tag keine einzige Wolke an den Himmel geschafft hatte, war auch jetzt alles frei von Störobjekten.

Da die Beleuchtung auch im übrigen Dorf nicht sehr stark war, schien es als könnte man geradewegs in eine andere Welt hineinsehen.

„Wie wunderschön“, entfuhr es mir. Mein Begleiter drehte sich zu mir um. Und folgte meinem Blick in den Himmel. Er wusste zwar nicht, was ich gesagt hatte, aber er konnte es sich leicht zusammenreimen.

„Wirklich eine wunderschöne Nacht.“
 

So standen wir in friedlicher Eintracht einige Minuten vor dem Haus und schauten in die Unendlichkeit des Universums.

Genma und mein Blick kreuzten sich, als wir gleichzeitig wieder auf irdische Ebenen zurückkehrten. Schnell schaute er in eine andere Richtung und rieb sich verlegen den Kopf.

„Ehm, ja.. warte ich such nur eben die Schlüssel“.

Belustigt musste ich lächeln. Er musste trotz seines soliden Auftretens ein eher schüchterner Mann sein. Unauffällig betrachtete ich ihn aus den Augenwinkeln und versuchte sein Alter zu schätzen. Vielleicht Ende zwanzig, mutmaßte ich. Möglicherweise wirkte er aber auch älter, als er eigentlich war.

Immerhin ist er mal etwas größer als du. Schaltete sich meine innere Stimme dazu.

Das stimmte, und ich war ziemlich froh, dass es so war. Die Tatsache, dass es hier in Dorf Menschen gab die größer waren, bedeutete, dass ich nicht zwingend wegen meiner eigenen Körpergröße auffallen würde.

Die Hoffnung kannst du wohl begraben, alle Frauen in diesem Dorf sind kleiner als du, erwiderte es in meinem Kopf.

Wiederstrebend musste ich zustimmen. Das Gefühl war das Gleiche wie im Palast des Daimyō. Ich war eindeutig größer und kräftiger gebaut.

'Ein Elefant unter Rehen', dachte ich deprimiert. Mein Blick wanderte auf Genmas Rücken und ich entschied, dass ich damit leben konnte, solange es Männer gab die größer und muskulöser waren.
 

Vor mir fummelte dieser derweil am Schloss der Eingangstür herum und versuchte, als Herr und Meister über den Schlüssel und das Schloss zu gebieten. Im Klartext hieß das, dass er es nicht schaffte den Schlüssel in das Schloss zu stecken. Um ihn nicht zu kränken, biss ich mir auf die Zunge und verkniff mir das Lachen, das so in mir brannte.

Geflissentlich dreht ich mich mit dem Rücken zu ihm und tat so, als wäre ich wieder in die Sterne vertieft, während ich ihn deutlich hinter mir fluchen hört. Wenigstens sah er mein Grinsen nicht.

Mit einem triumphierenden „Ha.“ wurde er einen Moment später mit dem metallischen Klicken des Schlosses belohnt. „So, nach dir.“, er hielt mir die Tür auf.

„Danke, Genma.“

„In die dritte Etage.“ Ich nickte und suchte an der Wand den Lichtschalter. Da ich keinen fand, tastete ich so nach dem Geländer und stieg die Treppen nach oben.

Schemenhaft konnte ich in dem Licht, das durch die Fenster fiel Türen und und Stufen erkennen, es reichte um nicht zu stolpern.

„Nach links“, hörte ich den Ninja hinter mir.

Das Ganze hatte etwas von Topfschlagen, nur fehlte der Topf und der Löffel. Eigentlich nur der Löffel, wenn die Tür, die wir suchten, der Topf wäre.

'Vielleicht sollte ich an der Tür anschlagen, wenn ich sie erreichte', kam mir der deplazierte Gedanke.

Du kommst wirklich auf komische Ideen. Es hörte sich so an, als ob die Stimme in meinem Kopf die Augen verdrehte. Naja, so wird mir auf jeden Fall nicht langweilig, antwortete ich. Das stimmt wohl,kam die Antwort.

Am Ende des Flurs blieb ich stehen. Wieder suchte ich nach einem Lichtschalter und wieder erfolglos.

„Hier der Schlüssel.“ Ich spürte wie mir etwas in die Hand gedrückt wurde. Zum Glück war neben mir ein Fenster und so gab es zumindest etwas Licht.

Im Gegensatz zu Genma fand ich das Schloss mühelos. Da ich durchaus seinen Blick in meinem Rücken spürte, dachte ich, dass es wohl besser wäre ihm die Möglichkeit zu geben, sein Gesicht zu wahren. Mit einem leisen fluchen ließ ich den Schlüssel fallen.

Der Ninja bückte sich.

„Gar nicht so einfach, was?“ Ich könnte hören, dass er grinste und verdrehte die Augen. Zum Glück war es dunkel.

'Große Töne, mein Lieber', dachte ich. Wieder drückte er mir den Schlüssel in die Hand. Ich suchte ein weiteres Mal nach dem Schloss und ließ mir dabei länger Zeit als nötig.

Dann steckte ich ihn in den Zylinder und drehte den Schlüssel um.

„Glück.“, sagte ich zu dem Mann.

Genma lachte und nickte. Er schwieg einen Moment und ich hatte das Gefühl, dass er etwas überlegte. Bevor ich das Wort ergreifen konnte, sagte er lauter: „Ja, naja, dann ich hoffe du wirst dich wohl fühlen... Gute Nacht. Ach so. Ich werde dich morgen abholen und zu Meister Hokage bringen.“

„Danke Genma. Gute Nacht.“ Ich lächelte ihm noch einmal zu und schloss dann die Tür hinter mir.
 

In dem Apartment war es finster wie im Sack. Falls es hier ein Fenster gab, waren die Vorhänge wohl zugezogen.

Langsam tastete ich mich den Flur entlang. Zumindest hier drin musste es irgendwo Licht geben. Ah – Da.

Meine suchenden Finger hatten einen kleinen Schalter in der Wand ertastet. Mit ein summenden Geräusch ging die Deckenbeleuchtung über mir an. Das Licht war grell und ich fühlte mich unsanft in die Realität zurück gerissen. „Ahhh“, murmelte ich und kniff meine Augen zusammen. Es dauerte bis sich meine Augen an das grelle Licht gewöhnten und der Raum vor mir Konturen annahm.Es handelte sich um einen kleinen Flur, von dem nach zwei Metern drei andere Räume abgingen. Der Eingangsbereich in dem ich stand war etwas tiefer gelegen und eine kleine Stufe grenzte den restlichen Gang davon ab. Es roch überraschenderweise kein bisschen staubig. Hatte etwa jemand die Wohnung geputzt?

Auch auf dem Boden konnte ich keinen Staub erkennen.

Vor mir erstreckte sich ein sauberer Dielenfußboden. Zögernd setzte ich meinen Rucksack ab um mir meine Schuhe auszuziehen. Ungnädig betrachtete ich sie. 'Die Schuhe hatten etwas Pflege nötig', dachte ich. Das Leder war an manchen Stellen schon ziemlich aufgeraut. Lange würden die es wohl nicht mehr machen.

Sorgsam stellte ich sie auf die Seite und richtete mich auf. Mit einem Griff nahm ich einen Träger meines Rucksacks und zog ihn über den Boden hinter mir her. Die erste Tür ging nach rechts und ich sah hinein. Hier war das Bad. Es war nicht groß aber für mich reichte es allemal. Entzückt stellte ich fest, dass es eine Badewanne gab. Eine Toilette und ein Wachbecken komplettierten das Bild. Es sah sehr karg aus, was daran lag, dass es keinerlei bewohnertypischen Dinge gab, die herumlagen. Kein Badvorleger, kein Spiegel, keine Seife.

Allerdings hingen zwei Handtücher über dem Badewannenrand. Schaudernd dachte ich an die Einrichtungsgegenstände die ich alleine in diesem Raum benötigte.

Das würde alles ziemlich teuer werden und ich hatte keine Ahnung wie ich hier in Konoha mein Geld verdienen sollte. Mein Dasein als Teammitglied einer Spezialeinheit war beendet. Das Geld, das ich besaß war hier wertlos und was meine anderen Talente waren, konnte ich nicht sagen.

Darüber hinaus, wagte ich es sehr zu bezweifeln, dass es viele Angebote in dieser Sparte für Ausländer wie mich gab.

Gegenüber des Badezimmers lag zur Linken ein Schlafzimmer und zur Rechten eine Küche. Unentschlossen überlegte ich, welchen Raum ich mir zuerst ansehen wollte und entschied mich für das Schlafzimmer. Es war der einzige Raum dessen Tür geschlossen war und erregte alleine dadurch schon meine Neugierde.

Nachdem ich eingetreten war, stellte ich überrascht fest, dass jemand den Raum bereits grob möbliert hatte.

Zumindest gab es bereits ein Bett, einen Standspiegel und zwei Schränke. Neben dem Bett stand außerdem noch eine kleine Kommode mit Schubkästen und einem Wecker. Wer auch immer die grüne Bettwäsche ausgesucht hatte, schien Geschmack zu haben, denn sie gefiel mir wirklich gut. Auch der Spiegel war ganz nach meinem Geschmack und tröstete mich darüber hinweg, dass das Bad über keinen verfügte. Hinter dem Bett war ein Fenster, dessen Rollos heruntergelassen waren.
 

Meinen Rucksack lies ich auf das Bett fallen und zog an der Schnur die am Fenster herunterhing. Mit einem sirrenden Gesräuch wurde das Band aus den Lamellen gezogen und der Sichtschutz zusammengefaltet. Das Fenster lag zu der Straße gerichtet, auf der Genma und ich noch vor ein paar Minuten gemeinsam in den Himmel geschaut hatten.

Da die Luft in dem Raum trotz des sonst sauberen Zustands abgestanden roch, öffnete ich das Fenster um sie etwas zirkulieren zu lassen. Die frische Nachtluft machte sich sofort daran, die unangenehme Wärme im Zimmer zu vertreiben.

Draussen zirpten die Grillen munter vor sich hin und in der Ferne konnte man einen Kauz rufen hören.

Ein tiefer Frieden überkam mich und ich ließ mich auf dem Fensterbrett nieder um noch ein weiteres Mal in das Weltall zu blicken. 'Man könnte sich in den Sternen verlieren', dachte ich träumerisch.

Meine Gedanken eilten in weite Ferne und die Nächte, in denen Kristan mich mit sich aus der Stadt genommen hatte. Wir hatten nebeneinander inmitten einer Wiese gelegen und uns bewusst gemacht, wie schön die Welt doch eigentlich war.

Die Erinnerung versetzte mir einen Stich und es schmerzte, doch ich würde meinen Verlust nie verarbeiten, wenn ich sie bis zu meinem Lebensende zurückhielt, daher zwang ich mich dazu die Gedanken zuzulassen. Irgendwann musste ich schließlich damit anfangen. Unwillig zwang ich meine Gedanken zurück in meine Vergangenheit und verglich diese Nacht mit denen, die ich erlebt hatte. Bei uns hatte man nie so viele Sterne sehen können.

Auch war der Himmel nicht so tiefschwarz gewesen, sondern eher rötlich, da das Licht der Stadt durch den Smok bis weit nach außerhalb gestreut worden war. Dennoch war es schön gewesen.

Traurig, schloss ich das Fenster. Es hätte alles anders sein können. Doch nun war eine neue Zeit angebrochen. Weiter als hier her konnte man nicht laufen. Ein neues Land, eine neue Sprache, eine andere Kultur, andere Menschen. Vor mir stand eine Entscheidung im Raum, die ich treffen musste. Ich ging zurück zu dem Bett und entfernte zuerst den Schlafsack, den ich ohne viel Federlesen unter das Bett kickte. Langsam öffnete ich meinen Rucksack und nahm die Sachen heraus die ich seid mehr als zwei Jahren mit mir herumtrug und legte sie zuerst einmal sorgsam auf das Bett.

Meine Einsatzkleidung, eine dunkle Hose, die Weste mit der leichten Panzerung, zwei sehr zerknitterte schwarze Shirts , mein Gürtel und eine seperate Tasche, die ich an ihm befestigen konnte. Vorsichtig roch ich an den Sachen.

'Etwas muffig', urteilte ich streng. Die Kleidungsstücke mussten gewaschen werden und nach all der Zeit hatten sie es verdient, wieder einmal frisch zu riechen.

Sie landeten etwas lieblos in einer Zimmerecke. Etwas Unterwäsche, Socken, ein Trainingsanzug und eine Bluse folgten. Die beiden letzten Stücke war mehr oder weniger eine Neuerwerbung gewesen. Der Trainingsanzug, war in der Zeit erworben worden, die ich mit der Artistengruppe unterwegs gewesen war. Die Bluse hingegen hatte ich gefunden, als ich nach der Audienz beim Feudalherrn in das Zimmer zurückgekehrt war.

Ich vermutete, dass es von der alten Dame war, die sich dachte mir Ersatz für das Stück zu liefern, dass sie hatte verschwinden lassen.

Zusammen mit dem Trainingsanzug war auch ein zweites paar Schuhe zum Vorschein gekommen. Es hatte sich herausgestellt, dass meine Stiefel mit den Stahlkappen in der Sohle für Seiltanz oder sonstige Einlagen nicht sonderlich gut geeignet waren. Daher hatte Alima mir ein Paar von ihren geschenkt. Auch sie eigneten sich zwar nicht für den Seiltanz, wegen ihrer dicken Sohle, aber für die Trockenübungen und das Training waren sie dennoch brauchbarer gewesen.

Der zweite Griff in den Rucksack förderte nun Kleinkram zu Tage. Eine kleine Kulturtasche, in der sich neben der obligatorischen Zahnbürste alles befand, das man brauchte, um sich notfalls wieder zusammenzuflicken.

Dann kam ein kleines Kästchen. Mit einer Hand hielt ich es fest, um mit der anderen die Tasche auf den Boden zu stellen. Auf den nun freigewordenen Fleck ließ ich mich nieder. Mit etwas tauben Fingern öffnete ich den Verschluss und betrachtete die kleinen Glaszylinder, die in kleine Halterungen eingepasst waren.

An jeder war eine kleine Injektionsnadel befestigt. Spritzen, wegwerfen und ein paar Sekunden warten bis die Substanzen wirkten. Es war kaum zu glauben, dass in diesen unscheinbaren Kapseln ein geradezu grausames Wirkmittel eingeschlossen war.

Sie waren dazu da in aussichtslosen Kampfsituationen eingesetzt zu werden. Die Fläschchen enthielten ein monströses Gemisch aus Opiaten, Heroin und Kokain. In seiner Konzentration kurz vor einer Überdosis. In unserer Ausbildung war jedem von uns eine solche Kapsel injiziert worden. Damit hatte man zweierlei Dinge erreichen wollen. Zum Einen, sollten wir erfahren wie es sich anfühlte und zum Anderen sollten wir den kalten Entzug durchleben. Nicht wenige waren direkt durch die Chemikalien gestorben ein paar Andere hatten Selbstmord begangen, als sie die Nachwirkungen der Drogen nicht ertrugen.

Mein Magen verkrampfte sich. Man hatte uns alle wie Tiere angekettet, damit wir uns selbst oder auch Andere nicht verletzen konnten. Trotzdem hatten diejenigen, die von den Wirkstoffen in Wahnsinn getrieben worden waren geschafft, sich mit den Ketten zu erdrosseln. Man hatte es aus den oberen Etagen als Selektion beschrieben. Galle stieg mir in den Mund. Wir waren keine Soldaten mehr gewesen, sondern Versuchskaninchen, denn man hatte eben erst die Testphase gestartet. Offiziel war das Medikament nie zugelassen worden.

Die Zeit des Entzugs war undeutlich und verschwommen und es war beinahe unmöglich für mich eine klare Erinnerung daran zu finden. Nur die Emotionen die zurückgeblieben waren sagten mir, dass ich in den zwei Wochen, die er dauerte, hatte sterben wollen.

Meinst du, dass du die jetzt noch brauchen wirst?, es klang beinahe beunruhigt.

'Ich weiß es nicht, besser ist es auf alles vorbereitet zu sein. Eines werde ich in Griffweite aufbewahren und die anderen gut verstecken.'

Dann pack die Kapsel zu dem Stift.

'Gut.' Gehorsam nahm ich eine der zwölf Kapseln aus dem Etui und verstaute sie in dem kleinen Fach an meinem Gürtel. Das Kästchen verschwand unter der Matratze.

Die trüben Gedanken abschüttelnd griff ich ein weiteres Mal in meinen Rucksack und beförderte eine kompakte Stereobox, mein kleines Musikabspielgerät sowie Kopfhörer heraus. Musik war für mich essentiel und sowohl während des Trainings, als auch wenn ich nachts nicht schlafen konnte lies ich sie leise laufen. Diese Sachen nahmen zwar objektiv betrachtet nur Platz weg, störrisch hatte ich aber darauf bestanden sie mitzunehmen. Mein Vater hatte mir dazu einen kleinen Steckdosenaufsatz gegeben und ergeben geseufzt. Er kannte mich gut genug und wusste, dass es keinen Zweck hatte mit mir darüber zu streiten. Zärtlich strich ich über die zwei gerademal faustgroßen Lautsprecher. Sie waren zwar klein, aber sowohl Qualität als auch Lautstärke konnte sich getrost zeigen. Sie waren eines der ersten Dinge die ich mir von meinem eigenen Geld gekauft hatte. Entschlossen stellte ich alles auf die Kommode und schob Aufsatz sowie Netzteil in die Steckdose. Dann schloss ich den kleinen Spieler an und drückte auf 'Musik abspielen'.

Sofort wurde die Ruhe in dem Zimmer unterbrochen und ich fühlte mich wohler.

Mit dem letzten Griff zog ich zwei Bilderrahmen aus dem zusammengesunkenen Gepäckstück. Lange hielt ich beide in den Händen, während mir heiße Tränen über das Gesicht liefen. Auf einem Bild waren meine Eltern, die fröhlich in die Kamera schauten, auf dem anderen Kristan und ich. Das Bild war während eines Spaziergangs im Herbst aufgenommen worden. Ich selbst lachte darauf ausgelassen, während ich ihn mit Blättern bewarf und er stand da wie ein begossener Pudel empört die Schultern hochgezog. Beide Rahmen fanden ihren Platz auf dem Sideboard. Es würde sicher noch eine Weile dauern bis ich den Verlust verarbeitet hatte. Dennoch musste ich eine, für mich, wichtige Entscheidung fällen: In die Zukunft blicken, und mich auf mein neues Leben einlassen, oder in der Vergangenheit bleiben. Entschlossen griff ich zu meinem Gürtel und zog ein Messer aus der Halterung. Mit festen Schritten ging ich zu dem Spiegel und betrachtete mein Gesicht. Ein blasses Gesicht blickte zurück, die Augen, die vom Weinen gerötet waren blickten mich entschlossen an.

Als das Messer, durch meine Haare fuhr und die Strähnen zu Boden sanken, fiel auch die Entscheidung. Der Entschluss etwas an meinem Äußeren zu verändern, war symbolischer Natur.

Eine Veränderung folgte einer Anderen.
 


 

„Komm her mein schönes Kind, wärme mich“, eine hohe Stimmer kicherte vergnügt. Ich sah durch eine große Tür. Ein riesiges Bett stand dort mit seidigen Kissen und Laken. Darauf ein ein Mann, der mich wollüstig anblickte und mit seinem Finger zuerst auf mich, dann auf sich deutete. Seine Stimme klang schmierig und er selbst unnatürlich fett. Angewidert verzog ich das Gesicht. Wieder rief er mit seiner piepsigen Stimme:“ Nun komm schon her, meine Teure.“ Er gluckste.

Ich ließ meinen Blick an mir herunter gleiten. Ich war nackt bis auf ein durchsichtiges Höschen. An den Seiten waren rosa Satinschleifen, die das Vorder- und das Rückteil zusammenhielten. In meiner Hand hielt ich einen ebenso durchsichtigen schwarzen Bh, auch an ihm eine Schleife befestigt. Diese war allem Anschein nach schon von mir gelöst worden. Entsetzt bemerkte ich wie ich mit langsamen Schritten auf das Zimmer zu ging. Hinein zu diesem widerlichen Mann. Das Zimmer war riesig, allein die Decke sicherlich fünft Meter hoch und die Wände mit goldenen und cremefarbenen Stoff überzogen. Auf dem Boden war kostbar aussehendes Parkett verlegt.

Wieder tat ich einen Schritt holte aus und warf kichernd das dünne Stück Stoff in seine Richtung. Innerlich musste ich mit einem Brechreiz kämpfen. Was machte ich hier nur und wieso konnte ich mich nicht nach meinem Willen bewegen. Bestürzt bemerkte ich, wie ich meine Brust streichelte. Dann wanderte meine Hand, die mir nicht gehorchte zu dem Band, dass meine Hüfte, wenn auch nur minimal vor seinen gierigen Blicken schützte. Sanft zog ich daran.

Ihm sprangen beinahe die Augen aus dem Kopf. „Ja!JA!“

Der Stoff rutschte an meinen Beinen herunter und ich bückte mich um ihn aufzuheben.

„Wie wäre es meine Liebe, spielen wir doch ein Spiel? DU läufst weg und wenn ich dich fange, wirst du alles tun, was ich von dir verlange.“ Er schmatzte, es war ein widerwärtiges Geräusch und mir drehte es sofort den Magen um. Auch er war nackt, das einzige, das ihn bedeckte war ein öliger Schweißfilm.

„Ja, Herr“, antwortete ich mit einem weiteren Kichern.

Langsam drehte ich mich um und lief aus dem Raum in das Zimmer, indem ich eben noch gestanden hatte. An den Wänden hingen riesige Gemälde von Menschen und Landschaften. „ICH KOMME!“ Hinter mir war es dem Lüstling endlich gelungen sich aus seinem Bett zu hieven. Plötzlich schien ich wieder Herr über meine Bewegungen zu sein, und die Abscheu, die ich eben nur im Inneren empfunden hatte, erfasste meinen gesamten Körper. Wie panisch lief ich durch einen weiteren Raum. Die Wänd waren hier mit Holz verkleidet.

Es gab keinen Ausgang aus diesem Raum.

Das durfte nicht wahr sein. Hinter mir schien der Mann die Tür erreicht zu haben. Ein Knarzen des Bodens verriet mir die Distanz die noch zwischen uns war. Wild sah ich mich um, bis mein Blick wieder auf die Holzvertäfelung fiel. Ein Stück über meinen Kopf war ein Griff eingearbeitet, den ich beinahe übersehen hätte. Entschlossen zog ich daran und staunte, da es sich wie ein Rollo herunter ziehen ließ und den Blick auf einen Durchgang offenbarte. Dahinter der nächste Raum. Auch in ihm gab es keine Tür.

Da ich den Trick nun kannte, suchte ich mit meinen Augen die Wände ab und wie erwartet gab es dieses Mal an zwei Wänden die Griffe, die ich suchte. Mit schnellen Schritten lief ich zu der Wand, dir sich rechts von mir befand und zog. Sie bewegte sich kein Stück. 'Verdammt', dachte ich frustriert.

„Mein Täubchen wo bist du?“ Schlitternd bleib ich vor dem zweiten Griff stehen und zerrte kräftig an der Rolltür auf der linken Seite. Gehorsam gab sie meinem Druck nach und die Wand, die vor einigen Herzschlägen noch so massiv gewirkt hatte ließ sich wieder wie ein Rollo herunterziehen. Blind rannte ich in den nächsten Raum, ich verschwendete keine Zeit mehr damit, mich umzusehen. Ich rannte zur Wand rechts und zog an einem Griff.

Nichts. Der Zweite. Nichts.

'Jetzt komm schon', bettelte ich.

Die Dritte. Wieder nichts. Der Kerl stampfte bereits in das erste Zimmer. Wegen seiner Masse gab es bei jedem Schritt eine Erschütterung im Boden. Es war bewundernswert, dass er überhaupt noch aufstehen konnte. Mir brach kalter Schweiß aus. Ich wollte nicht, dass er mich fand, wollte nicht, dass er mit seinen gierigen, schweißigen Händen über meinen Körper fuhr.

Das vierte Holzrollo gab endlich nach. Ich schlüpfte hindurch und zog es hinter mir wieder hoch. Sollte er doch sehen, wie er mich fand, ich würde es ihm so schwer wie möglich machen. Mein Problem war, dass mit jedem neuen Raum immer mehr dieser Rollos in die Wand eingelassen waren. Somit kostete es wertvolle Zeit, wenn ich nicht auf Anhieb den richtigen Weg fand.

Das Glück war mir aber einige Räume lang hold. Doch egal wie schnell ich die offene Veriegelung fand, der Abstand verringerte sich immer mehr. Zwischen ihm und mir lag nur noch ein einziges Zimmer. Gerade als ich wieder hinter mir eines der Rollos hochzog, veränderte sich die Situation und somit die gesamte Atmosphäre. Ich hörte ein zweites paar Schritte. „Oh meine Teure, hast du keine Lust mehr zu spielen? Dann komm her und ich werde dich....“ Ein Schrei kämpfte sich in mir hoch.

Angst. Aus irgendeinem Grund hatte ich auf einmal panische überwältigende Angst. Schnell zog ich das Rollo mit einem Ruck hoch. Anstattt des Ekels trieb mich nun Todesangst. Mein letzter Blick traf den Übergewichtigen, der auf der anderen Seite eintrat, während ich die Wandverkleidung auf meiner Seite hochzog.

Hinter ihm stand ein Mann.

Er trug einen schwarzen langen Mantel, schwarze Schuhe, einen schwarzen Pullover. Sein Gesicht war unter einer schwarzen Maske verborgen, doch ich irrte mich. Es war keine Maske. Das Gesicht des Mannes war so stark verbrannt, dass er keine Gesichtszüge mehr hatte.

Dann verschloss sich der Spalt.

'Er hat mich gesehen', schoss es mir durch den Kopf.

Von der anderen Seite der Wand ertönte ein schaurig reißendes Geräusch.

„GNHHHHHGRGL!“

Das gleiche Geräusch hatte ich schon einmal gehört. Es war das Gleich, wie damals, als man Kristan die Kehle vor meinen Augen durchgeschnitten hatte.

Hals über Kopf rannte ich von einem Rollo zum nächsten. Sie waren alle verschlossen.

'Nein, das durfte nicht sein!' Mein Blickfeld schien sich zu verengen und jede Faser meines Körpers hatte nur noch ein Ziel: Flucht. Panisch suchte ich die Wände ab. Der schwarze Mann stand nun auf der anderen Seite der Wand hinter mir und obwohl ich ihn nicht sah, wusste ich, dass er dort war.

Da.

Ein letzter Griff, er war anders in seiner Beschaffenheit, anstatt metallisch war er hölzern und somit fast nicht zu sehen. Auch gingen die leichten Markierungen nicht auf den Boden, sondern hatte die Form von einem Quadrat. Wäre es ein Bild gewesen hätte es die Maße von einem Meter im Quadrat gehabt.

Auch die Höhe passte zu einer Stelle, an der man für gewöhnlich ein Bild aufhängte. Mit eiskalten Fingern griff ich im gleichen Moment nach dem Griff, als auch der Assassine im Raum vor mir seine Hand nach dem Griff ausstreckte.

Wenn er schneller war als ich, bedeutete das mein Ende. Mit einem Satz zog ich das Rollo herunter und sprang hinauf um mich in den Schacht zu ziehen. In dem Moment, als ich mein Fenster wieder verschloss, öffnete sich auf der anderen Seite die Wand einen ersten Spalt weit.

Dann war es dunkel.

Ich saß in einer Zwischenwand. Zwischen zwei Räumen. Hier musste es irgendwie wieder rausgehen. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in mir aus. Der Schacht hatte im Grunde die gleichen Maße, wie es von Außen ausgesehen hatte. Einen Meter im Quadrat. Einen Meter tief. Mein Versteck war ein Würfel.

Langsam drehte ich mich zu der Wand hinter mir um und untersuchte auch sie. Es musste hier einen Ausweg geben.

Meine Finger ertasteten eine Einkerbung. Volltreffer. Plötzlich waren Schritte zu hören.
 

„Ab jetzt müssen wir vorsichtig sein, jeder hat den Plan um zum Feuer Reich zu kommen. Wir werden ab jetzt unser Ziel nicht mehr beim Namen nennen, falls wir ausspioniert werden. Die Zeit die jetzt auf uns zukommt wird nicht einfach. Aber gemeinsam, werden wir sie schaffen. Ich liebe euch.“

Nein! NEIN, das durfte nicht sein. Mit aller Kraft zog ich den Griff hoch.

Das war der Flur meiner Eltern. Wie betäubt hob ich meinen Blick.

Eine Sekunde später fokussierte sich meine Konzentration auf die Menschen, die gerademal eine Armlänge von mir entfernt waren. Ich musste nur meine Hand ausstrecken und hätte meinem Vater über das Gesicht streichen können.

Meine Mutter stand nah bei ihm und hatte ihre Hand in seine geschoben. Sie sah verängstigt aus. Der Ausdruck meines Vaters war tief entschlossen, er atmete tief ein.

Mein Blick wanderte weiter auf Kristan. Er hatte sich mit Absicht leicht schräg hingestellt, dass er mich innerhalb eines Wimpernschlages zurück reißen konnte. Hatte er vielleicht gewusst, was passieren würde? Hatte er es geahnt?

An letzter Stelle sah ich mich selbst. Entschlossen, ernst und in Gedanken bei den nächsten Schritten unserer Flucht.

Ein elementarer Fehler.

In diesem Augenblick passierten mehrere Dinge zur gleichen Zeit. Zum Einen hörte ich das Klicken der Klinke, zum Anderen fiel mir ein Geräusch auf, dass mir damals entgangen war. Draußen vor der Tür gab jemand einen leisen Befehl.

Wie hatte mir das entgehen können? Dieser flüchtige Gedanke war genauso schnell wieder fort, wie er gekommen war.

„NEIN!“ Verzweifelt schob ich mich aus dem Schacht in den Flur hinaus und landete mitten in einem grauenvollen Alptraum.

Zeitgleich mit meinem Schrei begannen die ersten Kugeln die Tür zu durchschlagen. „RUNTER!“

Genau wie damals schien alles in Zeitlupe abzulaufen und meine Bewegungen waren so zäh, als ob man mich an Gummibändern befestigt hätte.

„MAA....“ schrie ich wild, doch es half nichts. Es lief genauso wie damals. Entsetzt musste ich mit ansehen, wie eine der ersten Kugeln, die Brust meines Vaters durchschlug. Auch das war mir damals entgangen.

Es musste seine Lunge zerfetzt haben, denn er spuckte augenblicklich Blut.

Dann zuckte der Kopf meiner Mutter zurück, als das Projektil in ihrem Kopf einschlug.

Langsam, beinahe sanft begann ihr Hinterkopf sich nach außen zu wölben. Dem folgte ein grausiges Knacken gefolgt von einem reißenden Geräusch, als sich ihre Knochen durch ihre Kopfhaut drückten und sie zeriss.

Von meinem Standpunkt aus, konnte ich mit ansehen, wie der Punkt der größten Spannung überschritten wurde, und ihr Körper dem Druck der Kugel nachgab.

Ihr Hinterkopf barst und die graue Masse spritze auf Wände, auf den Boden, auf Kristan und auf mich.
 

Mit einem Schrei fuhr ich auf.

Zitternd und schweißüberströmt vergrub ich mein Gesicht in den Händen und stöhnte. Jedes Mal wenn ich davon träumte, zeigten sich neue Details, die der Schock damals ausgeblendet hatte.

Doch ich hatte sie gesehen und mein Unterbewusstsein schickte sie mir nun in Paketen zurück.

Wo bin ich?

In deinem Bett.

Achso.

Der Wecker zeigte 5 Uhr morgens. Es lohnte sich nicht mehr, noch einmal schlafen zu wollen, so aufgewühlt wie ich war. Seufzend stand ich auf. Draußen begann es bereits hell zu werden.

Ich fuhr mir mit meinen Händen durch die Haare. Verwirrt stutzte ich.

Achja. Ich hatte sie mir letzte Nacht abgeschnitten.

In mir breitete sich ein fiebriges Gefühl aus. Ich brauchte Bewegung. Dringend.

Unbeholfen fischte ich den Trainingsanzug aus dem Klamottenberg, den ich in der letzten Nacht in die Ecke geworfen hatte.

Fertig umgezogen betrachtete ich mich einen Moment in dem Spiegel, welcher in der Zimmerecke stand. Dann nahm ich mir mein Abspielgerät und die Kopfhörer aus dem Regal und betrat einige Minuten später die Straße vor dem Haus.

Tief sog ich die Luft ein. Sie war noch kühl und roch nach nasser Erde und Bäumen.

Entschlossen schob ich mir die Kopfhörer in die Ohren.

Mal sehen, wie lange ich brauchte um einmal um das Dorf zu laufen. Dazu kam noch der Weg zum Tor und zurück.

Mit den ersten Bässen der Musik begann ich zu laufen.
 

Nach einer guten viertel Stunde, passierte ich das Tor, in dessen Wachhäuschen Izumo und Kotetsu selig schliefen.

Das waren ja schöne Wachen. Sie wurden nicht einmal wach, als ich an ihnen vorbei lief. Sobald ich außer sichtweite war, erhöhte ich mein Tempo und aus dem ausdauernden Laufen wurde ein Wettlauf mit dem Traum der letzten Nacht. Ich lief so schnell, dass ich bereits nach einer guten dreiviertel Stunde wieder an dem Wachposten angekommen war und entschied, mich ein wenig in den Wald zurückzuziehen. Dort hätte ich die Möglichkeit meine Energie anderweitig loszuwerden. Also schlug ich einen Haken und zog mein Tempo noch eine Stufe weiter an, Büsche und Felsbrocken, die im Weg waren, sah ich als Hindernisse und tauchte entweder unter ihnen durch oder überwand sie auf jede andere mir mögliche Weise. Dabei drosselte ich nur minimal meine Geschwindigkeit.

Während ich im Palast gewesen war und auch auf der Reise mit Yashido hatte sich dafür keine Möglichkeit geboten. Umso herrlicher empfand ich es jetzt, den Wind in meinem Gesicht zu spüren.

Schließlich kam ich zu einer Lichtung, die sich mir geradezu anbot. Es gab viel Platz und einige Findlinge lagen verstreut herum.

Darüber hinaus, war es weit genug vom Dorf entfernt, dass ich davon ausgehen konnte, niemanden hier anzutreffen. Nachdem ich sicher war, dass sich wirklich niemand in meiner näheren Umgebung aufhielt, lockerte ich meine Muskeln und visierte den ersten Felsen an. Die Leute hier schienen etwas merkwürdig zu sein, wenn sie ohne Probleme über Zäune springen konnten. Der alte Hokage würde mir sicherlich erklären, was es damit auf sich hatte, wenn ich ihn um eine Antwort bat.

Das versteckte Dorf, hatte mein Vater es genannt. Anscheinend gab es mehr zwischen Himmel und Erde, als ich wusste. Mit einer merkwürdigen Vorfreude stellte ich die Musik lauter und begann mit dem Training.
 

Als ich knappe vier Stunden später wieder vor der Tür des Apartments stand, fühlte ich mich wie neu geboren. Dennoch war ich etwas enttäuscht gewesen, denn das Dorf hatte größer auf mich gewirkt und ich lachte, als ich an die beiden Chunin dachte, die ich in ihrem Häuschen angetroffen hatte.

Bei meinem Rückweg waren sie mittlerweile wach gewesen und ich hatte kurz angehalten um ihnen einen guten Morgen zu wünschen. Während ich zu ihnen herüber gegangen war, hatte Izumo seinen Freund in die Seite gestoßen, da er mich von Beiden zuerst entdeckt hatte. Entgeistert hatten sie auf meine kurzen Haare gestarrt. Ich redete, soweit es mir möglich war, mit ihnen und hob wissend eine Augenbraue, als sie mir weismachen wollten, dass sie sich nur schlafend gestellt hätten.

Da ich nicht wusste, wann Genma mich abholen wollte, wenn er es nicht sogar schon versucht hatte, verabschiedete ich mich schnell und beeilte mich zu dem Haus zu kommen, indem der Sandaime mir die Wohnung überlassen hatte.

Das Nötigste war nun erst einmal eine Dusche, hoffentlich blieb mir noch genug Zeit, denn mittlerweile war es wirklich spät geworden. Auf den Straßen von Konoha herrschte bereits reges Treiben überall liefen Hausfrauen mit ihren Einkäufen umher und auch die Händler hatten ihren Anteil an der Lebhaftigkeit.

In dem Apartment griff ich mir meine Kulturtasche und ging ins Badezimmer, um zu duschen. Das heiße Wasser tat sein übriges und gut gelaunt betrachtete ich die kleinen Dampfwölkchen, die von meiner Haut aufstiegen, als ich die Wanne verließ.

Ein Problem stellte die Wahl der Kleidung dar. Der Haori sah so mitgenommen und staubig aus, dass ich ihn wohl nicht noch einmal anziehen konnte. Unschlüssig stand ich in dem kleinen Schlafzimmer und entschied, dass Unterwäsche und Socken schon einmal die halbe Miete wäre.

Doch leider machte der reine Fakt, dass ich nun etwas trug, die Wahl nicht leichter.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als jemand an die Wohnungstür klopfte. Dass musste Genma sein.

„Scheiße“, stöhnte ich. Was sollte ich denn jetzt machen? Die Tür öffnen und ihn hereinbitten konnte ich so nicht. Draußen wurde noch einmal geklopft.

„JA!... M-moment!“ Ich zog die völlig zerknitterte Bluse der alten Frau unter dem Kleidungsberg hervor und griff gleichzeitig nach meiner dunklen Hose.

Es war das sauberste was ich hatte und im Augenblick meine einzige Rettung. Muffig hin oder her. Mit einem Bein bereits in der Hose stolperte ich in Richtung Eingangstür. Dabei stolprte ich und fiel laut fluchend der lange nach hin. Schnell zog ich mir die Bluse über den Kopf und hüpfte den letzten Meter zur Tür, während ich gleichzeitig mein Bein in der Hose versenkte.

Synchron wie ich den Knopf an meiner Hose schloss, griff ich nach der Türklinke und öffnete dem schelmisch grinsenden Ninja die Tür. Natürlich hatte er den Lärm gehört den ich im Flur veranstaltet hatte.

„Hallo, Gut-“, er brach ab und starrte auf meinen Kopf. Haare schienen hier wohl ein großes Thema zu sein. „Äh, Guten Morgen.“ Stotterte er zu Ende.

Etwas verunsichert griff ich nach einer Strähne.

„Nicht gut?“, fragte ich ihn geknickt. Zu Ändern war es nun eh nicht mehr.

„Doch, nein... ich meine... ich war nur überrascht! Die kurzen Haare stehen dir gut!“

Skeptisch drehte ich mich um und zog meine Schuhe an, zog den Schlüssel innen ab und zog die Tür hinter mir zu.

Genma schien sein Fettnäpfchen gewittert zu haben und lächelte mich entschuldigend an. Er erinnerte mich dabei an einen großen Schuljungen und lachend zuckte ich mit den Schultern, um ihm zu zeigen, dass ich nicht böse war.

„Nur Haare...sie wachsen.“; erklärte ich ihm. Gemeinsam traten wir hinaus in die Sonne. Von der frischen Morgenluft war mittlerweile nichts mehr übrig, und ich war froh das Rollo im Schlafzimmer heruntergezogen zu haben. So blieb zumindest etwas Kühle erhalten.

Wir schlugen den Weg in Richtung des Hokageturms ein und Genma schien es nicht sehr eilig zu haben. Daher nutzte ich die Zeit und sah in die Schaufenster der Läden an denen wir vorbeikamen. Ein Laden erregte meine Aufmerksamkeit besonders, denn in der Auslage gab es merkwürdig geformte Messer, daneben lag ein Katana, Schriftrollen, ein paar Tintenfässchen. Eine wirklich merkwürdige Zusammenstellung. Im Laden selbst waren überall Waffen und Kleidungsstücke verstreut. Auf einem Ständer konnte ich Kettenhemden erkennen an einem anderen hingen Taschen, wie sie auch mein Begleiter an seinem rechten Bein befestigt hatte. Das musste ein Laden für Ninjabedarf sein, ging mir auf.

Neugierig betrachtete ich die Auslage und sah mir dann Genma genauer an. Neben seiner Uniform trug er eine Bauchtasche, wie auch ich eine hatte, nur dass seine mehr Stauraum als meine bot. Insgeheim fragte ich mich, was wohl Ninja in ihren Taschen hatten. Das Objekt meiner Beobachtungen hatte meinen Blick bemerkt und so schaute ich schnell in eine andere Richtung. Ich würde keine plausible Erklärung finden, wenn er mich fragte wieso ich mich so sehr dafür interessierte. Als hätte er meine Gedanken gelesen, hob er eine Augenbraue und fragte:

„Was ist denn?“

Fieberhaft überlegte ich nach einer Ausrede, die gut genug war um zu erklären, dass ich seine Ausrüstung angestarrt hatte. Am Ende wählte ich die Wahrheit, oder zumindest einen Teil der Wahrheit.

„Was ist.... drin?“, fragte ich ihn und zeigte auf die beiden Taschen. Da ich genug von dem Laden gesehen hatte, ging ich zu ihm zurück.

Genma schien zu überlegen, wie er mir antworten sollte.

„Alles was ein Shinobi so braucht“, begann er, als wir unseren Weg fortsetzten. „Wurfsterne, Rauchkugeln, dünner Draht, Kunai“, zählte er auf.

„Kunai?“ Was bitte war ein Kunai. Der Mann griff in seine Beintasche und zeigte mir eine Handlange kleine, keilförmige Waffe. Es hatte Ähnlichkeit mit den Messern, mit denen ich arbeitete.

Nun ja eigentlich war das gelogen, denn es gab keinerlei Ähnlichkeit zwischen ihnen. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass sie auf die gleiche Art und Weise benutzt wurden. Besonders gefiel mir der kleine Ring am Ende der Waffe, so konnte man sie leichter greifen und festhalten, wenn man gerade in Bewegung war.

„Was ist... Shinobi?“, fragte ich weiter.

„Ein Shinobi ist ein Ninja“, erklärte er. „Im Grunde ist es nur ein anderes Wort.“ Nachdenklich lief ich hinter ihm her. Die Vermutung lag nahe, dass es eine reiche Historie rund um dieses Dorf, dessen Einwohner und dessen Elitekämpfer gab. Nur ob der Ninja sie mir erzählen würde, stand in den Sternen.

„Genma?“, fragte ich schüchtern, sicherlich ging ich ihm mit meiner Fragerei bereits auf die Nerven.

„Hm?“, er wechselte seine Nadel von einer Seite des Mundes auf die Andere.

„Wieso heißt es 'das versteckte Dorf'? Wieso verstecken?“

„Na du stellst aber Fragen.“, ratlos kaute er auf seiner Nadel herum. „Die Kakurezato, also die versteckten Dörfer, beherrbergen die militärische Kampfkraft ihres Landes. Kannst du mir folgen? Ja? Gut...In diesen Dörfern werden die Bwohner oder zumindest ein Teil von Klein auf zu Kämpfern erzogen. Zur Zeit befinden wir uns im Frieden mit den umliegenden Ländern, aber das war mal anders.“

Neugierig sah ich ihn an, sagte aber nichts um ihn nicht zu unterbrechen. Ich war selbst erstaunt wie gut ich ihn verstand, aber ich hatte ein Talent für Sprachen und so, wie ich es auch schon Yashido am Tag vorher erklärt hatte, ich lernte schneller je mehr ich die Sprache zu hören bekam.

„Nun, die Dörfer wurden für den Fall eines Krieges gegründet. Sie stellen für die anderen Herrscher eine unbekannte strategische Variable dar. Somit haben die Dörfer neben reiner Krampfkraft auch noch einen vorbeugenden Aspekt. Keiner würde ein anderes Land angreifen und riskieren vernichtet zu werden, weil er dessen Stärke unterschätzt hat.“ Nachdenklich schaute er in den Himmel und er machte auf mich den Eindruck eines sehr erfahrenen und versierten Kämpfers. Sicher war er ein guter Analytiker.

Während Genma in seinen Gedanken immer weiter abdriftete, erreichten wir den Hokageturm, wo er sich etwas geistesabwesend von mir verabschiedete.

Belustigt sah ich ihm hinterher. Was wohl in seinem Kopf vor sich ging..
 

Zögerlich klopfte ich an die Tür, vor der ich bereits am Tag vorher gestanden hatte. „Komm rein“, forderte mich die tiefe Stimme auf.

Der Hokage trug den gleichen Mantel wie am Tag zuvor, hatte jedoch seinen Hut neben sich auf den Schreibtisch gelegt.

„Ah Haruka, da bist du ja. Was hälst du davon, wenn wir einen Spaziergang machen?“ Ohne meine Antwort abzuwarten stand er auf, nahm seinen Hut und ging an mir vorbei nach draußen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fahnm
2013-12-11T22:28:39+00:00 11.12.2013 23:28
Klasse Kapi^^
Von:  Samehada92
2013-12-11T13:26:57+00:00 11.12.2013 14:26
Tolles Kapitel :)
Immer wieder von der Ermordung seiner Eltern und des verlobten zu träumen ist hart, obwohl ich nicht genau weiß, was der Fette dort zu suchen hatte xD
Aber egal... bin schon total gespannt wie's weitergeht.
LG Vantastic_Vlo
Antwort von:  Vanhia
11.12.2013 16:47
Hey Vlo,
Ja ich kann dich verstehen, der Traum ist mal etwas außergewöhnlich ;)
Aber manchmal haben die Menschen wirklich die abgefahrensten Träume, die mit dem eigenen Leben überhaupt keinen Zusammenhang habe.
Wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht genau, wieso gerade der Schmierbeutel es in den Traum geschafft hat, allerdings passt er irgendwie doch gut zur Überleitung.
Ich denke, dass ich bis Freitag das nächste Kapitel noch eine Probe gelesen und überarbeitet haben werde. ( Ja es ist sogar schon fertig ;) )

Liebe Grüße
Vanhia
Von:  Aibera
2013-12-10T20:46:53+00:00 10.12.2013 21:46
Aber die Haare :( Nene... Mulan-like einfach die Haare abgeschnitten... Aber ein gutes Kapitel! Ich freue mich auf das nächste Kapitel, vielleicht stellt sie ja mal ihre Fähigkeiten im Vergleich zu Ninja's unter Beweis - das würde mich ja sehr interessieren^^
lg
Aibera


Zurück