Zum Inhalt der Seite

Zinnsoldaten

~FF-Adventskalender 2013//Türchen 7~
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zinnsoldaten


 

Zinnsoldaten
 

„Mama, Mama!“

Getrappel auf der Treppe kündigte davon, dass die Geschwister Wayworth die Treppe hinab gerannt kamen.

„Mama!“, erschallte es erneut durch das Haus, diesmal mit mehr Dringlichkeit in der Stimme.

Mit einem gespielt lauten Seufzer deckte die so verzweifelt gesuchte Mutter den Plätzchenteig auf der Anrichte mit einem kühlen Handtuch ab. Doch das Lächeln auf ihren Lippen strafte den Seufzer Lügen. Es war Vorweihnachtszeit, wie also hätte sie ihren zwei Töchtern böse sein können? Das Weihnachtsfest stand kurz bevor, was Jamie und Lilly seit Tagen wach hielt. In dieser Zeit erinnerte sich gerne daran, wie sehr sie selbst sich früher an dem geschmückten Baum, den Plätzchen und natürlich den Geschenken erfreut hatte. Lange zuvor schon hatte sie geglaubt, dieses Gefühl für immer verloren zu haben, doch seit sie Mutter von Zwillingen geworden war, die jedes einzelne bisher erlebte Weihnachten mit strahlenden Augen zu einem Wunder erklärten, hatte sie gefühlt, wie dieses Gefühl sich wieder in ihr geregt hatte, auch wenn es dieses Mal anders war.

„Maaaaama!“

Angesichts des entrüsteten Schreis ihrer Lilly schob Janice Wayworth den frisch zubereiteten Teig in den Kühlschrank und löste ihre vom Mehl staubige Schürze, ehe sie die Küchentür öffnete. Die Zwillinge standen im Esszimmer, bereits in ihre Nachthemden gekleidet und hatten nur nachlässig ihre Bademäntel übergeworfen. Jamies Gürtel hing auf der einen Seite herab und kräuselte sich auf dem Boden, eine gefährliche Stolperfalle. Nachsichtig lächelnd trat Janice zu ihrer Tochter – sie war die Ältere des Geschwisterpaares, zwei Minuten um genau zu sein – und richtete den Gürtel wieder.

„Solltet ihr nicht längst im Bett sein und schlafen?“, fragte sie, doch sie schaffte es nicht, ernst genug zu klingen.

Frech schüttelten die Mädchen gleichzeitig den Kopf.

„Du hast uns noch nicht vorgelesen, also können wir auch nicht schlafen!“

Es war Lilly, die diese Forderung lautstark stellte. So war sie immer, ein kleiner Querkopf. Doch wieder einmal schaffte Janice es nicht, die strenge Mutterrolle auszufüllen. Stattdessen lächelte sie nur und nahm ihrer Tochter das dünne Buch ab, dass diese ihr entgegen streckte.

„Der Mäusekönig?“, fragte sie überrascht.

Der Band war schon recht alt, der Leineneinband fleckig und an den Ecken abgestoßen. Als das Buch zuerst gelesen wurde war Janice selbst noch klein gewesen. Sie erinnerte sich, dass das Buch einst ihrer älteren Schwester gehört hatte. Doch diese Zeit war längst vorbei und nur noch eine Erinnerung, an die sie sich selber verbat zu denken. Deshalb wandte sie sich an die Zwillinge und sagte:

„Also gut. Ein Kapitel noch!“

Beinahe andächtig schlug sie das alte Buch auf und fing an zu lesen.
 

„Am vierundzwanzigsten Dezember durften die Kinder des Medizinalrats Stahlbaum den ganzen Tag über durchaus nicht in die Mittelstube hinein, viel weniger in das daranstoßende Prunkzimmer. In einem Winkel des Hinterstübchens zusammengekauert, saßen Fritz und Marie, die tiefe Abenddämmerung war eingebrochen und es wurde ihnen recht schaurig zumute, als man, wie es gewöhnlich an dem Tage geschah, kein Licht hereinbrachte.“
 

~*~
 

 

Alicia kauerte im Schnee. Dicke Flocken flogen in ihrem taumelnden Tanz auf sie herab. Doch nicht einmal die Eiskristalle die sich in ihren Wimpern verfingen konnten ihr eine Regung entlocken. Auf einem der Bäume hockte er. Seine Augen blickten groß in den Himmel, der so grau war wie der Schnee der den Boden bedeckte. Aber der Moment war schnell vorbei. Er senkte seinen Blick wieder. Sein Mund öffnete sich. Ein einsamer Klicklaut verließ die Kehle, für einen kurzen Moment blitzen die scharfen Zähne in seinem Schlund auf. Fast schien es als sei der Viral traurig.

Den Griff um das eiskalte Heft ihres Messers verstärkt wartete Alicia auf den Sprung. Doch statt sich auf sie herab zu stürzen, ließ sich die überlebensgroße Gestalt auf den Boden fallen und jagte in wenigen Absätzen davon. Mit einem Laut der Erleichterung verließ eine weiße Atemwolke ihren Mund.

Auf weitere Art konnte sie jedoch ihre Erleichterung nicht zeigen, denn in diesem Moment knackte es im Unterholz hinter ihr und sie wirbelte herum, das Messer gezogen. Mit einem Satz könnte sie da sein, doch… mit einem leisen Kichern das tief aus ihrer Kehle entkam erkannte sie, dass es nur Peter war. Ein frisch polierter Gewehrlauf ragte über seinen Rücken, aber sonst war er unbewaffnet.

„Woha, Lish!“

Abwehrend erhob er die Hände.

„Keine Sorge, mich hat kein Viral unterwegs angeknabbert.“

Sie grinste. Eine flinke Drehung ihres Handgelenkes und das Messer steckte wieder sicher bei den anderen zwei in ihrem Gürtel. Dann erwiderte sie:

„Keine Lust, dich spontan zu entkleiden?“

In ihren Augen war allerdings erkennbar wie ernst diese Frage im Grunde war. Scharfen Blickes musterte sie Peter, doch er war unversehrt, wie er gesagt hatte. Während sie sich bückte um ihre Tagesbeute aufzuheben fuhr sie fort:

„Ich hab einen gesehen. Eben saß er noch auf dem Baum.“

Mit einer Hand wies sie vage in die Richtung, in die der Viral verschwunden war.

„Hat sich verpisst.“

Doch dann hob sie ihre Beute hoch, zwei Kaninchen, an den Pfoten zusammengebunden, mit einem Hanfstrick aus Laceys Hütte.

„Abendessen!“, stellte Peter freudig fest.

„Aber um auf den Viral zurück zu kommen…“

Alicia schüttelte nur den Kopf.

„Er sah aus, als ob er… naja, traurig wäre. Wenn ein Viral das denn sein könnte.“

Ihre unheilvoll orangrot glimmenden Augen richteten sich auf den schneebedeckten Boden. Sie stapfte an Peter vorbei, in Richtung der Hütte.

„Augen überall.“
 

~*~
 

 

Es war jetzt siebzehn Tage her, dass Alicia von den Toten wieder auferstanden war, wie Sara es nannte. Vor siebzehn Tagen war Alicia Donadio, jüngster Erster Kapitän der Kolonie und Lieutenant von einem Viral gebissen worden und das Lager war von Lacey in die Luft gejagt worden.

Seitdem hatte sie das Jagen angefangen. Nicht nur das, ihre Augen hatten auch angefangen orangerot zu schimmern. Sie war gegen Licht empfindlich geworden. Wie ein richtiger Viral – nur kein Viral.

Peter freute sich, er freute sich wirklich, dass Lish noch am Leben war. Die Reise ohne sie fortzusetzen wäre unvorstellbar gewesen. Nur weil das alles so gut geklappt hatte hieß das jedoch nicht, dass sie ein Happy End erreicht hatten.

Die Reise ging weiter, weil sie weiter gehen musste. Peter wusste nicht einmal mehr, wie er vorher gelebt hatte, in einem Leben, das ihm erschien so vergangen erschien wie die Welt davor. Sein Leben davor. Er gab es sich selber nicht gerne zu, aber es machte ihn wahnsinnig. Sie saßen fest in der Hütte einer toten Frau umgeben von lauter Gegenständen die an die Welt davor erinnerten, Büchern, Fotos und natürlich den Dokumenten. Aber natürlich wäre es Selbstmord jetzt in den kalten Winter hinauszutreten.

Seufzend betrachtete er das Schneegestöber, das draußen herrschte. Sie hatten eines der alten, etwas streng riechenden Sofas vor das kleine, in einem schweren Eisenrahmen steckende Fenster geschoben. Es ließ sich nicht öffnen, aber es reichte um nach möglichen Gefahren Ausschau zu halten. Doch jetzt schaute Peter nur in die unendlichen, weißen Weiten hinaus. In Momenten wie diesen war es schwer zu glauben, dass sie nicht alleine waren. Er fragte sich ob Sara, die auf dem Sofa saß, wohl ähnlichen Gedanken nachhing. Wie schon so oft lag auch jetzt wieder ihr Buch auf ihrem Schoß. Nachdenklich hatte sie den Kopf zur Seite gelegt, wie sie es oft tat. Der Bleistiftstummel mit dem sie schrieb war kaum noch existent, kaum mehr als fingernagelgroßer Stumpen. Sara indes hinderte dies nicht, sie hielt den Stift zwischen den Fingerspitzen und beschrieb die Seiten ihres Tagebuches emsig in kleiner, ordentlicher Handschrift.

Peter schüttelte den Kopf um die düsteren Gedanken zu vertreiben. Wenn es mit dem Schnee erst mal vorbei wäre, dann würden sie zu dem Haus am Fluss zurückkehren. Sie würden Theo und Mausami finden und gemeinsam heimkehren. Bis es jedoch so weit wäre, hätte er noch einen Hasen auszunehmen. Immer noch von seinen Gedanken benebelt zog er das Messer über den Bauch des Hasen, zog ihm das Fell ab und begann ihn zu zubereiten.

„Morgen ist die erste Nacht.“

Überrascht hob Peter den Kopf von seiner blutigen Arbeit. Sara, immer noch auf dem Sofa sitzend, hatte ihm den Kopf zugewandt und im Schreiben innegehalten. Die Stiftspitze schwebte nur Millimeter über dem Papier, immer in der Erwartung schnell noch einen Gedanken fest zu halten.

„Ich meine, ich habe die Tage gezählt – so gut ich konnte, und es stimmt, es müsste die erste Nacht sein, heute oder morgen-„

Bevor sie weiter reden konnte unterbrach Peter sie.

„Schon gut, ich glaube dir. Es ist nur, dass ich schon so ewig nicht mehr an die erste Nacht gedacht habe.“

Er registrierte, dass Sara lächelte und auf die Zeilen ihres Buches blickte. Sanftmütig wie immer erwiderte sie:

„Nein, ich auch nicht. Hollis hat mich daran erinnert.“

Hollis, natürlich.

Schweigend verblieben sie, beide ihren Erinnerungen an die erste Nacht hinterherhängend.

Einst, in der Zeit davor, hatte dieses Fest Weihnachten geheißen. Doch so wie die Welt davor war auch dieser Name vom Antlitz der Welt fast verschwunden. Die letzten Zeugen waren noch die Unmengen an Bücher in denen über Ereignisse wie diese geschrieben wurde.

„Hollis sagt, er hat die Bücher gelesen, die Lacey aufbewahrt hat. Oder zumindest einige. In manchen kommt Weihnachten vor… Ich frage mich, wie es wohl war.“

Doch als Peter Sara anblickte war sie schon wieder in ihre eigene Welt verschwunden und der Stift flog über das Papier. Ruhig bereitete er den Hasen für das Abendessen weiter zu, aber die Gedanken drifteten bereits wieder ab. Es war sonst nicht seine Art, dachte er, sich so in der Unendlichkeit der Gedankenwelt zu verirren um über die Welt davor nachzudenken. Aber warum feierten sie überhaupt die erste Nacht?

Scheppernd ließ er das Messer in die Spüle fallen. Er konnte jetzt nicht an Arbeit denken. Eiligen Schrittes durchquerte er den winzigen Wohnraum und zog den muffig riechenden Anorak vom Haken, den er aus dem Fundus an Sachen des toten Professors hatte. Zu groß war er ihm, aber er schützte einigermaßen vor der Kälte, die ihn draußen erwarten würde.

Eisige Flocken trieben ihm ins Gesicht sobald er durch die Tür getreten war, doch Peter kniff hartnäckig die Augen zu, als er die eisernen Stufen an der Rückseite des Hauses erklomm.
 

~*~
 

Schon oft hatte sie das Buch gelesen. Dabei waren sie nicht einmal lange hier. Seit sie es gefunden hatte, war es zu einer Art Ritual geworden zwischen ihr und Amy. In den Nächten, in denen die anderen schliefen, da waren sie die beiden Einzigen, die noch wach waren. Im Schein der Gaslampe hatte sie in der Küche gesessen und war aus reiner Langeweile die Bücherstapel durchgegangen, die sie in Laceys Haus gefunden hatten. Alle waren aus der Welt davor, doch dieses war das Älteste, das hatte sie schon am Einband gesehen, der aus Leinen war.

Der Mäusekönig und der Nussknacker. Das war der Titel, in Gold auf rotem Grund geschrieben. Als sie es aufgeschlagen hatte, ganz vorsichtig und dennoch ächzten die alten Seiten, hatte sie das Alter der Geschichte noch mehr überrascht, als sie gedacht hätte. Laut Impressum war die Erzählung von 1816, einer Zeit, die Alicia sich nicht einmal vorstellen konnte, obwohl sie vermutlich eher der Welt wie sie sie kannte entsprach – fast vollständig ohne Technik.

Probleme hatte sie auch mit der Sprache gehabt. Wie verschachtelt erschienen die Sätze, ein verwirrender Korridor von Worten und Wendungen. Als Amy ihr in der dritten Nacht das erste Mal Gesellschaft geleistet hatte, da hatte sie einfach begonnen ihr das Werk vorzulesen. Mit jedem Mal, dass sie nun das Buch von neuem begannen erschloss sich ihr der Inhalt ein wenig mehr.

Mittlerweile hätte sie behauptet, dass sie die Geschichte gut verstand und einige besonders schöne Sätze hatten sich ihr bereits eingebrannt. Doch das bedeutendste was blieb, war der Eindruck von dem Fest Weihnachten, was ihrem Fest der ersten Nacht ähnelte. Nur begann sie jetzt viel besser die Hintergründe dieses Festes zu verstehen.

Während Alicia so auf dem Dach von Laceys Haus saß und über Weihnachten sinnierte hörte sie plötzlich, wie jemand die Leiter hinaufstieg. Es hatte einige Tage gebraucht, bis sie erkannt hatten, dass man an der Rückseite des Hauses auf das Dach hinaufklettern konnte, dass in der Mitte einen flachen Steg bot, gerade breit genug für zwei Personen um nebeneinander zu stehen. Der Punkt war ein guter Aussichtspunkt, eindeutig ein Ort um Wache zu halten. Doch nachdem Babcock, der Eine, dort unten gestorben war, hatte niemand diese Idee weiter verfolgt. Nun nutzte lediglich sie ihn noch als Ort, um da zu sitzen und sich an die Veränderungen zu gewöhnen.

Denn, wenn sie ehrlich mit sich selbst war, war es nicht allein das Weihnachtsfest und die Gedanken an eine Welt davor, die sie beschäftigten. Es war ihre eigene Verwandlung. Eine Infizierte und doch kein Viral. Es hatte ihr das Leben gerettet, aber was würde dort jetzt noch alles kommen?

Schweigend durchblätterte sie die Seiten des Buches von E.T.A Hoffmann, dass auf ihrem Schoß lag, den Oberkörper darüber gebeugt um die brüchigen Seiten vom Schnee zu schützen. Stiefel schlugen dumpf auf den Steg auf.

„Lish?“

Peter klang unsicher. Vorsichtig schlug sie das Buch zu und schob es zurück in ihre Jackentasche. Sie war nicht bereit, das kleine Geheimnis um den Inhalt des Buches jetzt schon mit ihm zu teilen. Doch für eine Weile wollte sie lieber, dass die Geschichte um die Kleine Marie, die gemeinsam mit dem Nussknacker den bösen Mäusekönig vernichtete ihre und Amys Geschichte bleiben würde, die sie sich in den Nächten erzählten.

„Was machst du denn hier?“, fragte sie deshalb einfach nur.

Sein typisches, halbes Grinsen, bei dem er nur einen Mundwinkel leicht anhob, zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er in seinen Mantelkragen murmelte.

„Die Gedanken spielen wild.“

„Bei mir auch.“

„Hm.“

Immer noch ein wenig unschlüssig stand Peter da, neben ihr auf dem Dach, die Hände in die Manteltaschen vergraben. Schließlich ließ er sich jedoch neben sie fallen.

„Sara sagt, dass morgen die erste Nacht ist“, nahm er das Gespräch wieder auf.

Überrascht blickte Alicia ihn an. Sie hatte an vieles gedacht, aber sicherlich nicht daran, die Tage zu zählen. Auf einmal schien ihr der Bezug zu dem Buch an ihrer Brust noch viel näher. Vielleicht könnte sie Peter ja einweihen, ohne ihm direkt von diesem einen Buch zu erzählen.

„Wirklich? Typisch Sara, die Tage so feinsäuberlich zu dokumentieren…“

Sie dachte an das Tagebuch, dass Sara führte. Ob eines Tages wohl auch jemand dieses Buch lesen würde und sich lauter Fragen stellen würde über die Zeit, wie es damals gewesen war? Sie wünschte es sich insgeheim ein bisschen. Nicht nur, damit Saras Arbeit nicht umsonst wäre, sondern auch, damit jemand es wüsste. Wüsste, was ihnen geschehen war.

„Vielleicht ist es gar keine so dumme Idee, Tagebuch zu führen“, fügte sie nachdenklich hinzu. Peter lachte leise.

„Wenn nicht immer die Kämpfe und das viele Reisen wären. Ich glaube aber, dass Sara sich ganz gut darin macht, für uns alle mitzuschreiben.“

Zustimmend nickte sie. Als sie sich Peter zuwendete, fuhr sie fort:

„Ich habe Bücher gelesen, über Weihnachten.“
 

~*~
 

Peters Kopf schwirrte noch immer von den vielen Dingen, über die Alicia zu berichten gewusst hatte. Von Weinachtstannen, die geschmückt wurden und Geschenken die in Strümpfen steckten. Eine Welt, so sorgenfrei im Vergleich dazu, wie die Welt jetzt aussah. Er konnte es sich fast nicht vorstellen.

Er blickte Alicia an, deren orangerot leuchtende Augen jetzt im schwindenden Licht noch stärker hervortraten. Das, was sie ihm erzählt hatte, das war mehr als nur die Erzählung über eine Gesellschaft, die lange verschwunden war. Wie ein winziger Funke Hoffnung sah es aus, dass irgendwie, irgendwann, wieder alles normal werden würde.

Aus einem spontanen Reflex lehnte er sich vor und schloss sie in die Arme.

„Ich würd sagen, es heißt dann fröhliche Weihnachten, Lish.“

Ihr Kopf ruhte an seiner Schulter und er spürte wie für einen Moment die Spannung in ihr nachließ.

„Danke“, flüsterte sie leise, die Stimme ganz rau.

Es kam nicht in schöne Schleifen gebunden. Es war nicht in Geschenkpapier, Tüten oder Boxen verpackt. Es hatte kein Schild. Es war nicht einmal ein Gegenstand. Aber es war da. Es war ein Geschenk.

Alicia lehnte sich schnell vor und küsste Peter zart. Nicht auf die Wange, nein, diesmal war es ein richtiger Kuss.

„Fröhliche Weihnachten, Peter. Auf das wir den Mäusekönig besiegen.“

Verwirrt und berührt zugleich blickte sie Peter an, doch Alicia blieb ihm eine Erklärung schuldig – in beiden Sachen.
 

~*~
 

Wer bin, wer bin ich, wer bin ich.
 

Alicia Donadio.
 

Zinnsoldatin.
 

 

 

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Dizzarah
2015-12-28T13:46:46+00:00 28.12.2015 14:46
Hallo Coronet,
erst einmal hoffe ich, dass du die Weihnachtsfeiertage gut überstanden hast. Falls wir uns nicht nochmal schreiben, wünsche ich dir natürlich auch noch einen guten Rutsch ins neue Jahr. Leider bin ich nicht besonders erfahren und gut darin FFs zu kommentieren, doch ich werde mir Zeit und Mühe geben, dir eine gute Kritik für dein Werk zu liefern.
Als erstes werde ich auf den Aufbau und die Sprache eingehen. Leider habe ich das Buch zu dem du dein FF geschrieben hast nicht gelesen und kann daher nicht auf die Darstellung der original Charakter eingehen.
Der erste Teil hat mich sehr beeindruckt. Da ich deine FF ohne Vorbehalte lesen wollte, habe ich auf den Einleitungstext/die Beschreibung verzichtet und mich gleich auf dein Werk gestürzt. Als ich die ersten Zeilen gelesen habe, hielt ich deine FF für ein klassisches Weihnachtswerk. Hat mir sehr gut gefallen, deine Wortwahl und die Liebe zum Detail haben mir Bildhaft dargestellt, wie sich die Weihnachtsidylle im Hause Wayworth abspielt. Deine Wortwahl war sehr elegant und trotzdem gut verständlich. Stellenweise fand ich die Beschreibungen der Schürzte, des Buches und der Gesamtatmosphäre ein wenig kitschig. Allerdings war das die gute Art von Kitsch. Als ich weiter im Text gelesen habe, war mir auch klar wieso du auf diesem Klischee und auf dieser Idylle aufgebaut hast. Der Kontrast zur „ersten Nacht“, im weiterführenden FF hast du sehr gut rausgearbeitet. Während im ersten Teil die klassische ruhige Familienidylle postuliert wird, ist der zweite bzw. die darauffolgende Abschnitte des FFs ernster und einsam. (Zumindest auf den ersten Blick.)
Der zweite Teil des FFs war für mich sehr überraschend. War auch der Grund, wieso ich inne gehalten habe und anschließend die Beschreibung deines FFs gelesen habe. Ich war irritiert von dem plötzlichem Setting und Stimmungswechsel. (So ist es, wenn man keine Ahnung hat.) Zusammen mit dem Inhalt hat sich auch deine verwendete Sprache geändert. Die Wortwahl ist kühler, Beschreibungen werden zurückgefahren. Das gibt dem ganzen etwas Kühles, Unwirkliches und Uneinladendes. Eigentlich sehr schlau umgesetzt, doch ich persönlich hätte mir etwas mehr gewünscht. Vielleicht liegt es daran, dass du mich mit dem ersten Teil so beeindruckt hast, dass der zweite Teil für mich zu schlicht wirkte. Ist allerdings nur meine persönliche Meinung beziehungsweise mein Eindruck. Ich hoffe du sieht das nicht allzu negativ.
Während ich deine FF gelesen habe, war mir Anfangs nicht klar, auf was du mit dieser Kurzgeschichte hinaus willst. Erst am Ende wird klar, auf was du hinaus willst. Ich finde, dass du den liebevollen Aspekt von Weihnachten/der „ersten Nacht“ gut herausgearbeitet hast. Die Personen des ersten Teils und des zweiten Teils erleben Weihnachten auf völlig unterschiedliche Weise, trotzdem arbeitest du einen Konsens heraus, dass ein Gefühl von Einklang und Abgeschlossenheit vermittelt. Eine sehr gelungene Weihnachtsgeschichte.
Zum Abschluss meine persönliche Meinung. Ich bin nicht gut darin, FFs zu bewerten vor allem nicht, wenn ich nicht mal den „Originalfandom“ kenne. Trotzdem habe ich deine Geschichte gerne gelesen. Dein Schreibstil und deine Wortwahl hat mir zugesagt und der Text war gut verständlich. Die tiefere Botschaft deiner Geschichte hast du gut herausgearbeitet. Im ersten Teil des Textes bist du mehr ins Detail gegangen als in den darauffolgenden, fand ich schade. Insgesamt finde ich, dass dir deine FF gut gelungen ist und auch etwas für Leute ist, die das Originalbuch nicht gelesen haben. Dabei war mir die Beschreibung (im Spoiler) sehr hilfreich. Ich hoffe du kannst etwas mit meinem Kommentar anfangen. Mach weiter so und einen guten Rutsch!

Antwort von:  Coronet
31.12.2015 15:43
Hey,

zuerst einmal: Vielen lieben Dank, dass du meine FF gelesen und so ausführlich kommentiert hast, das erfreut mich ungemein!
Bei diesem alten Schinken habe ich ehrlich gesagt weder mit der YUAL-Kür noch mit Lesern gerechnet (dem doch eher spezielleren Fandom geschuldet). Um so mehr freut es mich sogar jemanden finden zu können der zwar das Original nicht kennt aber sich dennoch drauf einlässt!
Mittlerweile ist das Schreiben der FF schon wieder so lange her, da musste ich glatt selber nochmal reinluschern um mich an alles zu erinnern. Auf jeden Fall danke ich für deine Kritik und kann diese auch durchaus nachvollziehen.
Abgesehen davon finde ich, dass dein Kommentar sehr hilfreich ist, also wünsche ich auch dir, dass du weiter anderen Schreiberlein so fleißig hilfst, da freut sich jeder :)
Ich wünsche dir auch einen guten Rutsch und vielen Dank nochmal!
Liebe Grüße,
Coronet


Zurück