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Night of the Hunter

von

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Event One

“Mann, dauert das schon wieder lange.” Seufzend ließ Naruto seinen Blick über das Hotelgebäude schweifen. Ein sehr moderner Bau, viel Glas, wenig Gemütlichkeit. Immer wieder hielten Taxen oder protzige Schlitten vor dem Eingang und reiche Leute stiegen ein uns aus. Das Ätzendste aber war: Es gab weit und breit kein Nudelsuppenrestaurant. Er würde hier jedenfalls nicht wohnen wollen. Apropos Nudelsuppe…
 

Sein Magen knurrte hörbar, sodass er an sich herabblickte. Sasuke gab ein genervtes Zischen von sich. Was konnte er denn dafür? Sie waren schon seit dem frühen Nachmittag hier und lagen auf der Lauer. Und während der Chef und Sakura drinnen wenigstens ein bisschen Action hatten, war er dazu verdammt hier draußen zu warten. Mit Sasuke. Vermutlich machte der Chef das mit Absicht. Insgeheim machte es ihm Spaß, sie zu piesacken.
 

Wie lange brauchten sie da drinnen eigentlich noch? Vielleicht war die Sache längst erledigt und sie saßen in dem teuren Hotelrestaurant und schlugen sich die Bäuche voll?! Na ja … eigentlich war das unwahrscheinlich - der Hunger verleitete ihn schon zu Wahnvorstellungen! Schluss damit!
 

“Ich hole mir schnell was zu essen.”

“Vergiss es.”
 

Naruto zog eine Grimasse und stieß sich von der Häuserwand ab. “Ich bin ja sofort wieder da, dauert nur zwei Minuten. Also wenn ich gleich was finde.” Aber schon nach wenigen Schritten die Straße entlang, spürte er den Widerstand. Dieser elende Sasuke! Der Boss hatte verboten, dass sie ihre Fähigkeiten innerhalb des Teams anwendeten. Aber Sissy betrachtete sich da viel zu oft als die Ausnahme von der Regel.

Naruto grummelte in sich hinein, straffte sich, hob den Kopf und marschierte nun noch energischer voran. Mit genügend Willenskraft würde er dem schon entkommen. Er kniff die Augen zusammen. Es fühlte sich an, als würde er gegen einen heftigen Wind ankämpfen, oder von einer Strömung zurückgetrieben werden. Sein Körper wollte umkehren, aber er sträubte sich bis in die Zehenspitzen dagegen. Sie hatten dieses Spiel schon so oft gespielt - und meistens hatte er es verloren - aber niemand konnte einen hungrigen Mann und sein Essen voneinander fernhalten. Nicht einmal Sasuke.
 

Die Passanten warfen ihm verwunderte Blicke zu, aber er ignorierte sie gekonnt, während er angestrengt Ausschau nach einem Imbiss hielt. Es musste ja nicht unbedingt Nudelsuppe sein, je weiter er kam, umso kleiner wurden seine Ansprüche. Vielleicht ein Burger … oder Pommes … oder ein Eis? Sollte Sasukes Einfluss nicht irgendwann abbrechen? Oder lief er ihm hinterher? Er wagte nicht sich umzudrehen, denn dann würde er wohl nicht mehr widerstehen können. Egal. Er biss die Zähne zusammen.
 

Der Geruch von gekochten Nudeln umschmeichelte seine Nase. Endlich!
 

*
 

Eigentlich hätte sie langsam daran gewöhnt sein sollen, aber diese kurzen Kleider sorgten noch immer dafür, dass sie sich unwohl fühlte. Auch jetzt unterdrückte sie den Drang, den Saum nach unten zu ziehen, nur schwerlich.
 

Die Hotellobby war von wichtig und schmierig aussehenden Menschen gleichermaßen bevölkert. Sie tummelten sich auf dem dunklen Parkett, auf den Ledersofas und weiter hinten am Tresen der Bar. Von hier aus konnte man alles gut überblicken, der Chef fand immer schnell solche Positionen.
 

Sakura nippte an ihrem Wasser und warf verstohlene Blicke in Richtung ihres Verdächtigen. Es fiel schwer, ihn eindeutig der einen oder anderen Gruppe zuzuordnen. Die protzige Armbanduhr zeugte von einer Menge Geld, aber auch von einem Hang zum Protz und einem Mangel an Eleganz. Der Anzug schien hochwertig, aber der über dem Gürtel hängende Bauch machte das Bild irgendwie kaputt. Hinzu kamen das schlecht rasierte Kinn, das lichte Haupthaar und der unsympatische Blick. Nicht gerade ein Traummann. Aber das spielte ja keine Rolle.
 

Ihre Augen fanden Kakashi, der beinahe mit der Wand verschmolzen war, an der er lehnte. Mit der linken Hand hielt er eine Zeitschrift, die er mit einem gelangweilten Blick betrachtete, der beinahe zu perfekt wirkte. Höchstwahrscheinlich versteckte er dahinter einen der Liebesromane, die er immer mit sich herumtrug. Er hatte zwar stets versucht, das vor ihnen zu verbergen, aber dem aufmerksamen Blick einer Frau entging so leicht nichts.
 

Mit der rechten Hand rückte er seine Sonnenbrille zurecht. Das Zeichen. Sakura leerte ihr Glas und atmete tief durch. Dann mal los.
 

Langsam und wie zufällig durchquerte sie die Lobby und steuerte die Theke an. Einige Männer warfen ihr interessierte Blicke zu, aber ihr Blick blieb stur geradeaus gerichtet. Das Ziel nicht aus den Augen verlieren.
 

Erst als sie sich auf den Hocker direkt neben ihm schob, bemerkte er sie. Er roch nach Zigaretten. Vor ihm stand ein halbvolles Glas mit einer klaren braunen Flüssigkeit. Sie schenkte ihm ein charmantes Lächeln und schlug die Beine übereinander.
 

*
 

Sobald Sakura den Kerl in ein Gespräch verwickelt hatte, verschwand Kakashi um die Ecke in den Flur. Dieser Winkel des Flures wurde von den Kameras nicht erfasst, das hatten sie vorher überprüft. Während er eine Topfpflanze mit großfächrigen Blättern umrundete, nahm er die Gestalt des Verdächtigen an. Niemand hatte ihn bemerkt. Er steuerte auf den Fahrstuhl zu. Dieser Körper fühlte sich verdammt träge an. Das Hemd spannte am Bauch, die Schuhe waren zu eng. Er schüttelte kaum merklich den Kopf.
 

Zwei weitere Leute fuhren mit hinauf. Kakashi war vollkommen ruhig. Die Täuschung war so perfekt, dass er selbst Familienmitgliedern gegenübertreten konnte, ohne dass sie etwas bemerkten. Die größte Herausforderung war, das Verhalten der kopierten Person nachzuahmen, was natürlich umso schwieriger war, je weniger er über sie wusste. Normalerweise beobachtete er seine Opfer einige Tage lang, nur in diesem Fall drängte die Zeit zu sehr. Wenn sie heute nicht zuschlugen, würden sie die Spur des Mädchens wieder verlieren.
 

In der dritten Etage stieg Genma zu. Er trug die Bedienstetenuniform, aber das leise Grinsen auf seinem Gesicht machte die Verkleidung fast wieder zunichte. Ihre Blicke streiften sich nur kurz. Im Fahrstuhl herrschte Stille, die anderen Personen blickten die Kabinenwand an und studierten nebenbei ihre Mobiltelefone. So war es immer, wenn fremde Menschen auf engem Raum zusammen waren. Und es half ungemein dabei, unerkannt zu bleiben.

Genma und er stiegen im sechzehnten Stock aus und gingen den Flur entlang ohne ein Wort miteinander zu sprechen. Vor der Tür blieb Kakashi stehen und stemmte die Hände in die Hüften, um seinen Komplizen einen Augenblick lang vor den Kameras abzuschirmen. Er brauchte nicht viel länger als einen Atemzug, trieb die Nadel mit einem geschickten Handgriff ins Schloss, dann klickte es leise - alles war eine einzige fließende Geste, unauffällig und wirkungsvoll.

Kakashi drehte den Knauf und betrat das Zimmer. Genma folgte ihm und schloss die Tür. Augenblicklich ließ Kakashi die Verkleidung von sich abfallen. Was für ein erleichterndes Gefühl.
 

Es war still in der Suite. Kakashi ging leise den Flur entlang zum Wohnbereich während Genma die Badezimmertür öffnete.

Auch hier war alles ruhig und dunkel, nichts zu sehen. Der Geruch von Tabak lag in der Luft. Das Wohnzimmer sah beinahe unbewohnt aus, so perfekt und sauber lag es vor ihm.

Genma hatte keinen Erfolg gehabt und schlich gemeinsam mit ihm weiter zum Schlafzimmer. Das heftige Atmen hörte er bereits, bevor er die Tür vorsichtig aufdrückte. Das Mädchen lag auf dem Bett, die Hände auf den Rücken gebunden und einen Knebel im Mund. Er schaltete das Licht an.
 

Sie nickten sich zu. Genma ging zurück zum Eingang um Wache zu halten. Wahrscheinlich war die Zeit bereits knapp.
 

Aus angsterfüllten Augen starrte sie ihn an. Eine Mischung aus Wimmern und Schreien kam unterdrückt aus ihrem Mund. Ihre Wangen waren rot von Tränen, das Make-Up und die Haare völlig außer Form.

“Alles wird gut, bitte versuchen Sie, sich zu beruhigen. Ich bin hier, um Sie zu retten. Ich bringe Sie zu ihrem Vater”, erklärte er leise während er sich halb auf die Bettkante kniete und sie von ihren Fesseln befreite. Die Handgelenke waren aufgescheuert. Wie lange hatte er sie hier schon gefangen gehalten? Ihr Atem überschlug sich zwischen Schluchzen und Husten. Sie zitterte.
 

“Wer sind sie?”, brachte sie hervor. Ihre Augen suchten vergeblich seine hinter der Sonnenbrille. Er streckte die Hand aus, um ihr vom Bett aufzuhelfen, aber sie zögerte.

“Ein Detektiv, den ihr Vater Tsugaru Yuki mit Ihrer Rettung beauftragt hat. Es war nicht leicht Sie zu finden und ich würde vorschlagen, dass wir schnell von hier verschwinden und Sie in Sicherheit bringen.”
 

“Sie kommen schon”, zischte Genma aus dem Flur herüber. Hatte der Typ etwas gewittert? Egal, sie musste nur noch hier raus. Hoffentlich waren Naruto und Sasuke bereit und hoffentlich war Sakura ebenfalls gut aus der Sache herausgekommen.
 

Endlich ergriff Ai seine Hand und ließ sich auf die Beine ziehen. Ihre Hand war kalt. Sie hatte ziemlich viel durchgemacht, aber vor dem Schlimmsten würde sie glücklicherweise bewahrt bleiben. Es gab nicht viele Informationen, aber das was es gab, deutete darauf hin, dass es hier nicht um eine einfache Entführung mit anschließender Erpressung ging, sondern um Menschenhandel der schlimmsten Sorte.
 

“Lassen sie auf keinen Fall meine Hand los”, sagte er und zog sie aus dem Schlafzimmer.

“Schnell.” Genma schob die beiden an sich vorbei und bildete die Nachhut als sie durch den Flur rannten.
 

“Was geht hier vor?! Stehenbleiben!”, rief eine Stimme am anderen Ende des Ganges.

Die drei rannten Richtung Treppe. Es war knapp, aber sie würden davonkommen. Der Dicke war in keiner guten Kondition, das hatte er selbst gespürt. Kakashi schob Ai vor sich die Treppe hinauf. Sie stolperte ein wenig, er hielt sie. Plötzlich fiel ein Schuss.

Er unterdrückte den Schreck, aber die junge Frau zuckte zusammen. Sie wollte sich umdrehen aber er drängte sie mit sanfter Gewalt voran. “Es ist alles in Ordnung, Sie müssen weitergehen.”

Sie zitterte, tat jedoch, was er sagte. Während sie die Treppen hinaufstiegen warf Kakashi einen Blick über die Schulter. Genma war noch hinter ihm. Er hielt sich den linken Arm. Mit einer knappen Geste antwortete er auf Kakashis besorgten Blick. Hastig erklommen sie die Stufen. Das war bei weitem nicht seine erste Flucht, aber trotzdem galoppierte sein Herz wie wild. Und wie immer blieb er dabei nach außen hin souverän. Nur so konnte dieser Job gelingen.
 

Die vier Stockwerke rasten nur so an ihnen vorbei. Als sie das Dach erreichten, war das Brummen des Helikopters schon zu hören. Ein erleichtertes Seufzen entkam ihm. Genma warf die Tür zum Treppenhaus hinter sich zu, zog die lange Nadel, die er stets bei sich trug und drehte damit das Schloss. Es würde ihnen noch einen Moment mehr verschaffen.

“Oh mein Gott! Sie bluten!”, rief Ai und deutete auf Genma.

“Berufsrisiko”, erwiderte dieser und neigte lässig den Kopf zur Seite. Tatsächlich war das nicht die erste Schussverletzung, die man ihnen beigebracht hatte - auch wenn Genma nicht zum regulären Team gehörte, so war er doch häufig genug dabei. Seine Fähigkeiten im Bezug auf Schlösser und Codes waren extrem nützlich.
 

Der Helikopter hatte das Dach fast erreicht.
 

Etwas donnerte von innen gegen die Tür.

“Kommt!” Kakashi dirigierte sie zum nördlichen Ende der Plattform. Endlich wurde die Leiter herabgelassen. Zum Landen war keine Zeit. Naruto erschien an der Tür des Helikopters und blickte zu ihnen herunter.

“Na los Leute!”

“Gleich haben Sie es geschafft”, sagte Kakashi lächelnd und hob Ai unvermittelt an der Hüfte nach oben, sodass Naruto sie hineinziehen konnte.
 

Etwas krachte so laut, dass es das Brummen des Helikopters noch übertönte: Die Tür war mit Gewalt geöffnet worden. Genma griff mit der rechten Hand nach der Leiter und zog sich neben ihm hoch. Blut lief in einem kleinen Bach seinen linken Arm hinab.

“Festhalten!” Kakashi legte den Arm um seine Taille um sie beide zu stabilisieren während Naruto die Leiter einholte. Ai schrie von oben, als weitere Schüsse fielen, aber Kakashi wusste, wie schwer es war, ein bewegliches Ziel aus dieser Distanz zu treffen. Sie hatten es gerade so noch geschafft. Sasuke ließ den Helikopter aufsteigen.

Er sah noch, wie der Dicke wütend mit den Armen fuchtelte, bevor er die Tür schloss und sich seufzend auf den Boden fallen ließ.
 

“Wir wären schneller gewesen, wenn Naruto nicht noch seine Nudelsuppe aufgeschlürft hätte”, knurrte Sasuke von vorne.

“Es war ja nicht so geplant, Mann! Mit dem Auto wären wir-”

Kakashi überging die Beschwerde. “Habt ihr ein Zeichen von Sakura?”

“Ja, sie ist schon auf dem Weg zum Büro.”

“Gut.” Kakashi öffnete die Erste-Hilfe-Box, die hinter Sasukes Sitz stand.
 

*
 

Klirrend fiel die Patrone in die Schüssel. Mit einem grünen Leuchten schloss sich die Haut an Genmas Oberarm. Sakura wischte sich über die Stirn. Sie sah erschöpft aus. Sasuke reichte ihr ein Glas Wasser, das sie dankend annahm.

Genma bewegte die Muskeln prüfend, bevor er ihr zulächelte. “Wie neu. Ich danke dir.”

“Gute Arbeit”, lobte Kakashi und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

“Wieso werde ich eigentlich nie gelobt?”, empörte sich Naruto, der auf seinem gewohnten Platz - dem Schreibtisch - saß, und verschränkte die Arme.

“Weil essen keine besondere Leistung ist”, kommentierte Sasuke prompt und fing sich damit einen bösen Blick ein.

“Weißt du, diese Muskelkraft kommt nicht von alleine.” Naruto spannte die Arme an, wie ein Bodybuilder. “Dafür muss ich schon ab und zu meine Reserven auffüllen, echt jetzt!”

Sasuke gab ein Zischen von sich.

“Hört auf euch zu streiten, der Tag war anstrengend genug.”

“Sakura hat Recht.” Kakashi rückte seine Sonnenbrille zurecht.

“Darf ich … vielleicht jetzt erfahren, wer Sie alle sind. Ich bin Ihnen zu so großem Dank verpflichtet…” Dass Ai noch hier war, hatten sie beinahe vergessen. Alle Blicke glitten zu ihr herüber. Sie lächelte schüchtern.

Kakashi öffnete eine Schublade und reichte ihr ein Kärtchen herüber. “Hier ist die Visitenkarte unserer Agentur.”

“Event-Agentur Sieben?” Sie runzelte die Stirn.
 

*
 

Später am selben Abend saßen Naruto, Sakura und Sasuke in ihrem Lieblingsrestaurant um zu feiern. “Macht euch einen schönen Abend, ihr habt es euch verdient”, hatte der Chef gesagt, aber er selbst war ferngeblieben. Naruto zuckte mit den Schultern. Manchmal war er eben ein bisschen seltsam.

Sasuke verteilte gerade den Sake auf ihre Becher.

“Im Ernst Naruto, das wäre um ein Haar schief gegangen.”

“Musst du schon wieder davon anfangen?”

“Ich würde jedenfalls nicht angeschossen werden wollen, weil du trödelst.”

Naruto verdrehte die Augen. Sie waren doch noch rechtzeitig zur Stelle gewesen. War ja nicht seine Schuld, dass plötzlich von der Straße aufs Dach umdisponiert werden musste. Und eigentlich waren an all dem ja auch grundsätzlich erstmal die Verbrecher Schuld. Auf jeden Fall wollte er sich jetzt nicht auch noch den Abend von Sissy versauen lassen.

“Lasst uns lieber trinken”, schlug er vor und hob seinen Becher.

Die anderen taten es ihm gleich.

“Außerdem würde uns ja auch nichts passieren, solange wir Sakura haben.” Er grinste breit.

“Schon, aber…” Ein Rotschimmer erschien auf Sakuras Wangen, als Sasuke eine Hand auf ihre Schulter legte. “…du hast doch gesehen, wie sehr es sie anstrengt. Ich will das lieber vermeiden.”

Naruto hob eine Augenbraue und musterte die beiden genauer. Seit wann war Sasuke denn so fürsorglich? Und wieso schaute er Sakura so an? Das war jedenfalls eine ganz andere Sorte von Blick, als er immer abbekam.

“Hast ja Recht”, gab er nach und grinste die beiden an. “Ich werde mir für Sakura mehr Mühe geben!”
 

*
 

Kakashi blickte von seiner Lektüre auf, als es klopfte. Müde schaute er zur Uhr. Wer sollte das sein? Um Mitternacht? Er bekam selten Besuch, was unter anderem daran lag, dass er nur wenige enge Kontakte hatte. Das brachte der Job mit sich. Fremde in sein Leben zu lassen war gefährlich und Freunde zu haben war schmerzhaft.

Vielleicht war es seine Crew, die im angetrunkenen Zustand den Einfall gehabt hatte, ihm einen Besuch abzustatten. Aber auch das hielt er für unwahrscheinlich. Er legte den Roman beiseite und ging zur Tür. Vorsichtig lugte er durch den Spion.
 

“Du solltest dich doch ausruhen.” Kakashi hielt seinem Freund die Tür auf.

“Mir geht’s gut, keine Panik.” Genma ging an ihm vorbei Richtung Wohnzimmer. Kakashi schüttelte den Kopf.

“Tee?”, fragte er schließlich und folgte ihm.

“Nein, danke.” Genma hatte sich auf Kakashis Sessel niedergelassen und betrachtete den Einband des Liebesromans, in dem er eben noch gelesen hatte.

Kakashi blieb einfach in der Mitte des Zimmers stehen. Seine Wohnung war nicht auf Gäste vorbereitet. Sie war so spartanisch eingerichtet, dass es in keinem Raum mehr als einen Sitzplatz gab. Und auch sonst gab es nicht viel. Einen Tisch, eine Lampe, ein Bücherregal. Nicht mal einen Fernseher.

“Wieso bist du hier?” Seine Stimme war kälter, als er beabsichtigt hatte.

Genma schaute von dem Buch auf. “Freunde besuchen sich hin und wieder.”

Kakashi hob eine Braue. “Um diese Uhrzeit?”

Genma lachte. “Ist doch egal wann, du hast noch nicht geschlafen. Ich dachte, du bräuchtest etwas Gesellschaft.”

Sein Blick fiel unwillkürlich auf den Oberarm seines Freundes, dann wandte er sich ab. Wenn der Kerl etwas weiter rechts getroffen hätte-

Langsam schüttelte er den Kopf.

“Es wäre am besten, wenn du erstmal eine Weile untertauchst. Höchstwahrscheinlich haben die Kameras dein Gesicht aufgenommen. Es war nicht geplant, dass wir auf diese Art flüchten müssen.”

Genma antwortete nicht. Stattdessen erklang das Rascheln von Papier. Ein paar Sekunden herrschte Stille. Das Leder des Sessels knarzte. Schließlich räusperte er sich.

“Koichi streichelte ihre Wange und sah ihr so tief in die Augen, dass ihre Knie ganz weich wurden. Sie konnte seine Wärme spüren. ‘Ich liebe dich, mehr als alles auf der Welt.’ Sein heißer Atem streifte ihre Lippen. Kasumi schloss die Augen.” Genma schnaubte amüsiert. “Wird das nicht irgendwann langweilig?”

Als Kakashi nicht darauf einging, klappte er das Buch zu und stand auf. “Ich bin hergekommen, weil ich genau wusste, dass du heute Abend wieder so drauf sein würdest.” Langsam kam er auf ihn zu. “Du sitzt hier rum, liest deine Liebesschnulzen, zerbrichst dir stundenlang den Kopf darüber, in welche Gefahren du deine Kollegen gebracht hast und redest dir Schuldgefühle ein.”

Er kannte ihn wohl einfach zu gut. Ein müdes Lächeln zeichnete sich auf Kakashis Gesicht ab. Tief in seinem Innern wusste er, dass Genma Recht hatte. Er sollte sich nicht in diesem Ausmaß damit belasten. Aber es fiel ihm schwer, Dinge wie diese mit einem Schulterzucken wegzulächeln. Dafür hatte er schon zu viel erlebt. Und das wusste sein Freund auch.

“Hey.” Genma berührte seine Schulter. “Wir sind alle wohlauf und wir werden weiterhin auf uns achten.” Kakashi bemühte sich, das aufmunternde Lächeln zu erwidern. “Gut.”

Genma grinste. “Und noch was…” Plötzlich beugte er sich so weit vor, dass ihre Nasenspitzen sich fast berührten. “Diese Bücher können das echte Leben nicht ersetzen, mein Freund.” In den braunen Augen, die jetzt direkt vor seinen waren, blitzte etwas auf, aber mit dem nächsten Lidschlag war der Moment vorbei und Genma klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter.

“Schlaf gut. Und denk nicht mehr so viel nach.”

Damit verließ er die Wohnung.
 

*
 

“Soll ich dich nach Hause bringen, Sakura?”, fragte Naruto und hielt ihr die Tür auf. Sasuke fluchte leise, als Naruto einfach losließ und sie ihm somit fast vor den Kopf schlug.

“Ähm danke Naruto, aber du wohnst doch in der entgegengesetzten Richtung. Außerdem-”

“Außerdem bist du selber betrunkener als wir beide zusammen”, beendete Sasuke mit einer unverkennbaren Prise Zorn in der Stimme ihren Satz.

Naruto stemmte die Hände in die Hüften. “Ach Quatsch!”

“Das ist sehr lieb von dir Naruto, aber ich wäre beruhigter, wenn du dir ein Taxi nehmen würdest. Sasuke kann mich begleiten.” Sie umarmte ihn zum Abschied. “Es war ein lustiger Abend.”

Naruto lächelte seelig. “Okay. Schlaf gut, Sakura.”

Sasuke grinste. “Dann lass uns gehen.”
 

Eine Weile gingen sie schweigend die Straße entlang. Im Gegensatz zu Naruto wohnte Sasuke beinahe in ihrer Nachbarschaft. Natürlich war sie noch nie dort gewesen. Sie kannten sich zwar nun schon ein ganzes Jahr, aber Sasuke war nicht der Typ, der viel von seinem Privatleben preisgab. Trotzdem versuchte sie von Zeit zu Zeit, ihm ein paar Dinge zu entlocken. Sie konnte nicht leugnen, dass sie ein gewisses Interesse an ihrem Arbeitskollegen entwickelt hatte. Aber die Sache war kompliziert. Manchmal gab es Momente, in denen sie glaubte, dass er etwas für sie übrig hatte. Aber die meiste Zeit über war er kühl und still. So wie jetzt. Sie blickte aus dem Augenwinkel zu ihm herüber. Sein Gesicht sagte nichts aus, es war das übliche Pokerface. Was wohl hinter diesen Augen vorging?
 

Fast wäre sie gestolpert. Aber sofort waren da Sasukes Hände, die ihr dabei halfen, sich abzufangen.

“Vielleicht habe ich doch etwas zu viel getrunken”, sagte sie und lächelte entschuldigend.

“Sei vorsichtig.”

Sie nickte und versuchte ab jetzt, sich mehr auf ihre Füße zu konzentrieren. Aber als das Schweigen immer lauter wurde, glitten ihre Gedanken wieder zu ihm.

“Was machst du, wenn du zu Hause bist?”, fragte sie und biss sich gleich darauf auf die Unterlippe. Sie hatte so lange nachgedacht, und dann stellte sie eine Frage, die klang als wolle sie sich direkt zu ihm einladen? Sie hatte wirklich zu viel getrunken. Innerlich schlug sie sich mit der Hand vor die Stirn.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Naenia
2014-05-07T19:00:15+00:00 07.05.2014 21:00
Die Struktur des Kapitels hat mich überrascht: Die Kürze, mit der du den Fall wiedergibst, war unerwartet und jetzt, wenn ich darüber nachdenke, ist sie mir mit ihrer Präzision viel lieber als ein unangenehm in die Länge gezogener Fall. Event One hat alles, was es braucht. Da ist Spannung und Action, Comedy und es knistert auch ein mehreren Stellen zwischen den Figuren - so mag ich das. <3

... und Genma/Kakashi. Ich bin so überglücklich und kann gar nicht erwarten, wie die Entwicklung dieser Beziehung weitergehen wird.
Auch Sasuke und Sakura gefallen mir hier richtig. Generell gefällt mir deine Art, die Interaktion zwischen Team 7 zu beschreiben. Das wirkt einfach immer genau richtig. Am Ende hat mir nur Naruto ein bisschen Leid getan, als Sakura ihn so 'abgewimmelt' hat. XD


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