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Was übrig bleibt, ist Chaos

von

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Zurück, wo alles anfing

11: Zurück, wo alles anfing
 

Jetzt standen sie hier, in einem nagelneuen GR und auch wenn es ihm ganze drei Tage in Anspruch genommen hatte Bulma davon zu überzeugen einen ihrer Ersatzmodelle freizugeben, so hatte er es letzten Endes doch geschafft. Seine eigenen Zweifel waren nicht vollständig zur Seite geschoben, aber nachdem er an diesem Abend Vegeta wieder nach Hause gebracht und ein kleines Gespräch mit seiner Frau geführt hatte, war die Entscheidung dieser Idee schneller gefallen, als ihm selbst lieb war.

Er war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, dass seine eigene Frau ihn darin bekräftigte. Normalerweise war sie gegen diese Art, war sie gegen das kämpfen, aber nachdem sie Vegeta so gesehen hatte, hielt sie es für eine akzeptable Idee, den Progress vielleicht etwas zu beschleunigen. Seine Erinnerungen waren irgendwo in ihm, hatte sie ihm gesagt und jede Möglichkeit sie wieder zu finden, war ein Versuch wert. Auch wenn sie diesen neuen Vegeta vielleicht ein wenig mehr mochte als dieses kleine arrogante Arschloch, das er war, so wollte sie auch nichts verhindern. Es war ihr einfach unheimlich wie Vegeta sein konnte…

Und so war sie es am Ende, die ihn vollends überzeugt hatte und das Lächeln, das mit dieser Erkenntnis kam, konnte nicht größer sein. Seitdem waren zwar drei Tage vergangen, aber er konnte sich des kleinen glücklichen Gefühls, das immer noch in ihm lungerte, nicht erwehren.
 

„Was sagst du?“ Er hatte Vegeta einige Minuten stumm beobachtet, wie dieser ebenso stumm die neue Umgebung in sich aufgenommen hatte, hier und da eine Augenbraue nach oben zog, oder schlicht beide zusammenzog.

„Ein Metallkäfig.“, war die einzige Antwort, ohne ihn anzusehen, ohne eine andere große Regung. Seit diesem einen Tag hatte er sich wieder ein wenig zurückgezogen, sprach nicht mehr so viel mit ihm und duldete ihn dennoch in seiner Nähe. Goku war sich nicht sicher, was er davon halten sollte, aber er war froh, dass er ihn nicht ganz zurückwies.

„Ja, zugegebenermaßen. Aber nicht nur.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, wie um Vegeta zu imitieren und sich gleichzeitig vor dessen Reaktion zu schützen. Man wusste nie wirklich was Vegeta dachte, was in ihm vorging und die Worte waren auch jetzt noch manchmal wenig überdacht, einfach das, was ihm gerade in den Kopf kam.

„Was dann?“, fragte er, während er sich die mittlere Konsole ansah, ein kleines Display, ein paar Knöpfe und einen Schalter. Nichts Besonderes, wenn man davon ausging, dass es in diesem Haus mehr Technik gab als Menschen, die darin wohnten.
 

„Es ist ein Gravitationsraum, Simulation einer höheren Anziehungskraft als die, die auf der Erde herrscht.“ Das erregte das Interesse des Kleineren, welcher eine Augenbraue nach oben zog und den Blick dennoch nicht von der Konsole nahm. Klang interessant.

„Was noch?“ Seine Neugier war geweckt, nicht fähig sie aufzuhalten und nicht fähig zu erklären, warum das überhaupt so war. Ja, er kannte die Grundlagen und zögerte nicht sie auch einzusetzen, aber es schwante ihm, das das hier ein anderes Kaliber war.

„Die Außenwände sind verstärkt und Schalldicht gemacht, die Gravitation reicht momentan bis 500G. Große technische Daten sind für Bulma, nicht für mich, also wenn du etwas willst, geh zu ihr und frag sie.“ Das würde er nicht machen, er sah es an seinem Ausdruck, den Augen und den nach unten gezogenen Mundwinkeln, dem kaum sichtbaren Kopfschütteln. Nicht wichtig genug um seine Distanz zu verringern, mit der er ihr immer noch aus dem Weg ging.
 

“Ich glaube kaum, dass du mich nur zum quatschen hier rein gebracht hast.“, erwiderte er stattdessen, ließ seine Finger über die Knöpfe gleiten ohne dabei etwas zu drücken.

„Nein.“, kam auch die prompte Antwort mit einem leichten Grinsen. Das war Vegeta, es gab wirklich Dinge, die sich nie ändern würden. „Ich wollte schauen, was du auf dem Kasten hast.“ Das Thema hatten sie schon angeschnitten und er wusste es eigentlich auch schon, aber wer wusste, was dabei noch heraus kommen konnte? Vielleicht hatte er die einmalige Gelegenheit dem Prinzen etwas beizubringen, ihm die Fehler in seiner Technik zu zeigen und auszumerzen oder schlicht und einfach ein wenig Bewegung zu verschaffen, ohne dass er Angst haben musste die halbe Stadt dabei explodieren zu lassen.

„Hm.“ Noch einmal ließ Vegeta seinen Blick durch den Raum schweifen, bevor er letzten Endes an Kakarott hängen blieb. Er wusste wirklich nicht was er davon halten sollte – das kleine ungute Gefühl, das er nicht einordnen konnte und auch nicht wusste woher es kam, ließ ihn leicht schlucken. Aber was brachte es über Dinge nachzudenken, die er sowieso nicht analysieren konnte, weil er einfach keine Ahnung hatte woher sie kamen und so nickte er schließlich leicht. Was hatte er zu verlieren, es gab nichts Wichtiges, an das er sich erinnern konnte.
 

Dennoch war es alles andere als leicht gesagt zu bekommen, welch schwerwiegende Fehler man eigentlich machte. Es war nicht so, dass er sich groß auf seine Schritte konzentrierte wenn er keine andere Wahl hatte als anzugreifen oder sich zu verteidigen, es war eher so, dass er auf Autopilot lief. Er sah und reagierte, mehr war es nicht für ihn, für den Moment zumindest nicht. Es gab nichts, was er hätte vorhersehen können, es gab keine Ereignisse, an die er sich halten und aus denen er hätte lernen können, sich bessern können. Da waren schlicht und einfach keine Referenzen…

„Willst du weiter quatschen, oder endlich anfangen?“, fragte er, während er seinen Blick endlich auf dem Anderen zur Ruhe brachte. Reden hatte wenig Sinn für ihn, man hörte ihm nicht zu und wenn doch, dann… er wusste es auch nicht, es gab doch eigentlich nur eine Person mit der er redete, all die anderen gingen ihm aus dem Weg. Was auch gut so war, so musste er nicht mit noch mehr Menschen umgehen lernen, die er nicht kannte. Aber das Grinsen auf dem Gesicht Gokus riss ihn aus seinen Gedanken und er ging automatisch einen Schritt zur Seite, als der Andere auf ihn zukam.

„Dann wollen wir mal sehen.“, sagte eben jener, stellte sich an die Kontrollen und aktivierte den Generator. Ein klickendes Geräusch folgte, dann setzte konstantes Summen ein, die Beleuchtung wechselte auf rot und alles, was Vegeta tun konnte, war skeptisch die Augen zu verengen und auf der Hut zu bleiben, während er den Rücken des Anderen fixierte.
 

„Auf geht’s.“, murmelte Goku eher zu sich selbst, das Grinsen hatte sich in ein kaum sichtbares Lächeln verwandelt, während er langsam und stetig die Zahl erhöhte und sich nach wenigen Sekunden zu Vegeta drehte, ohne dabei die Finger von den Kontrollen zu nehmen. Ein neutraler Ausdruck trat auf sein Gesicht, bereit jede Bewegung des Kleineren aufzunehmen und auf erste Anzeichen zu warten, die sich unweigerlich irgendwann zeigen würden.

Es dauerte nicht lange und er spürte selbst die Veränderung, als die Augen Vegetas größer wurden und sich dann erneut zusammen zogen, als ob er nicht einordnen konnte, wo das Gefühl herkam. Gut, er musste zugeben, dass es ihn leicht überraschte, aber andererseits – woher zum Teufel sollte Vegeta auch wissen was geschehen würde? Gedanklich klatschte er sich die Hand auf die Stirn und stöhnte über sich selbst genervt auf, ohne dabei das Steigen der Schwerkraft zu unterbrechen. Erstaunlich… dafür, dass er es vergessen hatte, hielt er lange durch, bevor ein leises Keuchen den Raum durchzog und er die Anstrengung am Gesicht Vegetas ablesen konnte. All seine Muskeln hatten sich angespannt um zu verhindern, dass ihn die Schwerkraft auf den Boden drückte und erst dann nahm er die Finger von den Kontrollen und sah über seine Schulter nach hinten.

Seine Augenbraue zuckte in die Höhe.
 

„Nicht schlecht.“ Wenn er bedachte wie verdammt schwach er selbst angefangen hatte… aber was hatte er erwartet? Vegeta war durchtrainiert, viel Zeit war vergangen und so sollten ihn die 225 G eigentlich nicht überraschen, auch wenn der Kleinere momentan nicht viel damit anfangen konnte. Ihr Trainingskampf vor knapp über einer Woche war bei 350G angesetzt gewesen und hatte noch lange nicht ihr Limit erreicht. Er war gespannt, was er heute noch aus ihm herauskitzeln konnte und das Grinsen kehrte auf seine Lippen zurück.

„Kann’s so bleiben oder soll ich es wieder ein wenig niedriger einstellen?“, fragte er mit gespielter Unschuld und beobachtete dabei die Reaktion, die auf seine Worte folgen sollte. Wenn nur ein wenig des alten Vegetas dort war, würde er die Herausforderung annehmen, auch wenn es ihm den Kopf kosten konnte, doch für einige Sekunden folgte gar nichts, nur ein konzentriertes Gesicht.

„Was glaubst du?“, presste er schließlich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und atmete tief ein, um die Kontrolle über seine Muskeln zu behalten. So fremd ihm das hier auch war, so sehr seine Muskeln dagegen protestierten und eigentlich danach schrieen es zu beenden, so ließ irgendwas in ihm nicht zu, dass er das auch zugab.
 

„Sag’s mir.“, stichelte der Größere weiter, verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du es nicht sagst, kann ich es nicht wissen.“ Ein Todesblick traf ihn, das gefährliche zusammenziehen der Augenbrauen, ein Ausdruck tiefster Gereiztheit.

„Gottverdammt Kakarott, du bist ein solches Arschloch und wenn ich könnte wie ich wollte, würde ich dich in der Luft zerreißen!“ Wenn er könnte – momentan bezweifelte er aber, überhaupt abheben zu können, was diese Drohung ziemlich lächerlich machte und zudem erst jetzt, nach wenigen Sekunden, ihre volle Bedeutung auf ihn einströmte. Er riss die Augen auf und verlor für einen Augenblick die Konzentration, fiel auf ein Knie hinunter und starrte den Anderen jetzt mit einem Ausdruck tiefster Verwirrtheit an. Aber der schien nichts anderes erwartet zu haben, grinste ihn nur an.

Aber warum? Er hatte ihn nie wirklich bei diesem Namen genannt, auch wenn er ihm erklärt hatte was es damit auf sich hatte. Im Grunde hatte er ihn nie überhaupt mit irgendeinem Namen angesprochen und hatte sich selbst mehr überrascht als den Anderen. Mit ein wenig mehr Mühe als ihm lieb war, kämpfte er sich zurück auf die Beine und sah den Anderen an.
 

„Na, wenn das mal nicht das ist, was ich hören wollte.“, sagte dieser aber nur lässig und erzeugte damit nur noch mehr Verwirrung. Was zum Teufel spielte er hier für ein Spiel?

„Halt deine verdammte Klappe und fang endlich an!“ Wieder nur ein leises bedrohliches Grollen, ein abgewandter Blick und es ließ Goku grinsen.

„Aber das haben wir doch schon.“ Er musste ihn ärgern, er musste ihn wütend machen, erst dann konnten sie wirklich weitermachen. Solange sich Vegeta mehr darauf konzentrierte nicht zu Boden zu gehen und der Schwerkraft zu trotzen, als ihn fertig machen zu wollen, hatte das hier wenig Sinn. Und er wusste um die kurze Geduld, er wusste, dass es nie lange dauerte, bis es soweit war, Vegetas Energie mitsamt seiner Wut Höhenflüge machte und er nicht mehr darauf angewiesen war, sich darauf zu konzentrieren und lieber gleich angriff. Konsequenzen waren dann sowieso egal.

„Das hier war deine beschissene Idee, also sieh zu, dass du dir was einfallen lässt!“ Jetzt sah er ihn wieder an, die Verwirrung war gewichen und hatte etwas anderem Platz gemacht, das er noch nicht ganz einordnen konnte. Der Vorbote in seinen Augen, die er nie wirklich hatte kontrollieren können. Goku lächelte.
 

„Stimmt, meine Idee.“ Auf was wollte er eigentlich hinaus, der Gesprächsverlauf war nicht wie geplant. Er musste sich etwas einfallen lassen, oder das Ganze würde nie in die Gänge kommen.

„Aber was bitte soll ich machen, wenn du dich kaum auf den Beinen halten kannst? Du würdest schneller am Boden liegen, als dir selbst lieb ist.“, erwiderte deshalb noch, beobachtete die dramatische Veränderung binnen Sekundenbruchteilen mit einem inneren Grinsen. Er hatte den Nerv getroffen, voll ins Schwarze und die Wut, der rasende Zorn, der so plötzlich in diesen feurigen schwarzen Augen stand machte ihn sogar ein wenig stolz. Das war, was er sehen wollte, das gefährliche Knurren, was er hören wollte und im nächsten Augenblick flog eine Faust auf ihn zu die er jedoch mit Leichtigkeit abwehrte. Das hier war besser als die Verwirrtheit, oder das endlose Grübeln.
 

„Was ist? Angst, dass das die Wahrheit war?“, stichelte er weiter und spürte, wie die Energie des Anderen anstieg, manifestierend in einer blauen Aura, die ihn umgab. Noch ein wenig mehr, aber nicht übertreiben, sagte er sich. Er musste auf dem Boden bleiben, zuviel des Guten war nicht richtig, das würde nur wieder in einer Katastrophe enden.

„Hör auf.“ Gefährlich leise, die Ruhe vor dem herannahenden Sturm, der bereits in seinen Augen wütete. Eine weitere Faust, die er mit seinem Unterarm abwehrte, ein Zischen und eine Drehung. Den Kick konnte er ebenfalls abwehren, was den Vorgang nur beschleunigte und weitere Worte seinerseits erübrigte, während er spielend nachsetzte und seine eigene Faust nach vorne schnellen ließ. Noch war es nichts ernsthaftes, nur ein kleiner Schlagabtausch und er wurde genauso abgewehrt, wie er es zuvor getan hatte.

„Was wird das? Willst du spielen oder mich angreifen?“ Das war genug, er wusste es und mit einem Schrei stürmte Vegeta auf ihn zu, versuchte ihn zu treffen, während die Wut seinen Geist einnahm und er nicht mehr auf seine Umgebung achten musste. Da wollte er hin und blitzschnell powerte er selbst ein wenig auf, ohne die Grenze zu sprengen, parierte und verfiel in einen Schlagabtausch.
 

Eine halbe Stunde später landete Vegeta schmerzhaft und viel zu hart auf dem Boden der anderen Seite des GR, schwer atmend und mit dem ein oder anderen blauen Fleck, einer Prellung hier und einer Quetschung da. Er rollte sich auf den Rücken und blieb für einen Moment einfach nur liegen um sich zu sammeln, sprang dann mit einem Ruck zurück auf die Beine und fixierte den Größeren mit einem gereizten Blick. Gut und schön, er war schwächer und hatte den ein oder anderen Manko in seiner Verteidigung, aber er hatte ihn dieses Mal wirklich treffen können, ihm auch ein paar Blutergüsse verpassen können – was das verlieren nicht ganz so schwer machte.

Es erinnerte ihn an den Erinnerungsfetzen und auch wenn er ihn nicht hatte auf den Boden schicken können, so entsprang ein Funke Stolz in ihm, ganz weit unten und kaum spürbar war er dennoch da und er grinste leicht anhand der Erfahrung. Es hatte Spaß gemacht, auch wenn er verloren hatte und das ziemlich jämmerlich. Es war viel eher die Bewegung, die ihm so sehr gefehlt hatte, das völlige Abschalten seiner Gedanken, die sich sowieso nur im Kreis drehten und ihn wahnsinnig machten. Einfach alles auszublenden und zu handeln, nach einem Instinkt, den er zwar nicht nachvollziehen konnte, aber der im Umgang mit dem Anderen eindeutig praktisch war.
 

„Nicht übel.“, kommentierte Goku, wischte sich mit seinem Handrücken über die Stirn und den Mundwinkel, aus dem ein kleines Rinnsal Blut lief. Die Schläge hatten schon mehr Kraft als die letzten Male, die Technik war ein wenig durchdachter, wenn auch noch immer mit Fehlern durchsetzt, weshalb das Ganze nicht sehr lange gedauert hatte. Aber im Vergleich zu den vorherigen ‚Kämpfen’ war das hier schon ähnlicher einem echten Kampf gewesen und es machte ihn stolz auf sich selbst, es aus Vegeta heraus gebracht zu haben.

„Hmpf.“, war aber alles, was der Kleinere dazu zu sagen hatte. Klar, sicherlich, nicht übel… das er nicht lachte. Er wusste selbst, dass mehr in ihm steckte, aber er wusste einfach nicht wie er da ran kommen sollte. Er wusste nicht, wie er die Ressourcen, die er spüren konnte, auch nach außen bringen sollte. Und er hatte keine Ahnung wie er dann alles kombinieren sollte, wie er groß darüber nachdenken sollte, wenn er eigentlich ganz andere Probleme hatte.

„Ich meins ernst.“ Vegeta war nie zufrieden mit sich selbst, gerade jetzt fiel es aber am meisten auf, weil er es nicht versteckte.

„Ja, schon klar.“ Sein Grinsen war lang verschwunden und er wandte den Blick ab um die Augenbrauen überlegend zusammen zu ziehen. Schön und gut, er konnte es meinen wie er wollte, es war nicht so, dass er auf seine Meinung angewiesen war. Es war lediglich schön gewesen sich bewegen zu können, nicht in seinem Zimmer eingesperrt zu sein.
 

„Ach komm schon…“ Goku spürte, wie sich Vegeta wieder zurückzog. Der Gedanke ihm vielleicht ein paar Fehler aufzeigen zu können, ihm etwas beibringen zu können, rutschte plötzlich in den Hintergrund und ein seltsam bedrücktes Gefühl nahm den Platz der Euphorie ein, die bis eben noch in ihm verteilt war. Gottverdammt, etwas über eine Woche und alles war aus den Fugen geraten. Niemand redete wirklich miteinander, selbst er lief kaum jemandem über den Weg. Vegeta grübelte und grübelte, aber fand nicht die kleinsten Antworten und es frustrierte ihn so sehr, dass dieses Gefühl wohl selbst die Skepsis von ihm nahm. Die Angst, die anfängliche Wut, alles verschwamm irgendwo in ihm, wurde begraben und alles was blieb, war dieses verflixte Chaos in seinem Inneren.

Selbst Bulma war anders. Sie hatte ihre Maschinen repariert, aber aus einem ihm unerfindlichen Grund hatte sie noch nicht damit angefangen Vegeta auch nur ansatzweise zu untersuchen. Sie hatte ihn nicht aufgesucht, fragte selbst Goku nur hin und wieder etwas und beließ es dabei, stürzte sich in ihre Arbeit und verlor den Faden zu den wichtigen Dingen. Er verstand sie einfach nicht, sie ging ihnen aus dem Weg und was erhoffte sie sich davon? Dass er so schneller wieder der Alte wurde, dass über Nacht plötzlich ein Wunder geschah und er zurück zum Normalen war? Dass sie sich nicht mit ihm beschäftigen musste, weil sie nicht wusste, wie? Das wusste er auch nicht, aber er konnte ihn dennoch nicht hängen lassen.
 

So viel zwischen ihnen vorgefallen war, so viele Worte gefallen, so viele Schläge ausgeteilt worden waren, er konnte es einfach nicht. Und er verstand seine eigene Familie nicht, begriff nicht, was in sie gefahren war. Wirklich viele Freunde hatte Vegeta nie gehabt, er wurde mehr geduldet als alles andere, aber gerade seine Familie sollte verstehen, dass er sie vielleicht mehr brauchte als jeden anderen. Gerade die aber hatten sich völlig aus seinem Leben zurückgezogen, überließen ihn sich selbst und verlangten dabei auch noch, dass er schnellstmöglich seine Erinnerungen wieder bekam.

Wie, verdammt noch mal, ohne die wichtigsten Personen, die genau das hervorrufen konnten?!

Er seufzte, ohne auch nur einmal den Blick von seinem Gegenüber zu nehmen. Es machte ihn traurig und wütend zugleich, während er diesen abwesenden, nachdenkenden Ausdruck betrachtete, der sich in Vegetas Augen gelegt hatte. Sein Körper war zwar angespannt, aber das lag mehr an der Schwerkraft als an seiner Anwesenheit – nicht mehr zumindest. Die Arme einmal nicht vor der Brust verschränkt, die Hände leicht zu Fäusten geballt stand er einfach nur da und sah auf einen Punkt, den wahrscheinlich nur er sehen konnte. Eine entfernte Galaxie, die sein Inneres bedeutete, verloren im Nichts.
 

Es frustrierte ihn genauso wie Vegeta und ohne darüber nachzudenken raste er aus dem Stand auf den Kleineren zu, die Faust zurückgezogen. Aber sie wurde mit Leichtigkeit gepackt und festgehalten, während die freie Faust des Anderen auf seinen Brustkorb traf und die Luft aus seinen Lungen drückte, so dass er vor Überraschung kaum Zeit hatte die Augen ungläubig aufzureißen, bevor sie sich automatisch bei dem Aufprall weiteten und er mit einem Keuchen auf die Knie fiel. Das hatte er nicht kommen sehen und er brauchte ein paar wertvolle Sekunden um sich zu sammeln, die er jedoch nicht bekam, bevor ihn ein Fuß in die Seite traf und zur Seite schleuderte. Mit einem weiteren Keuchen schlidderte er über den Boden und blieb liegen, versuchte die Luft zurück in seine Lungen zu bekommen.

„Mach das nie wieder.“, kam die ruhige Stimme Vegetas zu ihm herüber und er hob den Kopf, um in ein paar schwarzer Augen zu blicken, die ihn zwar aufmerksam aber ohne Wut, mit einer Spur Überraschung seinerseits anstarrten. Damit hatte er wirklich nicht gerechnet, Vegetas Instinkt war größer als er angenommen hatte und er hatte reagiert, ohne darüber nachzudenken, ihn effektiv und ohne großen Kraftaufwand zu Boden geschickt.

„Klar.“, atmete er aus, rieb sich die schmerzende Seite und setzte sich auf, ohne den Blick von ihm zu nehmen, ein kleines Grinsen auf seinen Lippen. Nein, es war noch nichts verloren, alleine die Art wie er dort stand, sagte alles aus. Stolz und voller Kraft ließen seine Augen nichts als unbändigen Willen zu.
 

„Wie hast du das gemacht?“, fragte er schließlich, seine Hand nun auf seinem Brustkorb ruhend. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass das nicht alles blieb, aber es kam nichts mehr. So anders als sonst, wo Vegeta nie eine Gelegenheit ausgelassen hätte seinen Unmut mit Fäusten auszudrücken und ihm so viele Verletzungen wie möglich zuzufügen. Nur ein kalter Blick, durchdacht, verwirrt, ungläubig über sich selbst und doch so stark.

„Keine Ahnung.“ Ein Schulterzucken, nichts aussagend. „Schätze, hab einfach nur reagiert.“ Er war sich selbst nicht sicher, selbst überrascht, dass es ohne nachdenken eine solche Wirkung gab, aber er hatte keine Lust sich den Kopf darüber zu zerbrechen.

„Verstehe.“, sagte er noch, bevor wieder diese Stille eintrat, die einem durch jede Pore drang und etwas Ungemütliches an sich hatte. Nur durchbrochen vom Surren des Generators hingen sie ihren eigenen Gedanken nach, bewegungslos. Der Blick Vegetas lag auf ihm, aber er schien ihn nicht wahrzunehmen, durch ihn hindurch zu sehen und wieder in sich selbst zu verlieren. Es brachte nichts, der Moment war vorbei, der Augenblick verflogen und es war besser ein Strich unter die Rechnung zu ziehen und ein Ergebnis aufzuschreiben.
 

Sie waren keinen Schritt weiter.
 

Nicht das, was er sich erhofft hatte, aber mehr als er dachte. Fordere nie zuviel und du wirst nicht enttäuscht hieß es doch immer und er hatte sich daran gehalten. Es gab genug Zeit, genug Gelegenheit um das hier zu wiederholen, weiterzuführen und auszubauen. Es gab genug, keiner von ihnen hatte etwas Besseres zu tun.

Die Rechnung war nicht aufgegangen, es gab einen überdimensionalen Rest, den er nicht ignorieren konnte. Er hatte gehofft etwas in Vegeta auslösen zu können, etwas außerhalb dieser instinktiven Reaktion. Aber seit Tagen war nichts passiert, seit Tagen, seit diesem einem Tag war nichts passiert. Keine Erinnerungen, keine Fragen und keine Antworten.

Es nervte ihn, er wünschte es sich so sehr.
 

„Willst du aufhören oder weitermachen?“ Die Augen fokussierten sich wieder, richteten sich auf ihn, nicht auf sein Inneres und es vergingen weitere stumme Sekunden ohne Antwort, in denen Vegeta nun doch die Arme verschränkte. Eine Geste, die den Jüngeren auf sonderbare Weise glücklich machte, weil sie etwas so vertrautes an sich hatte, dass er es nicht übersehen konnte und lächelte. Er gab ihm keine Antwort.

„Willst du vielleicht alleine sein?“, setzte er nach, schwankte selbst zwischen der Hoffnung, dass er nein sagen würde und der willkommenen Vorstellung selbst ein wenig alleine zu sein, nachzudenken. Zuviel in zu kurzer Zeit forderte auch seinen Tribut und er konnte nicht anders als hoffen. Und er erhielt ein Nicken als Antwort, das ihn noch einmal leicht lächeln ließ.

„Na schön, dann lass ich dich alleine.“ Er stand langsam auf, sah ihn an. „Aber übertreib’s nicht, ja?“ Nur ein zusammenziehen der Augenbrauen, keine Worte und keine anderen Gesten waren nötig und er kratzte sich am Hinterkopf. So unterschiedlich diese Persönlichkeiten waren, so gleich waren sie sich in manchen Dingen – es war verwirrend und tröstend zugleich.
 

„Schon gut, bin ja schon weg.“ Damit drehte er sich um, stellte die Schwerkraft ab und ging, ließ Vegeta alleine hinter sich zurück. Wie das Ganze funktionierte musste er bis jetzt selbst mitbekommen haben, er glaubte nicht, dass es ihm irgendwelche Probleme bereiten sollte. Nichts desto trotz behielt er schon auf dem Weg zurück ins Haus seine Aura in seinem Hinterkopf, jede noch so kleine Änderung würde nicht vor ihm verborgen bleiben.

Und Vegeta sah ihm nach, stumme, bewegungslose Sekunden, bevor er seufzte, die Verschränkung seiner Arme auflöste. Dann lief er zurück, stellte die Schwerkraft wieder ein und blickte auf den Boden vor seinen Füßen. Den Körper angespannt, die Arme an seinen Seiten hängend, schloss er letzten Endes seine Augen und blieb wieder bewegungslos stehen. Bewegung brauchte er jetzt einfach nicht, was er brauchte war Ruhe und einen Versuch, auf den er eben erst gekommen war. Ein Gedanke, eine fixe Idee, die sich in seinem Kopf festgesetzt hatte und nicht mehr gehen wollte und ehe er sich versah, versuchte er es.

Wie in Trance blieb er stehen, die Atmung ruhig und tief, konzentrierte er sich einfach nur auf sein Inneres.



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