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Josephine Klick - Allein unter Cops

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Kapitel 33
 

„Wie ist der erste Tag ohne Schmerzmittel?“

Falk war vor wenigen Minuten zu Besuch gekommen. Er saß auf einem Stuhl neben meinem Krankenbett. Es waren einige Tage seit meiner Einlieferung vergangen und die Ärzte hatten die Dosierung meiner Medikamente immer weiter reduziert. Nach der Visite gestern hat der Chefarzt beschlossen ab heute die Medikamente ganz abzusetzen.
 

Ich wurde vor den Nachwirkungen gewarnt. Natürlich wusste ich, dass Medikamente süchtig machen können. Aber ich hatte nie darüber nachgedacht, dass man im Krankenhaus als Patient in der Genesungsphase eine Art Entzug durchlief.

Neben den verletzungsbedingten Schmerzen brummte mein Kopf und mein Magen fühlte sich gereizt. Ich hatte mit Schüttelfrost zu kämpfen und meine Muskeln waren angespannt. Es würde bald besser werden versicherten mir die Krankenschwestern.
 

Ich vertraute darauf und war froh, dass ich wieder bei klarem Verstand war und nicht länger ständig schlief. Mein Rücken tat weh vom ständigen liegen. Es war wirklich an der Zeit, dass ich bald wieder aufstehen konnte.

„Josephine?“, rief sich Falk wieder in mein Gedächtnis. Ich blickte ihn an und rieb mir meine Schläfen.

„Die Entzugserscheinungen haben begonnen, sind aber nicht so schlimm. Die Medikamente wurden langsam reduziert. Tut mir leid, bin heute ein wenig gerädert.“

„Machst du dir wegen den Ermittlungen gegen dich sorgen? Du bist so ruhig.“

„Bis eben habe ich nicht daran gedacht. Vielen Dank, Falk.“
 

Jetzt wo er sie erwähnte, musste ich auch daran denken. Ich kannte den Ermittler bereits. Er hatte den Fall, wo ich Fritz in die Schulter geschossen hatte damals übernommen. Er war beauftrag worden den Fall von Hannes aufzuarbeiten. Es stand außer Frage, dass ich in Notwehr gehandelt hatte. Trotzdem war dabei ein Polizist ums Leben gekommen.
 

Aber nicht nur gegen mich wurde ermittelt. Falk wurde vorgeworfen Informationen zurückgehalten zu haben. Damit hatte er seine Kompetenzen überschritten und Kollegen gefährdet. Selbst Fritz sollte sich in einem Bericht rechtfertigen, wie er an die Informationen gekommen war und warum er seine Führungskraft nicht in Kenntnis gesetzt hatte.
 

Mir war es egal, dass gegen mich ermittelt wurde. Ich machte mir nur Sorgen um Fritz. Er war noch in der Probezeit. Ich konnte nur hoffen, dass er deswegen keine Probleme bekam. Er hatte alles richtig gemacht.

„Bringst du mir morgen einen Laptop mit, Falk? Dann kann ich diesen Bericht endlich fertig schreiben. Ich langweile mich hier sowieso den ganzen Tag. Wer weiß wann ich hier rauskomme.“

Falk holte aus seiner Aktentasche eine Umlaufsmappe hervor und reichte sie mir.

„Ich habe dir deinen Bericht schon geschrieben. Du musst ihn nur noch an einigen Stellen ergänzen. Ich war nicht in der Lagerhalle dabei, konnte dazu also keine Aussagen treffen. “
 

Ich sah verdutzt auf die Mappe vor mir. Warum hatte er meinen Bericht geschrieben? Ich holte das Schriftstück heraus und las es mir durch. Mit jedem gelesenen Wort wurde ich zorniger.

„Was soll das?“, fragte ich Falk und fuchtelte mit dem Bericht vor seine Nase umher. „Was willst du damit bezwecken? Willst du deinen Job verlieren?“

Er blickte mich entschlossen an. „Ich habe zu verantworten, dass ihr in den Fall reingezogen wurdet. Ich werden die Konsequenzen dafür tragen.“
 

Ich sah ihn ungläubig an. „Wir sind keine Kinder, Falk. Wir treffen unsere Entscheidungen alleine – auch wenn wir Fehler machen. Dir muss doch klar sein, dass du mit höchster wahrscheinlich deine Position verlierst, wenn ich diesen Bericht unterzeichne. Das kann doch nicht dein Ernst sein mich als Opfer deiner Pläne darzustellen. Du hast mir alle Entscheidungsfreiheiten gelassen!“
 

„Ich will nicht, dass ihr wegen mir ärger bekommt. Ohne euch wäre der Fall niemals gelöst worden. Das bin ich euch schuldig.“

„Du bist uns nichts schuldig. So funktioniert das nicht in einem Team.“

Bei dem Wort `Team´ wurden seine Züge für einen Augenblick weicher, dann sah er mich aber wieder ernst an. „So funktioniert das aber in der Politik, Josephine. Es wird ein Schuldiger gesucht, damit die anderen unbeschadet und ohne Konsequenzen weiter ihrer Arbeit nachgehen können.“

„Wir sind hier nicht in der Politik!“, entgegnete ich überzeugt und riss seinen Bericht in zwei Teile. „Ich werde morgen meinen Eigenen schreiben, verstanden?“
 

Ich konnte Falk ansehen, dass er darüber nicht glücklich war. Aber er kannte meine Entschlossenheit. Wenn ich etwas partout nicht wollte, hatte er keine Chance mich zu überzeugen. Er seufzte und nahm mir die Mappe und das zerrissene Schriftstück ab.

„Warum seid ihr eigentlich so stur?“

„Wir?“, fragte ich überrascht.

„Dein Kollege hat genauso reagiert. Ihr seid euch in solchen Dingen viel zu ähnlich. Er hat das Gleiche gesagt wie du und mir bereits seinen Bericht vorgelegt. Ich hab gehofft, dass du ihn überzeugen würdest doch noch meinen zu unterschreiben.“
 

„Nicht nur ich bin für meine Sturheit bekannt“, erinnerte ich Falk. Dann musste ich aber wieder an die Probezeit von Fritz denken und verzog mein Gesicht bei dem Gedanken daran. „Wird er deswegen Probleme bekommen?“

„Du meinst wegen seiner Probezeit? Nein, dass glaub ich nicht. So wie der Zwischenfall ablief trifft ihn keine Schuld. Er war zu kurz in diesem Fall involviert gewesen.“

„Aber du glaubst, dass ich Probleme bekommen werde?“

Langsam bejahte er meine Frage. „Sie werden es genauer prüfen. Das du aus Notwehr geschossen hast, steht außer Frage. Aber alles was davor passiert ist... Ich weiß nicht, wie die Kollegen das bewerten werden.“
 

Stille breitete sich im Zimmer aus, als wir eine Weile uns anschwiegen. Worauf spielte er an? Darauf, dass ich ebenfalls Informationen zurückgehalten, vorsätzlich meinen Vorgesetzten übergangen hatte? Oder darauf, dass ich einen weisungsbefugten Ermittler während des Einsatzes in seinem Auto Handschelle umlegte um die Lagerhalle ohne Genehmigung stürmen zu können?

Ich war mir nicht sicher, dass er plante es in seinem Bericht aufzunehmen. Aber es musste doch jemandem aufgefallen sein. Einer musste ihn befreit haben. Oder hatte er es selber geschafft?

Ich verdrängte die Gedanken darüber. Das Einzige was zählte war, dass Fritz nicht bestraft wurde für Entscheidungen die Falk oder ich getroffen hatten.
 

„Wie lange wollt ihr eigentlich noch so weitermachen?“, fragte Falk mich ernst und brachte mich aus meinen Gedanken. Ich sah ihn perplex an. So weitermachen...? „Ist es wegen der Probezeit?“

„Was meinst du?“

Er beugte sich zu meinem Bett vor und stützte sich mit seinem Ellenbogen ab. Er senkte seine Stimme und sprach in einem ruhigen Ton.

„Dein Kollege nimmt einen Einsatz an um dich aus der Schusslinie zu kriegen, befielt mir auf dich aufzupassen und verpasst mir einen kräftigen Fausthieb im Krankenhaus als ich mein Versprechen nicht halten konnte. Du auf der anderen Seite warst unfähig Befehle oder Bitten anzunehmen und hast im Alleingang die Lagerhalle gestürmt um ihn zu beschützen. Keine Partnerschaft oder Freundschaft kann so besonders sein, ohne dass tiefere Gefühle im Spiel sind. Ich hatte auch eine Partnerin. Ich weiß wovon ich rede.“
 

„Woher...?“

„Also wirklich, Josephine“, unterbracht er mich etwas ungeduldig. „Wenn ich es nach diesem Einsatz nicht wüsste, müsste ich blind sein. Ich hab es in deinen Augen gesehen, als du mit aller Macht versucht hast aus dem Wagen zu kommen.“

Ich sah ihn sprachlos an. War es so offensichtlich gewesen? Ich wusste nicht, wann ich mir meiner Gefühle für Fritz bewusst geworden war. Aber spätestens in dem Moment, wo es nicht klar war, ob er überleben würde, hatte ich es nicht länger leugnen können.
 

„Hast du mit ihm darüber geredet?“ Langsam schüttelte ich meinen Kopf. „Warum nicht?“

Warum hatte ich mit ihm nicht darüber geredet? Ich war mir so sicher gewesen, dass ich es ihm sagen würde, als ich wach geworden war und er meine Hand in seiner hielt.

War ich verunsichert, weil er die letzten Tage nicht mehr meine Hand gehalten hatte? Weil er immer genügend Abstand zu mir bewahrte? Mich nicht mehr fragte, warum ich so idiotisch gewesen war und ihm in die Lagerhalle gefolgt bin?
 

„Ich weiß es nicht“, sagte ich leise und blickte auf meine Hände hinab.

„Wenn es wegen der Probezeit ist, machst du dir unnötig Gedanken.“

Ich sah ihn verwirrt an. „Wie meinst du das?“

„Ich habe damals mit meinen Fragen nur klären wollen, ob Gefühle im Spiel gewesen sind während des Zwischenfalls mit Herrn Bremer. Die Untersuchungen haben ergeben, dass ihr eine rein dienstliche Partnerschaft zu diesem Zeitpunkt hattet. Keiner stellt Fragen, wenn sich im Laufe der Zeit dennoch mehr entwickelt. Nach solchen Ereignissen passiert das sogar häufiger.“

Ich musste schlucken.
 

„Wirklich?“, fragte ich unsicher. Mein Kopf fühlte sich plötzlich überfüllt und schwer an. Ich blickte nachdenklich auf meine Handflächen.

Ich hatte immer geglaubt, dass wir weiterhin beobachtet wurden - vor allem in der Probezeit. Ich war mir sicher gewesen, dass es Fritz schaden, man uns der Lüge bezichtigen würde. Aber die Worte von Falk machten Sinn. Warum hatte ich das nicht selber erkennen können?
 

Ich spürte die Last, die auf meinen Schultern lag, die Ängste, die sich in meinen Verstand gebrannt hatten. Ich hatte Fritz von mir gestoßen, als er sich mir geöffnet hatte und mich küsste. Ich hatte seine Nähe und Berührungen genossen - jedes einzelne Mal.

Aber ich hatte mich nicht darauf einlassen können, fürchtete zu sehr die Konsequenzen, die ihn erwarten würden. Mein Kopf wurde langsam klar, als mich die Erkenntnis durchströmte: Es gab keine Konsequenzen.
 

Das Einzige, was die Blockade in meinem Kopf noch aufrecht gehalten hatte, war verschwunden und ich fühlte mich frei eine ganz egoistische Entscheidung treffen zu können. Die Erleichterung übermannte mich und ich presste meine Hände zusammen, als sie zu zittern begannen.
 

„Du solltest mit ihm reden.“

Ich sah Falk an. Er lächelte mir verständnisvoll und geduldig zu, als ob er mich verstehen würde. Ich wurde augenblicklich ruhiger. Es erstaunte mich, dass ich mich sicher fühlte mit ihm darüber zu reden.

Ich konnte auf seine Worte vertrauen. Wer hätte je geglaubt, dass sich so eine Freundschaft zwischen uns entwickeln konnte...

„Warum sagst du mir das jetzt?“

Er sah mich eine Weile an, dann lächelte er traurig. „Ich habe damals meine Chance verpasst der Person zu sagen, wie ich empfinde und ich bereue es bis zum heutigen Tag. Mach nicht den gleichen Fehler!“
 

„Christin?“, fragte ich vorsichtig. Er nickte wortlos. Sie war mehr für ihn gewesen als eine Partnerin. Ich hatte es vermutet, als ich mir das erste Mal die Akten von ihr durchgelesen hatte. Aber es hätte natürlich auch andere Gründe haben können. Diese Ermittlungen müssen für ihn unglaublich schwer gewesen sein und an seinen Kräften gezerrt haben. Ich verstand ihn besser als je zuvor.
 

Er hatte mir von dem Gespräch zwischen Fritz und Hannes erzählt, dem er im Auto gefolgt war während ich im Begriff stand die Lagerhalle zu stürmen. Hannes hatte sich höhnisch über Falk geäußert, beschrieben wie leicht es war Christin zu beseitigen. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen.
 

„Sie wusste gewiss davon.“

Sein Lächeln wirkte gequält, als er das Thema mit einer Handbewegung beendete. Er wollte es bestimmt ruhen lassen. Drei Jahre lang hatte er nach dem Täter gesucht. Drei lange Jahre hatte er Hannes im Verdacht gehabt. Wie musste es sein, so lange jemandem ständig zu begegnen?

Ich bewunderte seine Geduld, seine Hartnäckigkeit, dass er den Blick für das Wesentliche nie verloren hatte. Er war ihr bis zum Schluss treu geblieben und hatte für die Aufklärung dieses Falls gekämpft.
 

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Stimme klang wieder etwas kräftiger, als sein Mundwinkel zuckte.

„Ich weiß nicht, ob mich der Gedanke kränken soll, dass du für mich vermutlich nicht die Lagerhalle gestürmt hättest. Ich dachte wir waren gute Partner.“
 

Ich musste lachen bei seinen Worten. „Wir SIND gute Partner!“, versicherte ich ihm. Er lächelte mich sanft an, sah erleichtert aus.

Auf seinem Handy ging eine Nachricht ein. Er holte es aus seiner Hosentasche.

„Das ist Sophia. Ich soll dir sagen, dass ein Paket für dich angekommen ist. Sie verbietet mir es zu öffnen und verspricht dir es nach ihren Prüfungen vorbeizubringen.“

„Sag ihr, dass sie sich nicht stressen soll. Ich bin ja noch eine Weile hier.“
 

Er tippte eine Nachricht in sein Handy. Dann sah er mich an. „Ich sollte los. Ich habe Sophia versprochen ihr noch aus der Bücherei Fachliteratur zu besorgen. Die Frau macht mich wahnsinnig mit ihrem Studium.“

Ich grinste ihn an. „Geschwister sind dazu geboren einen in den Wahnsinn zu treiben.“
 

„Da hast du recht“, seufzte er. Dann stand er auf. „Ruh dich aus. Ich bin mir sicher, dass du heute noch reichlich Besuch bekommst.“

Er verabschiedete sich und verließ kurze Zeit darauf das Zimmer.



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