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Der letzte Raubzug 2

Die Suche
von

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Zusammenbruch

Wie vor 500 Jahren stand er wieder im Kreise seiner Brüder und Schwestern und diskutierte mit ihnen über seine Suche auf der Erde.

„Warum geht es nicht in eure Köpfe? Ich muss ihn finden!“ Flehend sah er zu Aizen Myoo. „Du verstehst mich doch. Du weißt, warum ich zu ihm will.“

„Ja“, gab jener gedehnt von sich. Als Gott der Liebe wusste er es wirklich.

„Immerhin einer.“

„Dennoch bin ich gegen deine Suche.“

„Wie?“ Entsetzt starrte Camui seinen vermeintlichen Verbündeten an. „Du auch?“ Fassungslos drehte er sich schließlich um sich selbst, sah in die Gesichter, der anderen Götter. Kummer, Bedauern, Ratlosigkeit und auch Entschlossenheit war in ihnen zu sehen. Nein, keiner von ihnen war auf seiner Seite. „Ihr-Ihr engstirnigen Vollidioten!“ Seine Verzweiflung schlug in Wut um. Er wollte doch nur seinen Hideto zurück. „Keiner! Keiner von euch kann verstehen, was ich gerade durch mache! Keiner! Denn keiner von euch hat jemals geliebt!“

„Camui.“ Ihre ruhige, leise Stimme schnitt ihm jedes weitere Wort ab. Langsamen Schrittes trat Amaterasu auf ihn zu, legte eine Hand an seine Tränen benetzte Wange. „Mein lieber Camui. Du hast recht. Keiner von uns weiß, wie es ist auf diese Art zu lieben. Ein anderes Wesen so sehr über alles und jeden Anderen zu stellen.“ Sie trat noch einen Schritt auf ihn zu, nahm ihn ganz sanft in ihre Arme. „Dafür wissen wir nur zu gut, was Angst bedeutet. Gerade die Angst davor, jemanden zu verlieren. Beim letzten Mal war es schon so knapp.“ Zärtlich strich sie über sein Haar. „Es sind nun so unzählig viele Menschen mehr auf der Erde, als bei deiner letzten Suche. Wie willst du ein Reiskorn in einem ganzen Sack wieder finden?“ Ihre Umarmung verstärkte sich. „Ich sehe deinen Schmerz, mein lieber Camui. Doch sieh bitte auch den unsrigen. So sehr, wie du ihn wieder haben willst, wollen wir dich nicht auf ewig verlieren.“

Die Wut des Gottes schwand und machte der Trauer Platz.Weitere Tränen liefen über seine Wangen, als er die Göttin vor sich seinerseits umarmte. Sie sollte keine Angst um ihn haben. Um niemanden. Aber irgendeinen Weg musste es geben. „Was soll ich denn sonst machen?“

„Liegt das denn nicht auf der Hand?“ Lächelnd strich sie über den sturen Kopf. „Bleib ein Gott. Erfülle deine Aufgabe und währenddessen hältst du die Augen offen.“ Sie lockerte die Umarmung und sah ihn mitfühlend, aber hoffnungsvoll an. „Wir anderen werden das selbe tun. Wenn wir ihn vor dir finden, sagen wir es dir.“ Sie wandte sich an die anderen Götter um sie herum. „Nicht wahr?“

Von allen Seiten kam zustimmendes Murmeln oder Kopfnicken. Amaterasu sah wieder zu Camui, bemerkte aber dessen Niedergeschlagenheit.

„Das ist nicht das, was du wolltest, ich weiß, doch-“

Aber er schüttelte den Kopf. „Das ist es nicht.“

„Nicht?“

„Zumindest nicht nur. Ich wäre sehr froh, wenn ihr alle mir helfen würdet. Nur... Nur frage ich mich, warum. Warum hat er mir das angetan? Warum ist seine Seele einfach so verschwunden?“ Sein Liebster hatte ihn einfach allein gelassen. Zum zweiten Mal. Die Rache für sein Vergessen damals? Aber jetzt? Unmöglich. Nicht sein Hideto. Zu etwas derartigem war jener gar nicht in der Lage. Dafür war sein Herz zu gut.

Die Frau vor ihm seufzte. „Mein Wissen ist groß, doch die Antwort zu dieser Frage weiß auch ich nicht. Die wird nur er selbst dir geben können.“ Betrübt senkte sie den Kopf. „Ich fürchte nur, dass noch einige Zeit vergehen wird, bis du ihm diese Frage wirst stellen können.“

„Warum?“ Neugierig, aber auch ein wenig geschockt sah Camui sie an. Jetzt sollte er sich doch noch gedulden?

„Denk nach“, tadelte sie sanft und sah wieder auf. „Seine Seele ist gerade erst in den neuen Körper gefahren. Einen menschlichen Körper. Es wird noch dauern, bis er geboren wird.“

„Oh“, Jetzt verstand Camui. Natürlich. Eine Menschenfrau trug einige Monate ihr Kind in ihrem Bauch. „Und dann wird er ein Baby sein.“ Niedergeschlagen fuhr er sich durch sein langes, schwarzes Haar. „Erst in einigen Jahren wird man ihn erkennen können.“ Hatte er denn noch so viel Geduld? Die letzten drei Jahre waren doch bereits eine Folter gewesen. Viele weitere standen ihm nun bevor. Nicht einmal seine Aufgabe als Gott konnte ihn ausreichend ablenken. Vielleicht sollte er sich aber auf genau die konzentrieren, damit er noch existierte, wenn Hideto gefunden wurde.

„Ich danke euch.“ Noch immer niedergeschlagen, allerdings nicht ganz ohne Hoffnung, sah er in die Runde, nickte all den anderen Göttern zu. „Und danke für eure Zeit.“

„Was hast du jetzt vor, Camui?“ Ein neugieriges Funkeln lag in den Augen der Sonnengöttin.

„Das, was ihr alle von mir wollt: Mich in die Arbeit stürzen. Zudem haben die Menschen in den letzten Jahren einige neue Instrumente erfunden. Ich sollte lernen sie zu spielen, wenn ich mich weiter 'Gott der Musik' nennen will.“ Mit einer leichten Verbeugung verabschiedete er sich von allen und verließ den Raum schnellen Schrittes. Für ein paar Augenblicke wollte er allein sein, ehe er sich in seine gewählte Aufgabe stürzte. Kaum passierte er die große Tür heftete sich sein Fuchs auch schon an seine Fersen.

„Soll ich mich gleich daran machen euch diese Instrumente zu besorgen, Herr?“ Seinen guten Ohren war nichts von dem entgangen, was innerhalb des Versammlungsraums vorgegangen war.

„Hm“, brummelte der Schwarzhaarige zustimmend.

„Vorher eine Tasse Tee?“ Genauestens studierte der Diener die Züge seines Herrn, dessen Gemüt sich einfach nicht wieder aufhellen wollte. Egal was er selbst und auch die anderen Diener taten, sie konnten alle nicht die Trauer und die Einsamkeit aus dem Herzen des Gottes vertreiben.

„Nein.“

Der Diener gab sich nicht einmal mehr die Mühe, sein Seufzen zu unterdrücken. Noch so ein Punkt auf der Liste der Sorgen. Auch ein Gott musste ab und an etwas zu sich nehmen, aber dieser hier vernachlässigte gerne auch dies. Zumindest zu einer Tasse Tee sagte er eigentlich nie nein.

Eigentlich.

„Oder ein Schälchen Sake?“ In der Regel wurde das Angebot noch seltener ausgeschlagen.

Abrupt blieb der Gott stehen und wandte sich mit ausdruckslosem Gesicht zu seinem Gefolgsmann um. „Nein.“ Schon ging er wieder weiter, hinaus aus dem Palast und den Hof, wo seine Kutsche mit den Kirin auf ihn wartete.

Betrübt folgte ihm der Andere in das Gefährt und setzte sich ihm gegenüber. So mochte er seinen Herren wirklich nicht gerne sehen. Vielleicht würde selbiger sich nun wirklich in die Arbeit stürzen, aber es wäre dann nicht mehr sein Herr. Als Gott der Musik liebt man nun einmal auch das Vergnügen. Diese Worte hatte er ihm vor vielen Jahrhunderten einmal gesagt. Als Ausrede zwar, dass er sich davon gestohlen und vor der Arbeit gedrückt hatte, aber doch wahr.

„Wir werden ihn finden, Camui-dono. Ganz sicher.“

Kurz blickte der Schwarzhaarige vom Fenster zu ihm, die blauen Augen voller Schmerz, Trauer und Einsamkeit. Wo war die Hoffnung hin? Der Eifer, mit dem er eben noch um seine Suche gekämpft hatte? Kommentarlos sah der Gott wieder aus dem Fenster, jedoch, ganz offensichtlich, ohne etwas von dem, was dort draußen war, wirklich wahrzunehmen.



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