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Harry Potter und die Gestohlene Zeit

von

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Familiensache

Kapitel 2 - Familiensache
 

Als Harry einige Minuten später auf seinem Bett in Dudleys ehemaligem Spielzimmer lag , ließ er seine Gedanken noch einmal zurück zu der Lichtung und der Leiche der jungen Frau schweifen.

Obwohl er sich keinerlei Beweise hatte , war er fest davon überzeugt , dass Voldemort hinter all dem steckte. Der "Traum" , sofern dieses Erlebnis überhaupt als solcher bezeichnet werden konnte , war einwandfrei von einer fremden Macht hervorgerufen worden und nicht auf natürlichem Wege zustande gekommen. Wie sonst hätte er während des Essens so fest einschlafen können , dass er so real und lebendig träumte , wie es an diesem Abend der Fall gewesen war ? Ungewöhnlicherweise konnte er sich auch an jedes noch so kleine Detail erinnern - von den Blättern , die auf der Lichtung gelegen hatten bis hin zu den silbernen Ohrringen des Mädchens - was für einen Traum im Normalfall doch höchst ungewöhnlich gewesen wäre.
 

Trotzdem konnte es nicht den Hauch eines Zweifels darüber geben , dass er die ganze Zeit über ohnmächtig auf dem Fußboden gelegen und sich zu keinem Zeitpunkt in dem Waldstück befunden hatte , in dem die vermeintliche Leiche lag .

Natürlich hatte er schon vorher Dinge im Traum gesehen , die sich dann als wirklich herausgestellt hatten , allerdings hatte er weder die Attacke auf Mr. Weasley noch die Bestrafung Averys durch seine eigenen Augen , jedoch stets durch die Voldemorts gesehen.

Außerdem hatte die Stimme mit ihm , Harry , gesprochen , die Botschaft , worin sie auch immer bestanden haben mochte , war also einwandfrei an ihn gerichtet gewesen . Aber war sie auch tatsächlich von der toten Frau ausgegangen ? Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte , war sie zweifellos tot gewesen , doch konnte es niemand anderer als sie gewesen sein , die zu ihm gesprochen hatte . Er hatte es mit eigenen Augen gesehen , in dem Moment , in dem er ihr die Maske abgenommen hatte , war sie auf wundersame Weise wieder zum Leben erwacht. Die Maske ...
 

Sie war also eine Todesserin gewesen . Zwar wusste er nicht , wie viele Mitglieder Voldemorts Armee zählte , er hatte jedoch bisher ganz selbstverständlich angenommen , dass keine Frauen außer Bellatrix Lestrange ...

Harry spürte eine kaum zu kontrollierende Wut in sich aufsteigen .
 

Bellatrix war die Hexe gewesen , die Sirius getötet hatte , die er hatte im Gegenzug töten wollen , es aber nicht geschafft hatte. Es gab keine Person , die er mit der gleichen Leidenschaft hasste und verachtete , nicht einmal Voldemort . Sie war es gewesen , die ihm den Menschen genommen hatte , den er in Momenten wie diesem am meisten brauchte. Er erinnerte sich noch gut an das letzte Mal , als er in den Sommerferien von Visionen heimgesucht worden war. Damals hatte er an Sirius geschrieben , damals , als seine Narbe geschmerzt hatte und er Voldemort zum ersten Mal ins entstellte Antlitz geblickt hatte.
 

Aber wenn Voldemort auch diesmal hinter all dem steckte - warum blieb seine Narbe dann ruhig ? Er fasste sich an die Stirn . Kein Brennen , kein Schmerz , kein Garnichts. Seltsam .
 

Er wollte gerade aufstehen und im Spiegel nach etwaigen Veränderungen an seiner blitzförmigen Narbe suchen , als die Tür geöffnet wurde und jemand vorsichtig ins dunkle Zimmer trat.
 

"Harry ..."
 

Harry blieb beinahe das Herz stehen , als er eine Stimme seinen Namen flüstern hörte. Es war doch alles nur ein Traum gewesen - oder ?
 

"Harry , bist du noch wach ?"
 

Zum zweiten Mal an diesem Abend fiel ihm ein Stein vom Herzen , als er Tante Petunia im Türrahmen stehen sah.
 

"Was ist los ?" Er versuchte seine Stimme so gleichgültig und genervt wie immer klingen zu lassen , wenn er mit einem der Dursleys sprach.
 

"Wir müssen reden ..." Sie schloss vorsichtig die Tür hinter sich , gerade so , als fürchte sie sich davor , in seinem Zimmer entdeckt zu werden .
 

"Vorhin , als du ... als du beim Essen umgekippt bist , da hast du doch nicht ... ich meine , dass war doch nicht dieser Du - ... Du -wei ..."
 

"Voldemort ?" Harry fiel beinahe die Kinnlade herunter. Wollte seine Tante tatsächlich mit ihm über Voldemort sprechen ?
 

"Ja , ich glaube , das war sein Name ."
 

"Und ?"
 

"Hast du ... ich meine , war er es , den du ..."
 

Harry erwog ernsthaft , ihr eine ehrliche Antwort zu geben. Die Dursleys hatten sich noch niemals für seine Probleme interessiert , schon gar nicht für die , die mit der Zauberwelt zusammenhingen. Umso mehr wunderte ihn nun der Besuch seiner Tante , die sonst einen weiten Bogen um alles in ihren Augen "Abnormale" machte.
 

"Ich weiß es nicht genau ..." Da ging ihm zum ersten Mal auf , dass er es wirklich nicht wusste. Allerdings kannte er niemanden sonst , der sich seines Geistes auf diese Art hätte bemächtigen können.
 

"Wenn er es war ... glaubst du ... glaubst du..." Es fiel ihr offensichtlich schwer , über ein Thema zu reden , dass ihr so verhasst war , wie die Zauberei. " glaubst du , er könnte hier auftauchen ?"
 

Harry hätte beinahe laut aufgelacht. Daher wehte also der Wind ! Er konnte dem Drang nicht wiederstehen , sich einen Moment der Vorstellung hinzugeben , wie Voldemort persönlich an der Haustür der Dursleys klingelte , während sämtliche Nachbarn die Köpfe aus den Fenstern steckten und miteinander tuschelten . Wie hatte er auch nur für eine Sekunde annehmen können , dass sich seine verhassten Verwandten tatsächlich Sorgen um ihn machen könnten ?
 

"Keine Angst , wenn er kommt wird ohnehin nichts übrigbleiben , über das die Nachbarn noch reden könnten. Leichen stören sich im Normalfall nicht mehr an dem , was über sie gesagt wird."
 

"Harry Potter ! Sprich nicht in diesem Ton mit mir !"
 

Ah , nun war sie also wieder in ihrem Element ! Gut so , er hatte schon befürchtet , sie wäre krank geworden.
 

"Was ist ? Habe ich deine Frage nicht zufriedenstellend beantwortet ?"
 

Petunia seufzte. "Es ist einfach hoffnungslos mit dir ! Du bist genau wie ... wie er !"
 

"Wag es nicht , so über meinen Vater zu sprechen !" schrie Harry , den die Bemerkung seiner Tante völlig aus der Fassung gebracht hatte - nicht , weil sie schlecht über seinen Vater gesprochen hatte , wie er nun vorgab , sondern weil er tief in seinem Inneren befürchtete , dass sie recht haben könnte. Seit er jenen unheilvollen Ausflug in Snapes Erinnerungen unternommen hatte , war jeglicher Vergleich mit seinem Vater für ihn wie ein Stich ins Herz . Ganz gleich , was Remus - und Sirius - gesagt hatten , ganz gleich , wie James Potter sich verändert hatte , dass , was er gesehen hatte , würde er ihm nie , niemals verzeihen können
 

"Du weißt nichts über ihn !" zischte Petunia , sichtlich bemüht , nicht einfach loszuschreien . " Man hat dir nichts erzählt , überhaupt nichts , nicht wahr ? Gut , dann werde ich das eben übernehmen müssen - vielleicht wird dir deine Arroganz und Überheblichkeit dann ein für alle Mal vergehen. Dein Vater -" sie zeigte mit einem langen , knochigen Finger auf Harry , "Dein Vater hat deine Mutter umgebracht !"
 

"Das ist nicht wahr !"
 

"Oh doch ! Wenn du nur wüsstest , mit welchem Gesindel sie sich rumtrieb , nachdem sie sich einmal mit diesem ...diesem - ich finde keine Worte für ihn - eingelassen hatte ! Glaub nur nicht , ich wüsste von gar nichts , nur weil ich keine von den Abnormalitäten meiner Schwester in mir trage ! Diese Todesser - das ist doch der Name dieser Wahnsinnigen , nicht wahr ? - sie haben sich mit ihnen eingelassen ! Würde mich nicht wundern , wenn sie selbst zu ihnen gehört hätten !"
 

"Meine Eltern haben immer gegen Voldemort gekämpft ! Sie hätten sich niemals , hörst du , NIEMALS mit ihm verbündet !" Gleich würde er das ganze Haus aufgeweckt haben , doch es war ihm egal . Keiner in seiner Familie war jemals auch nur ansatzweise in die Dunklen Künste verwickelt gewesen. Sirius hatte es selbst gesagt . Sirius ...
 

"Ach ja ! Dann will ich dir etwas erzählen . Es war in dem Jahr , bevor du geboren wurdest , da kam sie für einige Tage nach Hause , um unsere Eltern zu sehen. Glücklicherweise hatte ER gerade zu tun und so machte ich mir berechtigte Hoffnungen , dass es diesmal nichts als ein normaler Besuch werden würde . Aber wie sollte irgendetwas normal ablaufen , wenn eure Sorte beteiligt war ! Eines Abends , ich kam gerade von einem Spaziergang mit Vernon zurück , klingelte es an der Tür. Nichtsahnend wie ich war machte ich auf - und stand diesem Wahnsinnigen gegenüber. Oh , du hättest ihn sehen sollen ! Seine Kleider hingen ihm in Fetzen vom Körper und das Blut tropfte geradezu von seinen Händen . Er hatte sein Gesicht verhüllt , doch ich konnte seine Augen sehen - die Augen ! Ich sage dir , ich habe niemals wieder solche Augen gesehen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte , ich hätte ihn für den Teufel gehalten ! Natürlich wollte er mit deiner Mutter sprechen , doch ich weigerte mich , ihn einzulassen. Wir wären ihn wohl auch wieder losgeworden , wenn deine Mutter nicht hinter mir aufgetaucht hätte . Ich sehe sie noch vor mir , wie sie die Hände vor dem Gesicht zusammenschlug - ich schätze , einer wie der war sogar für eure abnormalen Verhältnisse zuviel. Trotzdem wollte sie unbedingt mit ihm reden - dann ist sie mit diesem .. diesem Monster in ihrem Zimmer verschwunden !"
 

Harrys Augen wurden immer größer . Er wollte etwas erwidern , aber ihm fiel nichts ein , so überrascht war er über die Dinge , die seine Tante da erzählte. Sämtliche Versuche , einen Sinn in all die seltsamen Geschehnisse zu bringen , die sich anscheinend im Hause Evans zugetragen hatten , schlugen fehl. Wer hatte seiner Mutter in diesem Zustand einen Besuch abgestattet und warum hatte sie eingewilligt mit ihm zu sprechen ?
 

"Jetzt hat es dir die Sprache verschlagen , nicht wahr ? Aber es geht noch weiter ! Ich weiß nicht , über was deine Mutter mit diesem Kriminellen zu besprechen hatte , ich weiß nur , dass er nicht durch die Tür verschwand , wie ein normaler Mensch es getan hätte. Dafür erschien nur wenige Minuten später dieser furchtbare Potter und sie schloss sich mit ihm im Wohnzimmer ein. Ich bin keiner von der Sorte , die andere belauscht , aber bei dem Geschrei , dass deine Eltern gemacht haben konnte ich gar nicht anders , als die Hälfte von dem mit anzuhören , was gesprochen wurde. Wie sich herausstellte , hatte deine Mutter tatsächlich Besuch von einem aus dieser Mörderbande erhalten - und er hatte gerade jemanden umgebracht ! Ich habe es selbst gehört , wie dein Vater schrie , der Mann , sein Name war überaus seltsam und ich konnte ihn mir natürlich nicht merken , hätte seine Schwester umgebracht. Daraufhin schrie deine Mutter zurück , dass es alles seine eigene Schuld wäre. Sie stritten sich für eine ganze Weile und immer ging es um diese Todesser und diesen ... diesen Vol - ... Voldemort ! Du kannst mir erzählen was du willst , aber dein Vater steckte da knietief mit drin - und er hat Lily reingerissen !"
 

"M ... mein Vater hatte eine Schwester ?" Eigentlich hatte er etwas völlig anderes sagen wollen , doch die Frage war ausgesprochen , noch ehe er hatte darüber nachdenken können.
 

"Was weiß ich ? Eine Schande , dass sie augenscheinlich tot ist , sonst wärst du jetzt vielleicht nicht hier und wir könnten ein normales Leben führen !"
 

Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und rauschte aus Harrys Zimmer , der völlig verdutzt und mit offenem Mund auf seinem Bett liegen blieb. Auf einmal war alles unwichtig geworden , die Ergebnisse einer O.W.L.s , die noch immer auf sich warten ließen ebenso wie Voldemort , die Leiche auf der Lichtung und Tante Petunias höchst seltsames Verhalten. Er hatte eine Tante gehabt ! Warum hatte er eigentlich immer angenommen , James Potter sei ein Einzelkind gewesen ? Wenn er darüber nachdachte , hatte er sich nie besonders für die Familie seines Vaters interessiert . Er wusste im Grunde nichts über sie , auch nicht über seine Großeltern . Im Grunde war das bisher auch nicht wichtig gewesen , trotzdem fragte er sich mit einem mal , warum man ihm nie von dieser ominösen Schwester erzählt hatte. Remus und Moody redeten doch sonst so viel über seine Eltern - warum sprachen sie dann nie über seine Tante ? Wut stieg in ihm hoch . Seit nunmehr 5 Jahren , also seit er zum ersten Mal erfahren hatte , dass er ein Zauberer war , hatte man ein riesiges Geheimnis aus allem gemacht , was seine Vergangenheit betraf. Selbst die Prophezeiung , die doch so lebenswichtig und entscheidend war für alles , was bisher geschehen war und noch immer geschah , die Prophezeiung , die besagte , dass er dazu ausersehen war , Voldemort zu besiegen - von dieser Prophezeiung hatte ihm Dumbledore erst am Ende des vergangenen Schuljahres erzählt. Warum konnten sie ihm nicht einfach die Wahrheit sagen ? Glaubten sie , er könnte es nicht verkraften zu wissen , dass er eine Tante gehabt hatte , die von den Todessern getötet worden war , nachdem er doch beide Eltern und seinen Paten auf dem gleichen Weg verloren hatte ?
 

Aber diesmal würde er nicht warten , bis man ihn freiwillig aufklärte ! Kurzentschlossen stand er auf , ging zu seinem Schreibtisch und zog eine Rolle Pergament und den Federkiel samt Tintenfass heraus.

Er musste nicht lange überlegen , an wen er den Brief adressieren sollte :
 

Lieber Remus ,
 

Ich weiß nicht , wie ich Dir erklären soll , was heute vorgefallen ist. Es geht um eine Sache , die mir wirklich sehr wichtig ist und in der Du mir , glaube Ich , weiterhelfen kannst. Während einer Diskussion erwähnte meinte Tante , dass mein Vater eine Schwester gehabt hätte und nun möchte ich gerne wissen , ob das wahr ist und warum man mir bisher nichts von ihr erzählt hat.

Ich bitte Dich , diesen Brief vorerst niemanden zu zeigen , bis wir Gelegenheit hatten , persönlich miteinander zu sprechen.
 

Harry Potter
 

Er las den Brief noch einmal durch , rollte das Pergament sorgfältig zusammen und sah sich nach seiner Eule Hedwig um , die um diese Zeit wie gewöhnlich auf der Jagd war und noch nicht zurückgekehrt zu sein schien. Harry öffnete das Fenster noch ein wenig weiter , lehnte sich ein Stück hinaus und pfiff einmal kräftig durch zwei Finger in der Hoffnung , dass sie sich irgendwo in der näheren Umgebung aufhielt.
 

Es dauerte auch gar nicht lange , da näherte sich auch schon ein Vogel seinem Fenster. Zunächst dachte Harry , dass es sich tatsächlich um Hedwig handelte , schnell stellte er jedoch fest , dass das Tier wesentlich kleiner war als seine eigene Schneeeule. Wie unschwer an dem bald einsetzenden , deutlichen Fiepen zu erkennen war , handelte es sich um Rons Eule Pigwidgeon , genannt Pig , die sich vor Begeisterung über einen weiteren , fehlerlos ausgeführten Auftrag kaum mehr fassen konnte.

Obwohl er noch immer angestrengt nach Hedwig Ausschau hielt , löste Harry vorsichtig den Brief vom Bein des hektisch umherhüpfenden Vogels und nahm sich die Zeit , ihm eine kleine Schale mit Wasser hinzustellen , die er Hedwigs Käfig entnahm.
 

Falls er geglaubt haben sollte , dass ihn an diesem Abend nichts mehr beeindrucken könnte , so hatte er sich weit getäuscht. Rons Brief bildete , wenn man so wollte , den krönenden Abschluss des Ganzen.



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