Zum Inhalt der Seite

Flammender Regen

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Flammender Regen

Furcht vor dem, was folgt. Stein erzittert in Angst, Grauen vor dem, was ihn erwartet. Er knurrt so laut. So verzweifelt. Graue Flocken wirbeln umher, berühren ihn sanft, als wollten sie ihn trösten. Scheinheilig unschuldig. Asche und Staub. Bedecken ihn wie ein fein gewebtes Leichentuch. Zu seicht, zu kalt, zu lieblos.
 

Wir sind hier. Wir, die wir am Fuße des Berges stehen, Schutz suchen im Schatten seiner Fülle, seiner unumstößlichen Gewalt, die nun klein erscheint. Unbedeutend. Wir, die wir nicht leiden wollen und zittern mit der Erde. Und weinen aus Angst. Wir, die wir nicht sehen wollen, verstehen, nur sein. Nicht sicher, nicht gewiss, was wird.
 

Glühende Sterne, so anmutig wie grausam. Stürzen in unstillbarem Hass. Gieren nach Zerstörung, Verwüstung. Brennender Hagel zerschlägt das Land, zertrümmert unsere Stadt. Flammen verschlingen was wir brauchen, kennen. Liebten. Der Stein brüllt an gegen die Wutschreie des niederprasselnden Feuers.
 

Wir verbleiben. Nicht mehr lang. Wir müssen stehen. Wir müssen leben und sehen bis zum Schluss. Und ich sehe meinen Bruder, die Augen weit und blind vor Entsetzen. Ich sehe meinen Vater, längst vergangen in sich selbst. Und ertrunken in Wahn. Ich sehe, was ich liebte und ich erkenne nichts. So unwirklich. So falsch.
 

Tanzende Flammen ziehen ihre Schneisen. Rostrotes Licht frisst sich durch Wälder, durch Häuser. Durch jene, die verblieben sind. Bedrohlich fauchend. Unzähmbar. Kennt keine Scheu. Kennt keine Gnade bis sein glutheißer Atem alles in sich aufgesogen hat. Gierig. Unersättlich. Grollen und Knistern, immerfort.
 

Wir fürchten. Ohne Verstand. Wir weinen. Ohne Tränen, denn die Hitze versengt unsere Glieder und trocknet unsere Körper. Restlos. Gnadenlos. Fühlen wir noch? Beten wir noch? Wir sind hier. Doch wir wissen es nicht, noch können wir verstehen. Wir sehen nur, hören. Spüren, was wir nicht erfassen werden. Glauben nicht.
 

Weiße Schleier durchziehen die Trümmer, durchleuchtet von den fallenden Flammen und dem rasenden Feuer. Trügerisch langsam. So unvermutet schwer. Begraben uns unter sich gleich einer samtenen Wand von undurchdringlichem Grau. Rauben uns den Atem. Rauben uns die Sinne. Betäubend. Verstörend. Quälend.
 

Wir keuchen, röcheln. Wir schreien. Schreien mit der Erde und schreien mit dem Feuer. Gegen den Rauch, der unsere Stimmen nimmt. Gegen den Berg in unserem Rücken, der uns nicht retten konnte. Schreien für unsere Stadt, für unsere Brüder. Schreien mit Schmerz und Verzweiflung und dem Wissen um das Ende.
 

Das Feuer reckt sich weit hinaus, erstreckt sich, wohin es will. Ungebrochen und grenzenlos. Der Rauch räkelt sich in der sengenden Hitze, windet sich fort von den sprühenden Funken, höher und weiter gen Himmel. Stetig glühend im Flammenregen. Nimmt ihm die Sterne und die unendliche Schwärze. Bedeckt ihn mit der schmutzig weißen Gischt aus Angst und Brand.
 

Und das Schweigen wird zurückkehren. Die Winde werden wehen und die hellen Schlieren verteilen und verwischen. Der Berg wird verbleiben, unverrückbar seit jeher. Die Erde wird ruhen. Schwarze Ruinen tragen das Siegel ihrer Trostlosigkeit und ihrer zahllosen Wunden. Sind sie alle gefallen, die Sterne? Wird ihr Licht verweilen, wenn das Feuer erstirbt? Oder wird die Dunkelheit ihre sanften Kleider um den geschundenen Stein betten und ihn zu sich nehmen? Wie sie uns nahm...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  konohayuki
2017-03-26T13:26:01+00:00 26.03.2017 15:26
Hallo :)

Ich bin durch den Flash Fiction Wettbewerb auf deine Geschichte gestoßen und dachte mir, ich schaue mal rein, weil mich das Überthema interessiert.

Den Einstieg finde ich sehr gut gelungen. Du baust Stimmung auf, man fühlt sich direkt in eine Situation hineinversetzt, und zumindest ich fühlte mich animiert, weiterzulesen.

>Furcht vor dem, was folgt.
Das ist wirklich eine ganz subjektive Anmerkung, ich dachte aber, ich nehme sie trotzdem in den Kommentar auf: Beim ersten Lesen bin ich über das "folgt" gestolpert, weil es sich irgendwie komisch anhörte in meinen Ohren. Nach ein bisschen Grübeln hätte ich hier glaube ich statt dem "folgt" eher ein "kommt" gesehen.

>Bedecken ihn wie ein fein gewebtes Leichentuch. Zu seicht, zu kalt, zu lieblos.
Finde ich sehr gut gelungen. Mir ist es ein wenig kalt den Rücken runtergelaufen.

Generell finde ich deine Sprache sehr bildhaft, was ich gerade in diesem Szenario als sehr angenehm empfunden habe beim Lesen. Auch diese abgehakten Sätze - auch, wenn sie durchaus anstrengend beim Lesen sein können - fand ich hier für das, was du beschreibst, sehr gut gewählt. Vielleicht hätten ein paar mehr längere Sätze zwischendurch auch nicht geschadet, aber auch so wie es jetzt ist finde ich die Geschichte rund und gut, wie sie ist.
Ich finde, du hast wirklich eine Stimmung aufgebaut, sodass man sich den Unglauben und die Angst wirklich vorstellen kann.

>Wie sie uns nahm...
Noch eine Minimalstkrittelei: Zwischen den Punkten und dem "nahm" müsste ein Leerzeichen stehen.

Mir hat die Geschichte gefallen (darf man das bei dem Thema überhaupt sagen?), du hast ein sehr stimmungsvolles Bild gezeichnet und den Weltuntergang hier in meinen Augen aus der Sicht deines Protagonisten sehr gut eingefangen.
Hat mir sehr gut gefallen, und wirklich was anzumerken hatte ich ja auch nicht, wie du gesehen hast ;)

Liebe Grüße,

konohayuki
Für mehr Kommentare auf Animexx


Zurück