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Die Konkurrenz schläft

Der 29. Fall Lord Sesshoumarus
von

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Das zweite Mal

Sie spürte, dass der Samurai hinter sie trat, und wich beiseite. Leise sagte sie: „Ihr solltet unauffällig den mächtigen Daimyo informieren und ich meine Herren.“
 

Der Mann nickte nur und verschwand, während sie die Tür schloss. Es wäre unmöglich für die Familie Takahashi würde die Brauteskorte in den wenigen Stunden, in denen sie noch hier war, mitbekommen, dass die Gäste des Hauses reihenweise ermordet wurden, das war Samurai und Heilerschülerin klar. Nicht einmal durch einen Familienselbstmord würden sie der unauslöschlichen Schande entkommen.

Sie atmete tief durch. Der Adrenalinstoß war so heftig gewesen, dass er Müdigkeit, Hunger und Durst vertrieben hatte – und durch die Sorge ersetzt, wie die Herren das sehen würden. Sie sollte sich beeilen, damit sie gemeinsam mit dem Daiymo hier auftauchen würden, sie selbst durfte vermutlich den Heiler holen.

Immerhin hatte ihr Eintreten und Zu-Boden-werfen den prompten Erfolg dass sich der Hundefürst erhob, ohne dass sie ein Wort verloren hatte. Sein Sohn folgte unverzüglich diesem Beispiel, wenngleich mit dem Gedanken: das durfte doch nicht wahr sein. Ging in diesem verfluchten Schloss denn nie irgendetwas glatt?

„Sakura“, sagte der Inu no Taishou nur.

Sie hatte einfach kein Glück. „Hitori ist tot, edler Herr, er starb wohl ebenfalls gestern Nachmittag oder Abend. Ich bat den Samurai den Daimyo zu informieren.“ Damit hatte sie den Herren zwar vorgegriffen, aber das war ja auch die Anweisung beim ersten Tod gewesen.

„Hole Yoshifumi.“

Na, bitte.

 

Wenige Minuten später trafen sich die Fürsten, Sesshoumaru und die Heiler in Hitoris Zimmer. Dieser lag auf Tatamimatten an der rechten Seite der Kammer, als ob er dort gestorben wäre, jedoch zeigten sich mitten im Zimmer verwischte Blutflecken auf einer anderen Matte und den dort befindlichen, terteilt liegenden Kissen. Er war eher dort angegriffen worden – und hatte entweder sich selbst auf sein Lager geschleppt oder es war der Angreifer gewesen.

Yoshifumi fragte gar nicht sondern kniete neben der Leiche nieder. Ja, Sakura hatte Recht. Die Totenstarre war schon offensichtlich am Abklingen, das deutete doch auf einen Todeszeitpunkt gegen gestern Abend hin. Natürlich konnte man nie ganz sicher sein, aber das ließ sich gleich deutlicher machen.

Todesursache war der Dolch, der in der Brust, im Herzen, steckte und den Hitori im Tod noch umklammerte. Allerdings befand sich knapp darunter eine andere Verletzung wie von einem Messer, Blut auf dem Kittel, dieser etwas eingerissen. „Helft mir kurz, Sakura, die Brust freizulegen.“

Sie gehorchte. Sie war so müde .... Aber es half alles nichts. Es musste vor dem Brautgeleit verschwiegen werden, es mussten die Toten untersucht und beerdigt werden. So öffnete sie wortlos den Kimono, schlug den Stoff und den des darunter liegenden Yukata beiseite. Eigenartig. Wieso trug jemand solche Kleidungskombination? Sie sah beiseite. „Meister Yoshifumi, der erste Angriff ging daneben. Nun, wohl auf die Rippe hier, glitt daran ab und war umsonst.“

„Angriff, möglich.“ Der alte Heiler musterte die Lage. „Aber er hält das Messer umklammert. Und ich hatte schon Selbstmörder, wenn auch mehr weibliche, die beim ersten Mal die Rippe trafen und erst im zweiten Versuch erfolgreich waren. Mord oder Selbstmord?“

„Er könnte auch versucht haben das Messer herauszuziehen.“

„So ist es.“ Yoshifumi war durchaus angetan über die mitdenkende Art. So etwas fand man selten bei Heilerkollegen oder überhaupt nie bei Frauen. Vermutlich war es das, was der verehrte Meister Neigi derart an ihr schätzte, dass er sie als Schülerin aufgenommen hatte. So wandte er den Kopf zu den Fürsten und dem Prinzen, die alle drei schweigend aber betont zusahen. Keiner verriet, dass der Geruch im Zimmer, vor allem für die Hundenasen, stickig war. „Ich darf um Erlaubnis zum Reden bitten? Danke. Ich müsste den Toten untersuchen, mit einer Sonde nachprüfen wie das Messer in den Körper trat. Das könnte die Entscheidung, ob Mord oder Selbstmord, bringen. Ich hoffe, Sakura darf mir helfen, sie hat mehr Erfahrung.“ Er bemerkte, dass das Mädchen etwas unbehaglich auf den Unterbauch des Toten blickte, wo sich grünliche Schlingen zeigten. „Die Verwesung setzt ein. Es muss gestern Abend, eher am frühen Abend, passiert sein. Gegen zweiunddreißig Stunden. Und es ist hier drin warm genug. Es gibt keine Totenflecken, lasst Euch nicht über den Zeitpunkt irritieren. Das passiert bei blutenden Stichwunden öfter.“

„Untersucht ihn“, befahl der Inu no Taishou. „Sakura, nach der Reinigung und wenn du Bericht erstattet hast, geh schlafen und besorge dir auch etwas zu essen und zu trinken. Wenn Lord Sesshoumaru dich benötigt, wird er es dir sagen.“

„Vielen Dank.“ Sie vereinigte sich, wirklich erleichtert eine Pause zu erhalten. Schön, nach der Leichenschau und der dann notwendigen Reinigung, aber immerhin.

 

Es erforderte wieder ein wenig Mühsal den Toten unauffällig in die Räume des Heilers schaffen zu lassen. Miromaru, der Lehrling wurde ausgesandt um Sakura für später etwas zu essen besorgen, ehe sich diese und Yoshifumi über den toten Hitori beugten.

„Nun ja“, murmelte der Heiler und legte die beiden Einstichstellen an der Brust wieder frei. „Das war eindeutig das Messer, ein großes Küchenmesser. Der Schnitt ist doch recht breit.“

„Ja, Meister. Ich sah schon Stiche von Attentatsmessern von Samurai, dies sieht anders aus.“

„Eigentlich würde ich ja sagen ein Selbstmörder öffnet seine Kleidung, um diese nicht zu beschädigen, aber das ist nicht zwingend. Ich hatte schon, vor allem allerdings Frauen, die das auch nicht taten. Ein Fehlversuch wäre auch selten.“

„Aber beides wäre nicht unmöglich“, wandte Sakura ein.

„Ja, wir sollten nicht voreilig sein. Schlüsse ziehen die Fürsten. Wir machen nur sorgfältige Arbeit. Habt Ihr schon mit einer Sonde gearbeitet um die Richtung einer Verletzung zu bestimmen?“ Das war oft bei Pfeilen notwendig, um die Spitze aus dem Körper operieren zu können.

„Ja, allerdings macht das Meister Neigi meist selbst“

„Dann mache ich dies. Sucht doch nach Abwehrverletzungen an den Händen oder auch weiteren Verletzungen an seinem Körper. Ziehen wir ihn aber zunächst aus.“ Während dieser Arbeit fragte Yoshifumi: „Ihr wisst sicher, dass es zwei Arten von Abwehrverletzungen gibt? Verzeiht, wenn ich ein wenig den Lehrer herauskehre, aber Ihr seid noch in der Ausbildung..“

„Ja, natürlich, ich danke Euch. - Es gibt zwei Arten von Abwehrspuren, ja. Welche, die anzeigen, dass das Opfer zugepackt hat, zum Beispiel um dem Angreifer das Messer zu entreißen – dabei könnte sich auch der Täter verletzt haben und selbst Spuren aufweisen. Das andere sind, ja, passive Spuren, in denen nur der Körper durch die Hände abgeschirmt werden sollte.“

„Sehr richtig. Wobei auch bei reinem Abwehren sich der Täter verletzen kann, wenn er den Umgang mit einem Messer nicht gewohnt ist. Das ist wie mit dem Erdrosseln – die meisten Menschen ahnen beim ersten Mal gar nicht wie schwer so ein Mord zu begehen ist. Und, werte Sakura, sucht doch auch nach älteren, verheilten Messerschnitten.“

„Ihr meint, dass er schon öfter in Kämpfe verwickelt war?“ Sie mochte Hitori nicht sonderlich, jemand, der einen alten Mann so verprügelte, dass der sich was brach, Diener hin oder her. Aber natürlich musste, sollte, sie neutral bleiben.

„Eher würde das darauf hindeuten, vor allem an den Handgelenken, dass er bereits einmal versuchte sich umzubringen.“

„Oh, ja, ich verstehe.“ Doch, es war gut einmal mit einem netten, erfahrenen, menschlichen Heiler zu arbeiten. Neigi war der beste Heiler, aber er war eben auch ein Dämon, dem manches fremd war. Wie aufmerksam von dem mächtigen Hundefürsten, und natürlich auch von ihrem Lehrer, ihr auch solche Weiterbildungen zu ermöglichen.

 

Nach der zeremoniellen Reinigung im Schrein und Waschen, Umkleiden, ließen sich die Heiler im Zimmer des Inu no Taishou sehen. Wie sie erwartet hatten befand sich auch der Schlossherr hier, bereits gekleidet für die offizielle Verabschiedung seiner Tochter in wenigen Stunden. Nun, dachte Sakura unwillkürlich, sie sollte sich nicht beschweren. Der mächtige Daimyo war diese Nacht auch kaum zum Schlafen gekommen, so wie sie. Sie sollte nicht maulen. Notwendigkeit war eben Notwendigkeit.

„Bericht“, sagte Sesshoumaru nur kühl, dem Vater und Gastgeber die undankbare Rolle des Ermittlers noch einmal aufgehalst hatten.

„Es könnte sich um Selbstmord handeln, Euer Lordschaft“, erwiderte Yoshifumi höflich. „Ein derartiger Stich durch die Kleidung ist selten, aber ich sah so etwas schon. Selbst der zweite, oder eher erste, fehlgeschlagene Einstich spricht nicht dagegen, wenn das Opfer verzweifelt oder umnachtet genug wäre.“

Und jetzt kam das große ABER, dachte der Hundeprinz nur. Er würde kaum so viel Glück haben, dass Hitori zuerst Akira getötet hatte und dann sich. Oder?

„Was dagegen spricht, ist gerade die erste Verletzung. Das Messer wurde von unten gerade in die Brust gestoßen, prallte dort auf eine der Rippen und rutschte wieder hinaus. Einmal abgesehen davon, dass das nicht von einem kräftigen Stich zeugt … Es muss Schmerz und einen Blutverlust gegeben haben. Ich nehme an, dass es sich um das Blut handelt, das in der Mitte des Raumes verteilt wurde.“

Wovon redete der Narr? Sesshoumaru sah zu einem vernünftigeren Objekt. „Sakura.“

„Wir haben die Sache nachgespielt, Euer Lordschaft“, berichtete sie eilig, vertraut mit den kaum wahrnehmbaren Merkmalen der Simmung des Dämonenprinzen: „Die Suche mit der Sonde und dann der … nachgespielte Stich ergaben, dass sich Hitori gebückt hatte, der Stich direkt von unten erfolgte. Entweder jemand erstach ihn, während der Täter unter ihm auf dem Boden lag – oder andersherum, indem Hitori auf dem Boden lag und der Täter auf ihm. In beiden Fällen wäre nicht von Selbstmord auszugehen. In wie weit dann der zweite, tödliche, Stich auf Selbstmord schließen lässt, mag Euer Lordschaft entscheiden. Der Dolch steckte noch in ihm, er hielt ihn umklammert und es zeigen sich keinerlei Abwehrverletzungen.“

Wunderbar. Sollte er hier noch ein Rätsel lösen? „Könnte der erste Stich ihn bewusstlos gemacht haben, so dass er sich deswegen nicht wehrte?“

„Möglich, Lord Sesshoumaru“, antwortete Yoshifumi. „Es gab definitiv eine Verletzung von Muskeln, der Knochenoberfläche und einen deutlichen Blutverlust. Einen Samurai – oder auch Euch - würde das kaum daran hindern weiter zu kämpfen, aber der Tote war ja Schreiber.“

Er hatte doch schon mal einen Fall gehabt, in dem sich die beiden Opfer gegenseitig umbrachten. Angenommen Akira marschierte wutentbrannt zu Hitori, wollte den als Dieb seiner Idee schlagen, stach ihn zusammen und ging. Hitori wachte auf, wollte sich rächen und ging hinüber, erdrosselte den Bauern, nur um hinterher festzustellen, dass er alles verloren hatte. Keine Ehre mehr, die Schule würde keinen Mörder mehr empfehlen, der Shogun nicht … Und so brachte der sich um. Zu dem Zeitpunkt war Vater noch nicht hier gewesen – ergo auch keine Samurai vor den Türen gestanden. Möglich wäre es. Oder? Welche Rolle spielte Shinichi? Und was sagte Masa? Hoffentlich lebte der wenigstens noch.

 

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Wünschen wir Seiner Lordschaft einmal Glück...

bye

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Kerstin-san
2020-05-10T15:52:31+00:00 10.05.2020 17:52
Hallo,
 
na also an der Theorie seiner Lordschaft hab ich aber meine Zweifel. Stell ich mir unweigerlich komisch vor. Person A will Person B erstechen, versauts aber und hält ihn nur für tot und geht dann. Person B kommt nach eingier Zeit wieder zu sich, geht noch immer blutend ins Zimmer von Person A, um den zu erdrosseln, versauts aber ebenfalls im ersten Anlauf und kriegts erst im zweiten hin und geht dann zurück in sein Zimmer, um sich selbst zu erstechen. Wenn das so wäre, würde ich echt den Hut ziehen xD
 
Liebe Grüße
Kerstin
Von:  Teilchenzoo
2016-03-08T14:34:29+00:00 08.03.2016 15:34
Ich habe absolut keine Ahnung, was da wohl vor sich gegangen ist. Sehr merkwürdig. Und ich würde tatsächlich empfehlen, einmal zu kontrollieren, ob die anderen noch leben - je früher man eine Leiche untersuchen kann, desto besser.
Arme Sakura. Klar, der daimyo war auch den ganzen Tag wach, aber körperliche Arbeit macht das noch mal anstrengender. Und wenn so ein Adrenalinschub nachlässt, ist man erst recht müde.

Der Heiler ist wirklich sehr freundlich und bemüht, Sakura ein bißchen Menschliches näher zu bringen, das finde ich sehr nett von ihm :). Und er ist fähig, anders als so manch anderer zwischendrin es war ... eine gute Abwechslung.
Von: abgemeldet
2016-03-03T23:19:13+00:00 04.03.2016 00:19
Hallo!
 
Oh, das wird immer mysteriöser, und ich glaube, so viele Stunden Schlaf sind für Sakura trotz des großzügigen Angebots nicht mehr übrig. Die Frage ist nach wie vor, wer an den Morden das meiste verdient - oder vielleicht von einem Außenstehenden als Täter gebrandmarkt werden soll. Aber bis zum Motiv ist es noch etwas, und gar keine Abwehrverletzung: Das spricht meiner Meinung nach doch für schiere Überlegenheit, die mit einem glücklichen Verteidigungszog durchbrochen wurde. Nur wieso das nicht öffentlich beichten? Da liegt noch was im Argen, hmm ... 
Aber ein großes Lob für die laienfreundliche Erklärung der Abwehrverletzungen. Kürzer geht es kaum, und es unterstrich Yoshifumis Intelligenz. (Ich würde lachen, wäre er der Mörder.) Um Kiyoshi tat es mir leid, doch wieder einmal: Nur so kann man die Epoche lebendig schildern. Ich hatte beim lesen fast überlegt, ob der nicht ... aber nein, das erschien mir zu wagemutig und wurde wieder verworfen.
Ich hebe mir das Spekulieren auf, sobald Masa gefunden wurde. Ob das vor dem Brautgeleit geheim bleibt? Die Luft ist verflucht dünn, sehr peinlich für die Familie. (Und belastend für einen gewissen, jungen Hund, sich mit Gerüchen, Erinnerungen an Saft und Morden abzuplagen. Ich warte die halbe Zeit darauf, dass Taisho noch eine Spitze fallen lässt, sobald es unter ihnen bliebe ... und dass er erst redet, nachdem alles gesagt wurde, macht ihn noch gefährlicher. Wie Vater, so Sohn!)
 
Viele Grüße, Morgi


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