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Entscheidungen

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Entscheidungen

Es war Sommer, doch draußen sah es aus wie im November. Er stand an den wandhohen Fenstern des oberen Salons und blickte über die Ländereien seiner Familie. Der Himmel war grau und der Regen schein nie enden zu wollen.  

Das Wetter passte zu seinem Innersten. Dort regnete es seit Tagen und auch der tobende Sturm wollte nicht enden.
 

„Du wirst dich entscheiden müssen, mein Sohn.“ ertönte die Stimme seines Vaters hinter ihm.

Er wusste nicht, wie lange er schon dort war.

Er hatte ihn nicht hineinkommen hören.

Er wusste nicht einmal, wie lange er selbst schon an diesem Fenster stand und hinaus in die stürmische Landschaft starrte.

Er erlaubte sich nicht, sein innerliches Seufzen nach außen dringen zu lassen.

„Ich habe mich bereits entschieden.“ antwortete er tonlos. Sein Vater trat neben ihn und folgte seinem Blick.  

„Manchmal müssen wir unsere Entscheidungen überdenken, um nicht den größten Fehler unseres Lebens zu begehen.“ Der junge Mann lachte freudlos auf.

„Das sagst ausgerechnet du mir?“ seine Stimme triefte vor Hohn. Ohne seinen Blick zu seinem Sohn zu wenden, ergriff der ältere Mann erneut das Wort.

„Oh ja mein Sohn. Ich bereue sehr viel in meinem Leben. Ich habe alle meine Entscheidungen im vollen Bewusstsein getroffen und würde viele wahrscheinlich wieder so treffen, dennoch waren nicht alle die Richtigen. Ich hätte dich nicht mit in die Kreise des Lords einführen dürfen und wahrscheinlich hätte ich dir mehr Freiraum geben müssen, um deinen eigenen Weg finden zu können. Draco, du bist mir in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich…“

Ein Seufzen verließ die Lippen des älteren Mannes. „Aber gerade deshalb, bist du dir sicher, dass deine Entscheidung richtig ist?“

Eine lange Zeit antwortete der junge Mann nicht.

Sein Blick war noch immer auf den Regen geheftet.

„Ich habe mich entschieden. Ich werde in wenigen Tagen heiraten. Es gibt kein Zurück mehr.“ Seine Stimme war fest und emotionslos.

Sein Vater nickte.

Erneut breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus.
 

„Nicht, dass ich deine Wahl nicht begrüßen würde. Sie ist eine ansehnliche Frau aus einer akzeptablen Familie. Aber Draco, beantworte mir bitte eine Frage… Liebst du sie?“

Dracos Blick fuhr zu seinem Vater. „Was? Was soll die Frage denn jetzt? Ist es nicht egal, ob ich sie Liebe? Hast du mir nicht immer gepredigt, dass ich lediglich eine Frau annehmen soll? Ich muss mit ihr leben und sie nicht lieben.“
 

Die Schultern des alten Mannes sanken in sich zusammen.

„Das macht mich traurig zu hören. Glaubst du ich hätte deine Mutter geheiratet, wenn ich sie nicht über alles lieben würde? Wie willst du dein zukünftiges Kind jemals so lieben, wie ich dich liebe, wenn du seine Mutter nicht magst? Du kennst die Regeln. Wenn ihr erst einmal miteinander verbunden seid, gibt es kein Zurück mehr. Es gibt keine Möglichkeit der Trennung, außer dem Tod. Es wird keine Frau nebenbei geben, die das Loch in die Stopfen kann. Deshalb ist es so wichtig, dass du die richtige Entscheidung triffst. Sohn, ich möchte nicht, dass du unglücklich wirst. Ich möchte nach all meinen Fehlern endlich etwas richtig machen und wenn es heißt, dass du diese Verbindung zu dieser angemessenen Frau nicht eingehen wirst, weil du noch immer an einer anderen hängst, dann ist es mir das Wert.“

„Die Entscheidung ist doch längst getroffen. Ich habe mich für Astoria und gegen sie und damit einhergehenden Probleme entschieden. Es hätte sowieso nicht funktioniert. Wie hätte er klappen sollen?“

Der alte Mann seufzte, die Stimme seines Sohnes klang so endgültig und doch so, als würde sein kindliches Ich wieder neben ihm stehen.

„Dann soll es so sein.“ seufzte der Mann.
 

Wieder schwiegen beide, blickten hinaus in den Regen.

„Astoria ist eine gute Wahl. Sie wird dir eine gute Frau sein.“ Die Resignation war kaum zu überhören. "Sie liebt dich und sie wird dich ehren.“ fuhr er leise fort.

Die Dämmerung setzte bereits ein, als Draco sich bewegte.

Er ließ ein Glas mit einer goldenen Flüssigkeit in seiner Hand erscheinen und nahm einen tiefen Schluck.

Sein Vater reagierte nicht darauf.

„Liebst du das Mädchen noch immer?“ fragte dieser irgendwann.

Ein freudloses Lächeln huschte über Dracos Lippen.

„Spielt es noch eine Rolle?“ konterte er mit einer Gegenfrage, ohne auf die Frage seines Vaters einzugehen.

„Wahrscheinlich nicht für den Moment, aber wohl für die Zukunft.“ sagte der Mann kalt.

„Manchmal wünschte ich mir, dass es im Leben so leicht wäre, wie in der Natur. Siehst du den Regen? Er wäscht alles, was passiert ist, fort und wenn die Sonne erneut hervortritt ist alles wieder gut und es kann einen Neuanfang geben. Dieser Neuanfang war für mich nicht möglich. Sie konnte es nicht verstehen und sie würde sich nicht zwischen ihren Freunden und mich entscheiden. Meine Taten und Worte sind nicht einfach durch den Regen weggewaschen worden. Meine Worte haben sich tiefer in ihre Seele gebrannt, als Bellas Messer in ihren Arm.“

„Wunden können heilen.“ korrigierte der alte Mann seinen Sohn.

„Nicht alle.“ seufzte dieser. „Nicht in diesem Leben.“
 

Der Regen wurde stetig weniger und die Wolken lösten sich auf, während die Männer weiterhin reglos in ihrem Salon standen.

Allmählich eröffneten die Wolken einen funkelnden Sternenhimmel vor ihnen.

„Wenn ich zu den Sternen sehe, sehe ich ihren Namen am Himmel. Ich höre ihre Stimme und ihr sanftes Lachen. Sie ist der freundlichste und gutmütigste Mensch, der unter diesem Himmel wandert. Um deine Frage zu beantworten: Ja, wahrscheinlich liebe ich sie, aber das ändert nichts. Wir haben uns getrennt. Sind seit über einem halben Jahr nicht mehr zusammen. Ich musste mich entscheiden. Ich habe mich für die Vernunft, den leichten Weg entschieden. Ich werden nun die Konsequenzen tragen und damit leben, dass ich mich für den Regen und gegen meine Sonne entschieden habe.“
 

Draco drehte sich um und ging zur Salontür. „Ich werde Astoria heiraten und ihr ein guter Ehemann sein. Ich werde sie so ehren, wie du Mutter ehrst. Ich muss sie dafür nicht lieben. Es reicht, dass ich sie dafür bewundere, dass sie mich trotz allem lieben kann.“
 

Nahezu lautlos verließ er den Salon und schloss die Tür hinter sich. Sein Vater stand noch immer am Fenster und blickte in den Himmel.

Er wusste, dass sein Versuch, seinen Sohn von der Entscheidung abzubringen, halbherzig war.

Er wusste, dass er ihn hätte überzeugen können.

Er wusste, dass es ein Fehler gewesen sein wird, dies nicht zu tun, aber er konnte nicht.

Er konnte nicht so weit über seinen Schatten springen.

Sein Sohn hatte Recht, was den Charakter des Mädchens betraf, aber er konnte sie dennoch nicht über Astoria stellen, so gerne er es für seinen Sohn getan hätte.

Narzissa hatte ihn darum gebeten, hatte ihn angefleht, seinen Sohn von der Hochzeit abzubringen. Vor einigen Tagen hatte sie das Mädchen in der Winkelgasse gesehen.

Sie war schwanger und Narzissa, ebenso wie ihm, war bewusst, von wem das Kind sein würde.

Er wusste, hätte er dies seinem Sohn erzählt, hätte er seine Entscheidung überdacht.

Er wusste, dass sein Sohn mit ihr glücklicher gewesen wäre, aber er konnte es nicht.

Jedes Mal wenn sie schwiegen, versuchte er die Worte auszusprechen, konnte es aber nicht.

Seine Zunge wollte nicht die nötigen Worte formen, wollte nicht zulassen, dass er das angemessene Mädchen gegen das Mädchen aus den falschen Kreisen tauschte.

Die Worte seines Sohnes ließen sein Herz splittern, dennoch konnte er seinen Stolz nicht überwinden.

Lucius wusste, dass er sich bis an sein Lebensende dafür hassen würde, wie seine Frau wahrscheinlich auch, aber er konnte es nicht.

Er konnte seinen Sohn, dem ihm so ähnlich war, nicht die richtige Entscheidung geben.

Noch lange stand er in dieser Nacht an diesem Fenster und fragte sich, was anders gelaufen wäre, wenn er andere Entscheidungen getroffen hätte, wenn sein Sohn andere Entscheidungen getroffen hätte, wenn Potter die Freundschaft seines Sohnes angenommen hätte.

Hätte sein Sohn die Chance gehabt glücklich zu werden?

Er blickte hinauf zu den Sternen und hoffte, dass sie ihm die Antwort zeigen würden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  BlackAmathia
2016-08-03T08:29:25+00:00 03.08.2016 10:29
Ohje~ armer Draco...sehr melancholisch. Schön geschrieben. Gefällt mir sehr. ^^


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