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Die Schwachen und die Skrupellosen

von

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Des Menschen Wolf

Vorwort:
 

Ihr Lieben,
 

in diesem Kapitel wird, neben vielen anderen Themen die sexualisierte Gewalt, auch gegen Minderjährige, angesprochen. Dies ist eine Trigger-Warnung: Auch wenn hier keine expliziten Szenen beschrieben werden; so etwas wird es von meiner Seite niemals geben, will ich doch, dass ihr gut auf Euch achtet, wenn Ihr wisst, dass dieses Thema etwas bei Euch auslösen kann. Wenn Ihr wollt könnt Ihr mir in diesem Fall hinterher auch gern schreiben und wir können darüber sprechen.
 

Trotz allem wünsche ich Euch jetzt viel Spaß beim Lesen, denn dieses Kapitel hat, neben dieser üblen, finsteren Sache nämlich auch noch andere, schöne und auch lustige Elemente
 

Liebe Grüße

Ginger
 


 

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Peter ließ sich mürrisch neben Derek in den Vordersitz des Camaro gleiten und begrüßte Damian und seinen Neffen mit einem gebrummten Laut, der alles Mögliche bedeuten konnte von „Fickt euch, ihr Penner!“ bis „Seid gegrüßt, Freunde!“

Ehe Derek den Wagen wieder startete, blickte er seinen Sitznachbarn erwartungsvoll an:

„Was?“ fragte dieser: „Fahr los!“

„Poppers? Blaue Pillen? Was ist Peter? Hast du Emanuel etwa letzte Nacht hängen lassen?“ fragte Derek spöttisch.
 

Ruckartig drehte Peter sich knurrend zu seinem Neffen um und begann sich zu verwandeln.

Derek konnte nicht anders; er lachte und verärgerte seinen Onkel damit noch mehr:

„Ich habe Emanuel nicht HÄNGEN LASSEN! Was ist das überhaupt für eine Wortwahl in diesem Zusammenhang? Der Junge kann sich wirklich nicht beklagen! Ich kann immer! Und ich kann ENDLOS!“
 

Derek verzog angewidert das Gesicht:

„Also bitte Peter! So was will doch echt keiner hören!“

„Ich schon!“ meldete sich Damian schmunzelnd vom Rücksitz und die beiden Köpfe drehten sich kurz zu ihm herum, ehe Derek kopfschüttelnd fortfuhr:

„Also, wenn es das nicht war, wieso hast du sonst so schlechte Laune?“

„Weil ich es gerade mit einem wirklich süßen Burschen in einer Toilette tun wollte und dann mittendrin merkte, dass es nicht geht!“

„Wie bitte?“ empörte sich Derek: „Und was ist mit deinem Freund? Und davon einmal abgesehen: Eine Toilette? Also wirklich Peter!“

„Pfft!“ machte sein Onkel: „Bitte erspare mir deine engstirnige, moralinsaure, kleine Predigt über Liebe, Vertrauen und Monogamie. Kein Interesse! Wenn du dich mit deinem Menschlein in trauter Zweisamkeit schimmelig langweilen willst, bis das der Tod euch scheidet, dann ist das DEINE Beerdigung, Neffe.“
 

Derek schüttelte nachsichtig den Kopf und stellte die Frage in den Raum:

„Ist dir denn gar nicht in den Sinn gekommen, dass deine `Funktionsstörungen´ etwas damit zu tun haben könnten, dass es da doch ein lästiges, kleines Fünkchen Loyalität gegenüber deinem Gefährten in deinem verdorbenen, nachtschwarzen Herzen gibt und es gar nicht mit deinem greisen Alter zusammenhängt?“

„Schnauze!“ bellte Peter: „Spuck´ lieber aus, wofür du mich brauchst!“
 

Derek hielt ihm die Strickjacke hin:

„Was riechst du?“

Peter nahm eine Nase voll und erklärte:

„Mensch und Wolf! Na und?“

Der Mensch ist ein verschwundenes Mädchen, welches wir suchen müssen und der Wolf möglicherweise ihr Entführer.“

„Mädchen?“ fragte Peter und schnüffelte nochmal: „Es riecht…verwirrend!“

Derek grapschte nach dem Kleidungsstück und bellte:

„Hör´ auf den Geruch zu verfälschen; wir brauchen ihn noch.“

Dann holte er ein wenig aus und erklärte seinem Onkel, WARUM der Geruch verwirrend für ihn war, in der Hoffnung, dass daraufhin keine seiner ständigen dummen Bemerkungen käme, doch Wunder über Wunder; Peter hielt sich dieses eine Mal zurück.

„Und was hast du nun vor? Willst du die Straßen von San Francisco abfahren und wir drei halten unsere Nasen aus dem Fenster wie dämliche Hunde, bis wir eine Spur finden?“ Peter schüttelte den Kopf über die Vorstellung und murmelte dann: „`Die Straßen von San Francisco!´ Ich mochte die Serie! Michael Douglas war heiß, als er jung war!“

Derek schüttelte den Kopf:

„Ich nehme alles zurück, Peter. Du BIST alt. Du brummelst sinnlos vor dich hin und schwärmst von Fernsehserien aus den siebziger Jahren!“

„Ich habe die Wiederholungen gesehen, als ich ein Kind war!“ rechtfertigte sich Peter:

„Auch die laufen seit einer Ewigkeit nicht mehr!“ ließ Derek nicht locker.
 

Damian auf dem Rücksitz betrachtete amüsiert das Gezänk von Onkel und Neffe vor sich.

Was er nicht wissen konnte, weil er die beiden noch nicht gut genug kannte war, dass sie hier gerade die Rollen getauscht hatten. Normalerweise war es Peter, der Derek lustvoll zur Weißglut trieb.

Und nun war es Derek, dem es gerade ein beinahe ans Obszöne grenzendes Vergnügen bereitete, endlich einmal einen Ansatzpunkt gefunden zu haben, um Peter ein klein wenig zu quälen.
 

„Fahr´ schon los! Ich halte meine Schnüffelnase aus dem Fenster!“ bellte Peter gerade, doch Derek erwiderte:

„So machen wir es natürlich NICHT! Das wäre doch total dämlich und albern! Nein Folgendes: Es gibt zwei Alphas, die sich das Revier in dieser Stadt teilen und die werden wir aufsuchen und sie eine Geruchsprobe machen lassen. Unsere erste Station wird Turqouise sein!“

Peter und Damian blickten Derek verständnislos an und Peter wollte wissen:

„Was ist das? Eine Farbe, ein Dessert, ein Bordell? Oder ist das etwa eine Person?“

„Sie ist die Alpha im nördlichen Revier der Stadt!“ erwiderte Derek gelassen:

„Warum haben diese Alphas bloß immer so saudämliche Namen?“ Knurrte sein Onkel: „Ich war damals wie heute einfach bloß Peter und habe mich nicht „Apollo“ oder „Sternenkind“ oder wie auch immer genannt.“

„Du warst ja auch eine Katastrophe als Alpha!“ rief Derek aus und hätte die Retourkutsche eigentlich kommen sehen müssen:

„DU nennst MICH eine Katastrophe als Alpha? Was hast du denn in deiner Zeit so Großartiges geleistet, außer beinahe dein gesamtes Rudel sterben zu lassen. Ich habe immerhin unseren wahren Alpha Scott verwandelt!“

Derek wäre vor Entrüstung beinahe einem anderen Auto hinten rein gefahren:

„Das willst du dir wirklich als Erfolg auf die Fahne schreiben, Peter. Du hast Scott vielleicht zum Wolf gemacht, aber ein wahrer Alpha ist er aus dem einen schlichten Grund, dass er würdig ist! Etwas, dass keiner von uns beiden je sein wird. Und vergiss´ nicht, dass du gegen die Regeln verstoßen hast, als du ihn verwandelt hast, denn du hast es ohne sein Einverständnis getan!“

„Ich habe meine eigenen Regeln!“ behauptete Peter, als Derek nun unvermittelt den Wagen anhielt:

„Wir sind da!“ erklärte er.
 

Loba lag neben Chris auf dem Bauch vor deren Laptop am Boden in ihrem Zimmer und sie hörten sich Musik an, von der Chris behauptete, sie sei gut, doch Loba mit ihren feinen Ohren konnte dem keineswegs zustimmen, traute sich aber auch nicht, Chris das zu sagen.

Was sie da hörten, waren offensichtlich wahnsinnige, oder gehörlose Schlagzeuger, wummernde Bässe, kreischende E-Gitarren und röhrender Gesang: Es war absolut grauenhaft!

Trotzdem schenkte Loba dem Mädchen neben sich ein schüchternes kleines Lächeln:

„Du hasst es!“ stellte Chris grinsend fest und Loba nickte verlegen.

Kopfschüttelnd drückte Chris die Stumm-Taste an ihrem Laptop, schob diesen von sich und rollte sich auf den Rücken:

„Was für Musik magst du denn?“ wollte sie wissen.

Loba blickte ängstlich und ratlos zu ihr hinüber:

„Also Stiles, mein Dad mag HipHop.“ erwiderte sie kleinlaut:

„Uagh!“ machte Chris: „Und du selbst hast keine Band die dir gefällt?“

„Ich kenne mich da nicht so gut aus!“ bekannte Loba unglücklich, doch Chris lächelte und wuschelte ihr durch die Haare:

„Macht doch nichts. Ich werde dir eine Playlist mit vielen unterschiedlichen Sachen zusammenstellen. Vielleicht ist ja etwas dabei, was dir gefällt!“

Verlegen strich Loba sich ihr Haar wieder glatt und die Mädchen schwiegen sich einen Augenblick lang an, bis Chris schließlich fragte:

„Hast du eigentlich einen Freund?“

Loba riss erschrocken die Augen auf, schüttelte dann heftig den Kopf und rief, ohne groß nachzudenken aus:

„Nein, dafür bin ich noch zu klein!“
 

Chris gingen fast die Augen über und dann prustete sie los:

„Wer sagt denn so etwas? Deine Daddys etwa?“

Loba wurde knallrot unter ihrer braunen Haut und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie das gerade nicht gesagt hätte. Sie setzte sich ruckartig auf, schlang die Arme um die angewinkelten Beine und zog den Kopf ein wenig ein:

„Nein!“ sagte sie mit belegter Stimme.

Nun nahm auch Chris eine sitzende Position ein und blickte ihr gegenüber forschend an:

„Alles klar bei dir?“ wollte sie wissen.

Loba zuckte mit den Schultern und Chris sagte, wie schon einige Stunden zuvor:

„Du bist wirklich eigenartig! So jemanden wie dich habe ich noch nie getroffen.“
 

Loba hatte das Gefühl, sie würde gleich in Tränen ausbrechen. Sie wünschte, Stiles wäre hier, denn er war der einzige, der sie in solchen Momenten verstand und wieder aufbauen konnte. Sie wusste, dass sie eigenartig war. Es war ja nicht so, dass das nicht andauernd jemand zu ihr sagen würde!

Nur Stiles gab ihr niemals das Gefühl, merkwürdig zu sein. Er hatte sie lieb, genau so wie sie eben war. Na ja, Derek tat das vielleicht auch, aber es war doch irgendwie nicht dasselbe, denn nur Stiles konnte ihr das Gefühl geben, dass alles in bester Ordnung sei. Mit niemandem sonst hatte sie jemals diese Gewissheit. Ohne ihn gab es in ihrem Hinterkopf immer diese Unsicherheit, dass vielleicht irgendetwas Furchtbares passieren könnte, wobei sie gar nicht hätte sagen können, was dieses Schreckliche sein sollte. Diese Ängste waren auch nicht immer gleich schlimm; meistens waren sie ganz winzig und Loba spürte sie kaum, aber in anderen Augenblicken, wie zum Beispiel jetzt gerade waren sie übel. Die kleine Werwölfin fühlte sich so, als müsste sie über einen schwankenden, beweglichen Boden laufen und versuchen, nicht hinzufallen. Sie hatte einfach keinen Halt!
 

„Ich wollte dich nicht beleidigen!“ sagte Chris in Lobas Gedanken hinein: „Ich bin manchmal zu grob! Dann sage ich Sachen, die ich eigentlich gar nicht böse meine und merke erst, dass es blöd war, wenn jemand so guckt, wie du jetzt!“

Loba antwortete nicht und blickte das andere Mädchen nur aus großen dunkelbraunen Augen an.

Schließlich lächelte Chris und schlug vor:

„Ich hab´ eine Konsole hier! Lass´ uns irgendwas spielen. Du darfst dir etwas aussuchen!“

Loba nickte schüchtern.
 

„Ein Bordell wäre mir lieber!“ grummelte Peter als er sich den seltsamen New-Age-Hippie-Yoga-Gesundheits-Körnerfresser-Tempel anschaute, vor dem sie geparkt hatten: „Hier leben allen Ernstes Wölfe? Was müssen das denn für Freaks sein!“

Das Gebäude war riesig, bestand aus Holz und Natursteinen, mit einem gewölbten Dach und die Architektur kam scheinbar vollkommen ohne Ecken aus, denn Ecken waren vermutlich der Teufel und ganz, ganz schlecht für den Energiefluss.
 

Dereks schwarzen Flitzer ausgerechnet vor so einem Gebäude zu sehen, nahm sich ausgesprochen seltsam aus.
 

Peter, Derek und Damian steuerten den Eingang an und Damian erkundigte sich schüchtern:

„Bist du sicher, dass wir hier richtig sind, Derek? Hier soll sich diese Alpha aufhalten? Ich habe eher das Gefühl, wenn wir da reingehen, verpassen sie uns eine Gehirnwäsche und stellen uns dann in Leinengewändern mit Spendendosen in die Fußgängerzone, damit unser Guru sich noch ein paar weitere Rolls Royce kaufen kann.“
 

Zumindest der Teil mit den Leinengewändern war gar nicht so schlecht geraten, denn im selben Moment, als die drei eintreten wollten, kamen ihnen zwei auf diese Weise gekleideten Kerle entgegen, begrüßten sie mit einem: „Namaste!“ und vor der Brust gefalteten Händen.

Es waren tatsächlich Werwölfe, das konnten die drei riechen und sie sagten:

„Folgt uns Brüder! Die Alpha ist bereit, euch zu empfangen.

Derek, Damian und Peter tauschten verwirrte Blicke, waren in Hab-Acht-Stellung, doch sie folgten der Aufforderung widerspruchslos durch gewundene Gänge tief hinein in das Gebäude, in ein großes, helles Zimmer, wo eine Frau die nach menschlichen Maßstäben etwa siebzig Jahren alt wirkte; in Wirklichkeit war sie wahrscheinlich mindestens doppelt so alt, hinter einem großen, schweren, aufgeräumten Schreibtisch saß. Als sie die Fremden eintreten sah, erhob sie sich und bedeutete ihren Männern, dass sie sich entfernen dürften.
 

Die Frau war eine amerikanische Ureinwohnerin, winzig und schmal, aber dennoch von einer unglaublichen Präsenz und Energie.

Derek meinte beinahe, dass ihm in der Nähe dieser Frau ein wenig schwindelig wurde.

Es war unnötig, zu fragen, wer sie war, denn das war mehr als eindeutig:

„Ich grüße dich Turquoise!“ sagte Derek, streckte die Hand zum Gruß hin und wollte sich selbst und seine Begleiter vorstellen, doch die Alpha sagte, Dereks Hand ignorierend und auf ihn und Peter deutend:

„Ich weiß natürlich, wer ihr beide seid. Ihr seid die Hales: Er ist Kain und du bist Abel!“

Derek grinste und Peter setze zu Protest an, ließ sich jedoch durch eine einfache Handbewegung der Alpha zum Schweigen bringen, ohne dass er es selbst recht begriff:

„Die Analogie ist nicht ganz korrekt, denn eigentlich bin ICH derjenige, der IHN damals getötet hat!“ bekannte Derek und die Alpha schenkte ihm ein kleines, huldvolles Kopfnicken, begleitet von einem so zurückgenommenen Lächeln, dass Derek sich nicht sicher war, ob er es wirklich gesehen hatte:

„Ihr seid die Betas von Scott McCall.“ stellte Turquoise fest: „Eines Tages will ich dem wahren Alpha gern einmal persönlich begegnen. Ich habe Großes von ihm gehört.“ Dann fuhr sie plötzlich sehr streng fort: „Normalerweise kündigen fremde Skinwalker ihr Kommen vorher telefonisch an und platzen hier nicht einfach so herein!“

„Hör´ mal Schwester! Wir haben nur eine einfache Frage und dann sind wir auch schon wieder verschwunden!“ platzte Peter heraus, doch die alte Alpha machte eine gebieterische Geste mit der Hand, schenkte ihm einen wütenden Blick und ließ ihre Augen rot aufleuchten.
 

Peter zuckte zusammen und konnte mit knapper Not verhindern, dass er winselte, wie ein getretener Welpe. Die darauf folgende Demütigung brachte ihn beinahe um.
 

Turquoise achtete nicht mehr auf ihn und wendete sich nun wieder Derek zu:

„Du bist Mc Calls Adjutant! Ich freue mich, dich zu treffen.“ Wieder an Peter gerichtet fügte sie an: „Und du bist ein sehr böser Wolf. Ich will dich warnen, Peter: Wenn ich in meinem Haus sehe, dass du Fänge und Klauen ausfährst, werde ich dich schneller in Fetzen reißen, als du gucken kannst!“
 

Peter sagte nichts dazu, doch er konnte sich ein kleines Knurren nicht verkneifen.
 

Schließlich wendete sich die Alpha dem dritten im Bunde zu. Sie lächelte und mit einem Mal sah ihr würdevolles, runzliges, braunes Gesicht gar nicht mehr furchterregend, sondern warm und liebevoll aus:

„Ich weiß auch, wer du bist, Junge, denn du siehst genau aus, wie dein Vater in deinem Alter. Die Frage ist nun, soll ich dir zu seinem Tod mein Beileid aussprechen oder dir gratulieren?“

Damian zuckte mit den Schultern:

„Beides wäre wohl unangemessen.“ Gab er zurück:

„Eine gute Antwort, Sohn!“ gab sie zurück und wollte wissen: „Und nun hast du in ihrem Rudel Aufnahme gefunden?“

Als Damian nickte sagte Turquoise:

„Das ist gut!“
 

Sie wandte sich an Derek und sagte:

„Jetzt, wo wir alle wissen, wer der andere ist, darfst du mir dein Anliegen vortragen!“
 

Derek nickte, erzählte das, was er wusste und ließ die Alpha den Geruch analysieren, welcher an der Strickjacke haftete.
 

Das Gesicht der Alpha wurde sehr ernst:

„Der Geruch gehört zu niemandem, aus meinem Rudel. Und es ist auch keiner von Brandons Leuten!“

Brandon war der Alpha der Nordseite der Stadt.

Turquoise fuhr fort:

„Aber ich weiß, wer er ist. Er ist einer der Omegas. Sein Name ist Tony!“
 

Derek, Peter und Damian blickten die Alpha gespannt an und so ließ sie sich nicht lange bitten, ihre Worte zu erklären:

„In unserer Stadt haben sich schon seit einigen Jahren einige Omegas zu einer Art Rudel zusammengeschlossen. Es handelt sich bei ihnen um die übelsten Exemplare unserer Gattung!“ Bei ihren Worten blickte sie Peter an, welcher ihren Blick finster erwiderte.

Sie musste nicht aussprechen, dass sie Peter offenbar für keinen Deut besser hielt. Die Art, wie sie ihn ansah, sagte das deutlich:

„Die Omegas sind in alle Arten von Verbrechen verwickelt und dieser Tony ist wohl das manipulativste, skrupelloseste Wesen, dass ich in meinem langen Leben je getroffen habe. Wenn dieses Kind wirklich in den Händen dieses Ungeheuers ist, dann solltet ihr sie besser bald finden, ehe es an ihr nichts mehr zu retten gibt!“
 

Derek schluckte und plötzlich war er ganz und gar ein Vater.

So hatte er vorher noch nie empfunden! Er dachte an sein eigenes kleines Mädchen. Die Vorstellung, das Loba solch üblen Gestalten in die Hände fallen könnte, machte mit einem Mal, dass ihm ganz übel wurde:

„Wo können wir die Omegas und vor allem diesen Tony finden?“ fragte Derek mit belegter Stimme.

Die Alpha zuckte mit den Schultern:

„Die Omegas halten sich vor unseren Rudeln gut verborgen. Auch wir suchen sie seit langem, denn solche wie sie schaden uns allen, aber bislang ist es uns nicht möglich gewesen, sie ausfindig zu machen. Doch wir können kooperieren. Dafür sollten wir Telefonnummern austauschen.“

Und nun verblüffte sie die uralte Alpha, indem sie in ihr eigenes, runzliges Dekolletee griff und das allerneueste iPhone daraus hervorzog. Diese Frau hatte vermutlich die Erfindung des Telefons miterlebt, aber offensichtlich war es ihr gelungen, mit der Zeit zu gehen:

„Und?“ fragte sie, bereit; Dereks Nummer einzuspeichern

Dieser konnte sich ein verblüfftes Grinsen nicht verkneifen und sagte seine Telefonnummer an.
 

Die drei verabschiedeten sich und vor der Tür fluchte Peter:

„Was für eine arrogante Kuh!“

Derek schüttelte den Kopf:

„Sie ist nicht arrogant, sie ist überlegen. Und mich wundert gar nicht, dass dir das nicht schmeckt. Dabei würde es dir so viel besser gehen, wenn du das akzeptieren würdest. Von einer wie ihr könntest du vermutlich so einiges lernen und am Ende vielleicht sogar ein bisschen Frieden finden. Mich hat sie zumindest sehr beeindruckt!“

Peter verdrehte die Augen, sagte jedoch nichts weiter dazu.
 

Derek setzte Peter bei Emanuel Wohnung und Damian bei sich zuhause ab. Von Letzterem erhielt er das Angebot, bei ihm und Kedra zu übernachten, falls er in der Stadt bleiben wollte. Derek erwiderte, dass er darüber nachdenken werde.

Diese ganze Misere hier in San Fracisco würde sich ganz offensichtlich länger hinziehen, als erwartet, daher zückte er sein Mobiltelefon:
 

„Hey Baby! Was machst du gerade?“ fragte Derek in den Apparat:

Stiles spürte immer noch dieses kleine Ziehen, wenn Derek ihn so nannte, doch er wollte es sich nicht anmerken lassen:

„Ich haben hier gerade einen Dreier! In DEINEM Apartment!“ Erwiderte er munter:

„So, so!“ gab Derek zurück: „Der kann ja nicht so umwerfend sein, wenn du zwischendrin Zeit hast, ans Telefon zu gehen“

Stiles lachte:

„Das siehst du richtig. Es ist sogar ein ziemlicher Alptraum, denn unser Dreier ist keiner von der spaßigen Art, sondern von der akademischen! Danny und Scott sind zum Lernen hier und jetzt rate mal, wer den beiden den gesamten Lehrstoff erklären darf! Und als wäre das nicht schlimm genug, steht Ethan in der Küche und hat angedroht, für uns Abendessen zuzubereiten. Und wie ich diese Fitness-Schwester kenne, läuft es auf einen Eiweißshake und einen veganen Rohkostsalat aus Grünkohl hinaus.“
 

Derek vernahm das Murren von Danny und Scott aus dem Hintergrund, die Stiles ja praktisch gerade als Idioten bezeichnet hatte, sowie ein geknurrtes: „Schnauze Stilinski, du undankbares Stück!“ von Ethan und grinste.
 

Stiles hatte offenbar beschlossen all´ das zu ignorieren und wollte wissen:

„Wie hat unserer Tochter ihr Kuchen gefallen?“

„Ich glaube, ich habe Loba noch nie so schrill kreischen hören.“ gab Derek zurück und nun war es an Stiles, vor Freude schrill zu schreien.
 

Derek hielt das Telefon auf Abstand, um seine empfindlichen Ohren zu schützen:

„Bist du fertig damit, mir einen Tinitus zu verpassen?“ Fragte er schließlich: „Ich muss dir etwas sagen. Es gibt Probleme in der Stadt. Böse Wölfe, die Kinder entführen!“

„Oh!“ machte Stiles, mit einem Mal seltsam ruhig: „Loba?“

„Keine Sorge, Süßer! Sie ist in Sicherheit. Sie wird immer entweder bei Peter, Malia oder mir sein. Versprochen!“

Stiles machte sich trotzdem Sorgen. Machte er immer! So wurde man wohl, wenn man neun Jahre alt war und seiner eigenen Mutter beim Sterben zugesehen hatte. Man verlor das Vertrauen!
 

„Gib gut auf sie acht!“ flüsterte er überflüssigerweise:

„Natürlich Baby!“ gab Derek sacht zurück und dann erzählte er, was vorgefallen war. Als er geendet hatte, grollte Stiles:

„Finde die Mistkerle und zerreiße sie in der Luft, ja?“

„Das habe ich vor!“ erwiderte Derek.

Dann fiel Stiles noch etwas ein:

„Richtete Damian aus, wenn er seine Hände an meinen Mann legt, hacke ich sie ihm ab! Oder etwas anderes!“

Derek lachte ein wenig und versicherte:

„Egal, wer Hand an mich legen will, ich bin Dein!“
 

Schweigen vom anderen Ende der Leitung!
 

„Bist du noch da, Stiles?“

„Ich liebe dich, du sentimentaler Blödmann!“ murmelte er als Bestätigung:

Derek schmunzelte:

„Ich liebe dich auch! Und jetzt sei ein lieber Junge und arbeite fleißig weiter an deiner `summa cum laude´, ja? Lass ´ dir den Grünkohl schmecken und grüß´ die Anderen von mir!“

Sie verabschiedeten sich von einander und Derek kehrte erst mal zu Loba und Malia zurück, um seiner Cousine mitzuteilen, was er erfahren und womit sie es zu tun hatten.
 

Peter saß mit mieser Laune allein in Emanuels Wohnung und grübelte.

Was war das bloß für ein VERSCHISSENER Tag gewesen?
 

Erst hatte er sich ohne erkennbaren Grund eine leichte, schnelle Nummer entgehen lassen, dabei liebte er leichte, schnelle Nummern!

Dann hatte Derek ihn die ganze Zeit provoziert und am Ende hatte ihn auch noch eine tausendjährige Indianerin gedemütigt!
 

Der Vollmond schien durchs Fenster und ging Peter direkt ins Blut. Seit seiner frühen Jungend hatte er ihn nicht mehr so stark gespürt.

Es war beinahe wie Fieber.
 

Außerdem war er verdammt spitz!
 

Er knurrte leise vor sich hin, unschlüssig, was er nun tun, und wohin er sich wenden sollte.
 

Und so kam es auch, dass Peter Emanuel direkt an der Haustür abfing, als er hörte, wie sich dessen Schlüssel im Schloss zu drehen begann.
 

Er scherte sich in dieser Minute einen Dreck darum, dass er bereits am Geruch seines Liebhabers genau erkennen konnte, dass dieser sowohl todmüde und als auch traurig war.

Peter wollte Druck loswerden und das war alles, was in diesem Moment für ihn zählte.

Und so griff er Emanuel nicht eben sanft an den Handgelenken, drängte ihn gegen die Wand hinter ihm und nahm ihm fast den Atem, als er ihn küsste. Irgendwann drehte Emanuel schließlich den Kopf weg und bat leise:

„Nicht Peter. Lass mich los! Ich bin nicht in der richtigen Stimmung! Ich hatte einen schlimmen Tag. Der Intendant mag mich nicht, die Schauspieler sind arrogant und mein neuer Kollege hat ein Konkurrenzproblem mit mir. Außerdem habe ich Kopfweh. Bitte! Ich will nur noch schlafen, ja?“
 

Solange das mit ihnen beiden lief, hatte Emanuel noch nie `Nein´ zu Peter gesagt und so war dieser sich sicher, dass der Jüngere es auch jetzt nicht Ernst meinen konnte.
 

Schon gar nicht an einem Tag wie heute!
 

„Komm schon Kleiner! Wenn ich mit dir fertig bin, bist wieder ganz locker und guter Dinge!“

Peter presste Emanuel mit seinem Körper noch ein wenig fester gegen die Wand und schob ihm eine Hand, geführt von seinem Oberschenkel zwischen die Beine:
 

„Nicht Peter! Ich meine es ernst!“ Sagte Emanuel und fing nun langsam an, ein wenig ängstlich zu klingen.
 

Und zu riechen!
 

Es war wie ein Aphrodisiakum.
 

Und so ließ Peter ihn immer noch nicht los, sondern schnüffelte stattdessen an dessen weißem, empfindlichem Hals:

„Komm´ schon! Hab´dich doch nicht so!“ sagte er ein wenig atemlos: „Bloß ein Quickie vor dem Schlafengehen. Ich bin geil!“

Der Werwolf begann sich zu verwandeln.
 

Emanuel erstarrte, drängte sich selbst noch ein wenig enger an die Wand und verdrehte den Kopf schon fast ein wenig schmerzhaft, alles bloß, um ein paar Millimeter zwischen sich und Peter zu bringen:

„Bitte nicht!“ flehte er und fing schließlich sogar ein wenig an zu weinen an und erst da kam Peter wieder zur Besinnung und ließ von Emanuel ab.
 

Er trat einen Schritt zurück und murmelte:

„Ist schon gut, Kleiner! Ich habe verstanden!“
 

Emanuels Augen, welche nun in Tränen schwammen und deren braun dadurch noch ein wenig heller wirkte an, waren riesig. Er sah entsetzt, unglaublich jung und verletzlich aus:

„Verschwinde jetzt Peter!“ sagte er leise.
 

Der Werwolf öffnete noch einmal den Mund für eine Erwiderung, doch es kam nichts. Schließlich folgte er der Aufforderung und ging.
 

In Lindseys Gefängnis ging das Licht an. Der Schalter befand sich außen, also bedeutete das wohl, dass nun jemand zu ihr käme.

Die Tür öffnete sich und Tony trat ein. Er sah in diesem Moment wieder wie ein Mensch aus; so wie der Mann, mit dem Lindsey sich in den letzten Wochen immer wieder getroffen hatte und dem sie alles über ihre Gefühle, ihre Einsamkeit und ihre Eltern erzählt hatte.
 

Er sah aus, wie der Mann der mit ihr Händchen gehalten oder sie im Arm gehalten hatte, der sie aber darüber hinaus zu nichts gedrängt hatte und der ihr wirklich liebe Komplimente gemacht hatte.
 

Er sah lieb aus, er war attraktiv und Lindsey hatte gedacht, er sei nett.

Sie hatte ihm vertraut und sich sogar ein bisschen in ihn verliebt.
 

Und dann hatte er sich vor ihren Augen in ein Ungeheuer verwandelt, ihr eine Betäubungsspritze gegeben, sie in einen Kofferraum geworfen, hierher gebracht und eingesperrt.
 

„Hey Schätzchen!“ sagte er mit der selben sanften Stimme, in der er all´ diese intimen Gespräche mit ihr geführt hatte: „Bist du wieder richtig wach? Denn das, was ich jetzt mit dir tun werde verfehlt seine erzieherische Wirkung, wenn du immer noch benebelt bist.“

Er lachte leise: „Man sollte eigentlich meinen, dass Jungfrauen bei unseren Kunden hoch im Kurs stünden, aber die sind heutzutage wohl aus der Mode gekommen. Was unsere Kunden jetzt wollen, sind Objekte mit ein bisschen Erfahrung. Außerdem haben sie scheinbar kein Interesse daran, sich solche wie euch selbst gefügsam zu machen. Nein, ihr sollt schon fix und fertig vorbereitet sein, wenn wir euch verkaufen!“ Wieder ein Lachen, es klang böse und gehässig: „Na, mir soll es Recht sein. Ich warte schon seit Wochen auf das hier, Lindsey. Natürlich war der Weg dahin schon aufregend, aber jetzt bekomme ich endlich den Lohn für meine Mühe.“
 

Tony öffnete seine Hose und trat auf Lindsey zu, wie ein Wolf sich seiner Beute nähert; leise, lautlos, geschmeidig!



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