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Seelenkrank

von

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eine Welt ohne dich...

Zu Hause duschte ich mich und zog meine Klamotten an, die ich zum Konzert tragen wollte. Meine Wiedergabeliste auf Spotify war auf Zufallsmodus gestellt und der Song, der gerade begann, ließ mich erstarren. Ich hatte ganz vergessen, dass ich Jukas Lieder auch noch in meiner Playlist gespeichert hatte. Seine Stimme fuhr mit durch Mark und Bein. Nicht weil sie so grausam klang, sondern, weil ich sie vermutlich nie mehr hören würde. Der Schmerz durchfuhr mich wie ein Orkan und ich suchte Halt an der Sofalehne. Jetzt bloß nicht schwach werden, heute war ein wichtiger Tag. Doch das war leichter gesagt als getan, als sich die Panikattacke langsam näherte. Meine Hände zitterten und ich schaffte es nicht weiterzuschalten. Das Lied lief und es rang mich nieder. Versetzte mir den ultimativen Gnadenstoß und ich realisierte kaum, dass sich meine Fingernägel in meinen tätowierten Unterarm krallten und über die vernarbte Haut kratzen. Bisher hatte ich es immer irgendwie geschafft dem Drang, mich selbst zu verletzen, zu widerstehen, aber ich konnte nicht mehr. War nahezu am Ende meiner Kräfte angelangt und meine Nägel bohrten sich tiefer in meine Haut. Ich beabsichtigte mir eine neue Verletzung zuzufügen, weil ich es nicht länger aushielt und erst das Brennen der Wunde holte mich in die Realität zurück. Angewidert und irgendwie zufrieden betrachtete ich mein Werk. Das Blut sickerte noch immer heraus und ich biss mir heftig auf die Unterlippe. Mein Herzschlag hatte sich wieder beruhigt und ich raffte mich auf, um die Wunde ein bisschen zu versorgen.

Dass ich mittlerweile zerbrechlicher war, als ich mir eingestand, stellte auch meine Band fest, da ich so mitgenommen wie schon lange nicht mehr aussah. Ich zuckte nur mit den Schultern und versuchte dieses Gefühl mit einem Grinsen zu überspielen. Basti und Fabi tuschelten die ganze Zeit, um mich so aus der Reserve zu locken. Ich verdrehte nur die Augen. Wir räumten ein paar Sachen in unseren Transporter und fuhren zum Club. Dort bauten wir auf, schlossen alles an und schon war die Zeit auch wie im Fluge vergangen. Gemütlich begannen wir uns an der Bar zu betrinken. Ich checkte unsere Gästeliste und reservierte Selene einen Platz darauf.

„Ist das eine deiner Fickbekanntschaften?“

Ich gab Fabi einen freundschaftlichen Klaps auf den Hinterkopf.

„Hab ein nettes Mädel kennengelernt.“

Jetzt wurde auch der Rest der Band hellhörig und ich erzählte von meiner recht kurzen Nacht, als auch von der Begegnung mit Selene.

„Das klingt ja schon fast romantisch aber sollte deine Laune da nich besser sein?“, fragte Flo.

„Keine Ahnung.“

„Aber Lukas, es kann sein, dass Juka heute kommt. Nur damit du vorgewarnt bist. Kami hat ihn gestern vom Flughafen abgeholt.“

Meine Miene verfinsterte sich noch mehr und ich war mir nicht sicher, ob ich diesen Abend überstehen würde. Warum konnte er nicht einfach in Tokio bleiben?

„Dann lass ihn kommen, ich hab mit ihm abgeschlossen. Bin gespannt, was ihr zu Selene sagt.“

Ich gab unsere Gästeliste beim Security ab und dann spielten wir uns schon mal ein bisschen warm, solange die ersten Gäste eintrafen. Selene ließ lange auf sich warten, doch als unser Konzert begann, konnte ich sie ziemlich weit vorne entdecken. Ich grinste und der kleine Raum verdunkelte sich. Die Show begann.

In der ersten Reihe standen ein paar der Fans und dann ragte er aus der Menge wie ein gefallener Engel. Kami flüsterte ihm irgendetwas zu, Juka lächelte und schaute dann auf. Direkt in meine Richtung und da passierte etwas, was mir noch nie zuvor widerfahren war. Die Musik spielte, doch ich bekam keinen Ton zustande. Meine Hände zitterten und ein trockenes Gefühl breitete sich in meinem Mund aus. Ich fühlte mich gefangen, wie in einer Zwangsjacke, unfähig mich zu bewegen oder zu sprechen. Die Musik stoppte und Flo ergriff das Mikro.

„Sorry Leute, Lukas hat gerade ein paar Stimmprobleme. Er geht kurz was trinken und dann beginnt die Show.“

Mein Freund griff nach meiner Hand und zog mich hinter die Bühne. Dort brach ich zusammen und Flo hielt mich.

„Süßer, was is los?“

„Flo…ich kann nich…Juka is da, das pack ich nich.“

„Lukasschatz ich glaub an dich…du gehst da jetzt raus, schaust woanders hin und gibst alles…du schaffst das.“

Mein liebster Freund umarmte mich und gab mir einen Kuss auf die Wange. Ich atmete tief durch und nahm wieder meinen Platz am Mirko ein. Basti zwinkerte mir aufmunternd zu. Dann stimmte ich unser erstes Lied an, eben das Lied, was ich irgendwann, als wir noch glücklich waren, für Juka geschrieben hatte.

Als meine tiefe Stimme den Raum erfüllte und ich die Augen schloss entspannte ich mich ein bisschen. Meine Gefühle verschafften sich Gehör und die Menge schien verzaubert.

Ich befand mich nun meiner Welt und alles um mich herum verschwamm. Ich vergaß fast, dass er hier war. Die Musik trieb mich und meine Emotionen strömten aus mir heraus. Das war das erste Mal, dass ich unser Lied live sang und ich hoffte sehr, dass er jedes Wort auf sich bezog. Das war meine Retourkutsche, dafür, dass ich solche Qualen hatte erleiden müssen. Ich fiel sogar auf die Knie und sang mit geschlossenen Augen. Ich genoss jeden Moment und jede auch nur kleinste Zelle meines Körpers lebte diese Musik. Ich verlor mich für einen Moment. Zwischendurch ließ ich dennoch ein paar kurze, aber witzige Anekdoten hören, denn auch das mochte mein Publikum. Nach einer zweiten Zugabe verließen wir die Bühne und mischten uns unter die Fans.

Ich beschloss mich von Selene suchen zu lassen. Aber dann zerstörte etwas meine wiedergefundene gute Laune. Juka hing völlig betrunken an der Bar und drohte jeden Moment vom Hocker zu kippen. Etwas in mir schrie schon fast, dass ich ihn lassen sollte, doch das konnte ich dann doch nicht. Ich beförderte ihn an die frische Luft und wollte ihn erst auf der Bank zurücklassen, als er mit mir redete.

„Luki, du warst fantastisch heute.“

Ich zündete mir eine Zigarette an.

„Danke. Soll ich dich nach Hause bringen oder so?“

„Ich penn bei Flo und Kami...muss warten bis die gehen...“

Na prima. Ich schrieb Kami, dass er bitte vor‘s Underground kommen sollte, weil ich nicht Jukas Babysitter spielen wollte. Zum Glück ließ er nicht lange auf sich warten. Er bat mich jedoch Juka und ihn zu begleiten. Schließlich willigte ich ein. Mir fiel auf, dass ich nicht mal eine Handynummer von Selene hatte und ihr somit auch nicht Bescheid geben konnte, dass ich kurz weg war. Ich konnte nur hoffen, dass sie dann noch da war. Kami entschloss sich dann doch bei Juka zu bleiben, was mich irgendwie beruhigte, doch ich merkte, dass er echt angepisst war.

„Luki…warte.“

In seinen eisblauen Augen schien unendliche Traurigkeit zu liegen. Seine zarten Hände umfassten mein Gesicht und dann seine Lippen auf meinen. Ich keuchte, denn das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. Hatte Juka nicht deutlich beteuert, er hätte keine Gefühle mehr für mich? Doch dieser Kuss drückte genau das Gegenteil aus. Jetzt war ich erst recht verwirrt.

„Juka…du bist ziemlich betrunken und solltest schlafen…ich muss wieder…“

Nur schwer riss ich mich von ihm los und die Lust am Feiern war mir endgültig vergangen. Wird schon schief gehen. Ich schnippte meine Zigarette weg und betrat den Club. Doch das süße Mädchen mit den violetten Haaren war nirgends zu finden. Verdammt! Aber war das Aufeinandertreffen mit Selene jetzt wirklich so klug? Ich holte mir an der Bar ein Bier und wollte meinen Frust schon ertränken, als etwas in meinem Augenwinkel lila schimmerte. Blitzschnell drehte ich mich um, doch es war nur das Top eines anderen Mädchens. Schlurfend begab ich mich in unsere Sitzecke im Raucherraum und da saß Selene neben Fabi und winkte mir zu. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.

„Soso, da bin ich mal ne Weile weg, da angelst du dir schon den nächsten“, sagte  ich ein bisschen beleidigt.

„Und ich dachte schon, du hast die Flucht ergriffen.“

Ich gab Fabi zu verstehen, dass er mir Platz machen sollte und brav wie er war, tat er das, nicht ohne mich breit anzugrinsen.

„Vor wem? Dir? Quatsch. Es gab einen Zwischenfall, nicht der Rede wert. Jetzt bin ich ja da.“

„Schade, ich wollte gerade gehen.“

Etwas unsanft drückte ich sie in die Kissen der Couch, sodass sich unsere Nasenspitzen fast berührten.

„Fänd ich zwar schade, aber werde dich sicher nich aufhalten.“

„Achso? Das ist bedauerlich.“

Mein kleiner Bruder warf mir einen fragenden Blick zu.

„Nee jetzt ernsthaft….es wäre schön, wenn du noch bleibst“, kam es von Fabis Seite. Vielleicht sollte ich ihm Selene überlassen? Ich würde ihr nur Trauer und Leid bringen. Auf meinen Lippen spürte ich noch immer Jukas Kuss. Bloß nicht daran denken.

„Darf man einen so populären Rockstar wie dich eigentlich in der Öffentlichkeit küssen oder schadet das deinem Image?“, hauchte sie mir ins Ohr. Scheinbar wollten das heute irgendwie alle.

„Süße, nichts für ungut, aber ich steh noch immer auf Männer.“

Plötzlich wurde Selene ein bisschen ernster.

„Stimmt, ist mir wohl entfallen.“

Doch das, was ich als nächstes tat, schrieb ich einerseits dem Alkohol zu und andererseits dem Schmerz, der mich sonst zerfraß. Ich schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln und beugte mich zu ihr rüber, um sie zu küssen. Denn warum eigentlich nicht. Ich wollte Juka endlich vergessen. Fabi beschwerte sich dann, dass er neben zwei Pärchen eingequetscht sei.

„Dann steh doch auf und such dir was eigenes“, ärgerte ich ihn.

„Dazu bin ich noch nicht betrunken genug. Willst du noch'n Bier?“

Ich nickte. Basti zwinkerte mir unauffällig zu. Dann fragte er, wie es Juka ging. Ich zuckte mit den Schultern. Flo schob auch Depri, weil Kami nicht bei ihm war. Shit, das mit dem Vergessen war wohl nicht so leicht.

„Was will er eigentlich gerade hier Flo?“

Mein Freund schaute auf und zuckte mit den Schultern.

„Was weiß ich, Kami vollabern, wie mies es ihm auf einmal geht und so. Es nervt mich voll, weil es immer so. Hat Juka mal nen kleines Problemchen, muss Kami springen. Ich besaufe mich jetzt. Macht jemand mit?“, warf er in die Runde. Ich nickte ihm zu.

„Ey Schnuckiputz, jetzt lass uns nen schönen Abend haben.“

„Na gut Sahnetörtchen, aber nur wenn du dich auch'n bisschen um mich kümmerst.“

Ich gab ihm ein Kuss auf die Wange.

„Klar.“

Damit musste Selene leben, das waren meine Freunde und meine Band. Ich kuschelte mich an Flo und so allmählich merkte er, wie beschissen es mir tatsächlich ging.

„Isses immer noch wegen vorhin?“, fragte er, sodass es nur ich hören konnte, doch ich schüttelte den Kopf und schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen.

„Ich hab ihn mit in die Wohnung gebracht, damit Kami das nich allein tun muss…er hat mich geküsst Flo…“, brachte ich nur mühevoll hervor und jetzt zog mich mein bester Freund nur noch näher an sich. Ich schlang meine Arme um ihn und seine Umarmung brachte mich ein bisschen runter.

„Und…hat es sich schlimm angefühlt?“, fragte er vorsichtig und ich unterdrückte das Schluchzen, indem ich mir heftig auf die Unterlippe biss. Basti, der irgendwie auch von meinem Dilemma Wind bekommen hatte, erhob sich und kehrte wenig später mit Wodka und Shotgläsern zurück. Auch ihn zog ich in eine Umarmung und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

 

Selene blieb den ganzen Abend und trank mit uns. Das fühlte sich irgendwie ziemlich gut an.

Wir verließen fast als Letztes den Club und torkelten Richtung Taxi. Ich warf Selene einen fragenden Blick zu und hoffte, sie wusste, was ich wollte. Tatsächlich, sie nickte. Ihr Kopf lehnte während der Fahrt an meiner Schulter. Ich nahm ihre Hand, bezahlte den Fahrer und half ihr aus dem Auto.

„Ich glaub ich hab zu viel getrunken.“

„Passiert an solchen Abenden. Soll ich dir die Haare beim Kotzen halten?“, lachte ich und nahm ein bisschen Abstand, weil sie mich böse anschaute. Dann rannte sie auf mich zu, doch ich war schneller. Nur blöd, dass ich auch nicht mehr ganz so nüchtern war und den Stein im Dunklen nicht sah. Mich haute es der Länge nach hin und ich bekam einen Lachanfall. Selene fiel auf mich und tat so, als hätte sie mich gefangen.

„Tja, selbst die kleinsten Bosheiten werden auf der Stelle bestraft.“

Ich musste immer noch lachen, warum wusste ich selber nicht genau.

 

Ich brachte Selene am nächten Tag nach Hause und konnte es nicht lassen noch einen Abstecher bei Kami und Flo zu machen, weil ich wissen wollte, wie es Juka ging. Die beiden meinten, dass er gerade in der Stadt unterwegs sei, deshalb rief ich ihn an und bestellte ihn zu mir. Was dachte ich mir dabei? Ich konnte es nicht sagen. Vielleicht wollte ich einfach nur, dass es ihm gut ging.

Meine Schwester war alles andere als begeistert, als Juka bei uns eintraf, denn immerhin war sie die Leidtragende meiner Gefühlsausbrüche gewesen. Ich kochte uns Tee und wir verzogen uns ins Wohnzimmer. Juka sah immer noch ein bisschen mitgenommen vom gestrigen Abend aus.

„Geht es dir wieder besser?“, begann ich das leicht peinliche Schweigen. Er nickte.

„Tut mir leid, ich wollt dir nicht den Abend ruinieren.“

„Keine Angst, ich hatte trotzdem noch meinen Spaß.“

„Luki, ich halt es so nich mehr aus. Du fehlst mir so...“

Das klang fast so, als würde er es beiläufig erwähnen wollen und doch richtete er mit diesen Worten genau das an, was er beabsichtigt hatte. Dafür hasste ich ihn.

„Das funktioniert aber nich mehr Juka. Ich kann es nich. Außerdem hast du doch gesagt, dass ich dir egal bin…du keine Gefühle mehr für mich hast.“

„Verstehe schon. Aber irgendwie bin ich gerade am Ende und weiß nicht wohin. Tokio ist auf Dauer auch nicht das, was ich mir erträumt hab.“

„Gehen dir dort die Männer aus oder was?“, rutschte es mir raus. Eigentlich hatte ich das nur denken wollen und Jukas Blick verriet mir, dass ihm diese Bemerkung ganz und gar nicht gefiel.

„Und was wenn ja? Was soll der Mist, ich dachte mit dir kann man mal vernünftig reden.“

„Sorry, das is mir echt rausgerutscht, aber für meine Gedanken kann ich nichts und wenn du ehrlich bist, isses deine Schuld, wenn ich sowas denke.“

„Ach ja? Dann hättest du dir vielleicht mehr Mühe geben sollen.“

Ich verdrehte die Augen. Jetzt ging das wieder los.

„Jetzt schieb bitte nich alles auf mich, dazu gehören immer zwei. Ich wollte eigentlich auch nur wissen, wie es dir geht.“

„Bestens danke. Ich geh dann mal besser.“

 

 

Zwei Tage später bekam ich etwas von einem Selbstmord hier in Berlin mit. Man denkt sich zwar immer „oh wie schlimm“, aber die Sache ist auch im gleichen Moment wieder vergessen, weil es einen nicht selbst betrifft. Das war dieses Mal nicht so. Ich schlenderte fröhlich zum Proberaum, doch dort herrschte bedrückende Grabesstimmung, im wahrsten Sinne des Wortes, denn dieses Mal betraf mich der Selbstmord eiskalt am eigenen Leib. Kami heulte nur noch und Flo versuchte ihn zu trösten. Mein Magen zog sich zusammen und ich traute nicht zu fragen, was los war. Trotzdem tat ich es.

„Lukas, es war Juka“, sagte Basti recht gefasst. Ich mutierte zur Steinsäule und unter mir brach der Boden auf. Meine heile Welt brach in sich zusammen und eine unsichtbare Kraft schnürte mir die Kehle zu. Ich wollte wegrennen, doch es ging nicht, so als wären meine Beine Wurzeln geschlagen. Doch ich musste weg. Ich musste rennen, mich bewegen, doch nichts ging. Ich brach schließlich zusammen und schubste alle weg, die den Versuch unternahmen mich zu trösten. Ich trat mit dem Fuß in unsere leere Flaschensammlung und feuerte alle noch nicht zersprungenen gegen die Wand. Es war irgendwie okay, nicht mehr mit Juka zusammen zu sein, aber ich hatte gewusst, dass er noch irgendwo ist. Doch jetzt war er weg. Und das mit Sicherheit, weil ich ihm nicht geholfen hatte. Ich hätte mit ihm reden können.

„Lukas, du machst es doch so nich besser“, sagte Flo.

„Na und? Ich hätte ihn aufhalten können....ich bin Schuld, dass er das getan hat.“

„Keiner hat Schuld Lukas, er war einfach nur am Ende.“

Jetzt wurde ich richtig sauer. Meine Freunde, selbst Kami sprachen von Juka, als wäre er irgendjemand gewesen.

„Eben deshalb! Juka war immer für uns alle da....!“, schrie ich sie jetzt an und musste heulen.

 

Schweißgebadet wachte ich auf und stellte voller Entsetzen fest, dass ich mich in meinem Bett befand. Ohne zu zögern und ohne darauf zu achten, wie spät es war, rief ich Juka an. Verdammt, er ging nicht ran. Hatte er sich wirklich umgebracht? Ich ließ es ein zweites Mal klingeln, bis die Mailbox ranging. Dann ein drittes Mal. Jukas verschlafene Stimme erklang am anderen Ende. Ein Glück.

„Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht“, versuchte ich so normal wie möglich zu sagen.

„Luki...es is noch mitten in der Nacht...ich will schlafen und ja mir geht es gut....warum?“

Ich atmete auf vor Erleichterung.

„Nur so, ich hatte gerade einen schlimmen Traum...darin kamst du auch vor. Sorry, dass ich dich geweckt hab...Kannst du zu mir kommen, bitte?“

Juka seufzte am anderen Ende.

„Ist es echt so schlimm? Kann das nicht bis morgen warten?“

„Ich weiß nich....glaub nich...“

„Naaaa gut, ich bin demnächst da.“

Verdammt! Was tat ich da? War ich nicht ganz bei Sinnen? Stimmte dieses alte, blöde Sprichwort, wenn man einmal sein Herz verschenkte, konnte man es kein zweites Mal tun? Ach was schwirrten da nur für seltsame Gedanken in meinem Kopf herum? Als ich ein Auto kommen hörte, sprang ich auf den Balkon. Es war Juka. Mein Herz schlug schneller und ich rannte ihm entgegen. Er schloss mich in seine Arme, so wie er es sonst auch immer getan hatte und wir verharrten so.

„Ist alles okay mit dir?“, fragte er zaghaft. Ich löste mich aus der Umarmung. Jukas Hände glitten an meinem nackten Oberkörper entlang. Das jagte mir diesen vertrauten Schauder über die Haut.

„Ich weiß nich...der Traum gerade, das war ziemlich heftig...du bist gestorben.“

„Nein, bin ich nicht, weil ich gerade hier vor dir stehe und mit dir rede Luki.“

„Aber es war so real und ich war schuld an deinem Tod.“

Juka lachte kurz.

„Warum, hast du mich ermordet?“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Du hast dich umgebracht, weil ich beschissene Dinge zu dir gesagt habe.“

Juka griff nach meiner Hand und wir gingen ins Haus.

„Glaub mir, sowas würde ich nicht tun, dafür hänge ich zu sehr an meinem Leben. Alles ist gut und ich bin jetzt hier.“

Ich lag in Jukas Armen und fragte mich noch immer, was ich da tat.

„Es war komisch. Ich kann schon damit leben, dass wir nicht mehr zusammen sind, aber dieses Gefühl, dass du ganz weg bist, war grausam. Immerhin glaube ich immer noch daran, dass wir vielleicht irgendwann wieder Freunde sein können.“

„Und ich dachte, du hasst mich.“

„Ich hasse dich auch, ich verachte dich dafür, was du getan hast Juka und doch wird ein Teil von mir immer zu dir gehören.“

Juka lächelte.

„Deshalb rufst du mich mitten in der Nacht an, weil du mich so sehr hasst...und doch ist es schön bei dir zu sein.“

Ich sprang auf und jetzt ärgerte ich mich, dass ich ihn zu mir gebeten hatte.

„Ich wollte ja nur wissen, ob es dir gut geht, mehr nich. Jetzt geh halt wieder“, fuhr ich ihn an. Doch Juka lachte nur.

„Genau. Luki, wir wissen beide, dass ich nicht ohne Grund hier bin.“

„Dann verrate mir doch, weshalb du hier bist?“

„Weil ich dich liebe.“

Bähm! Das saß und damit hatte mich Juka genau da, wo er mich haben wollte, denn es stimmte. Und aus keinem anderen Grund hatte ich ihn sehen wollen. Er fehlte mir noch immer und auch Selene schien das nicht ersetzen zu können. Ich war ein hoffnungsloser Fall.

„Schön! Ich dich aber nicht mehr!“

Juka sagte eine Weile nichts.

„Das könnte ich dir nicht verübeln, wenn es stimmen würde. Ich habe viel über uns nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht ohne

einander sein können, aber noch weniger funktioniert es miteinander. Ich würde dich gern bändigen, kann es jedoch nicht und du würdest gern mit mir zusammen sein, wenn ich dir deine Freiräume lassen könnte. Ich musste zu spät lernen, dass ich dich nie besitzen kann Lukas. Unsere Liebe ist verdammt und du hast Recht, es kann niemals funktionieren. Das wird uns beide irgendwann zerstören und vielleicht war dein Traum gar nicht so unrealistisch. Nicht, dass ich mich nach dem Selbstmord sehne, aber es ist egal, wie weit wir voneinander getrennt sind, einer von uns beiden wird immer nachgeben, solange es den anderen gibt.“

Das war das traurigste, was ich jemals gehört hatte und mir liefen die Tränen. Sollte das also meine verkorkste Liebesgeschichte sein? War ich wirklich dazu verdammt jemanden zu lieben, den ich niemals haben konnte? Und ich hatte schon gedacht, das schlimmste lag hinter mir. Doch das übertraf alles, sogar meinen Traum. Juka hätte ebenso sagen können, verschwinde aus meinem Leben. Doch hatte ich das nicht gewollt?

„Juka...warum sagst du sowas? Das ist schlimmer, als in jedem Hollywoodliebesdrama. Vielleicht sollten wir unsere Geschichte auch verfilmen lassen, sicher werden wir damit steinreich und ich bekomme doch noch meinen wohlverdienten Rockstardrogentod.“

„Das kannst du gut, dich vor dir selbst verstecken und ja keine Gefühle zeigen. Wenn es das ist, was du willst, gerne. Ich halte dich nicht auf. Ein brillanter Rockstar bist du ja mittlerweile und deine Fans liegen dir zu Füßen, gratuliere.“

„Ich muss mich nich vor mir selbst verstecken, was soll der Schwachsinn. Ich komme gut klar und um auf das Thema zurückzukommen. Und wenn du glaubst, du erträgst meine Anwesenheit nich, dann geh doch...stürze dich von der nächsten Brücke oder was weiß ich. Dann habe ich meine Ruhe.“

„Gut, wie der Herr wünscht.“

Juka stand auf, ging in die Küche und holte sich mein großes Gemüsemesser.

„Dann möchte ich aber wenigstens einen Zuschauer haben.“

Okay, jetzt wurde die Sache ziemlich ernst. Doch Juka würde sich nicht umbringen, das hatte er eben selbst gesagt, also ließ ich ihn machen. Aber dann auf einmal setzte er das Messer an und wollte es sich in den Bauch rammen. Ich schlug ihm das Messer aus der Hand und es schepperte klirrend zu Boden. Allerdings hatte ich mir eine heftige Schnittwunde zugezogen.

„Bist du völlig bescheuert?“, schrie ich ihn an und schnappte das Wischtuch um meine Blutung zu stillen. Jetzt heulten wir beide.

„Ich wollte nur wissen, ob du mich wirklich rettest...tut mir leid, aber anders konnte ich dich nicht aus der Reserve locken. Gibst du zu, dass du mich noch liebst?“

„Natürlich tue ich das noch du verdammter Idiot, aber ich hab keine Ahnung, wie es mit uns klappen soll...ja, du hast mit allem Recht, was du sagst und das bringt mich um Juka.“

„Süßer, ich sollte dich ins Krankenhaus fahren.“

Ich nickte und zog mir etwas an. Erst jetzt spürte ich den pochenden Schmerz und musste die Zähne zusammenbeißen. Juka fuhr schnell und in wurde auch sofort in der Notaufnahme behandelt. Zum Glück fragte keiner wie dieser dämliche Unfall zustande gekommen war. Der Arzt gab mir noch Schmerzmittel mit.

Zu Hause verkroch ich mich in mein Bett. Juka legte sich neben mich.

„Du Juka, meinst du wir können irgendwie wieder Freunde sein? Ich meine wenn es anders schon nich klappt. Ich möchte nich, dass du ganz aus meinem Leben verschwindest.“

„Wir können es versuchen, aber ich kann dir nicht versprechen, dass es wieder so wird wie früher.“

„Das erwarte ich auch gar nich. Aber ein bisschen wäre schön.“

„Okay. Kann ich dich jetzt wieder allein lassen?“

„Ja, denke schon. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du dich nicht umbringst und mir Bescheid sagst, wenn du in deinem Bett liegst.“

Juka lachte und gab mir einen Kuss auf die Wange.

„Das mach ich, versprochen.“

Gerade als ich eine halbwegs bequeme Position gefunden hatte, in der meine Hand nicht ganz so schlimm weh tat, piepte mein Handy. Halb verpennt laß ich den Text.

Hey mein kleiner Chaot, ich bin jetzt angekommen und liege wieder im Bett. Wage es ja nicht mir nochmal einen solchen Schrecken einzujagen. Schlaf gut.

Ich lächelte und legte mein Handy wieder weg. Jetzt konnte ich geruhsam schlafen



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