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Keine Geheimnisse

Lance x Pidge
von

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Ein neuer Tag. Ein neuer Augenaufschlag. Das ein und das selbe Gefühl, doch ein paar neue Seufzer, bevor Pidge ihre Beine aus dem Bett schwang. Ein paar Sekunden schaute sie auf ihre Füße, ehe sie sich die Socken anzog und ins Bad schlurfte. Das alles hier war so zur Routine geworden, dass es schwer zu sagen war, ob sie ihren Gefühlen noch trauen konnte oder nicht. War denn überhaupt ein neuer Tag? Oder waren mehrere Tage vergangen? Monate? Wie viel Zeit verging wirklich, wenn sie einmal blinzelte? Sie wusste es nicht. Kein Kontakt zur Erde, sie waren nichtmal im selben Sternensystem. Das war jedoch nicht alles was ihr so zusetzte.

Es gab da mehrere Dinge. Sie wusste nicht wie es ihrer Familie ging, sie konnten jederzeit erneut angegriffen werden und noch vieles mehr.

Aber eines dieser Dinge passte Pidge auf einer ganz anderen Ebene nicht und es hatte lange gebraucht überhaupt darauf zu kommen, geschweige denn zu akzeptieren, dass es doch irgendwie in diese Richtung gehen könnte.

Denn: Verdammt! Sie war verliebt. Anscheinend.

Jeden Tag aufs neue, wenn sie diese schwere in der Brust verspürte, versuchte sie es gegenüber sich selbst zu rechtfertigen und diese Gefühle zu begründen. Sich zu beruhigen.

Das würde bestimmt nicht lange andauern, dachte sie sich. Das wäre nur so, weil sie hier im All quasi zusammen gefangen waren, das würde wieder verschwinden sobald Normalität eingekehren würde, sagte sie sich.

Aber es tat auch verdammt weh daran zu denken, dass diese Zeit hier, so schwierig sie auch war, bald vorbei sein könnte.
 

So nah hatte sie noch keinem gestanden, abgesehen von ihrer Familie. Die Schüler damals hatten sie nicht gut behandelt, nicht weil sie temperamentvoll war, sondern weil sie so viel wusste. Warum auch immer das so verpönt war. Streber, Nerd. Hätte sie die Brille eher getragen, vermutlich noch Brillenschlange.

Wie war es Matt damals ergangen? Er hatte sich nie über soetwas beschwert, nicht bei ihr zumindest. Und sie selbst versuchte auch es Zuhause eher für sich zu behalten. Aber ihre Eltern hatten natürlich bemerkt, dass sie nie Jemanden Nachhause brachte. Oder Jemanden besuchen wollte, überhaupt viel über Jemanden sprach. Wie sie sich verhielt und vorallem wie sie sich zurück zog. Dafür konnte sie sich besser auf ihr Ziel konzentrieren, und dieses war der Garrison beizutreten, so wie ihr großer Bruder!

Es war noch schwieriger gewesen, nachdem Matt ausgezogen war. Und als er verschwunden war, begann diese Geschichte hier.

Ja, sie hatte nach ihrem Bruder gesucht, aber dass sie wenig später hier wirklich im All herumreisen würde und einen grünen Löwen steuerte, der zum größten Verteidiger des Universums gehörte? Irgendetwas sagte ihr, dass sie dafür auf der Erde nicht nur Anerkennung und Dankbarkeit gezeigt bekommen würde, selbst wenn sie es schaffen sollten, das Universum zu retten. Doch die wollte sie auch nicht. Sie hoffte lediglich, dass sie das schaffen würden und der Druck auf den Schultern zumindest reduziert werden könnte.

Fertig angezogen betrat sie den Gemeinschaftsraum. Ihre Füße hatten sie allein dort hin geführt. Hunk und Lance saßen bereits dort und quatschten über irgendetwas, von der Tonlage her hörte es sich an wie irgendeine Prahlerei. Die Haut des Cubaners glänzte, vermutlich hatte er sich vorhin noch eine seiner Hautmasken draufgeklatscht. So eine hatte er ihr auch mal andrehen wollen, aber sie hatte sich geweigert. Dieses schleimige Gefühl im Gesicht und dann musste man ständig aufpassen, dass man es nicht vergaß, sonst kratzte man sich ja noch an der Nase oder rieb sich das Auge und dann hatte man den Salat. Ihr Geduldsfaden spannte schon, wenn sie nur daran dachte!

"Hey, Jungs.", begrüßte sie ihre Freunde und setzte sich neben Lance. Sie grüßten freudig zurück und luden sie auch gleich in ihr Gespräch ein.

Es ging um Allura. Hunk und Pidge zogen Lance zwar andauernd mit der Sache auf, aber seit geraumer Zeit schien es so, als würde Allura sich ihm ebenfalls annähern. Und es tat weh. Aber es freute sie auch. Es sollte sie freuen, wenn ihre besten Freunde glücklich miteinander werden würden.

Diese Gedanken begleiteten sie wieder und wieder, wie in einer Dauerschleife.

"Ich freue mich für die beiden.", flüsterte sie ab und zu vor dem schlafen gehen leise. Manchmal recht gefasst. Andere male unter Tränen, da dieser Zwiespalt in dieser Situation kaum zu ertragen war.
 

Auch Monate später. Es war so weit, ein Tag vor dem sie sich gefürchtet hatte.

Sie waren wieder auf der Erde und auch wenn vieles aufgebaut werden musste, gab es hier und da Gegenden in denen man einkaufen konnte.

Zusammen waren sie auf der Suche nach einem geeigneten Outfit für ein Date mit Lance.

Allura, Rizavi, Romelle und sie selbst. Ausgerechnet sie.

Nie hatte sie sich um ihre Klamotten geschert und sie hasste es auch dafür shoppen zu gehen. Es reichte, wenn es gemütlich war und vorallem nicht im Weg.

Eigentlich hatte sie dem hier auch nicht gerade mit Freudensprüngen zugestimmt, es handelte sich auch nicht um ihr eigenes Date. An sich war das nun auch kein Anlass um shoppen zu gehen, aber sie wurde gefragt. Selbst ihre Mutter hatte es mit einem Lachen kommentiert und auch wenn dies für Spannung gesorgt hatte, musste sie ihr am Ende doch recht geben. Sie war dafür einfach nicht geschaffen.

Tatsächlich würde dies zwischen Allura und Lance passieren und der Gedanke daran war beinahe unerträglich. Aber sie wollte das Beste für die beiden. Sie hatten alle so viel schreckliches erlebt, sie verdienten dieses Glück einfach. Und es war nicht das erste mal, dass sich ihr Herz anfühlte, als würde es in tausende Teile zerbersten.

Es hatte sich nicht geändert. Leider nicht. Sie hatte sich gewünscht, dass sich ihre Gefühle auf der Erde ändern würden. Aber es war so vieles passiert, viel zu vieles. Es kam ihr so vor, als würde dieses Gefühl nie versiegen. Diese Liebe, die viele so lobten, tat ihr weh. Nur weh. Auch wenn es schön war in seiner Nähe zu sein, aber es war bitter. Sie konnte nichteinmal wirklich sauer sein, auch nicht auf ihn, wenn er sie wieder so dämlich anlachte, sie an sich heran zog und unbedingt Zeit mit ihr verbringen wollte. Ganz unschuldig, als Freunde.

Nun hielt sie das Spiel in der Hand, welches über das neue Outfit ihrer Freundin entscheiden sollte.

Sie könnte es auch allein spielen, aber sie hatte dieses Spiel nicht nur für sich haben wollen. Pidge wollte damit Lance überraschen. Mit ihm spielen. So wie immer, sie hätten schon Zeit gefunden hier auf der Erde. Aber es sollte vielleicht nicht so sein.

Vielleicht war das ab jetzt fehl am Platz. Es war vielleicht ein Zeichen dafür, dass sie aufhören sollte, sich an ihm fest zu halten. Erst dann würden vielleicht auch ihre Gefühle verschwinden.

Schwer schluckte sie, ehe sie das Spiel her gab. Sie verkniff es sich zu weinen und schluckte ihre bitteren Gefühle fürs erste runter, während sie von Allura umarmt wurde. Das war es wert.

Sie würde wunderschön darin aussehen und dieses Lächeln.. ja. Das war es Wert. Sie würden glücklich sein, das wusste sie. Auch wenn es bedeutete, dass sie sich zurück ziehen musste.
 

Doch hätte sie nie gedacht, dass es doch so ausgehen würde. Allura war im finalen Kampf von ihnen gegangen. Sie hatten sich noch verabschieden können. Und natürlich litt nicht nur Lance darunter, auch alle anderen. Nicht eine Sekunde lang hatte sie wegen dieser Sache schlecht von Allura gedacht. Sie hatte sich bemüht sie aufzuheitern und sie glücklich zu machen, doch es hatte wohl nie gereicht. Es schien ganz so als wäre es wirklich der einzige Ausweg gewesen um sie alle zu retten. Sie hatte so ein großes Opfer gebracht. Allura war eine tolle Person gewesen. Sie hatte so viel auf sich genommen und ihnen geholfen. Wenn sie nicht auf Allura getroffen wären, hätten sie niemals das ganze Universum retten können. Sie wären alle drauf gegangen. Wären sich nie so nahe gekommen. Hätten nie ihre Familie wieder zusammen gebracht.. Es war einerseits schön zu wissen, dass sie nun bei ihrer Familie war, endlich, nach all der einsamen Zeit. Das hatte Allura immer gefehlt. Es musste schrecklich gewesen sein nach so langer Zeit aufzuwachen und realisieren zu müssen, dass die doch so frischen Erinnerungen schon so lange her waren. Und doch fehlte sie hier, als Freundin. Sie war die erste weibliche Freundin gewesen die sie hatte. Eine richtige. Und auch wenn sie so wunderschön war und so stark, hatte sie nie auf sie herab gesehen. Pidge wurde einfach akzeptiert, auch als sie sich noch vorgegeben hatte ein Junge zu sein. So eine Person würde sie vermutlich nie wieder finden. Aber sie würde immer in ihrem Herzen bleiben.

Die Braunhaarige tat sich schwer damit los zu lassen, aber sie musste es akzeptieren. Im Grunde war ihre Freundin doch immernoch bei ihnen. Bei allen.

Nun trafen sie sich jedes Jahr um gemeinsam an Allura zu denken. Und was tat sie sonst in der Zeit?

Auch wenn die Löwen nicht mehr da waren, wollte sie sich um die nächste Generation der Verteidiger des Universums kümmern. Jetzt war es ruhig, ja.

Aber was, wenn wieder irgendwann eine Bedrohung auftauchte? Die Menschheit durfte nicht so blind bleiben wie sie es vorher war, Aliens verleugnen und überhaupt das Leben im All ignorieren. Sie hatten vorher keine Ahnung gehabt, aber spätetestens jetzt wurde es Zeit zu lernen. Voneinander und Miteinander.

Es war ein gutes Mittel sich in irgendetwas zu stürzen, ohne dass es sonderlich auffiel. Sie wollte Lance und Allura nicht vergessen, aber die Distanz hatte ihr gut getan. So glaubte sie.
 

Es war mittlerweile Sommer und brühend heiß draußen. Selbst Matt hatte ein wenig Sonnenbräune abbekommen, Pidge selbst jedoch war noch immer blass wie ein Toastbrot. Ungetoasted natürlich. Es war aber auch kein Wunder, da sie sich ständig in der Halle aufhielt um an ihrem Roboter und an anderen Dingen herumzuschrauben.

Anders als vorher verstand sie sich nun mit mehreren hier gut. Es war ganz in Ordnung. Und auch wenn sie sich endlich befreiter fühlte, so kam es ihr vor als würde ihr etwas fehlen. Wie als hätte sie ein Puzzle angefangen und es nie beenden können, weil das letzte Teil nicht auffindbar war.

Immer wieder dachte sie darüber nach, steckte ihren Kopf jedoch nur mehr in ihre Arbeit, fast so als hätte sie angst vor der Antwort. Angst davor sie bereits zu kennen.

Aber es war nicht so und es würde nicht so sein, dazu ging es ihr doch nun viel zu gut. Der Erde ging es gut, den anderen ging es gut... Alles war gut.

Gerade hob Pidge ihren Kopf um einmal durchatmen zu können. Anstatt die öde Decke der Halle, hatte sie jedoch plötzlich eine Hand vor Augen und darüber die Unterseite eines Tellers.

"Wie kommst du voran?", fragte Matt, der seine Hand wieder zurück zog und sich gegen den Tisch lehnte, an dem seine Schwester arbeitete.

Er erhielt keine Antwort, was nicht nur daran lag, dass sie überrascht war. Auch realisierte sie, dass sie bis eben doch wieder verbissen irgendwelchen Gedanken hinterhergejagt war und ihr somit auch nicht bewusst war, was sie die letzten Minuten getan hatte.

"Du solltest endlich Pause machen.", sagte Matt und stellte ihr auch demonstrativ den Teller vor die Nase.

"Vielleicht sogar mehr als das. Eine Auszeit vielleicht. Raus aus dieser Halle."

Endlich regte sich Pidge. Matt hatte ihr diesen Kuchen gebracht, so wie damals. Sie erinnerte sich, obwohl es schon so lange her war. Es war der Tag an dem er ihr erzählt hatte, dass er bei der Garrisson angenommen wurde.

"Ich kann nicht einfach mitten im Projekt aufhören zu arbeiten, ich mache eine Pause wenn es fertig ist."

"Und wann ungefähr wird es fertig sein?"

Pidge sah etwas betroffen zur Seite.

"Na jedenfalls.. Ess den Kuchen. Ich habe einen Brief für dich, er ist von Lance.", fuhr Matt ein wenig skeptisch fort und zog den besagten Brief aus seiner Brusttasche. Da er dadurch etwas zerknittert war, strich er ihn schnell so glatt wie möglich und überreichte ihn ihr.
 

Ebenfalls skeptisch, wenn auch auf eine andere Art und Weise schaute Pidge auf den Umschlag. Ein Brief? Von Lance? Das war ziemlich ungewöhnlich. Er hätte auch einfach eine Nachricht-...

Shit.

Wann hatte sie das letzte mal ihre Nachrichten gecheckt?! Sofort kam Nervosität auf und sie hoffte inständig, dass nichts schlimmes passiert war.

Sofort öffnete sie den Brief und las ihn.

"Hey Pidge, ich hoffe es ist alles okay bei dir. Ich habe lang nichts mehr von dir gehört, aber als ich letztens bei euch Zuhause angerufen habe meinte dein Vater es ginge dir gut, du wärst nur beschäftigt. Weil du keine Zeit für Emails hast, schicke ich dir einen Brief. Mit Papier, also voll oldschool. Sorry also wenn's nicht passen sollte, aber das MUSST du erleben! Kaltenecker bekommt bald ihr Kalb und weil wir sie zusammen adoptiert haben dachte ich, dass sie sich freuen würde, wenn du dabei wärst. Und ich auch. Wir könnten dem Kalb zusammen einen echt coolen Namen geben, also meld dich, sobald du wieder Zeit hast, damit wir es zusammen kuhlibrieren können! Falls du länger bleibst, wir haben hier genug Platz für dich!

Nur die besten Grüße, dein Sharpshooter Lance"

Darunter befand sich noch ein gekritzeltes Bild von Kaltenecker wie sie die Worte: 'Ich hab dich soooo lieb!', muhte und ein Foto von ihr mit Lance, das offensichtlich von Jemand anderem geschossen wurde, da er sich darauf konzentriert um die Kuh zu kümmern schien.

Ach verdammt, es ging ihr doch so gut und jetzt...

"kulibrieren, huh? Er ist ja ein richtiger Künstler.", prustete Matt und zerstörte dabei ihre wehmütige Stimmung.

"Hör auf mit zu lesen! Der ist für mich!", fauchte sie und faltete den Brief wieder zusammen.

"Ich wusste es sowieso schon. Bevor ich dir den Brief gegeben habe, hab ich gesehen, dass er mir auch eine Email geschrieben hat. Für den Fall, dass der Brief nicht ankommen sollte, anscheinend hat Dad ihm meine E-Mail Adresse gegeben..", murmelte er ein wenig genervt.

"Deswegen hast du also gesagt ich soll eine Pause machen?", fragte Pidge verwundert.

"Eigentlich nicht, aber es passt doch recht gut zusammen, also wäre es eine gute Gelegenheit. Ich bin mir sicher, dass er dazu fähig ist dich mal auf gute Gedanken zu bringen. Ihr habt euch ja auch damals schon gut verstanden und hey, es geht um-", er überlegte wie er es am besten Ausdrücken könnte.

"Um euren Enkel?", beendete er den Satz schließlich eher fragend und zuckte mit den Schultern.

"Ich lasse es mir durch den Kopf gehen. Wenn ich nachher fertig bin antworte ich ihm."

"Okay, aber vergiss es nicht."
 

Es war bereits wieder angestrengtes tippen zu hören, da sich die Braunhaarige zurück zum Laptop gedreht hatte. Matt schmunzelte und kratzte sich etwas unbeholfen an der Wange über die Narbe. Er hatte es doch in ihrem Gesicht gesehen. Dieser Lance war ein merkwürdiger und trotteliger Typ, aber er hatte bewiesen, dass er es drauf hatte. Und Katie empfand etwas für ihn, was sie für die anderen nicht empfand. Das bemerkte er doch. Es war merkwürdig seine Schwester so zu erleben, auch nach all der Zeit.

Da seine Arbeit hier fürs erste getan war, beschloss er seiner Androiden-Freundin einne Besuch abzustatten.

Wenig später öffnete sich die Hallentür wieder.

"Katie, Lance hat angerufen-", sprach Sam, der jedoch schon unterbrochen wurde.

"Ist ja schon gut, ich gehe ja schon!!!", brüllte sie und klappte den Laptop zu.

Völlig perplex blieb er vor ihr stehen. Ihm fehlten die Worte.

"Tut mir leid, ich wollte nicht-.. Matt war gerade schon hier und hat mir bescheid gesagt. Ich denke ich werde gehen."

Sam seufzte und trat hinter ihr an den Stuhl, legte die Hände auf ihre Schultern.

Auch er merkte, dass sie völlig durch den Wind war. Anscheinend erkannte sie nun auch, dass es besser wäre sich eine Auszeit zu nehmen. Es bestand keine Hektik und nichts großes stand an und dennoch verbrachte sie jeden Tag hier und hang sich in ihre Arbeit hinein, schon seit Monaten. Seit dem finalen Kampf vor zwei Jahren hatte sich so einiges verändert.

"Es wird dir sicher gut tun. Du kannst deiner Mutter ein paar Blumen mitbringen, wenn du wieder zurück bist.", schlug er mit einem Lächeln vor.

"Und vielleicht fährst du dann auch nicht mehr so schnell aus der Haut."

"Ich sagte doch, tut mir leid!", sagte Pidge erneut und lehnte ihren Kopf zurück. Dabei schloss sie die Augen und genoss die kurze Massage an den Schultern.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie sich nicht nur vor sich selbst versteckt hatte, sondern auch vor ihrer Familie. Sie wusste nicht einmal was für ein Tag heute war und das war alles andere was sie eigentlich mit der Rettung des Universums geplant hatte.

Sie wollte diese Zeit doch mit ihren Liebsten verbringen und was tat sie nun? In einer Halle hocken und an einem Roboter und anderen Sachen herumbasteln.

Sie musste aufhören zu Jammern und sich ihren Gefühlen stellen! So wie sie sich Zarkon damals gestellt hatten!

Ohne es zu wollen hatte sie sich selbst hängen lassen.

So wie jetzt konnte es jedenfalls nicht mehr weiter gehen, irgendeine Art von Normalität musste wieder zurückkehren und das kam nicht von allein.
 

Wie beschlossen hatte sie direkt ihre Koffer gepackt, als sie Zuhause angekommen war. Auch die ganzen Emails hatte sie noch gecheckt. Es waren mehrere gewesen, in denen Lance sich sogar Sorgen um sie gemacht hatte. Und dennoch hatte er nie wirklich aufgegeben ihr zu schreiben und ihr sogar einen Brief geschickt.

Schlussendlich antwortete sie ihm endlich, damit er sich auch nicht wunderte, wenn sie plötzlich vor der Tür stand. Denn die Reise wollte sie so schnell wie möglich bestreiten, damit sie es sich nicht noch anders überlegte.

"Alles klar, wir freuen uns!", kam es nach nur wenigen Minuten zurück, als hätte er nur darauf gewartet. Pidge beschloss ihre Nachrichten auf dem Handy wieder zu aktivieren, damit ihr nicht noch mehr entging. Vor ein paar Monaten hatte ihr Kopf so sehr geraucht, dass sie das ganze nicht mehr sehen und hören konnte. Sie hatte sich auf ihre Arbeit konzentrieren wollen und vorallem kam es ihr so vor, als würde jeden Tag ein neues Paar erscheinen!

Von ihrem Bruder und N-7 wusste er, eine Hochzeit stand auch noch bevor, Hunk und Shay hatten es auch geschafft, endlich. Selbst Leifsdottir und Kinkade hatten mehr oder weniger freiwillig bekannt gegeben, dass sie nun ein Paar waren. Sie freute sich für sie alle, aber gleichzeitig konfrontierte es sie mit der Frage, was eines Tages aus ihr werden würde. Alle lebten sie weiter, bauten sich etwas auf. Und eigentlich tat sie das auch. Aber war es wirklich der Weg ihres Glückes? Es war sogar teilweise so, wie es einige erwarteten.

Kinderlos, höchstens ein Roboter-Kind, irgendwann noch ein Roboter-Hund und trotzdem irgendwie glücklich.

Oft hatte sie schon gehört: "Ich kann mir eh nicht vorstellen, dass du mal einen Freund hast."

Oder auch: "Die Männer rennen alle vor dir weg, bei deinem Temperament."

Und dass sie Kinder hasste, stimmte überhaupt nicht. Sie mochte es nicht sonderlich Zeit mit ihnen zu verbringen, weil sie meist noch weniger verstanden als die anderen um sie herum so schon. Außerdem konnten Kinder echt grausam sein, tatschten alles an, schmierten alles voll.. Nun gut, das Bild das sie von Kindern hatte war nicht gerade positiv. Aber damals auf Olkarion oder auf anderen Planeten und auch nach dem letzten Kampf hier auf dem Planeten hatte sie Kinder erlebt, mit denen sie sich sogar gut verstanden hatte. Es war nicht ihr Wunsch Nummer 1 irgendwann Kinder zu haben. Es wäre schön einfach, wenn sie die Familie Holt weiter führen könnte, eines Tages. Sie liebte ihre Familie. Und sie war sich auch sicher, dass sie ihre Familie in der Zukunft lieben würde, sollte es eine geben. Aber es hatte keine Eile. Besonders spielte auch Zeit eine große Rolle und so oder so fehlte ihr dazu ein Partner. Es störte sie nur, dass Leute es für selbstverständlich hielten, dass sie wegen ihrer Art und ihrer Arbeit irgendwann einsam sterben würde und das obwohl ihr Familie so wichtig war. Als sie jünger war, hatte sie es selbst so gesehen. Sie und eine eigene Familie? Pah. Aber je älter sie wurde, desto mehr dachte Pidge darüber nach und hinterfragte ihren aktuellen Lebensstil.
 

Am nächsten Tag verabschiedete sie sich von ihrer Familie und einigen Kollegen, die aufgrunddessen völlig verwirrt waren. Pidge hatte überhaupt nicht erwähnt, dass sie gehen würde und als sie sagte, dass es eine spontane Entscheidung war, verstanden sie noch weniger. Trotz allem wünschten sie ihr viel spaß und versprachen ihr hier die Stellung zu halten.

Bereits auf dem Weg zur Farm fragte sie sich, warum sie das ganze nun eigentlich tat. Andererseits war doch überhaupt nichts dabei. Sie würde nur den Typen wiedersehen, mit dem sie zusammen auf die Garrison ging, als sie sich noch als Junge ausgegeben hatte. Und mit dem sie im All war um das Universum zu retten. In den sie verliebt war, bis heute wie es schien. Denn ihr Herz spielte die gleiche Musik wie damals.

Wie komisch konnte denn das schon werden?

Und was hatte sie sich dabei gedacht, ein paar Tage auf einer Farm leben zu wollen?! Das schoss ihr durch den Kopf als sie die ländliche Aussicht für eine Weile beobachetet hatte und am liebsten würde sie gleich wieder umdrehen.

Dieses Gefühl verschwand, als sie ankam und wirklich herzlich von Lance's Familie begrüßt wurde. Fast alle waren da, aber es fiel auch auf, dass Lance nicht hier war. Sie musste gar nicht fragen, da wurde es ihr schon erklärt.

"Lance hilft der Kuh, das Kalb wollte anscheinend unbedingt raus. Komm, wir nehmen dir etwas Gepäck ab, du hast ja auch wirklich viel dabei. Aber das ist gut so, du kannst von uns aus auch Monate bleiben, Lance war wirklich außer sich, als er gehört hat, dass du hier her kommst. Es ist schön, dass wir die Chance haben, dich endlich etwas besser kennen zu lernen, wir haben nämlich schon viel von dir gehört.", kam es von seiner Mutter.

Pidge schluckte und musste das ersteinmal registrieren.

"Danke, ich freue mich auch euch alle kennen zu lernen.", antwortete sie und versuchte nicht all zu verlegen zu sein, als Marco ihr gleich ein paar Sachen abnahm. Natürlich hatte sie ihren Laptop und ein paar Sachen mitgenommen und so viel hatte sie eigentlich auch nicht dabei, wenn man diesen Kram vom eigentlichen Gepäck abzog.

Trotzdem sie eigentlich noch immer Fremd war, behandelten sie sie hier einfach als wäre sie ein Mitglied der Familie, das nach langer Zeit wieder aufgetaucht wäre. Alles war grün und blühte, es strahlte förmlich und umschlang sie mit Wärme.

Nach all der Zeit in der kühlen Halle war das alles hier wie eine ganz andere Welt, zumal es in der Stadt leider auch nicht so viel grün gab. Die Juniberry's hatten sich vermehrt und erstreckten sich über ein paar Hügel. Bestimmt sah Allura es von dort oben. Oder spürte es zumindest.

Und Pidge hoffte, dass sie sich über die Liebe und die Mühe freute, die Lance dafür eingesetzt hatte.
 

"Hey, Pidge!!", rief dieser plötzlich und kam ihnen entgegen gerannt.

"Lance, wasch dich gefälligst vorher!", motzte Veronica und verzog das Gesicht, als er blutverschmiert angelaufen kam, doch er ignorierte dies völlig.

"Es ist gerade da, als hätte es gewusst, dass du heute kommst! Und es ist ein gesunder Junge!!", brachte er aufgeregt hervor, total außer Atem und wedelte mit seinen Händen.

Seine blauen, alteanischen Markierungen auf den Wangen leuchteten förmlich als er näher kam.

Schlussendlich sah er wohl ein, dass er die Begrüßung so nicht durchziehen konnte und entschuldigte sich nocheinmal um duschen zu gehen.

Sofort fiel ihr sein Verhalten auf. Wie ausgewechselt. Sie war sich sicher, dass er noch trauerte, aber so freudestrahlend hatte sie ihn schon lange nicht mehr erlebt. Beinahe so wie ein kleiner Junge an Weihnachten.

Veronica schnalzte mit der Zunge, während die Mutter dem Gast die Hand auf den Rücken legte.

"Komm doch erstmal mit rein, sicher hast du Hunger und Durst nach der langen Reise.", sagte sie und führte sie mit sich.

"Sie müssen sich keine Umstände machen, ich kann auch einfach warten.", antwortete Pidge.

"Achwas, es ist schon fast fertig. Wir zeigen dir dein Zimmer, wenn du fertig bist kannst du gern dazu kommen.", sagte sie verständnisvoll und zeigte ihr kurz alles.

Als Pidge allein auf dem Zimmer war, musste sie ersteinmal durchatmen. Es kam so vieles aufeinmal und sie schaffte es kaum einen eigenen Gedanken zu fassen.

Aber genau das war auch irgendwo das Gute daran. Es erleichterte sie.

Während sie noch ausgepackt hatte, war auch Lance dazu gekommen.

Die ersten paar Minuten waren noch irgendwie merkwürdig. Aber als diese überstanden waren, war es fast so wie damals. Ihre Wangen taten ihr schon weh, weil sie so viel grinsen und lachen musste. Und als sie am Tisch saßen, schienen auch die Familienmitglieder erleichtert zu sein. Sie unterhielten sich ausgelassen und zogen Lance mit ein paar Geschichten auf die alle zum Lachen brachte.

Wenn sie es sich nicht eingebildet hatte, meinte sie sogar Tränen in den Augen der Mutter gesehen zu haben. Kaum hatten sie zuende gegessen, liefen sie schon hinaus auf die Wiese. Das Strahlen das Lance von sich gab war so ansteckend. Diese Begeisterung, diese Freude. All das. Das hatte ihr gefehlt.

Das kleine Kalb stand bereits auf allen vieren, zwar zittrig, aber recht selbstbewusst. Kaltenecker ließ ihren Sohn nicht aus den Augen, auch wenn sie sich selbst entspannt sonnte, nachdem der Kleine seine erste Milch getrunken hatte.

Es war so klein und niedlich. Es hatte ähnliche Flecken wie Kaltenecker, hatte aber mehr schwarz als weiß im Fell. Zudem besaß er nur einen schwarzen Fleck der sich um sein Auge zog, das andere war weiß.

"Für mich sieht es aus wie ein Benjamin.", sagte sie schließlich nach langer Überlegung. Sie hatten hier gestanden und ein paar Namen in die Runde geworfen. Sie waren auch schon so weit gewesen, dass sie Kaltenecker um eine Reaktion gebeten hatten, aber daraus wurde nichts. Seit geschlagenen 5 Minuten lehnte die frische Mutter schon ihren Kopf an den Gast und ließ sich streicheln. Lance hatte davon bereits Fotos geschossen.

"Benjamin passt! Wenn er größer wird ist er der Big Ben unter den Kühen!", behauptete Lance stolz.

"Du bist eine gute Kuh-Mutter Pidge. Wobei, jetzt bist du Kuh-Oma. Und du auch, Kaltenecker. Das hast du toll gemacht, du bist ein gutes Mädchen!", lobte er die Kuh und gab ihr einen Kuss auf den Kopf.

Nun, den Titel Kuhmutter zu erhalten war nichts schlechtes. Sie empfand es als etwas sehr schönes.

Und wenn sie Kaltenecker so betrachtete, hatte sie es von all den Lebenssituationen die auch sie durchmachen musste, hier am schönsten.
 

"Hey Pidge.. Katie.. also, Pidge.", kam es dann nach kurzer Stille von Lance, der sich total verhaspelte. Das war nicht mal das Problem.

"Hast du mich gerade Katie genannt?", fragte sie als traute sie ihren eigenen Ohren nicht. Vielleicht hatte sie zu lange in der Sonne gestanden.

"Ja, das ist dein Name, also..", er winkte schnell ab bevor es noch schlimmer wurde.

"Ich habe schon länger etwas hier. Aber irgendwie kam ich nie dazu dir davon zu erzählen.", sagte er und holte aus seiner kleinen Tragetasche ein Spiel hervor.

"Es ist das, das du damals eingetauscht hast, oder?", fragte er und hielt es ihr hin.

Pidge traf es wie ein Schlag. Er wusste davon?! Und wo hatte er es her?

"Romelle hatte mir einmal davon erzählt, als wir uns wiedergesehen haben. Ich wollte dir nur sagen.. also.. ich wollte dir dafür danken. Es war echt cool, was du getan hast."

Pidge hatte Probleme damit einen klaren Gedanken zu formen, während sie auf das Spiel starrte. Dann schaute sie langsam hoch zu Lance.

"Kein Ding. ich meine...ich habe getan, was getan werden musste. Und ich habe es gern getan."

Sie tat es ab, als wäre es wirklich kein großes Ding gewesen, auch wenn sie von all den Erinnerung nahezu überwältigt wurde.

"Es hat echt lang gedauert diesen Unilu-Händler zu finden! Und der war echt schwer zu knacken, aber als er die Juniberry's gesehen hat, war er total aus dem Häuschen. Also habe ich ein paar Blumen gegen das Spiel gekauft. Ich habe sie zwar nicht dafür gepflanzt, aber wenn sie so in Umlauf geraten und sich auf der Erde ausbreiten können hätte es auch etwas gutes.", erklärte der Braunhaarige optimistisch.

"Aber wieso gerade das? Du hättest es doch bestimmt auch woanders her bekommen. Es ist doch fast alles wieder aufgebaut."

Lance zuckte mit den Schultern.
 

"Ich weiß auch nicht. Es war mir irgendwie wichtig, dass es genau das ist.", sagte er verlegen und rieb sich den Hinterkopf. Auch wenn er nicht so aussah und auch nicht den Anschein erweckte, so hatte auch er durchaus seine eigenen, tiefgründigen Gedanken.

"Danke.", erwiderte Pidge. Es war kaum mehr als ein Hauchen.

Sekunden vergingen in denen keiner etwas sagte. Die Markierungen auf Lance's Wangen leuchteten plötzlich auf.

Beide sahen in den Himmel, doch dort war nichts auffälliges zu entdecken.

Und doch führte Lance seine Hand an seine Wange und lächelte dankbar, nachdem er seine Augen geschlossen hatte und atmete einmal tief ein und aus.

"Ist es dir eigentlich unangenehm, wenn ich Katie zu dir sage?"

Perplex beschloss Pidge einfach auf die Frage einzugehen, anstatt weiter zu schweigen.

"Nein, ich denke nicht. Es ist nur ungewohnt."

Lance nickte.

"Dann nenne ich dich von nun an so."

Skeptisch zog sie die Augenbrauen zusammen.

"Wieso denn das aufeinmal?", fragte sie und folgte ihrem Freund, der bereits zurück Richtung Haus ging.

"Weil es dein richtiger Name ist. Pidge ist auch irgendwie dein Name und Katie und Pidge sind die selbe Person, aber.. ich weiß nicht. Ich hab das Bedürfnis dich Katie zu nennen. Es ist einfach so. Es bist einfach du. Jetzt und hier. Außerdem war es auch dein Deckname, also ist es ein Geheimnis gewesen. Und was haben wir damals gesagt? Keine Geheimnisse!"

Keine Geheimnisse. Er hatte recht.

Und dennoch hatte sie gerade soetwas wichtiges für sich behalten. Es war nicht einfach Jemandem soetwas zu sagen, besonders wenn man Angst hatte, dass man damit die Freundschaft gefährden könnte. Das ganze Team hätte darunter gelitten. Doch rückblickend wurde ihr bewusst, dass es auch auf diese Weise ordentlich in die Hose hätte gehen können. Liebe war eben kein einfaches Gefühl. Es war nicht zu bändigen und auch nicht zu unterschätzen.

Etwas nervös strich sie sich eine Strähne aus dem Gesicht, hob dann aber selbstbewusst den Kopf und grinste ihm zu.

"Also gut. Wenn du mich bei dem Spiel schlägst, verrate ich dir noch ein Geheimnis.", sagte sie und boxte ihm gegen den Oberarm.

Lance hielt sich die Stelle und zog eine Schnute.

"Das schaffe ich doch mit Links! Aber ich habe auch etwas, das ich setzen kann, also mach dich auf etwas gefasst.", versprach er ihr mit einem Zwinkern und einem unsicheren Grinsen welches von den rötlichen Wangen betont wurde.

Ein Wettkampf wurde zwischen ihnen entfacht und auch wenn es ein Spiel war, ging es für beide um alles oder nichts. Denn es ging um viel mehr, als nur das Spiel.

Es ging um sie beide.



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