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Bei dir!

von

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Bei dir!

"FICK DICH!"...

"Halt deine verdammte Schnauze!"...

"Verfickte Scheiße! Was geht dich denn das an?" ...

"Geh doch sterben!"...

"IST MIR DOCH SCHEIß EGAL!!" ...

Die Türe knallt hinter mir laut ins Schloss und die eisige Kälte empfängt mich schlagartig. Ich spüre wie sie mich umhüllt, doch sie dringt nicht ganz zu mir durch, denn ich trage seine Jacke: seine Wärme, seine Hoffnung, sein Mut, seine Kraft, seine Stärke und Ausdauer auf meiner Haut. Ich trage ein Teil von seiner Liebe ... Und dennoch bin ich auch erhitzt von dieser verfickten Scheiße. "FUCK!", ich trete mit Anlauf aufgebracht gegen eine eingeschneite Mülltonne. Sie fällt krachend um, während ich mir nervös durch die Haare fahre. Ich muss hier weg! So schnell wie möglich, ansonsten drehe ich hier gleich völlig durch! Ich drehe mich um und fange an zu rennen. Der Neuschnee knirscht unter meinen Schuhen und die nächtliche Stille wird außer dem nur noch von meinem kurzen Atemstößen unterbrochen. Der leichte Schneefall glitzert im schwachen Licht des Mondes und der vereinzelten Straßenlampen. Trügerisch schön und erschreckend gefährlich, genau wie das Leben. Keuchend erreiche ich die Straßenbahnstation. Und kaum bleibe ich stehen, verwandelt sich mein Atem in kleine Luftwolken, die mir die Sicht erschweren. Doch ich brauche gar nicht auf den Plan schauen, die nächste S-Bahn kommt gleich, denn es ist die letzte, kurz vor Mitternacht. Ich kratze mir das Pflaster von der Nase. Ohne siehts weniger beschissener aus. Die Reste des Pflasters werfe ich achtlos in den Schnee, als die Bahn laut ruckelnd ankommt. Schnell steige ich in den letzten Wagon ein. Die Fahrt dauert nur knapp 10 Minuten und falls tatsächlich mal ein Kontrolleur kommen sollte, bin ich schon längst wieder raus bevor er hier hinter kommt. Ich lasse mich auf einen Sitzplatz sacken und genieße die stickige Wärme die mich umschließt, während ich die wenigen, aber stechenden Blicke, ignoriere. Ich weiß selber das ich verfickt scheiße aussehe! Doch ich reiße mich zusammen und hole stattdessen mein Handy aus der zerfetzten Hosentasche. Ein Wunder das das Scheißteil noch funktioniert, mit all den Rissen und Kratzern. Und zerre danach schwerfällig meine Kopfhörer aus der anderen Hosentasche. Funktionieren zwar nur noch auf einem Hörer und sind dreckig as Fuck, aber im Endeffekt funktioniert beides irgendwie und wenn man's so betrachtet passt es perfekt zu mir. Ich schließe meine Augen, sobald die Musik anfängt zu laufen. Ein Ruck durchfährt die alte Bahn und die Fahrt beginnt ...
 

-Immer auf die Fresse, immer alle beleidigen, immer einen auf hart tun, immer alles einfach ab tun. Ja, da ist meine Taktik, mein Weg mit Problemen und Menschen auf dieser scheiß Welt fertig zu werden. Aber das bin eben ich oder ich tue jedenfalls so. Denn
 

ich bin ein bisschen kompliziert.

Ich hab nie so richtig funktioniert.
 

Immer eine Auseinandersetzung, eine Streiterei, eine Schlägerei nach der Anderen. Ein absolut verkackter Lebensstil mit vielen Ecken und Kanten, blauen Augen, Verletzungen ohne Ende, Verweisen und harten Konsequenzen. Aber ich kann es einfach nicht lassen.
 

Ich bin defekt, so oft mit Menschen kollidiert.

Und im Endeffekt ist alles ständig eskaliert.
 

Aber das ist mir doch scheiß egal, ich mache weiter. Kann mein großkotziges Maul einfach nicht halten. Provoziere weiter, lache weiter. Lache weiter aus und denke das ich der Größte bin, obwohl ich in mir tief drinn genau weiß, dass ich ganz unten bin. Aber ich kann oder will es besser gesagt nicht wahr haben. Also verdrängte ich es, überspiele es, ignoriere es. Tu so als ob ich keine Schwächen hätte, als ob ich schon immer so hart im nehmen war. Obwohl ich schon bei Kleinigkeiten ausrasten könnte, einfach die Kontrolle verlieren und losheulen könnte. Und
 

ich sage dauernd dumme Sachen, aber halte mich für schlau.

Ich kann kaum laufen, aber sieh mal wie ich tanz',

Unsicherheit überspielt mit Arroganz.
 

Denn ich bin schlecht, idiotisch, einfach nur überheblich, absolut talentfrei und verdammt asozial. Ein Fick auf alles geben, kann ich als einzigstes wirklich gut. Auf die Schule die meiste Zeit geschissen, lieber geschwänzt. Meine Familie, meine Freunde alles hingeschmissen, obwohl sie sich so an mich geklammert haben. Aber ich habe es nicht hingekriegt sie zu halten. So krampfhaft ich es auch versucht habe. Ja,
 

ich war ein schlechter Schüler, schlechter Bruder, schlechter Freund.
 

Aber sollte auch nur einer meine angeknackste Persönlichkeit, bemengeln, kritisieren oder mich allein schon schief anschauen. Fühle ich mich angegriffen. Ja, dann plötzlich interessiert es mich was andere denken. Ich bin nachtragend, verdammt nachtragend und vergesse nichts so einfach. Aber wenn sie mich fürchten, Respekt zeigen oder wenigstens von mir ablassen, ist alles gut. Will einfach nur die Gewissheit, dass man mich irgendwie achtet.
 

Ich nehme Dinge zu persönlich, ich bin dauernd eingeschnappt.
 

Und es gibt Tiefphasen, verdammt tiefe und lange Tiefphasen. Depressionen, all dieser Scheiß überkommt mich manchmal und macht mich einfach nur fertig. Aber das fresse ich in mich hienein und mache allen möglichen Dreck um mich von meiner verfickten Lage abzulenken und es funktioniert. Meine Fassade bleibt aufrecht, denn
 

ich wollte immer unbedingt, dass alle denken,

es wäre mir egal, was alle denken.
 

Und ich wünschte ich könnte dann wenigstens stolz sein auf die Scheiße die ich gebaut habe, aber nein. Selbst mein Ego kratzt langsam aber sicher ab. Doch ich nehme keinerlei Hilfe an, denn diese Menschen die mir jetzt noch Hilfe anbieten würden, haben mich oft erst zu dem gemacht was ich bin. Mich in diese Scheiße reinreiten und dann freiwillig rausholen? Wer macht das? Niemad ohne etwas als kack Gegenleistung zu wollen.
 

Ich würde gerne sagen, ich habe nix bereut.

Aber das Leben ist kein Coco Chanel Zitat.

Ich hab der ganzen Welt gesagt, dass sie sich ficken soll.
 

Und versuche ich dann doch aus diesem verfickten Drecksloch rauszukriechen. Wenn ich versuchen will es besser zu machen. Geht alles schief, klappt nichts und ich stecke nur noch tiefer drin. Es ist wie ein verdammter Teufelskreislauf. Ich kann einfach nichts ordentliches anfangen, geschweige denn erfolgreich beenden. Ich bin ein hoffnungsloser Fall, in allem.
 

Alles endet im Desaster, was ich angefangen hab'.
 

Und die, die mir tatsächlich vom ganzen Herzen helfen wollen, die lasse ich auch nicht an mich ran. Denn ich habe Angst, will mich schützen. Ja, dieser verfickte Schutzmechanismus will mich vor anderen und die anderen vor mir selbst schützen. Denn manchmal weiß ich nicht mehr wer ich wirklich bin, denn ich habe Dinge getan und könnte es jederzeit wieder tun. So ist es einach nur schmerzhaft, aber irgendwann härtet man sich ab und sie sich damit auch. Denkt man zumindestens. Dabei schade ich ihnen einfach nur und verliere einen nach den anderen.
 

Ich hab es denen, die mich mögen, niemals einfach gemacht.

Dinge einfach gemacht, die man einfach nicht macht.
 

Und es ist ja nicht mal so als ob ich es nicht versucht habe, ja, habe sogar alles versucht und bin immer wieder gescheitert. Versprechen gemacht die ich von vorn herein nicht halten konnte, von Träumen gesprochen die nie erfüllt werden konnten, von Wünschen die ich als Tränen verabschiedet habe.
 

Doch bin ich bei dir ...

ist alles anders, alles inklusive mir!
 

Denn neben all diesem Scheiß in meinem abgefuckten Leben, gibt es noch dich! Der einzige der mich wirklich versteht, der einzige dem ich mich noch wirklich anvertrauen kann. Du bist mein verdammter Fels in der Brandung, meine Oase in der Einöde meines Lebens, mein einzigster Lichtstrahl und Hofgnugsschimmer. Du gibst mir Kraft und Mut. Ich kann mich bei dir öffnen, einfach so sein wie ich mich grade fühle. Ja, sobald ich in deiner Nähe bin, mit dir schreibe, mit dir telefoniere, ja auch nur an dich denke ... ist alles so anders, bin ich so anders.
 

Du hast mich ein kleines bisschen repariert.

Denn bist du da, bin ich nicht mehr dieser Wichser, der ich war.
 

Doch ich habe Angst, große Angst. Das ich dich verletzen könnte, dich wieder ins Schwarz ziehen könnte, gegen das du dich so wehrst. Dass ich dich, meinen Engel, zum Abstürzen bringen könnte. Habe Angst das du es eines Tages nicht mehr mit mir aushältst. Mit all den Problemen und Schwierigkeiten die ich dir bringe. Und du aus dieser Hölle fliehst, in der du es mit mir tagein tagaus aushältst. Denn du hast so viel für mich getan, aber was habe ich dir jemals gebracht? Narben, Schande und jede Menge Schwierigkeiten.
 

Und du hast mich scheinbar noch nicht satt.

Nur eine Frage der Zeit bis ich es einmal mehr verkack.
 

Dich einmal mehr zu verletzen, dich einmal mehr ins verfickte Nichts zu reißen. Ich will nicht, das ich dir was tu, aber ich kann es nicht garantieren. Ich bin manchmal unberechenbar. Und diese Sorge, diese Angst um dich, ist meine weitaus größte Schwäche. Ich will dich nicht verlieren, denn dann würde ich entgültig zerbrechen. Weil du mir alles bedeutest, einfach alles. Aber diese Gefühle und diese Angst bringen mich fast um.
 

Denn ich bin ausgezeichnet darin Menschen zu enttäuschen.

Am allerliebsten Menschen, die mir am meisten bedeuten.-
 

... Ich schlage die Augen wieder auf. Meine Station. Pünktlich, ein Wunder. Irgendwas scheint ja in dieser verdrehten Welt doch noch zu funktionieren. Die unangenehme Kälte kehrt sofort nach dem Aussteigen zurück. Eine Gämsehaut überkommt mich. Aber ich gehe den alt bekannten Weg zu ihm. Durch die hohen Häuserschluchten, dunklen Gassen und verlassenen Straßen. Kein Mensch kommt mir entgegen, nur der Schnee leißtet mir eisige Gesellschaft und alte kalte Mauern. Wie von alleine tragen mich meine Beine zu ihm. Und schon stehe ich vor seinem Apartment und zögere. Ich kann doch nicht schon wieder ... Verdammt was mache ich hier überhaupt? Fuck! Ich will mich schon umdrehen, doch plötzlich reißt er die Tür auf. Ein strahlendes Gesicht, zwei leuchtende Augen und eine Kackfrisur schauen mich an. Mein Herz wird augenblicklich leichter wenn ich ihn sehe, die unerträgliche Last der letzten Stunden verringert sich innerhalb von Sekunden auf ein nicht beachten wertes   Minimum. "Ich wusste doch das ich mich nicht verhört habe! Komm rein!", sein Lächeln, engelsgleich. Mit einem kleinen Lächeln betrete ich seine Wohnung. Überall liegen Klamotten, Haarbänder und Essensschachteln verstreut auf dem Boden. Es ist stickig und riecht wie in einer Chinabude. Doch es fühlt sich an wie ein zu Hause, denn ich bin bei ihm. "Hey, versinke hier mal nicht in Gedanken. Komm lieber mit. Ich habe noch ein bisschen was vom Chinesen da und ein paar Filme die du noch nicht gesehen haben dürftest.", lachend schlägt er mir aufmunternd ein paar mal auf den Rücken bevor er über das Chaos gekonnt ins Wohnzimmer hüpft. Ich ziehe meine Schuhe aus und hänge seine Jacke an ihren eigentlichen Platz, neben einem unserer Bilder. Überglücklich lächeln wir beide in die Kamera, während man im Hintergrund das alte Schwimmbad sieht. Wie lange ist das wohl schon her? "Kommst du?" Ich schlucke schwer und wende mich dann vom Bild ab. "Komme doch schon!" Seufzend folge ich ihm, bleibe aber im Türrahmen stehen und schaue ihm zu. Mein Herz wird schwer, wie süß er im Zimmer rumkriecht, versucht das Chaos halbwegs zu beräumen, während er mich mit unnötig Information voll labert. Und in diesem Moment merke ich wieder wie große Angst ich habe das alles zu verlieren, diesen einzigen Platz der Geborgenheit, ihn zu verlieren. Plötzlich kommt er auf mich zugerannt. "Hey?", besorgt sieht er mich an, "Alles okay, baby?" Ohne es germerkt zu haben ist mir stumm eine Träne über die Wange gelaufen. "Hm," verstohlen schaue ich zur Seite und quetsche mich an ihm vorbei. Ich setzte mich auf die alte Couch und sinke zentimetertief in sie ein. Schwäche, ich habe ihm gegenüber schon wieder Schwäche gezeigt, obwohl er immer für mich stark ist. "Hey?!" Er setzt sich neben mich und nimmt mein Kopf zwischen seine Hände. Er streichelt mir die Träne von der Wange, während er meinen Kopf zu sich dreht. Ich kann genau in seine rubinroten, so dooftreuen, Augen schauen. Es ist als ob sie direkt in mich hienein sehen würden, mich wie ein offenes Buch lesen könnten. "Wahr wohl wieder ein anstrengender Tag, was?", er lässt mein Gesicht los und fährt mir stattdessen durch meine Haare. "Hm." Ohne eine weitere Bemerkung schließe ich meine Arme zärtlich um ihn. Ich kann seine Wärme spüren. "Sogar ein sehr Schlimmer.", murmle ich leise in seinen Nacken. Er erwidert meine Umarmung sanft und legt seinen Kopf auf meine Schulter ab. Ich atme seinen Duft ein, er beruhigt mich. Ich fühle mich besser, fühle mich geborgen. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die dennoch nicht lang genug war, löst er sich wieder von mir. Er schaut mir nochmal tief in die Augen. "Willst du darüber reden?" Ich schüttel verneinend den Kopf und ziehe ihn wieder weiter zu mir. "Lassen wir einfach das Reden.", flüstere ich ihm mit rauer Stimme zu, das plötzliche Verlangen nach ihm überkommt mich, "Taten sagen schließlich mehr als Worte." Ich sehe noch sein verschmitztes Lächeln auf seinen vollen Lippen, bevor ich meine mit seinen versiegel ...
 

Doch bin ich bei dir, ist alles anders, alles inklusive mir.

Du hast mich ein kleines bisschen repariert.

Denn bist du da, bin ich nicht mehr dieser Wichser, der ich war … 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ExplosionLover
2019-11-09T21:43:26+00:00 09.11.2019 22:43
Wunderschöner Oneshot!!! 😍 💕 Vor allem diese Poesie mitten drin, wirklich mega toll formuliert! Lovee it!!! 💕
Antwort von:  anime_world
10.11.2019 00:18
Dankeschön ❤️


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