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On Wings Of Light

von

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Vorahnung?

Nachdenklich ging Atemu den Weg entlang nach Hause. Sein Großvater hatte ihn gebeten, kurz zu dem kleinen Lebensmittelgeschäft ein paar Straßen weiter zu gehen und ein bisschen Obst und Gemüse zu kaufen. Es war nicht weit und da Atemu die frische Luft liebte, war er schnell zu Fuß losgegangen.
 

Doch etwas beunruhigte ihn. Noch bevor er das Geschäft erreicht hatte, hatte ihn ein seltsames Gefühl beschlichen. Er konnte nicht genau sagen, was es war. Es war, als verdüstere sich der Himmel in einer Art unheilvollen Vorahnung.
 

Atemu schüttelte den Kopf. Es war Freitag, es war angenehm kühl, der Herbstwind kündigte sich schon an. Der Herbst war eine der besten Jahreszeiten für seine Familie. Der Wald nicht weit hinter ihrem Haus lag ruhig und friedlich da, noch begannen sich die Blätter nicht zu verfärben. Wieso verspürte er nur solch eine schleichende Unruhe, die sich nicht abschütteln ließ? Erneut schüttelte er den Kopf. Er machte sich zu viele Sorgen. Wenn irgendetwas Schlimmes sein sollte, dann würde Opa das sicher wissen.
 

Als er ihr Haus erreichte, blieb er stehen und schloss die Tür auf. „Opa?“, rief er die Treppe rauf. Vermutlich befand sich sein Opa in dem kleinen Zimmer, das als Bibliothek eingerichtet hatten.
 

„Ah, bist du wieder da?“, hörte er auch gleich darauf die gutmütige Stimme seines Großvaters. Der Violettäugige zog sich schnell seine Schuhe und seine Jacke aus, lief in die Küche, legte den Beutel mit den Lebensmitteln auf dem Tisch ab und wollte grade die Treppe hochgehen, als sein Opa auch schon in die Küche kam, wie erwartet mit einem Buch in der Hand.
 

„Ah, vielen Dank. Ich hatte gestern ganz vergessen, einkaufen zu gehen, nachdem dein Bruder mich die ganze Zeit in Beschlag genommen hat, damit ich ihm erzähle, was ich im Moment für ein Projekt in der Archäologie leite“, schmunzlte Salomon Muto. Atemu lachte. „Du kennst Yugi doch, er begeistert sich eben für alte Relikte. Und ich kann ihn verstehen, deine Funde hängen ja auch oftmals mit unserer Familiengeschichte zusammen.“ Der ältere Mutobruder dagegen studierte Medizin an der Uni und war auch glücklich damit. Archäologie fand er zwar interessant, doch war es nicht das, was er später gerne machen wollte. Dennoch hatte er schon als Kind gerne den Geschichten seines Opas gelauscht, genau wie Yugi. Dieser wünschte sich auch, irgendwann selber Archäologie zu studieren, weshalb er ihren Opa gerne auch noch über die kleinsten Projekte ausquetschte.
 

„Und heute warte ich darauf, dass Professor Hawkins vorbeikommt, damit ich ihm ein paar gefundene Manuskripte geben kann... nur weiß ich leider nicht genau, wann er vorbeikommen wird“, meinte sein Großvater etwas hilflos und entschuldigend. Atemu winkte ab. „Ach Opa, ich kann doch ruhig mal kurz einkaufen gehen. Du bekommst sofort ein schlechtes Gewissen, wenn Yugi oder ich dir helfen sollen, dabei kommt das sowieso nicht oft vor.“ Er merkte, wie das beklemmende Gefühl langsam nachlies. Es schien, als könne er wieder freier atmen. Erleichtert schloss er kurz die Augen.
 

In dem Moment kam Yugi aus dem kleinen Wohnzimmer angelaufen. „Hey, Atemu!“, rief er, „Hast du jetzt Zeit? Wir wollten doch schon mal die Kräuter für morgen sortieren.“ Er stellte sich erwartungsvoll neben seinen großen Bruder. Atemu musste kichern. Seit Yugi vor nicht allzu langer Zeit mit ihrem Handwerk angefangen hatte, konnte er es kaum erwarten, Neues zu lernen oder dabei zu helfen, wenn etwas Arbeit anstand. „Natürlich. Als ob du überhaupt zulassen würdest, dass ich jetzt was anderes mache“, meinte er grinsend. Er wuschelte Yugi durch die stacheligen Haare, der ihm dafür die Zunge rausstreckte. „Ich gehe eben in den Keller und hole die Kräuterkiste!“ Und schon war Yugi verschwunden.
 

„Es tut mir leid, Yugi hin und wieder ausbremsen zu müssen. Du warst in dem Alter genauso. Aber er sollte in langsamem Tempo lernen, mit seinen Kräften umzugehen. Sonst geht noch was schief oder er verplappert sich bei anderen“, meinte Salomon Muto, aber er lächelte belustigt. Dann allerdings wurde er wieder ernst. „Aber du machst dir über irgendwas Sorgen, das habe ich dir eben schon angesehen, als du nach Hause kamst. Was ist los? Geht es dir nicht gut?“
 

Der Bunthaarige verspürte ein warmes Gefühl der Geborgenheit. Sein Großvater kannte ihn und Yugi so gut und kümmerte sich so liebevoll um sie, dass er ihnen alles vom Gesicht ablesen konnte. Dieses Gefühl hatte er auch von seinen Eltern gekannt... sofort fühlte Atemu wieder diesen stechenden Schmerz im Herzen, diese unerträgliche Leere, als er daran dachte, wie lange seine Eltern nun schon nicht mehr lebten. Sie waren bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Yugi 2 und er 6 Jahre alt waren. Seitdem lebten sie bei ihrem Großvater. Er tat zwar alles für sie und Atemu und Yugi liebten ihn von ganzem Herzen, aber sie vermissten ihre Eltern natürlich trotzdem sehr. Yugi konnte sich kaum an sie erinnern, Atemu hatte seiner Meinung nach auch viel zu wenige Erinnerungen an sie. Schnell schob er diese Gedanken beiseite.
 

Er hatte sowieso vorgehabt, seinen Opa nach der seltsamen Atmosphäre vorhin fragen wollen. Er glaubte zwar nicht, dass sein Gefühl vorhin wirklich was zu bedeuten hatte, aber wenn doch etwas sein sollte, dann würde sein Großvater das wissen. Also erzählte er ihm alles.
 

„Opa, als ich auf dem Weg zum Laden war, habe ich irgendwas Ungutes gespürt... ich weiß nicht was es war, aber es fühlte sich an, als ob irgendeine Bedrohung im Schatten lauere. Ich weiß nicht, wieso, aber ich musste sofort an die alte Legende denken... hast du in letzter Zeit irgendetwas beobachtet?“, frage Atemu.
 

Sein Opa legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter. „Keine Angst, mein Junge. Ich glaube nicht, dass wir etwas zu befürchten haben. Man weiß nicht, ob wirklich etwas von der Gefahr aus diesen Zeiten zurückgeblieben ist. Und wenn, dann merken wir das früh genug. Ich werde mal ein paar anderen Ältesten fragen, aber ich glaube eher, dass es was anderes war, was du gemerkt hast. Wie vor zwei Jahren, als du als einziger gemerkt hattest, dass sich ein Onyxgeist in den Wald verirrt hatte und deswegen immer mehr Pflanzen verdorrten... oder als du ein Kind warst, da hast du schon Tage vorher gemerkt, wenn ein Sturm heraufzog... Weißt du noch, als-“
 

Atemu wusste, was jetzt kam. „Oh nein, Opa, bitte fang nicht wieder mit diesen alten Kindergeschichten an!“, lachte er. Aber sein Opa hatte recht. Er spürte nichts mehr und die Ältesten merkten sofort, wenn etwas nicht stimmte. Sie wussten fast alles über die Fähigkeiten ihrer Art und hatten eine tiefe Verbindung zu ihrer Umgebung, zur Natur und zu den Elementen.

„Ich erinnere mich noch, als wir gemeinsam mit Mana, Mahado und ihren Eltern Weihnachten gefeiert haben. Ihr vier Kinder habt die ganze Zeit den Schmuck vom Weihnachtsbaum geklaut und überall in der Wohnung aufgehängt. Manas und Mahados Mutter hat die ganze Zeit wieder alles eingesammelt, aber in der Zeit, in der sie eine Handvoll Kugeln wieder an den Baum gehängt hatte, habt ihr schon wieder die doppelte Anzahl woanders hin verschleppt... oder an Ostern, als die Ishtars da waren und Rishid, Ishizu, Marik, Yugi und du mit den Farben experimentiert und alles Mögliche gemischt habt... meine Güte, wie sah die Küche danach aus...“
 

„Schon gut, Opa!“, rief Atemu lachend. Yugi und er hatten in der Kindheit eine Menge angestellt. Es war eigentlich erstaunlich, was für eine Geduld ihr Opa immer bewiesen hatte.
 

Yugi kam wieder aus dem Keller. „Ich kann die Kiste nicht finden... sie steht nicht mehr auf dem Tisch“, sagte er grummelnd. „Ups!“ Schuldbewusst sah Salomon seinen Enkel an. „Die Kiste hatte ich eben mit in die Bibliothek genommen, das habe ich ganz vergessen. Ich komme eben mit euch hoch, ich will sowieso noch weiterlesen, und in der Bibliothek steht mein gemütlicher Schaukelstuhl...“, und damit ging ihr Opa die Treppe hoch, seine Enkel im Schlepptau. Yugi lief direkt in Atemus Zimmer, während dieser mit der Kiste im Arm folgte. Er stellte die Kiste auf dem Teppich ab, holte eine Liste und einen Stift aus seiner Schreibtischschublade und setzte sich neben seinen kleinen Bruder vor die Kiste.
 

Yugi klappte den Deckel auf: „Also, im ersten Kästchen sind einige Salbeiblätter, reicht das noch? Ich finde, das sieht ein bisschen wenig aus.“ Atemu wiegte den Kopf. „Ich denke auch, es könnte nicht schaden, davon ein bisschen nachzufüllen... Ok, `Salbei, Blätter, wenig´. Viel müssen wir da nicht mehr holen. Was ist in dem nächsten Kästchen?“
 

Sie kamen nur langsam vorwärts, was seltsamerweise daran lag, dass sie sich zwischendurch immer wieder ärgerten, indem sie sich beispielsweise mit Kissen bewarfen. Sie wurden erst fertig, als es draußen schon dunkel war.



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