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Balance Defenders

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Nach all den Fallen geht es in diesem Kapitel ein weinig ruhiger zu. ;) Komplett anzeigen

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Im Mittelpunkt des Labyrinths


 

Im Mittelpunkt des Labyrinths

„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist.

Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“

(aus dem Lied: „Deine Schuld“ von Die Ärzte)
 

Sie waren dem Weg der Wände immer weiter gefolgt, darauf bedacht, durch die Schwenkbewegungen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Je weiter sie gelaufen waren, desto schwächer waren diese geworden. Vermutlich ähnelte der Mechanismus dem einer Schaukel und nun näherten sie sich dem Dreh- und Mittelpunkt.

Schließlich hatten sie das Ende der Wand erreicht und somit das Ende ihres sicheren Weges. Dies stellte sich kurioserweise nicht als ihr größtes Problem heraus.

Serena starrte fassungslos auf den Bereich, auf den sie von ihrem Standpunkt aus blicken konnte. „Sagt mir bitte, dass ihr was seht, das ich nicht sehe.“

In der Mitte des Labyrinths erstreckte sich ein riesiges Loch.

Vivien kommentierte: „Da hat wohl jemand am Baumaterial gespart.“

„Tja, die Finanzen der Bösewichte scheinen auch nicht mehr rosig zu sein.“, scherzte Vitali.

„Ich finde das nicht witzig!“, sagte Serena. „Was tun wir jetzt?“

Justin überlegte laut. „Es könnte die Folge einer der Fallen sein. Vielleicht können wir es irgendwie umgehen.“

Ariane blickte auf den fehlenden Boden. „Was, wenn das der Ausgang ist?“

Die anderen drehten sich irritiert zu ihr.

„Sieht für mich nicht danach aus.“, meinte Vitali.

„Erwartest du ein großes Schild Ausgang?“, erwiderte Serena.

Vitali blieb gelassen. „Wäre doch ganz praktisch.“

„Die Idee sollten wir bei der nächsten Aktionärsversammlung dem Vorstand nahelegen.“, spaßte Vivien.

Vitali zeigte mit seinem Zeigefinger auf Vivien. „Genau!“

Serena verdrehte die Augen und lächelte flüchtig.

Justin wandte sich an Ariane. „Wieso sollte der Ausgang mitten im Labyrinth sein?“

„Klassische Labyrinthe führen immer in ihre Mitte.“, erklärte Ariane. „Sie haben auch keine Sackgassen.“

Vitali zog ein perplexes Gesicht. „Alter, woher weiß man so was?“

Ariane wurde verlegen. „Ich interessiere mich für historische Themen.“

Vitali nickte fasziniert und verständnislos..

„Außerdem erinnert mich das Labyrinth an ein Geschicklichkeitsspiel, das meine Oma mir mal geschenkt hat.“, setzte Ariane fort. „Man konnte es in verschiedene Richtungen kippen und musste dadurch eine Kugel in die Mitte bekommen. Wenn die Bodenplatten einem alten Spiel nachempfunden sind, könnte das doch auch für das gesamte Labyrinth zutreffen.“

„Musste man die Kugel nicht an den Löchern vorbei manövrieren?“, fragte Justin.

Ariane antwortete: „Das gibt es auch. Es sind verschiedene Spiele.“

Vitali war verwirrt. „Also Loch gut oder schlecht?“

„Ich denke, es ist gut.“, sagte Ariane. „Was meinst du?“ Sie wandte sich an Secret, der bisher geschwiegen und in die Luft gestiert hatte.

Er reagierte nicht.

„Secret?“

Sein Gesichtsausdruck wurde sehr ernst. „Wir werden beobachtet.“

„Was meinst du?“, wollte Justin wissen. „Wer beobachtet uns?“

„Leute!“, rief Vitali, der am nächsten am Ende der Mauer stand. Aus dem Loch vor ihnen stieg etwas empor.

Kreisförmig weitete sich eine schwarze Barriere aus, dabei immer höher wachsend. Sie hatten nicht die Zeit zurückzuweichen. Das war auch nicht nötig.

Direkt vor dem Ende der Wände, auf denen sie standen, verharrte das Hindernis und versperrte ihnen den Weg.

„Echt jetzt?“, rief Vitali empört und schlug gegen das Hindernis.

„Nicht!“, schrie Secret.

Eine gewaltige Energie schoss aus der Barriere durch Vitalis Körper. Die geschockten Schreie der anderen und ihre Versuche, ihn von dem Schild wegzuzerren, nahm er erst gar nicht mehr wahr. Das gesamte Gebiet erzitterte und die Mauer unter ihren Füßen brach zusammen.
 

Justin hatte einen schmerzhaften Aufprall erwartet, doch dieser blieb aus. Als er die Augen öffnete, begriff er, dass er in der Luft schwebte und sich langsam nach unten bewegte. Verwirrt blickte er sich um. Wenige Meter über ihm stand Vitali, die Arme gebieterisch von sich gestreckt. Es wirkte, als befände er sich auf einer unsichtbaren Plattform, die sich langsam nach unten bewegte, oder in einem völlig durchsichtigen Fahrstuhl.

Ein grauer Nebel nahm Justin für Augenblicke die Sicht.

Er spürte jedoch, wie er sich in Zeitlupe weiter nach unten bewegte und wurde mit einem Mal von grellen Neonlichtern begrüßt.

Er wusste nicht, wie das angehen konnte, doch sie befanden sich jäh in einem Raum aus unzähligen quadratischen Kacheln. Grelle Neonfarben sprangen von einer Platte zur nächsten, wechselten sich miteinander ab und verwandelten den Raum in ein paradoxes Farbspektakel.

Von Decke, Boden und Wänden gingen zahlreiche Schächte ab. Überall hingen und standen in unterschiedlichen Abständen merkwürdige weiße Quader, die der Erdanziehungskraft zu trotzen schienen.

Justin sah, wie Serena und Secret auf dem fremden Boden landeten. Er, Vivien und Ariane waren die nächsten. Als letztes setzte Vitali auf und brach ohnmächtig in sich zusammen.

Justin wollte aufspringen und es Secret gleichtun, der bereits an Vitalis Seite war, doch in diesem Moment drehte sich alles.

Der gesamte Raum bewegte sich im Uhrzeigersinn. Justin und die anderen wurden von den Füßen gerissen, prallten gegen die Wand rechts von ihnen und fanden sich im nächsten Moment auf dem Boden wieder.
 

Langsam erwachte Vitali aus seiner Besinnungslosigkeit. Benommen bemerkte er, dass er sich auf einer unangenehmen Unterlage befand. Verwirrt betastete er das merkwürdige Etwas.

Er hörte eine gedämpfte Männerstimme. „Geh von mir runter.“,

Vitali stieß einen Schreckensschrei aus und stieß sich von Secret weg.

Vivien brach in Gelächter aus.

Serena trat an Vitalis Seite und ging neben ihm in die Hocke. Sie wollte etwas möglichst wenig Unfreundliches sagen, war sich aber unsicher, ob das eine gute Idee war. „Hey…“, machte sie halblaut und zögerte nochmals. „Reiß dich zusammen.“

„Liebenswürdig wie eh und je.“, kommentierte Vitali und setzte sich auf oder versuchte es zumindest.

Serena fing ihn gerade noch auf, bevor er zur Seite kippte.

„Hey!“, schimpfte sie.

Sein Kopf war auf ihrer Schulter gelandet. Sie fühlte seinen schwachen Atem und spürte sein Gewicht auf ihr lasten, dass sich mit einem mal noch zu verstärken schien.

„Was ist mit ihm?“, fragte Ariane besorgt.

Serena schüttelte ihn an der Schulter, doch Vitali rührte sich nicht. „Vitali. Was ist? Vitali!“

„Lass ihn.“, sagte Secret. „Es ist ein Wunder, dass er den Schlag des Schilds so gut weg gesteckt hat.“

Serena warf Secret einen unzufriedenen Blick zu und unterdrückte den Impuls, Vitali von sich zu stoßen.

Vivien grinste. „Auf jeden Fall gefällt es ihm in deinen Armen besser als in Secrets!“

Hätte Serena nur etwas gehabt, um nach ihr zu werfen!

„Ich bin mir nicht sicher, ob das hier der richtige Ort zum Ausruhen ist.“, unterbrach Justin die Idylle. Wie um seine Worte zu untermauern, begann sich der Raum erneut im Uhrzeigersinn zu drehen.

„Stützt euch gegen die Wand.“, ordnete Secret an und griff nach Vitali, um ihn mit Serenas Hilfe nach vorne zu schleifen und dort gegen die Wand zu lehnen. Sogleich fanden sie sich auch schon auf allen Vieren wieder.

„Wie kann sich bloß der gesamte Raum drehen?“, wunderte sich Ariane und richtete sich auf.

„An diesem Ort nach dem Wie und Warum zu fragen ist reine Zeitverschwendung.“, entgegnete Secret.

Vitali lag bäuchlings auf dem Boden und atmete schwer.

Er durfte jetzt nicht schlapp machen. Aber seine Glieder glichen Wackelpudding und noch immer drehte sich alles. Langsam, und heftig nach Luft schnappend, stützte er sich zunächst auf Arme und Beine. Dann suchte er an Secrets und Serenas Armen Halt.

„Bleib noch etwas sitzen.“, riet Secret ihm. Daraufhin ließ Vitali sich gegen die Wand hinter ihm fallen, die eben noch der Boden gewesen war. Er war schweißgebadet und tiefe Augenringe zeichneten sein Gesicht.

„Es hat dich zu viel Energie gekostet.“, sagte Secret.

Vitali sah den Schwarzhaarigen verwirrt an, ehe er zum ersten Mal bewusst die Gegend betrachtete. „Hab ich irgendwas verpasst?“

Serena teilte ihm die Geschehnisse mit: „Dank dir ist das gesamte Areal zusammengebrochen und wir sind in die Tiefe gestürzt.“

Schwach zeichnete sich auf Vitalis Zügen ein Lächeln ab. „Oh...“ Das war alles, was er dazu sagte. „Wie kommt’s dass wir noch leben?“, fragte er mit unbedarfter Miene.

„Tja, das liegt daran, dass in Wirklichkeit du der größte Freak von uns bist.“, sagte Serena ohne ihn anzusehen.

„Hä?“

Vivien dolmetschte. „Sie versucht gerade, dir dafür zu danken, dass du uns das Leben gerettet hast.“

„Ah... ja.“, sagte Vitali langsam. „Ich habe euch fast umgebracht und dann gerettet. Das ist wirklich ... logisch! Ja, absolut.“

„Du bist geflogen!“, schoss es aus Arianes Mund. „Und irgendwie hast du uns alle schweben lassen, bis wir hier gelandet sind.“, erzählte sie wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal mit einem Kettenkarussell gefahren ist, was Vitali augenscheinlich als nicht besonders überzeugend empfand.

„Du hast mit einer Kraft die Gewichtskraft nahezu ausgeglichen.“, erklärte Secret.

Vitali starrte die Meute um ihn herum skeptisch an. Dann wandte er sich resigniert an Justin: „Hey Mann, was ist passiert?“

„Was die anderen gerade gesagt haben.“, antwortete Justin, als wäre das das Natürlichste auf der Welt.

Vitali stöhnte und schloss die Augen. Egal, was geschehen war, dabei mussten alle ihren Verstand verloren haben.

„Unwichtig, ob du’s glauben willst oder nicht. Wir müssen jetzt weiter.“, meinte Secret.

„Und wo genau willst du lang?“, wollte Serena wissen und wies auf ihren Standort hin.

„Durch einen der Schächte.“, beantwortete Secret Serenas Frage.

Der quadratische Raum maß in Höhe, Breite und Länge jeweils nur um die sieben Meter. Und dieser Platz wurde durch die vielen Blöcke, deren strahlendes Weiß an Waschmittelwerbung erinnerte, noch zusätzlich eingeschränkt. Türen gab es nicht, nur die großen Schächte.

Ariane hatte Einwände. „Hier dreht sich alles. Das heißt, sobald die Wand zur Decke wird, fallen wir aus dem Schacht wieder hierher.“

„Wir könnten reinspringen, wenn der Schacht im Boden ist, dann rutschen wir hier raus.“, schlug Vivien vor.

„Wir wissen doch gar nicht, wo diese Schächte hinführen.“, gab Ariane zu bedenken.

Justin hatte sich derweil nochmals die Umgebung genauer angesehen. Die vielen Quader machten ihn stutzig. Schließlich wandte er sich wieder den anderen zu. „Vielleicht müssen wir gar nicht durch die Schächte hier raus.“

„Willst du dich hier häuslich einrichten?“, scherzte Vitali, der sich langsam erholte.

„Der Boden im Labyrinth war ein MineSweeper Spielfeld. Die Mitte war wie bei einem Geschicklichkeitsspiel. Vielleicht ist das auch so etwas.“, erklärte Justin. „Früher, wenn wir Kisten verschieben mussten, hat mein Vater mir gesagt, wir würden Sokoban spielen. Dabei muss man Kisten an die für sie vorgesehene Stelle schieben.“

„Du meinst die Quader?“ Ariane betrachtete die weißen Blöcke, die sich trotz der Drehung des Raums nicht von ihrem Platz bewegt hatten. Ein paar hingen an der Decke, andere klebten an den Wänden, als würden sie von Magneten festgehalten.

Vitali sah sich um. „Und wo sollen wir die hinschieben?“

„Die Schächte!“, kam es Ariane. „Die Schächte sind wie passende Löcher für die Quader.“

„Soll das heißen, wir sollen jetzt jeden einzelnen Klotz in einen der Schächte schieben?“ Vitali schien nicht sehr begeistert.

Secret sah Justin ernst an: „Wenn du mit deiner Vermutung falsch liegst, sind uns die Wege versperrt.“

„Es klingt auf jeden Fall plausibel.“, meinte Ariane.

Vivien näherte sich einem der Blöcke. „Vielleicht gibt es eine bestimmte Zuordnung.“ Sorgfältig begutachtete sie das Gebilde, konnte jedoch keine Besonderheit feststellen. Als sie es betasten wollte, leuchtete die Konstruktion auf. Fünf Buchstaben flammten in schwarzer Farbe an allen Seiten des Quaders auf.

Serenas Stirn legte sich in Falten. „LIEBE? Was soll denn das heißen?“

„Welches Wort würde die Atmosphäre hier wohl besser treffen?“, witzelte Vivien.

„Horror.“, antwortete Serena.

Abermals spürten sie, wie alles begann, sich zu bewegen. Serena und Secret schleiften Vitali zu der Wand vor ihnen und drückten sich gegen sie. Anschließend fanden sie sich auf dem neuen Boden wieder und standen auf.

Vivien wandte sich dem nächsten Quader zu. Nach einer Berührung sendete auch dieser ein Licht aus.

HOFFNUNG.

Die anderen halfen mit, jeden der Quader zu aktivieren, während der Raum sich immer wieder drehte.

FREUDE. GÜTE. GEBORGENHEIT.

FRIEDE. VERTRAUEN. WAHRHAFTIGKEIT.

FREIHEIT. und ZUFRIEDENHEIT.

„Irgendwie müssen diese Worte mit den Schächten zusammenpassen.“, vermutete Justin.

Vivien nahm dies als Aufruf. Umgehend lief sie zu einem der Löcher und streckte ihren Arm hinein. Tatsächlich schoss im nächsten Moment ein düsterer Lichtstrahl aus der Tiefe hervor, in dem das Wort HASS flimmerte.

„Dualismus.“, sagte Ariane.

Vitali sah sie fragend an. „Sieht für mich nach Gegensätzen aus.“

„Genau das heißt es ja auch.“, entgegnete Serena.

„Also müssen wir die zwei Pole zusammenführen.“, schlussfolgerte Ariane.

Wieder mussten sie nun jede der vier Seiten des Raums abklappern, um alle Schächte zu aktivieren.

VERRAT. VERZWEIFLUNG. HABGIER. NEID.

KRIEG. BETRUG. EINSAMKEIT.

ZWANG. und LEID.

„Langsam wird mir schwindelig.“, sagte Vitali, der sich in allen Richtungen von Worten umzingelt sah.

„Schwer ist die Zuordnung zumindest nicht.“, meinte Ariane und drehte ihren Kopf zur Seite, um das Wort an der derzeit linken Wand zu lesen.

Die sechs entschieden sich für einen Quader, der zu dem Schacht auf derselben Fläche passte. Justin, Secret und Ariane schoben den Klotz schnellstens an seinen Platz, bevor der Raum sich wieder drehen würde.

Der Quader passte exakt und schloss mit dem Boden genau ab. Nicht länger war zu erkennen, dass sich dort zuvor ein Loch befunden hatte. Plötzlich strahlten dunkle Lichtfetzen von unten durch die Ränder des Quaders nach oben. Ein unheimliches Geräusch ertönte, als verschlinge das Loch den Fremdkörper, dann verschwand es mitsamt dem Licht.

Serena atmete geräuschvoll aus: „Falls das jetzt ein gutes Zeichen gewesen sein soll, will ich nicht wissen, was ein schlechtes ist.“

„Wie machen wir das eigentlich bei den Dingern, wo das Loch auf ner anderen Seite liegt?“, fragte Vitali.

„Man kann sie nicht nur schieben, sondern auch ziehen.“, sagte Justin.

Vitali sah ihn verständnislos an.

„Bei Sokoban ging das nicht.“, erklärte Justin. „Wenn wir die Klötze an die Wand schieben, können wir in auf dem neuen Boden weiterbewegen, sobald der Raum sich gedreht hat.“

So wurde es auch gemacht.

Nachdem sie mehrere Blöcke versenkt hatten, ergriff Ariane auf einmal das Wort. „Irgendwie hab ich gar kein gutes Gefühl.“

„Hä?“, machte Vitali.

Ariane zögerte. „Jedes Mal wenn wir einen der Quader in ein Loch fallen lassen, dann ist es, als …“

„Als würden die schlechten Gefühle die guten verschlucken.“, vollendete Secret.

Arianes Augenbrauen hoben sich. „Du auch?“

Secret nickte, ohne sie anzusehen.

„Wollt ihr mir jetzt erzählen, wir sollen die ganze Aktion abbrechen, weil ihr ein schlechtes Gefühl habt?!“, fragte Vitali ungläubig.

„Davon war nicht die Rede.“, entgegnete Secret kalt.

„Aber was, wenn jedes Mal eines unserer Gefühle verschwindet?“, wandte Ariane ein. „Wenn der Hass die Liebe verschlingt, die Verzweiflung die Hoffnung.“

Serena unterbrach sie mit abgestumpfter, düsterer Stimme. „In was für einer Welt lebst du denn? Diese Worte“, sie deutete auf die Quader, „sind nichts als eine Illusion, die an der harten Realität zerschellt. Menschen sind schlecht. Deshalb ist es vollkommen egal, ob wir diese blöden Klötze versenken oder nicht.“

Für einen Moment herrschte Schweigen. Erst das neuerliche Drehen der Umgebung löste die Gruppe aus ihrer Starre.

Auf der nächsten Fläche angelangt, deutete Vivien mit dem Finger nach vorne auf eine Stelle, an der zuvor ein Schacht gewesen war. „Seht ihr, die Löcher sind verschwunden.“

Die anderen waren nicht sicher, ob sie mit diesem sinnlosen Kommentar bloß die Stille brechen wollte.

„Und weiter?“, wollte Vitali wissen.

„Die Quader haben die Löcher gestopft!“, rief Vivien fröhlich aus. „Jetzt kann keiner mehr reinfallen!“

Die anderen warfen ihr irritierte Blicke zu.

Vivien lächelte. „Das heißt, die guten Gefühle sind nicht von den schlechten gefressen worden, sondern sie haben das Loch gestopft.“ Sie reckte das Kinn. „Ganz egal, wie viel Schlechtes es gibt, wichtig ist bloß, dass es genug Gutes gibt, damit es ausgeglichen werden kann. Und je schlechter die Situation ist, desto zuversichtlicher und tatkräftiger muss man sein. So einfach ist das!“, sagte sie. Voller Elan und Begeisterung riss sie dann ihren rechten Arm in die Höhe. „Also: Lasst uns Löcher stopfen!“
 

Grauen-Eminenz kam fast das Abendessen hoch.

Das war ja widerlich! Dieser schreckliche Rotschopf! Wie konnte man nur eine so scheußlich positive Einstellung haben? Die Göre musste total bescheuert sein! Er richtete seinen Blick auf Serena. Zumindest dieses Mädchen hatte Potential.

Ungeduldig beobachtete er, wie seine Auserwählten die übrigen Quader an ihren Platz brachten.
 

Zu guter Letzt war nur noch ein Quader übrig.

Wieder zeigte sich das gleiche Schauspiel wie die Male zuvor. Doch nun ergoss sich das leuchtende Weiß des Quaders über den gesamten Boden, als habe er sich in eine Bildschirmfläche verwandelt.

Ein großes Hexagramm in einem Kreis erschien und nahm die Mitte des Raumes ein.

Die Spitzen seiner sechs Zacken wurden von runden Feldern bedeckt, die jeweils in einer anderen Farbe blinkten, als handle es sich um Startpositionen bei einem Brettspiel.

Die sechs warfen einander einen kurzen Blick zu.

Sie wählten jeweils ein Startfelder und positionierten sich.

Die Felder hörten auf zu blinken.

„Und jetzt?“, fragte Vitali.

Vivien zuckte mit den Schultern.

Endlich tat sich etwas an den Feldern, auf denen standen. Sie verfolgten gebannt, wie ein goldener Lichtfunkte die Umrandung nachzeichnete.

Etwas schoss hervor und schloss jeden von ihnen ringsum ein.

Sie fanden sich in durchsichtigen Zylindern wider. Bevor sie reagieren konnten, verschwand das Feld unter ihren Füßen und sie rutschten ins Ungewisse.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  CMH
2022-06-19T19:49:43+00:00 19.06.2022 21:49
Och nö, schon wieder in einem Vehikel, die Armen! Der Dualismus ist klasse. 💚
Von:  totalwarANGEL
2020-06-26T22:59:36+00:00 27.06.2020 00:59
"Das war ja widerlich! Dieser schreckliche Rotschopf! Wie konnte man nur eine so scheußlich positive Einstellung haben? Die Göre musste total bescheuert sein! Er richtete seinen Blick auf Serena. Zumindest dieses Mädchen hatte Potential."

LOL. Ganz meine Meinung!
Antwort von:  Regina_Regenbogen
27.06.2020 08:58
🤣🤣🤣🤣🤣
Ich wusste es.


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