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Balance Defenders

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Schluss mit Alltag und fröhlicher Stimmung. An dieser Stelle beginnt das neue Oberkapitel "Secrets Rache" und die Fans dürfen sich auf ein Wiedersehen mit Grauen-Eminenz freuen.
Da das heutige Kapitel sehr viele Informationen enthält, ist es deutlich zäher zu lesen als gewöhnlich. Ich hoffe, dass es euch dennoch fesseln wird. Komplett anzeigen

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[Secrets Rache] Projekt Pandora


 

Projekt Pandora

 

„Mit den Gedanken entstehen alle Dinge.

Mit den Gedanken verschwinden alle Dinge.“

(Huangbo Xiyun, chinesischer Zen-Meister)

 

Grauen-Eminenz spürte das mittlerweile vertraute Ziehen in der Magengrube.

Seit dem letzten Mal waren bereits fünf Tage vergangen.

Fünf Tage, in denen Secret das Schatthenreich nicht betreten hatte. Fünf Tage, seit er den Jungen dafür bestraft hatte, dass er einen Schatthen entwendet und damit die Beschützer angegriffen hatte.

Grauen-Eminenz‘ Augen schweiften hinab auf seine Hände. Es war lange her gewesen, dass er einen Menschen gezüchtigt hatte.

Seine Brauen senkten sich und er wandte den Blick ab.

Ein Gedanke genügte und ein Blickfenster in Secrets Zimmer öffnete sich..

Der Junge hatte sich auf sein Bett gesetzt, als warte er auf etwas oder jemanden. Grauen-Eminenz zog die Brauen noch fester zusammen.

Wenn der Bengel meinte, er würde sich mit ihm vertragen, lag er falsch!

Er fokussierte wieder die Unterlagen seines neuen Auftrags, die über den gesamten Tisch verteilt lagen.

Verdammt! Wie sollte er sich darauf konzentrieren?!

Er hasste es, dass dieser entsetzliche Bengel es schaffte, ihn völlig aus dem Konzept zu bringen!

Entschieden riss er seinen Arm in die Höhe und befreite die Energiewelle, die sich in seinen Innereien zusammengebraut hatte.

Die Attacke traf eine Ecke des Raums, die er genau für diesen Zweck erschaffen hatte und die Energie absorbierte. Das war besser als ständig die gesamte Einrichtung in die Luft zu jagen.

Durch ein tiefes Grollen und einen kurzen Aufschrei versuchte er die Wut und Entrüstung, die noch immer in ihm brodelte, loszuwerden.

Seine linke Hand legte sich schwer auf die Stelle über seinem Herzen und verharrte dort.

Es gab einen Grund, warum er das alles tat, und dieser ließ keine Ablenkungen zu, und schon gar keine emotionalen Verstrickungen! Es war egal, was er dafür noch zerstören musste! Und wer darunter leiden würde!

Er schloss kurz die Augen.

Schwäche musste unterdrückt oder in Wut verwandelt werden. Das war schon immer der einzige Weg gewesen.

Selbstbeherrscht heftete er seine Augen wieder auf die Unterlagen.

Im Rahmen seiner Ausbildung zum Schatthenmeister hatte er einen Kurs über die Historie des Pandämoniums absolvieren müssen, doch die Ergebnisse seiner Recherche hatten ein ihm unbekanntes Bild gezeichnet.

Davon, dass seine Schatthenmeisterorganisation selbst einmal an der Erschaffung neuer Arten Lichtloser beteiligt gewesen war, hatte niemand gesprochen. Dieser Bereich war stets der Konkurrenzvereinigung Pneuma und kleinen unabhängigen Forschungsinstituten zugeschrieben worden. Vielleicht hätte er sich denken sollen, dass man ihren Darstellungen nicht trauen konnte, aber bisher hatte es ihn nicht interessiert, wie diese Gruppierung an Irren zustande gekommen war. Der neue Auftrag ließ ihm jedoch keine andere Wahl als sich damit auseinanderzusetzen.

Um 1800 war das Pandämonium in Deutschland in Folge der Welle an Geheimgesellschaften gegründet worden. Damals hatte sich die Vereinigung als eine Gruppe verstanden, die sich für übersinnliche Phänomene interessierte. Mit einer Schatthenmeistervereinigung, wie man sie heute kannte, hatte das herzlich wenig zu tun gehabt.

Offenbar waren die Mitglieder damit beschäftigt gewesen, Geister und dergleichen anzurufen.

Zur Zeit des Nazi-Regimes hatte sich das Pandämonium dann zum ersten Mal mit der Erschaffung von Lichtlosen beschäftigt.

Ende der 1960er Jahre war so der allererste Schlagschatthen, kurz Schatthen genannt, entstanden. Die ersten Schatthen waren natürlich nicht mit denen vergleichbar, die Schatthenmeister heutzutage formen konnten. Es hatte Jahrzehnte gedauert, den Schöpfungsprozess zu revolutionieren.

Von dem Erfolg der Schlagschatthen-Herstellung angestachelt, hatte es in den 1960ern innerhalb des Pandämoniums eine Abteilung gegeben, die sich eigens der Erforschung und Erschaffung weiterer Arten Lichtloser gewidmet hatte. Deren Tätigkeit war unter dem Namen Projekt Pandora zusammengefasst worden.

War ja klar, dass die immer was aus der griechischen Mythologie nehmen mussten.

Grauen-Eminenz stöhnte innerlich. Er hasste dieses elitäre Gehabe.

Und wieso wählte man ausgerechnet eine Figur, die mit so einem schlechten Ende in Verbindung stand?

Auch wenn die Bedeutung von Pan-dora ‚die Allbegabte‘ war – von pan alles/gesamt und doron Geschenk/Gabe – und damit die große Vielfalt an Möglichkeiten der Lichtlosen-Erschaffung unterstrichen werden sollte, war das doch von vorne herein ein schlechtes Omen. Wahrscheinlich wollte man mit dieser Namensgebung zusätzlich die Zugehörigkeit zum Pan-dämonium ausdrücken. Wenn man sich schon wie die Hölle nannte, hatte man wohl vor nichts mehr Respekt.

Andererseits war in der Gründungszeit anscheinend mit Pan-dämonium ‚Die Gesamtheit der Dämonen‘ gemeint gewesen. Dabei galt ein Dämon, wie in der griechischen Antike, als ein Geistwesen, dessen moralische Gesinnung nicht feststand.

Was auch immer.

Ein Wechsel an der Spitze des Pandämoniums in den 1980ern hatte zu einem jähen Ende der Projektarbeiten geführt. Die Abteilung war von einem Tag auf den anderen eingestampft und die Beschäftigung mit neuen Lichtlosen untersagt worden. Bis auf Weiteres sollten sich alle Schatthenmeister des Pandämoniums ausschließlich mit der Verbesserung der Schlagschatthen befassen.

Um exakt zu sein, alle Schatthenverweser.

Zu dem damaligen Zeitpunkt hatte es das Berufsbild des Schatthenmeisters noch gar nicht gegeben. Erst mit der Etablierung der Schatthenherstellung waren die Abschlüsse Schatthengeselle und der darauf aufbauende Schatthenmeister eingeführt worden. Schatthenherstellung und Kräfteeinsatz waren von da an die Spezialisierung der Schatthenmeister geworden, während der Arbeitsbereich der Schatthenverweser auf Theorienforschung und Verwaltungsaufgaben zusammengeschrumpft war.

Die Schatthenverweser von damals waren daher mit den heutigen Schatthenmeistern vergleichbar.

Jedenfalls hatte der Pandämoniums-Vorstand die Beschlagnahmung der Projektergebnisse von Pandora beschlossen. Doch die beiden Projektleiter hatten Widerstand geleistet.

Die Namen der beiden waren Grauen-Eminenz ein Begriff.

Ernst Schneider war nach dem Auflösen seiner Abteilung in die USA geflohen, wo er ein eigenes Unternehmen gegründet hatte: Pneuma.

Pneuma war heute neben dem Pandämonium die größte Schatthenmeistervereinigung. Sie war lange Zeit vornehmlich mit Experimenten an neuen Lichtlosen in Verbindung gebracht worden, wobei heute kleinere, unabhängige Unternehmen viel größere Erfolge auf diesem Gebiet verbuchen konnten.

Der andere Schatthenverweser war Horst Krüger gewesen. Sein Name war weniger berühmt, hatte für Grauen-Eminenz aber eine ganz eigene Bedeutsamkeit.

Grauen-Eminenz‘ Schatthenreich war unter Schatthenmeistern eine Rarität.

Das Erschaffen von eigenen Dimensionen war nicht Teil der Ausbildung. Daher hatte er es sich selbst mit Hilfe eines fetten Folianten aus der Pandämoniumsbibliothek beibringen müssen. Der Verfasser war eben jener Horst Krüger gewesen.

Im Nachhinein wunderte Grauen-Eminenz sich, dass das Pandämonium diesen Folianten nicht längst verbrannt hatte.

Horst Krüger hatte sämtliche Forschungsergebnisse samt Aufzeichnungen über Pandora in einer von ihm erschaffenen Nebendimension verschwinden lassen. Seit jenem Tag waren diese verschollen.

Was aus Horst Krüger geworden war, hatte Grauen-Eminenz nicht in Erfahrung bringen können.

Nach fast vierzig Jahren sollte er nun als der einzige im Pandämonium, der zumindest die Grundlagen von Nebendimensionen verstand, diese Ergebnisse wiederfinden. Das hieß, er sollte eine Nebendimension ausfindig machen, die vor über fünfzig Jahren von einem Mann erschaffen worden war, der vermutlich längst das Zeitliche gesegnet hatte!

Grauen-Eminenz stöhnte.

Nicht mehr heute Nacht.

Er hatte in letzter Zeit ohnehin zu wenig geschlafen. Nicht zuletzt wegen diesem Rotzbengel.

Seine Augen wanderten zu dem Blickfenster, das Secrets Zimmer zeigte. Der Junge hatte sich auf das Bett gelegt. Es schien keine Gefahr von ihm auszugehen. Zumindest jetzt nicht.

Grauen-Eminenz seufzte und beschloss, sich am Wochenende einen Tag freizunehmen.

 

Die Information, dass der Schatthenmeister das Schatthenreich verlassen hatte, blitzte in Secrets Bewusstsein auf wie eine eingehende Nachricht.

Er öffnete die Augen und grinste.

Nur ein Gedanke und er vollzog die Verwandlung zum Bedroher in seiner grauen Uniform.

 

Secret hatte keine Probleme, Grauen-Eminenz‘ Büro zu verorten, beziehungsweise das Büro, das er suchte. Er wusste, dass der Schatthenmeister mehrere dieser Räume unterhielt.

Ob es daran lag, dass er ungern längere Zeit denselben Büroraum nutzte, oder ob er einfach vergaß, wo im Schatthenreich sich der Raum befand, konnte Secret nicht sagen.

Er hatte sich vorgenommen, in den Raum zu gehen, in dem sich Grauen-Eminenz zuletzt aufgehalten hatte.

Anwesenheit war wie ein Hauch, der von der Person ausging und der so kurz nach ihrem Weggehen noch in der Luft hing und Secret den Weg wies.

Aber er hatte es nicht eilig. Er widmete sich der Umgebung, wusste sie besser zu deuten als ihr Schöpfer.

Für ihn stand fest: Grauen-Eminenz war weit davon entfernt zu verstehen, was sein Schattthenreich wirklich war – ein Teil seiner Selbst.

Grauen-Eminenz hatte diesen Teil einer Geburt unterzogen, einer Verstofflichung, die ihm eine gewisse Unabhängigkeit von seinem Ursprung zukommen ließ. Aber nur zu einem gewissen Grad.

Die vollkommene Abspaltung war ihm wohl nicht gelungen. Dazu fehlte ihm vielleicht das Können. 

Secret lauschte auf die Umgebung, auf das, was das Schatthenreich ihm zuflüsterte. Es sprach eine sehr deutliche Sprache. Nur dass der Schatthenmeister sie nicht verstand. Vielleicht weil er zu viel davon bewusst zu verstehen glaubte.

Für Secret dagegen war es wie ein intuitives Bauchgefühl, etwas, das er begriff, ohne seinen Verstand dafür einsetzen zu müssen. Etwas, das so logisch war, weil es keiner Logik folgte.

Secret nahm wahr, wie es ihn zu einem bestimmten Ort hinzog. Hinter einer der zahlreichen Türen des Korridors. Er folgte dem Ruf.

Ein finsterer Raum empfing ihn.

In seiner Schwärze schwebten weiße Buchstaben und Worte wie wandelbare Wände.

Secret betrachtete sie.

Die Beschützer hatten ihm nicht erzählt, was genau die Prophezeiung über sie enthielt, doch er hatte den Eindruck, dass diese Wort-Wand aus eben jenen Enthüllungen bestand.

Er führte seine Hand zu den Buchstaben und beobachtete, wie diese vor seinen Fingern zurück wichen. Er nahm seine zweite Hand zu Hilfe und teilte die Buchstaben wie einen Vorhang, durch den er hindurchschritt.

In der dahinterliegenden kleinen Kammer stand in wenigen Metern Entfernung etwas, das einem Rednerpult ähnelte.

Secret trat näher heran und erkannte, dass es sich dabei um eine Art Übersichtstafel hinter einer Glasplatte handelte: Eine Karte von Entschaithal, auf der fünf Lichter in verschiedenen Farben leuchteten.

Ein rotes, ein blaues, ein orangefarbenes, ein gelbes und ein grünes, jeweils an verschiedenen Stellen des Ortes. Das mussten die Beschützer sein.

Aber da war noch ein sechstes Licht, eines dessen Farbe zwischen violett und weiß changierte. Secret glaubte auch einen goldenen Schimmer darin wahrzunehmen.

Dieses Licht kam ihm vertraut vor.

Er wollte sich tiefer darin versenken, als ihn etwas aufhorchen ließ.

Seine Intuition zog ihn weiter.

Er drehte sich um und ging den Weg zurück, durch den Wortvorhang, hinaus auf den Korridor.

Sein Schritt wurde schneller. Zielgerichtet lief er auf eine bestimmte Tür weiter hinten im Gang zu und öffnete sie.

Ein gut beleuchteter Raum, eine Mischung aus Werkstatt und Büro.

An den Wänden standen Tische, zwei weitere in der Mitte. Über die beiden mittleren waren Unterlagen verteilt. Secrets Blick streifte die verstreuten Papiere. Er ging weiter in einen angrenzenden Nebenraum, der kleiner war und der erst hell wurde, als er ihn betrat. Hier stand ein großer Schreibtisch mit vielen Bildschirmen oder eher Blickfenstern. Auch hier gab es Ablageflächen an den Wänden. Und alles war mit Unterlagen übersät.

Secret ging zur rechten Wand und nahm einige der Blätter zur Hand.

Es handelte sich um Kopien aus einer Chronik. Er legte sie wieder hin und griff nach alten Fotos, die irgendwelche Männer in weißen Kitteln zeigten. Die Fotos waren mit einer Büroklammer an einen Bericht über das Projekt Pandora geheftet.

Secret ließ seine Augen weiter über die Unterlagen schweifen, dann wandte er sich dem Computer zu.

Ein Computer war es nicht, aber er hatte auch kein besseres Wort dafür, um die Kontrolleinheit, die auf einen Wissens-Server zugriff, zu beschreiben.

Er setzte sich auf Grauen-Eminenz‘ Stuhl.

Eine große Bildfläche leuchtete auf. Secret begriff, dass nun eine Authentifizierung nötig war.

Er legte seine Rechte auf die Stelle, an der er sonst eine Computermaus vermutet hätte. Die dunkle Fläche wurde daraufhin von dünnen grünen Linien erleuchtet, wie ein Lesegerät.

Der Bildschirm zeigte ein rotes Symbol, das ihm anzeigte, dass der Computer ihn nicht akzeptierte.

Secret zog kurzerhand seine Rechte zurück und legte stattdessen seine linke Hand auf.

Er beobachtete, was geschah.

Erneut vollzog sich der Scan-Vorgang der Tisch-Oberfläche. Dann spürte er es.

Die schwarzen Adern, die sonst längst nicht mehr sichtbar waren, traten an seinem linken Oberarm hervor.

Durch den Schnitt seiner Kleidung, der seinen linken Arm freiließ, konnte er das Spektakel fasziniert beobachten.

Etwas schoss wie violette Blitze von der Narbe aus seinen Arm entlang in seine linke Hand hinab und ging über in die grünen Linien des Scanners, die sich daraufhin in dasselbe Violett-Lila färbten.

Ein rundes Symbol in Violett flammte auf dem Bildschirm auf, drehte sich und gab die Benutzeroberfläche für ihn frei.

Secret lächelte.

Mehrere Dateien waren noch geöffnet.

Grauen-Eminenz war offensichtlich nicht davon ausgegangen, dass es jemandem gelingen würde, in sein Schatthenreich einzudringen und dann auch noch die Authentifizierung zu überlisten.

Secret schnaubte hämisch. Das hatte der Schatthenmeister nun davon, ihm nicht nur Wissen über das Schatthenreich, sondern wohl auch etwas von sich selbst eingepflanzt zu haben.

Ein Grinsen grub sich in seine Mundwinkel.

Ungewollt Blutsbrüder.

Er besah sich die Dateien genauer.

Es handelte sich um Zusammenfassungen und Gedanken, die Grauen-Eminenz aufgeschrieben hatte. Aus den Aufzeichnungen konnte Secret herauslesen, dass Grauen-Eminenz die Arbeit daran als Auftrag erhalten hatte.

Auftrag? War der Schatthenmeister jetzt unter die Dienstleister gegangen? Secret wusste nichts über die Hintergründe des Schatthenmeisters oder Schatthenmeisterorganisationen. Aber wenn der Schatthenmeister einen Auftrag hatte, musste das bedeuten, dass es Ärger geben würde, wenn etwas schief ging.

Er grinste.

 

Secret vertiefte sich in Grauen-Eminenz‘ Zusammenfassungen, durchstöberte die Dateien auf seinem Rechner und sah sich die Unterlagen an, die überall verteilt lagen.

Es gab also mehr als nur einen Schatthenmeister. Irgendwie war des ernüchternd. Er hatte glauben wollen, dass der Schatthenmeister eine mächtige Schlüsselfigur war, die untrennbar mit dem Schicksal der Beschützer zusammenhing, und nicht nur der unbedeutende Angestellte einer Schatthenmeisterorganisation.

Dahin war die romantische Idee einer epischen Feindschaft.

Nach dieser Ernüchterung hatte er jedoch Gefallen an dem Rätsel um die verschollene Nebendimension gefunden.

Diese Aufgabe, die der Schatthenmeister offensichtlich nicht zu lösen vermochte, bot ihm die ideale Möglichkeit, klarzustellen, wer hier der wahre Meister war.

Die Verwandtschaft von Seelenwelten, dem Schatthenreich und Nebendimensionen schien Grauen-Eminenz nicht vertraut zu sein, denn in seinen Aufschrieben war nichts davon zu finden.

Sich auf seinen sechsten Sinn verlassend, ließ Secret sich nochmals die Informationen durch den Kopf gehen.

Destiny konnte in Seelenwelten eindringen. Seelenwelten waren nicht von der Person getrennt, sie hatten keinen Wirklichkeitswert jenseits der Manifestation in der Person, der sie angehörte.

Grauen-Eminenz’ Schatthenreich dagegen war keine bloße Seelenwelt, sondern eine eigene Dimension, aber keine, die komplett von ihrem Erschaffer losgelöst war.

Wenn die verschollene Nebendimension jenseits des Ablebens ihres Schöpfers weiterexistierte, so musste sie eine Unabhängigkeit erreicht haben, die der des Schatthenreichs weit überlegen war.

Doch wie war eine solche Dimension dann zugänglich?

Destiny hatte Kräfte, um eine Seelenwelt sicht- und erfahrbar zu machen.

Ob Seelenwelten jenseits dessen überhaupt existierten, konnte Secret nicht mit Sicherheit sagen.

Eventuell erzeugte Destiny nur eine mit allen Sinnen erfahrbare Illusion, die die Hirnströme und Schwingungen der Person zu einer Seelenwelt verdichtete.

Für die Lösung dieses Rätsels war das nicht weiter von Bedeutung.

Secret wandte sich dem nächsten Punkt zu.

Grauen-Eminenz verband sein Schatthenreich durch Portale mit der realen Welt. Diese Portale musste er willentlich erschaffen und musste sie öffnen. Wenn das Portal für jeden offen gewesen wäre, wären sonst noch versehentlich Leute in sein Schatthenreich gestolpert.

Dementsprechend ging Secret davon aus, dass seine Wunde auch hier der Schlüssel gewesen war, der ihm den Zugang durch die Portale ermöglicht hatte.

Die Wunde wiederum war eine Verbindung zu Grauen-Eminenz dem Erschaffer des Schatthenreichs. Somit war der Schöpfer das ausschlaggebende Element.

Das hieß: Eine Seelenwelt war an eine Person gebunden, sowohl was ihren Standort, als auch ihren Zugang betraf.

Der Standort des Schatthenreichs war nicht mehr auf diese Weise an einen Menschen geknüpft, der Zugang jedoch schon.

Wenn man sich die Entwicklung von einer Seelenwelt zu einer Nebendimension auf einer Linie dachte, dann nahm der Grad der Selbstständigkeit auf dieser zu.

Dementsprechend ging Secret davon aus, dass sowohl die Lokalisation als auch der Zugang zu der verschollenen Nebendimension nicht personengebunden waren.

Es blieb die Frage, wie man sie aufspürte und betreten konnte.

Wenn eine Nebendimension völlig unabhängig war, wo befand sie sich dann? Schwirrte sie in den unendlichen Weiten des Alls wie Weltraumschrott, den jemand zurückgelassen hatte?

Aber auch Weltraumschrott war an die Naturgesetze gebunden, die im Weltraum vorherrschten, er bewegte sich auf geregelten Bahnen.

Gab es solche Gesetze auch für Seelenwelten und Nebendimensionen?

Es handelte sich dabei nicht um physikalisch messbare Entitäten, nichts für die reale Welt Existierendes, aber doch um etwas, das in sie eingebettet war.

Secret nahm sich einen Moment Zeit, um seinen Kopf frei zu machen. Er wusste, dass sich dann alles von selbst zu einem Ganzen verknüpfen würde. In einen vollen Geist konnten keine neuen Gedanken kommen, deshalb machte er sich leer.

Wie erwartet kamen ihm weitere Eingebungen.

Seelenwelten und Dimensionen waren vergleichbar mit Gedanken.

Gedanken waren nicht messbar, nur die elektrischen Ströme und die Arbeit des Gehirns konnten sichtbar gemacht werden, aber nicht der Gedanke selbst.

Wenn Nebendimensionen wie Gedanken waren, wie machte man einen Gedanken ausfindig?

Secret lauschte weiter seinen Eingebungen.

Gedanken schlossen sich in Gruppen zusammen, die nicht stetig waren, sondern sich ändern konnten. Andererseits, existierten Gedanken überhaupt, bevor sie jemand dachte? Wurden sie nicht erst zu Gedanken, wenn bestimmte Komponenten zusammenkamen?

Vielleicht kam es einem dann nur so vor, als hätte man den Gedanken schon einmal gehabt, weil der letzte die gleichen Eigenschaften gehabt hatte. So wie Erinnerungen vielmehr kreative Neuschöpfungen als präzise Wiedergaben der Vergangenheit waren.

Wenn nun diese Nebendimension in Wirklichkeit nur aus bestimmten Eigenschaften oder Informationen bestand, etwa wie eine DNA und sie sich erst entfaltete, wenn sie den Befehl dazu bekam?

Was war dann der Befehl?

Bei Gedanken war es der Wille und die unbewussten Überzeugungen des Denkenden.

Doch eine Nebendimension war unabhängig.

Wo würde sich eine heimatlose Ansammlung an Informationen, die zu etwas geformt werden konnte, aufhalten?

Wenn Gedanken als Information gespeichert wurden, dann würden diese sich in Gruppen aufhalten, dort wo später Gedanken vorzufinden waren.

Was wenn Nebendimesionen einander anzogen? War dann das Schatthenreich der Schlüssel zum Eintritt in die gesuchte Dimension?

Das Schatthenreich war schließlich eine Nebendimension – wenn auch mit nicht vollständig ausgeprägter Selbständigkeit.

Außerdem ergab das noch aus anderen Gründen Sinn.

Der Erschaffer der verschollenen Nebendimension hatte diese vor dem Zugriff des Pandämoniums schützen wollen.

Soweit Secret aus den Unterlagen entnommen hatte, war dieser Horst Krüger seiner Zeit der einzige im Pandämonium gewesen, der Nebendimensionen erschaffen konnte. Daher war es ein zusätzlicher Schutz, den Zugang zu der unabhängigen Nebendimension nur durch eine personenbezogene Dimension wie Grauen-Eminenz‘ Schatthenreich zu gewähren. Das bedeutete dann nämlich, dass der Zugang zu der verschollenen Dimension unmöglich war, bis zu dem Tag, an dem wieder eine personenbezogene Nebendimension existierte.

Das hieß, vom Schatthenreich aus sollte ein Portalzugang in die Nebendimension möglich sein.

Doch durch welchen Befehl?

Das Portal musste sich erst mit dem Informationsklumpen der Nebendimension verbinden, damit sich diese entfaltete.

Secret dachte darüber nach und entschloss sich dann, es einfach auszuprobieren.

Er brauchte nur ein Portal, dessen Verknüpfung nicht länger bestand.

Am Rechner suchte er nach Informationen zu den vorhandenen Portalen. Zum Glück verschlüsselte Grauen-Eminenz wirklich keine einzige Datei und schrieb sich zudem alles auf – wohl um zu verhindern, dass er vergaß, wo sich die Portale befanden und wo sie hinführten.

Secret lächelte. 

Zwar konnte er Seelenwelten nicht auf die Weise beeinflussen wie Destiny, aber seine Narbe verband ihn unabänderlich mit Grauen-Eminenz und der war in der Lage, Nebendimensionen zu erschaffen.

Wie schwer konnte das also sein?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Eine verschollene Nebendimension, unbekannte Formen von Lichtlosen, und ein Bedroher, der auf Rache aus ist, wenn das nicht die beste Mischung ist, um eine Explosion auszulösen.
Nächste Woche "Schnitzeljagd" oder eine Geburtstagsfeier der etwas anderen Art.

Ich hoffe, die dicht gedrängten Informationen haben euch nicht erschlagen und ihr freut euch auf das Kommende. (´▽`ʃ♡ƪ) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  RukaHimenoshi
2022-07-09T18:25:27+00:00 09.07.2022 20:25
Aaaaaaaah, ein Grauen-Eminenz Kapitel!!! Happy 🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰🥰

>Das war besser als ständig die gesamte Einrichtung in die Luft zu jagen.
Er lernt aus seinen Fehlern 👍 (oder eher aus seinen zerstörten Sesseln 😅)

>Dabei galt ein Dämon, wie in der griechischen Antike, als ein Geistwesen, dessen moralische Gesinnung nicht feststand.
Lol, Grauen-Eminenz erklärt mir, wie meine Geschichte funktioniert. 😂

Secret durchstöbert Grauen-Eminenz' Computer... Mein innerer Jack hofft, dass er zumindest seinen Browser-Verlauf gelöscht hat. 😅 Die Gedanken zu dem Schattenreich, Nebendimensionen und Seelenwelten waren sehr interessant aber es stimmt, es war wirklich viel Input für ein Kapitel. Aber sowas muss halt auch mal sein. 😆
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.07.2022 21:38
😂 Ich freue mich immer über deine Begeisterung für Grauen-Eminenz trotz Info-Dumps.

>Lol, Grauen-Eminenz erklärt mir, wie meine Geschichte funktioniert. 😂
😂😂😂

>Mein innerer Jack hofft, dass er zumindest seinen Browser-Verlauf gelöscht hat. 😅
Grauen-Eminenz ist nicht wirklich der Typ, der sich Pornos reinzieht. Das ist ihm viel zu doof. 😂
Antwort von:  RukaHimenoshi
09.07.2022 22:23
>>Mein innerer Jack hofft, dass er zumindest seinen Browser-Verlauf gelöscht hat. 😅
>Grauen-Eminenz ist nicht wirklich der Typ, der sich Pornos reinzieht. Das ist ihm viel zu doof. 😂
Jack: Wer hat was von Pornos gesagt? Hat außer mit ernsthaft niemand Videos von tollpatschigen Pandas und süßen Kätzchen im Verlauf, die jemand knallhart gegen einen mit hart erarbeitetem Bösewicht-Ruf verwenden könnte?! 😱
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.07.2022 22:28
Grauen-Eminenz würde knallhart behaupten, dass das Anschauungsmaterial ist, um Aggressionen für die Schatthenherstellung aufzubauen. Dass es so dumme, niedliche Kreaturen gibt, kann einen doch nur aggressiv machen. Wenn er sich Videos über Menschen anschaut, ist die Welle zu heftig und er muss wieder sein Büro neu einrichten. Tiervideos sind daher viel zielführender.
Antwort von:  RukaHimenoshi
09.07.2022 22:31
Hahahahaha, ihm würde man das in Kombination mit den Schatthen vielleeeeeiiiiicht sogar tatsächlich noch abkaufen können. 🤣🤣🤣
Antwort von:  Regina_Regenbogen
09.07.2022 22:34
Ich erinnere an Kapitel 88 (3. Band) Vorfurcht. Zitat:

Er brauchte ein Haustier!
Jawohl! So ein kleines, sich über seine Anwesenheit freuendes Lebewesen, das ihn überglücklich begrüßte und zu dämlich war, um seine schlechte Laune zu bemerken.
Er seufzte.
Als hätte er Zeit für ein Haustier…

Zitat Ende.
Von:  totalwarANGEL
2022-06-24T21:50:22+00:00 24.06.2022 23:50
> Schluss mit Alltag und fröhlicher Stimmung.
Na endlich. :)

> Um 1800 war das Pandämonium in Deutschland in Folge der Welle an Geheimgesellschaften gegründet worden.
Ich hätte gedacht, Irrenhäuser gab es schon viel länger...

> War ja klar, dass die immer was aus der griechischen Mythologie nehmen mussten.
Das ist wenigstens das Original. Die römische ist nur ein Abklatsch.

Schattengeselle XD

> Horst Krüger
Warum nicht gleich Lehmann Schulze? Oder heißt so der Präsident vom Pandämonium?

Moment mal? Wie kann der sechste Beschützer angezeigt werden, wenn sich Secret in der Pocket Dimension befindet? Also entweder ist der geheime Beschützer doch jemand anderes oder wer sich in der Pocket Dimension aufhält verlässt nicht physisch den Ort, an dem er sich in der Realität aufhält.

> Secret lächelte.
Geil! Ein eingebauter Hacking Kit!

Secret sollte eine Privatdetektei aufmachen...

> Wenn eine Nebendimension völlig unabhängig war, wo befand sie sich dann?
Also wenn wir mal physikalisch an die Sache herangehen und davon ausgehen, dass eine Pocket Dimension ein eigener Raum ist, der vom Raum unseres Universums getrennt ist, dann kann Secret sich auf den Kopf stellen... Das Ding findet niemand, weil die gesamte Energie des Universums nicht ausreicht, um es zu verlassen.

> Wie schwer konnte das also sein?
Ich bin mal wieder hin und weg von Secret. <3
Antwort von:  Regina_Regenbogen
25.06.2022 00:59
>> Schluss mit Alltag und fröhlicher Stimmung.
>Na endlich. :)
😂Manchmal bin ich erstaunt, dass du dir diese Geschichte antust.

>Ich hätte gedacht, Irrenhäuser gab es schon viel länger...
Tatsächlich waren Irrenhäuser eine späte Entwicklung, das erste wurde 1784 in Wien eröffnet. Das erste in Deutschland 1805.

>Das ist wenigstens das Original. Die römische ist nur ein Abklatsch.
Ja, das Pandämonium hat's halt drauf, ne?

>Schattengeselle XD
Besser als Bachelor of Schatthenherstellung 🤣

>Warum nicht gleich Lehmann Schulze? Oder heißt so der Präsident vom Pandämonium?
Lehmann und Schulze, find ich gut, werd ich mir merken. 😆

>Moment mal? Wie kann der sechste Beschützer angezeigt werden, wenn sich Secret in der Pocket
>Dimension befindet? Also entweder ist der geheime Beschützer doch jemand anderes oder wer
>sich in der Pocket Dimension aufhält verlässt nicht physisch den Ort, an dem er sich in der
>Realität aufhält.
Am liebsten würde ich jetzt was dazu sagen, aber ich weiß nicht, ob das irgendwie spoilern würde. Eigentlich nicht, aber vielleicht ja doch. Hm.

>> Secret lächelte.
>Geil! Ein eingebauter Hacking Kit!
Tja, man sollte sich gut überlegen, wem man Informationen über das Schatthenreich einpflanzt. 🤣

>Also wenn wir mal physikalisch an die Sache herangehen und davon ausgehen, dass eine Pocket
>Dimension ein eigener Raum ist, der vom Raum unseres Universums getrennt ist, dann kann
>Secret sich auf den Kopf stellen... Das Ding findet niemand, weil die gesamte Energie des
>Universums nicht ausreicht, um es zu verlassen.
Da Secret aber davon ausgeht, dass z.B. das Schatthenreich an Grauen-Eminenz gekoppelt und dadurch in unsere Welt eingelassen ist, geht er davon aus, dass auch diese Nebendimension allein aufgrund der Herstellung durch einen Menschen nicht komplett von der Realität losgelöst ist.

>Ich bin mal wieder hin und weg von Secret. <3
😂 Das freut mich!



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