Zum Inhalt der Seite

Balance Defenders

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Zum ersten Mal trainiert Erik mit den anderen. Doch während Unite und Change gemeinsame Flugstunden absolvieren, kommt es bei den anderen zu Problemen. Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Grenzüberschreitung


 

Grenzüberschreitung

 

„Jeder Freund eröffnet uns eine neue Welt, die erst durch die Begegnung mit ihm geboren wird.“

(Anais Nin)

 

Trust hatte sich sitzend hinter Destiny platziert und versuchte vergeblich, Ewigkeits Gedanken ausfindig zu machen. Ihre ständigen Ortswechsel waren nicht das einzige Problem.

Destinys Frustration, die er auch ohne Telepathie und Unites Kräfte überdeutlich spüren konnte, zog seine Aufmerksamkeit immer wieder auf sich. Nicht nur weil sie dauernd aufgebrachte Geräusche ausstieß. Ihre Wut löste das drängende Gefühl in ihm aus, irgendetwas unternehmen zu müssen, um ihr das Leben zu erleichtern. Nur konnte er das nicht. Und Destiny in dieser Stimmung anzusprechen, hätte sicher nur dazu geführt, dass sie ihre Laune an ihm ausließ.

Bei einem Blick in die Richtung von Erik und Desire konnte er erkennen, dass auch bei Desire keine Fortschritte zu verzeichnen waren.

Wieder stieß Destiny einen lauten Schrei aus und riss dabei die Arme von der Mitte ihrer Brust nach außen, als wolle sie eine Stichflamme erzeugen.

Zu Trusts völliger Überraschung blieb Ewigkeit tatsächlich in der Luft stehen.

Automatisch kam er auf die Beine, um zu kontrollieren, ob Ewigkeit sich nicht nur aus Schabernack nicht bewegte.

Auch Destiny starrte fassungslos auf Ewigkeit, als zweifle sie daran, wirklich erfolgreich gewesen zu sein. Doch, soweit Trust es einschätzen konnte, war das Schmetterlingsmädchen wirklich paralysiert!

„Du hast es geschafft.“, entfuhr es ihm.

Destiny schaute geradezu ängstlich, als zweifle sie noch immer an ihrem Erfolg oder hielte das Ganze für einen Zufall.

Trust dagegen nahm an, dass es ihr gelungen war, den Radius ihrer Attacke auszuweiten. Er schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln und sah, dass ihre Anspannung endlich etwas nachließ. Sie wirkte jedoch zu erschöpft, um sich wirklich über diese Errungenschaft zu freuen.

Trust drehte sich in die Richtung von Change und Unite und rief ihnen telepathisch zu, dass Unite jetzt Ewigkeit läutern könne.

 

Destinys Muskeln schmerzten von dem ganzen Kräfteeinsatz. Die Anspannung war auf Dauer einfach anstrengend.

Durfte sie sich wirklich loben? Wahrscheinlich war es ja doch nur ein Glückstreffer gewesen. Ewigkeit war aber auch schnell!

Plötzlich hörte sie Unite laut und euphorisch ihren Namen schreien. Ziemlich verlegen drehte sie sich in ihre Richtung, darum bemüht, nicht zu zeigen, wie viel es ihr bedeutete, dass Unite ihren Erfolg feierte.

Im nächsten Moment waren Unite und Change verschwunden.

Destiny drehte ihren Kopf wieder in Ewigkeits Richtung und erkannte, dass die beiden auf Höhe von Ewigkeit schwebten.

„Wow!“, rief Unite an Change gewandt. Dieser grinste Destiny breit an.

Ihr Mund verzog sich. Wollte er sie etwa beschämen? Nur weil er es immer in Windeseile schaffte, seine Fähigkeiten zu verbessern, musste er sich nichts darauf einbilden!

Ein Schmerzenslaut riss sie aus ihren missmutigen Gedanken.

Geschockt wirbelte sie zu Trust herum. Im gleichen Moment standen Change und Unite neben ihm.

„Was ist?“, rief Change hektisch und legte Trust eine Hand auf den Rücken, Unite hatte sofort Trusts Arm ergriffen.

Trust hielt sich den Kopf. „Nichts. Ich… Da war etwas Seltsames, als ich versucht habe, Ewigkeits Gedanken zu lesen.“

Destiny sah zurück auf Ewigkeit. Die Kleine war noch immer paralysiert. Derweil waren auch Desire und Erik zu ihnen gerannt gekommen.

„Es ist alles gut.“, versicherte Trust. Die Aufmerksamkeit war ihm sichtlich unangenehm.

„Was war?“, drängte Erik zu erfahren.

„Er konnte Ewigkeits Gedanken nicht lesen.“, antwortete Unite, wohl um Trust zu entlasten.

Destiny erinnerte sich daran, dass Ewigkeit sich schon in der Vergangenheit dagegen gewehrt hatte, Unites Gefühlsübertragung anzunehmen. Aber das hatte Unite keine Schmerzen bereitet.

„Es war nichts Schlimmes.“, versuchte Trust nochmals die Besorgnis der anderen zu mildern.

Erik warf ihm einen tadelnden Blick zu, als missbillige er es, dass Trust den Vorfall herunterspielte.

Desire wandte sich an Trust. „Was genau hast du denn gespürt?“

Trust schien darüber nachzudenken. „Es war wie ein Stechen.“

Ohne Vorwarnung teleportierte Change zu Desire, nahm sie an der Hand und verschwand.

Destiny drehte sich zu Ewigkeit. Wie sie vermutet hatte, schwebten die beiden auf der nötigen Höhe, um Ewigkeit zu läutern. Wenige Momente später standen Change und Desire mit Ewigkeit neben ihr.

„Alles okay?“, erkundigte sich Trust bei Ewigkeit.

Sie kam nicht dazu zu antworten, denn auch Erik richtete das Wort an sie. „Darf Vertrauen deine Gedanken lesen?“

Ewigkeit blinzelte, statt wie üblich freudig zu nicken, antwortete sie nicht.

Das machte Destiny stutzig. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Ewigkeit Trust absichtlich Schmerzen zufügte.

Erik teilte Trust seine Vermutung mit: „Vielleicht gibt es eine Art Rückstoß, wenn du versuchst die Gedanken von jemandem zu lesen, der das nicht möchte.“

Irgendwie wirkte Trusts Gesichtsausdruck sehr ernst. Sein Blick war auf Ewigkeit fixiert. Glaubte er etwa an eine tiefere Bedeutung hinter Ewigkeits seltsamer Abwehr seiner Kräfte?

„Die Plagen werden auch nicht zulassen, dass ich ihre Gedanken lese.“, sagte Trust gedämpft.

Destiny stockte. Erik nickte.

„Was wollt ihr damit sagen?“, fragte Desire in einem so empörten Ton, als wisse sie genau, was die beiden damit andeuten wollten.

Eriks Miene blieb kalt. „Dadurch ist sie das beste Übungsobjekt.“

„Das ist doch nicht euer Ernst!“, rief Desire aufgebracht.

Trust sah sie nicht an.

„Das könnt ihr nicht machen!“, begehrte sie auf.

Erik fuhr sie grob an. „Kümmere du dich lieber um deinen Schutzschild!“

Desire funkelte ihn wütend an. „Ewigkeit hat es nicht verdient, so behandelt zu werden!“

Die Diskussion ging zu schnell, als dass Destiny sich positionieren konnte. Sie wollte Ewigkeit auch nicht opfern, aber ...

„Und wie soll Trust es sonst üben?“, donnerte Erik. „Hast du daran vielleicht schon mal gedacht?“

Desires Erregung erreichte ihren Gipfel. Sie schrie: „Er könnte ja deine Gedanken lesen! Du willst das sicher auch nicht!“

Entsetzen packte Destiny. Sie riss ihren Kopf herum, um Eriks Gesicht zu sehen. Seine Miene war zu einer abweisenden Maske geworden.

Wie konnte Desire nur so unglaublich unsensibel sein, wenn es um ihn ging? Destiny fürchtete, dass die Situation noch mehr eskalierte, wenn niemand etwas unternahm.

Sie erhob die Stimme. „Hört auf euch gegenseitig anzuschreien!“

„Sagt die Richtige!“, blaffte Desire, wie sie es eben tat, wenn sie keine Kontrolle mehr über ihre Gefühle hatte. Dennoch fühlte Destiny den Treffer.

Sie durfte sich davon nicht beirren lassen! Die beiden sollten einander nicht noch mehr verletzen, daher wandte sie sich an Trust, Mit klopfendem Herzen presste sie Worte hervor: „Ich möchte nicht, dass du meine Gedanken liest. Aber ich weiß, sie sind bei dir sicher.“

Trust wirkte auf ihre Worte hin regelrecht schockiert. 

Ihre Schultern hoben sich unwillkürlich an. Am liebsten wäre sie weggelaufen. „Wenn du an jemandem üben willst, dann tu es an mir.“

Plötzlich starrten alle sie an.

„Bist du wieder besessen?“, fragte Change ungläubig und legte ihr die Hand auf die Stirn, als wolle er ihre Temperatur fühlen.

„Halt die Klappe!“, fauchte Destiny und schlug seine Hand weg.

Wie konnte der Trottel sie einfach so anfassen?! Der dachte auch nie nach, was das in ihr auslöste, dieser –

Change zuckte so abrupt zurück, als habe sie ihm plötzlich Angst eingejagt. In seinen Augen stand eine Verletzlichkeit, die Destiny den Atem raubte. Reuevoll zog sie den Kopf ein und unterdrückte den Impuls, in Tränen auszubrechen. Was sie ihm unter dem Einfluss der Plage angetan hatte, wirkte noch immer nach. Sie schämte sich unsäglich dafür.

Kurz herrschte Schweigen. Dann schwebte Ewigkeit zu ihr und landete auf ihrem Kopf, dabei feine Glöckchenlaute erzeugend.

Vielleicht kam es Destiny nur so vor, aber vielleicht wollte die Kleine sich ja auch wirklich bei ihr dafür bedanken, dass sie sie davor bewahrt hatte, ihre Gedanken offenbaren zu müssen.

„Bist du jetzt zufrieden?“, knurrte Erik Desire an. Er klang immer noch extrem gereizt. Destiny verstand das. Dass ausgerechnet Desire ihn so angegriffen hatte, musste ihm schwer zugesetzt haben.

Desire antwortete nicht. Es war offensichtlich, dass sie wütend auf Erik war. Wie sehr sie ihn gerade verletzt und sein Vertrauen missbraucht hatte, begriff sie wohl nicht. Wortlos wandte sie sich um und ging zurück an die Stelle, an der sie zuvor trainiert hatten. Übellaunig folgte Erik ihr.

Destiny hatte kein gutes Gefühl dabei, aber sie wusste auch nicht, was sie noch hätte tun sollen. Desire und Erik waren beide zu stolz und dickköpfig, um die Sache auf sich beruhen zu lassen.

 

Desire war erzürnt und erinnerte sich daran, dass Secret behauptet hatte, dass sie dadurch den Schutzschild stärker machen konnte. Doch eigentlich war ihr das gerade völlig egal! Am liebsten hätte sie Erik angeschrien, was ihm einfiel, über Ewigkeits Kopf hinweg entscheiden zu wollen! Was bildete er sich ein?! Oh, sie hätte ausrasten können!

Sie rief ihren Schutzschild und drehte sich mit feindseligem Blick zu Erik um. Dieser sah genauso grimmig aus und schritt ohne Probleme durch den Schild hindurch.

Das war so frustrierend!!! Egal was sie machte, er konnte einfach hindurchgehen!

„Hast du schon mal daran gedacht, dass dein Problem ist, dass du immer die Gute, Nette sein willst?“, spie Erik aus.

Desire biss die Zähne zusammen. Ein neuer Schutzschild entsprang ihrer Körperoberfläche und sie weitete ihn rasant aus, in einem Versuch, Erik damit von sich zu schleudern. Doch der Schild machte ihm gar nichts. Das ärgerte sie entsetzlich!

„Du kannst nicht immer lieb und nett sein.“, zischte Erik, während er auf sie zu lief.

Wieder rief Desire einen Schild und ließ ihn auf Erik zurasen, doch noch immer nützte es nichts.

Erik ging einen weiteren Schritt auf sie zu, stand nun direkt vor ihr. Sein Gesicht war voll Verachtung. „Wenn du nicht willst, dass jemand deine Grenzen überschreitet, solltest du lernen, sie zu verteidigen.“

Desire spürte den Impuls ihn mit den Händen von sich wegzustoßen: „Hör auf!“, verlangte sie.

„Das wird dir bei den Plagen nichts nützen!“, schrie er sie drohend an.

Desire biss sich auf die Unterlippe. Sie war kurz davor, vor lauter Frustration und Wut zu weinen. Sie rief einen weiteren Schutzschild, aber hatte gar nicht mehr die Kraft, ihn überhaupt aufzubauen. Vergebens versuchte sie, das Gefühl der Ohnmacht unter Kontrolle zu bringen.

 

Desires verzweifelte Miene machte Erik schlagartig klar, dass er zu weit gegangen war.

Dass sie vorgeschlagen hatte, Trust solle seine Gedanken lesen, war einfach zu empörend gewesen, als dass er noch Rücksicht auf sie hätte nehmen wollen.

Er setzte dazu an, etwas zu sagen, wusste aber nicht was, und musste mit seinen eigenen Gefühlen ringen.

Schließlich holte er nochmals Luft, um seine Wut zu kontrollieren. Sein Ton wurde gefasst. „Stell dir vor, ich wäre dein Feind.“

Desire hob den Blick und er meinte, jähes Entsetzen in ihren Augen zu lesen.

Was?

„Ich brauche eine Pause!“ Überstürzt eilte sie davon und verschwand hinter der Tür, die zu den Zimmern führte.

Er konnte das beim besten Willen nicht nachvollziehen.

Entnervt stöhnte er und wollte sich auf den Weg machen, ihr zu folgen.

„Erik.“ Trusts Stimme.

Zu seiner Verwunderung kam der Beschützer in seine Richtung.

„Ich rede mit ihr.“

Erik atmete aus und musste sich eingestehen, dass er gerade nicht in der Lage war, mit Desire zu sprechen. Dazu war er selbst noch viel zu aufgebracht.

„Tu das.“, sagte er hart.

Trust entfernte sich und gab ihm dadurch Zeit, erst mal wieder zu sich selbst zu finden.

Auch wenn er sich einzureden versuchte, dass Desire nur aus Wut gesagt hatte, Trust solle seine Gedanken lesen, spürte er immer noch den Impuls, sie dafür zu bestrafen.

Verdammt!

Dann fiel ihm wieder ihr Gesichtsausdruck ein, als er gesagt hatte, sie solle sich vorstellen, er wäre ihr Feind.

Er hob den Blick und ging schnellen Schrittes zu den anderen.

„Was hat das zu bedeuten?!“, forderte er zu erfahren und merkte, dass sein Tonfall zornig klang.

Destiny, Change und Unite konnten seine Frage offensichtlich nicht zuordnen.

Erik stieß die Luft aus und überlegte, wie er das erklären konnte.

War es nicht naheliegend, dass Desire Angst hatte, dass er zu ihrem Feind wurde? Schließlich wussten sie nicht, was der Schatthenmeister mit ihm gemacht hatte. Dennoch wirkte ihre Reaktion zu heftig.

„Wieso hat Desire Angst, dass ich euer Feind werde?“

Die anderen sahen ihn nur an, ohne zu antworten.

„Was ist damals im Schatthenreich wirklich passiert?“, präzisierte er seine Frage.

Unite und Change wechselten einen kurzen Blick aus, schwiegen jedoch. Ewigkeit schien genauso planlos zu sein wie er und Destiny ließ den Kopf hängen. Einen weiteren Moment musste er warten.

In gepresstem Ton eröffnete Destiny: „Ich habe euch angegriffen.“

Ein erschrockener Glöckchenklang kam von Ewigkeit. Erik konnte das nicht glauben.

Sofort widersprach Change: „Mann, du warst nicht du selbst!“

„Ich war ich selbst!“, beharrte Destiny.

Erik fühlte sich jäh an die Begebenheit mit der Plage erinnert. Auch von ihr war Destiny nicht im eigentlichen Sinne kontrolliert worden.

Change blieb vehement. „Warst du nicht! Das waren die Spiegel! Sonst hättest du das nicht gemacht!“

Die Reue war Destiny deutlich anzusehen. Auch wenn Erik keine Ahnung hatte, was damals vorgefallen war.

„Tiny!“, schimpfte Change, als ärgere er sich darüber, dass sie sich Vorwürfe machte.

Destiny schrie: „Ich hätte euch fast umgebracht!“

Noch immer fiel es Erik schwer, sich das vorzustellen, sicher übertrieb Destiny bloß wieder. Ewigkeit war derweil zu ihm geschwebt, als sei sie genauso bestürzt über diese Enthüllung wie er.

„Mann, das ist schon ewig her.“, grummelte Change geradezu eingeschnappt. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Damals hast du nicht so ein großes Drama drum gemacht.“

Destiny schaute unglücklich.

„Hör auf, darüber nachzudenken!“, forderte Change lautstark.

Destiny kreischte in einer Mischung aus Wut und Hilflosigkeit. „Weil du es so magst, wenn ich dich angreife!“

Change verzog das Gesicht und drehte den Kopf weg.

Beschämt und reuevoll senkte Destiny den Blick.

Erik unterdrückte ein Stöhnen. Diese beiden waren wirklich unfähig, miteinander umzugehen! Glücklicherweise erbarmte sich Unite und klärte ihn und Ewigkeit darüber auf, was damals geschehen war.

„Im Schatthenreich sind wir voneinander getrennt worden. Wir sind in Spiegelräumen aufgewacht. Und … diese Spiegel haben uns schmerzhafte Erinnerungen gezeigt.“ Sie legte eine Pause ein.

„Destiny – sie“ Nochmals unterbrach sich Unite. „ Sie ist dadurch … Sie hat alles als Bedrohung angesehen und hat unkontrolliert ihre Energie freigesetzt.“ Ihre Stimme schrumpfte zusammen. „Sie wäre fast gestorben.“

Das war nicht geschauspielert, das konnte Erik sehen. Und wenn schon Unite ein so leidendes Gesicht bei der Erinnerung zog…

Erik drehte sich zu Destiny.

Diese machte den Anschein, als wolle sie auf keinen Fall, dass ihr jemand ansah, wie sehr diese Situation sie noch immer belastete. Ihre Stimme sollte wohl kontrolliert klingen, doch in Wirklichkeit bebte sie. „Klar will sich Desire nicht vorstellen, gegen dich kämpfen zu müssen.“

Erik ließ seinen Blick über sie und die anderen schweifen.

Geräuschvoll atmete er ein und aus. „Bei den Plagen müsst ihr darauf gefasst sein, einander als Feind gegenüberzustehen. Das sollte euch klar sein.“

Ewigkeit schlug betreten die Augen nieder.

Change versuchte auf seine gewohnte Art, Destiny aufzumuntern.

„Siehst du, durch dich sind wir schon auf alles gefasst!“, scherzte er und grinste. Doch wie üblich fand Destiny das nicht witzig.

Das wiederum regte mal wieder Change auf. „Hör auf, so negativ zu sein!“

Wie so oft, wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie sonst reagieren sollte, wurde Destiny patzig. „Ich kann so negativ sein wie ich will!“

Change schürzte unwillig die Lippen, wie immer beleidigt, dass seine Bemühungen von ihr nicht honoriert wurden.

Davon durcheinander gebracht, wirkte Destiny jäh geradezu ängstlich. „Es tut mir einfach leid.“

Okay, das war neu. Sonst war Destiny nie so ehrlich Change gegenüber. Jedenfalls hatte Erik das bisher noch nicht erlebt. Normalerweise wurde sie in solchen Momenten nur noch lauter und giftiger zu ihm.

Dafür reagierte Change leider allzu gewohnheitsmäßig.

„Keinen interessiert das mehr.“, knurrte er, anstatt den Moment zu nutzen, um Destiny etwas Liebevolleres zu sagen und dadurch ihre Gunst zu gewinnen.

Erik unterdrückte ein Seufzen.

Destiny sprach kleinlaut: „Mich interessiert es.“

Eine weitere Chance! Erik warf Change einen fordernden Blick zu, den dieser jedoch gekonnt ignorierte.

„Du bist nicht mehr wie damals!“, rief Change. „Du hast dich verändert!“ Abrupt verzog sich sein Gesicht, als wäre ihm etwas peinlich. „Oder Schicksal oder so.“, fügte er kleinlaut hinzu.

Erik schwankte zwischen Belustigung und Mitleid. Ohne Changes Ergänzung wäre sicher niemandem aufgefallen, dass er das Wort ‚verändert‘ auf sich und seinen Beschützernamen bezogen hatte. Doch nun hatte es wirklich jeder verstanden, auch Destiny, die mit einem Mal verlegen wirkte.

Erik wusste ehrlich nicht, ob er darauf hoffen sollte, dass die beiden sich endlich ihre Gefühle für einander eingestanden, oder ob er sich davor fürchten sollte. Denn ganz offensichtlich waren sie noch viel zu unreif, um eine Beziehung zu führen, die nicht in einem melodramatischen Chaos mit zahllosen Missverständnissen und Tränen endete. Er verdrehte die Augen.

„Wir haben uns alle verändert!“, rief Unite – wohl in einem Versuch, die Situation zu retten.

Kurz fragte er sich, wie oft sie das schon gemacht hatte, wenn die beiden sich mit ihrem unkontrollierten Temperament und ihrem tölpelhaften Ungeschick wieder in eine ausweglose Situation manövriert hatten.

Unite kicherte und klopfte Change anerkennend gegen den Oberarm – um seine Schulter zu erreichen, hätte sie sich zu sehr strecken müssen – und deutete damit wohl an, dass das sein Verdienst war. Sofort kam auch Ewigkeit herbeigeflogen, wie um Changes Leistung zu würdigen.

„Ich hab damit nichts zu tun.“, knarzte er.

Es war wirklich paradox, dass Change ständig Aufmerksamkeit verlangte, aber nicht wirklich damit klarkam, wenn er welche bekam.

Unite lachte, als wolle sie damit Change widersprechen. Auch wenn Erik davon ausging, dass Unite das tat, um Changes Gefühl von Selbstwirksamkeit zu stärken, konnte er nicht umhin, ihre Andeutung kurz zu hinterfragen.

Ja, sie alle hatten sich verändert seit dem Tag ihrer Begegnung. Doch nicht nur Change, sondern jeder einzelne von ihnen hatte dazu beigetragen. Auch wenn er nicht wusste, ob diese Veränderung immer zum Guten gewesen war, konnte er nicht umhin, eine leise Dankbarkeit dafür zu empfinden, dass aus diesen fünf Fremden Menschen geworden waren, deren Nähe er suchte. So unwahrscheinlich ihm dies rückblickend auch erscheinen mochte. Der Gedanke verleitete ihn zu einem leisen amüsierten Schnauben.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Während die anderen Erik auf andere Gedanken gebracht haben, widmet sich Trust Desire. Doch wird es ihm gelingen, sie zu beruhigen, nachdem er dazu bereit war, Ewigkeits Gedanken gegen ihren Willen zu lesen?
Das erfährt ihr nächstes Mal in "Eigenbeschuss". Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  totalwarANGEL
2023-03-11T12:53:24+00:00 11.03.2023 13:53
> „Jeder Freund eröffnet uns eine neue Welt, die erst durch die Begegnung mit ihm geboren wird.“
Ja, diese Ananas hat da was kluges abgelassen. 😂

> Trust dagegen nahm an, dass es ihr gelungen war, den Radius ihrer Attacke auszuweiten.
Das ist doch aber keine Lösung. Nur den Radius zu erweitern hilft nicht, wenn die Gegner noch
schneller werden. Sie sollte stattdessen auf Attack Speed skillen.

Das Erik donnert gefällt mir als Wortspiel. :)

> „Hast du schon mal daran gedacht, dass dein Problem ist, dass du immer die Gute, Nette sein willst?“, spie Erik aus.
Ja genau. Mach mal ein paar scharfe Stacheln an den Schild.

> „Ich kann so negativ sein wie ich will!“
Genau! Das ist ein freies Land! 😈

> anstatt den Moment zu nutzen, um Destiny etwas Liebevolleres zu sagen und dadurch ihre Gunst zu gewinnen.
Jap, dieser Trottel.

> Er verdrehte die Augen.
Ich bin bei dir, Bruder...
Meine sind schon so weit verdreht, dass man nur noch weiß sieht...

Ich sehe das so wie Erik.
Serena und Vitali bedeutet Katastrophe. 😁
Wäre sicher lesenswert... 😈


Zurück