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Der Untergang der Isekai

von

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Ratsversammlung

Holzstühle kratzten über den Boden, während auch die letzten Mitglieder des Rats an dem runden Tisch Platz nahmen. Nur zwei der 13 Stühle blieben unangetastet. Ich seufzte lautlos. „Schön. Wie ich sehe, sind wir vollzählig, dann können wir ja anfangen.“

„Was ist mit Madame Tredwell?“ fragte Meister Nate.

„Aufgrund der jüngsten Ereignisse hat sie sich eine Auszeit genommen.“

Ares faltete seine Hände ineinander, sah mich durchdringend an. „Wo wir schon dabei sind, wissen wir etwas Neues über den Anschlag auf Meister Lyman?“

„Nein, die Befragung des Mörders ergab keine neuen Ergebnisse“ sagte ich ausweichend. „Jesse ist in diesem Moment bei ihm und versucht es weiter. Fest steht aber, dass er Hilfe aus dem Palast erhalten hat.“

Ein Raunen ging durch die Runde, unsicheres Gemurmel folgte. Jetzt in den Angriff zu gehen war riskant, aber ich wollte ihre Reaktion im Auge behalten. Die Personen, die ich am ehesten verdächtigte, ließen keine Emotionen nach außen strahlen, oder zeigten sich überrascht. Dabei hatte ich gehofft, sie würden sich irgendwie verraten. Zumindest einer von ihnen.

„Wie kommt Ihr darauf?“ fragte Meister Reiji sachlich.

„Bakura ist nur ein kleiner Fisch, der in seinem Leben noch nie im Palast war. Trotzdem hat er es irgendwie geschafft an den Wachen vorbeizukommen und Meister Lyman zu töten. Die Gründe dafür verschweigt er weiterhin.“

Meister Gozaburos kalter Blick wanderte zu Meister Damian. „Ich dachte, so etwas wäre durch Euren Trank kein Problem.“

Dieser nickte, sah flüchtig zu mir, bevor er seine Antwort gab. „Die Nutzung ist sehr riskant. Außerdem dauert die Herstellung drei Tage.“

„Aber wir haben ihn doch schon vor etwa einer Woche gefasst“ bemerkte Crowler irritiert.

„Meister Damian hat auf meinen Befehl gehandelt“ stellte ich klar. „Die Wirkung des Tranks wünscht man nicht einmal seinem schlimmsten Feind. Selbst mein Vater hat sich im Krieg dagegen ausgesprochen, wie ihr wisst.“

Ein leises Schnauben erklang, doch seinen Ursprung konnte ich nicht ausmachen.

„Wird er bald fertig sein?“ fragte Meister Reiji.

Ich nickte zerknirscht. „Sollte der Gefangene bis morgen Mittag nichts Neues zu dem Anschlag erzählen können, werden wir ihn einsetzen.“

„Das halte ich für angemessen“ schaltete sich Meister Stone ein. „Sollte es wirklich eine Lücke in unserer Verteidigung geben, müssen wir den Maulwurf unverzüglich aus dem Verkehr ziehen. Sonst war der Anschlag auf Meister Lyman vielleicht nicht der letzte.“

Zustimmendes Gemurmel folgte. Auch ich nickte meinem Berater zu. „Wir müssen behutsam vorgehen. Wenn diese Information in Umlauf gerät, könnte es Panik im Palast oder sogar im Volk auslösen. Aus diesem Grund lege ich es in Eure Verantwortung, dass diese Sache unter Verschluss bleibt und der Maulwurf gefasst wird.“

„In meiner?“ fragte er irritiert. „Aber was verschafft mir die Ehre, mein König?“

„Ihr seid fähig für diese Aufgabe. Wenn die ganze Sache vorbei ist, will ich Euch zur Belohnung aus meinem Dienst entlassen und in den Ruhestand schicken.“

„Aber König Haou!“ Meister Crowler war aufgestanden, stützte sich auf dem Tisch ab. „Wieso, um alles in der Welt, schickt Ihr Euren Berater ausgerechnet jetzt in den Ruhestand?“

Stone sah mich nur versteinert an. Jedoch erkannte ich ein freudiges Funkeln in seinen Augen.

„Habt Ihr einen Nachfolger im Sinn?“ fragte Meister Nate.

Ich nickte. „Jesse.“

„Ist mein Neffe nicht noch etwas jung für einen so wichtigen Rang?“

„Meister Ares hat recht, außerdem ist Jesse nicht einmal ein Mitglied des Rates.“

Einen kurzen Blick warf ich auf Meister Gozaburo. „Nirgendwo steht geschrieben welches Alter ein Berater haben muss. Ich halte Jesse durchaus für fähig genug für diesen Posten. Wer erhebliche Bedenken gegen diesen Vorschlag hat, kann sie jetzt vorbringen, ansonsten werde ich Jesse nach Abschluss der Untersuchungen über den Anschlag zu meinem Berater ernennen und er erhält damit automatisch die Mitgliedschaft im Rat.“

Meister Gozaburo massierte sich die Nasenwurzel, sah mich einen Moment forschend an. „Ich habe erhebliche Bedenken bezüglich seiner Erfahrung. Ich kann nicht guten Gewissens zustimmen einem solchen Jungspund einen so wichtigen Posten zu geben.“

„Mein Posten ist etwas wichtiger, meint Ihr nicht?“ Fragend betrachtete er mich, also sprach ich weiter. „Ich war nicht älter als er, und dennoch wurde ich in jungen Jahren König.“

„Das ist doch etwas völlig anderes!“

„Warum? Nur, weil Ihr bei meiner Ernennung keine Wahl hattet?“

„Auf dem Thron kann nur ein Mitglied der königlichen Blutlinie Platz nehmen. Ein Berater wird jedoch nach seinen Fähigkeiten und Erfahrungen ernannt. Bei allem Respekt, mein König, aber das ist nicht zu vergleichen.“

Ein belustigtes Schmunzeln legte sich auf meine Lippen. Jetzt hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte. „Soweit ich weiß, hat Meister Stone diesen Posten seinerzeit aufgrund seines strategischen Geschicks erhalten, liege ich da richtig?“ fragte ich in Stones Richtung. Dieser nickte nur irritiert. „Im letzten Krieg gab es nur eine einzige Einheit, deren Mitglieder nach der Schlacht alle noch am Leben waren. Dieses Wunder hatten sie dem strategischen Geschick ihres Truppenführers zu verdanken.“

Meister Nate zog eine Augenbraue in die Höhe. „War das nicht Eure Einheit, mein König?“

Ein kleines Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Wie ich meinem Vater damals schon sagte: Jesse hatte erheblich dazu beigetragen, dass wir keine Opfer zu beklagen hatten. Nur weil er für jede Eventualität einen Plan hatte, sind viele unserer Krieger noch am Leben. Er konnte sich gegen die weit älteren Soldaten behaupten und ich würde ihm ohne weiteres mein Leben anvertrauen. Es gibt keinen besseren für diesen Posten.“

Betretenes Schweigen schlich sich in die Runde. Ares lächelte stolz über die Lobeshymne auf seinen Neffen. Ihn hatte ich wohl überzeugt. Blieb zu hoffen, dass die anderen es auch eingesehen hatten. Ein herzhaftes Lachen durchschnitt die Stille, alle Anwesenden sahen irritiert zu Stone, der sich gemächlich erhob und mich zufrieden betrachtete. „Ihr kommt ganz nach Eurem Vater, mein König. Ich bin der festen Überzeugung, dass Meister Jesse ein würdiger Nachfolger für meinen Posten sein wird. Ungeachtet seines Alters, meinen Segen habt ihr. Wenn es irgendjemanden in diesem Raum gibt, der weitere Bedenken hat, soll er sie jetzt äußern, ansonsten würde ich meinen, dass bei der nächsten Ratsversammlung statt meiner, wohl Meister Jesse anwesend sein wird.“

Ich warf Stone einen dankbaren Blick zu, beobachtete die anderen Meister. Ganz überzeugt sahen einige noch nicht aus, doch niemand wagte es, einen weiteren Einspruch zu erheben.
 

„Dann ist es beschlossen“ meldete sich Ares zu Wort, blickte ebenfalls in die Runde. „Jetzt, wo das geklärt ist, würde ich gern einen weiteren Punkt ansprechen.“ Ernst betrachtete er mich. "Es geht um Euren Schützling, mein König.“

Durchdringend sah ich Ares an. Nach dem Auftritt von Sternenstaubdrache vor einigen Tagen wunderte ich mich nicht, dass die ersten Stimmen gegen Yusei laut wurden. „Gab es Beschwerden aus dem Volk?“ fragte ich gezielt nach, war das doch meine erste Vermutung.

„Nein, die Lage in der Stadt hat sich schnell wieder beruhigt.“

Seine Worte erleichterten mich, wie sie mich auch verwunderten. „Was ist dann das Problem?“

Aus seiner Tasche holte er ein dickes, altes Buch hervor. Ich musste den Einband nicht lesen, um zu wissen, worum es sich handelte. Darin waren unsere Gesetze niedergeschrieben. Ernst beobachtete ich ihn, als er es aufschlug und eine bestimmte Seite suchte. „Der einzige Grund, aus dem wir damals zugestimmt hatten, ihn im Palast aufzunehmen war der, dass er eines Tages als Späher in die andere Welt geschickt werden sollte. Bisher hat er jedoch lediglich die Grundausbildung abgeschlossen.“

Ich stutzte. Sollte er seine Ausbildung bei Meister Ares nicht längst begonnen haben? Schließlich hatte Jesse mir kleinlaut gestanden, dass er das vorhatte. „Worauf wollt Ihr hinaus?“

„Mit Verlaub, aber Ihr habt ihn in Dinge unterweisen lassen, die für seine Mission nicht von Belang sind. Zuletzt hat er sich auch noch mit einem Schutzgeist verbunden. Von der Tatsache abgesehen, dass es ein Drache ist, war dieses uralte Ritual nicht von Bedeutung für ihn. Einzig seine Späher Ausbildung hätte es sein sollen.“ Ernst betrachtete er mich. „Wenn das so weitergeht, könnte er in einigen Jahren selbst für uns eine Bedrohung werden.“

Ein Knall ließ alle Anwesenden zusammenzucken, von Meister Ares abgesehen. Ich hatte meine flache Hand auf den Tisch geknallt und war aufgestanden, sah Ares zornig an. „Wie oft noch? Er ist uns gegenüber loyal! Außerdem liegt es in meiner Hand, wie ich seine Ausbildung gestalte!“

„Was das angeht, solltet Ihr einen Blick in unsere Gesetze werfen.“

Fragend legte ich die Stirn in Falten, doch ehe ich etwas sagen konnte, schob er das Buch in meine Richtung. Auf drei Seiten waren Absätze markiert.
 

Die Ausbildung von Dämonen, welche direkt unter der Krone dienen, obliegt der Verantwortung des Königshauses.
 

Irritiert sah ich zu Ares, doch dieser bedeutete mir mit einem Nicken weiterzulesen. Das Rascheln von Pergament war das einzige Geräusch im Raum.
 

Über Besitz ab einem Wert von 100 Goldstücke darf lediglich der rechtmäßige Inhaber verfügen. […] In Ausnahmesituationen, wie etwa im Krieg oder einer ähnlichen Not, darf ein höher Rangiges Mitglied der Gesellschaft Antrag auf Aneignung stellen.
 

Was will er denn mit diesem Gesetzestext aussagen? Das hatte rein gar nichts mit Yusei zu tun! Genervt schlug ich die letzte Seite auf, mir stockte der Atem, als ich die Zeilen überflog.
 

Kriegsgefangene zählen als materieller Besitz und haben keinerlei Rechte, bis ihre Strafe abgesessen ist. […] Der Preis eines Kriegsgefangenen beträgt je nach Alter zwischen 200 und 1.000 Goldstücke, wobei Kriterien wie Alter, Fähigkeiten und Strafmaß eine Rolle spielen.
 

Ich schlug das Buch geräuschvoll zu, warf Ares einen vernichtenden Blick entgegen. „Das kann nicht Euer Ernst sein! Yusei war nie ein Kriegsgefangener! Wollt Ihr ihm allen Ernstes all seine Rechte absprechen?!“

„Von Absprechen kann keine Rede sein, wenn er sie nie besessen hat. Es war lediglich Eure Gnade, die ihn nicht im Kerker hat leben lassen.“

Dieser verdammte Mistkerl! Ich brauchte all meine Beherrschung nicht über den Tisch zu springen. Meister Nate räusperte sich. „Ich kann mich durchaus an die Versammlung vor 13 Jahren erinnern. Quintessenz der Abmachung war tatsächlich, dass er ein Kriegsgefangener ist. Auch wenn er nie als solcher behandelt wurde. Soweit ich mich erinnere, hat er, gleich nachdem er im Palast aufgenommen wurde, seine Grundausbildung begonnen. Wie auch einige andere Dämonen. Aber worauf wollt Ihr genau hinaus, Meister Ares?“

„Selbst wenn er nie als Gefangener bezeichnet worden wäre, obliegt seine Ausbildung nicht mehr Euch, mein König. Im Text wird klar von Dämonen gesprochen. Das ist er nicht. Damit zählt er meines Erachtens nach als Besitz.“

„Haarspalterei!“ zischte ich.

„Selbst wenn, wäre er nicht im Besitz des Königs?“ fragte Crowler verwundert.

„Der König hat die Verantwortung für den Menschen an Jesse abgegeben und er an mich, als er mich gebeten hatte, ihn für die Dauer seiner Ausbildung in meine Obhut zu nehmen. Damit wäre der Mensch rechtmäßig in meinem Besitz.“

Mir stockte der Atem. Ich war wie betäubt, konnte Ares nur anstarren. Ist das sein Ernst? Jesse hat was? Das darf nicht wahr sein! Dieser… Ich schnaufte abfällig, sah Ares durchdringend an. Meiner Stimme verlieh ich einen drohenden Unterton. „Was genau wollt Ihr damit bezwecken?“

Er straffte die Schultern. „Das, was auch Ihr am Anfang bezwecken wolltet, bevor Ihr, mit Verlaub, anscheinend Euren Fokus verloren habt. Ich werde ihn so bald wie möglich mit in den Südosten nehmen, ins Brachland, und dort seine Ausbildung zum Späher beginnen. Damit er das werden kann, was auch Ihr euch vorgestellt habt. Ein Werkzeug gegen die Menschen.“

Ich knallte meine flachen Hände auf die Tischplatte, versuchte das Zittern zu unterdrücken. „Was nehmt Ihr Euch eigentlich heraus?! Habt Ihr den Verstand verloren?!“

„Ich versichere Euch, ich bin klar bei Verstand. Doch ich muss gestehen, es ist ein Präzedenzfall. In so einem Fall muss abgestimmt werden. Eure Stimme hat selbstverständlich das meiste Gewicht, doch Ihr könnt Euch nicht über den gesamten Rat hinwegsetzen.“

Meister Damian sah scheu zu mir, dann wieder zu Meister Ares. „Bei einem solchen Präzedenzfall können wir aber nicht am selben Tag abstimmen. Wir brauchen etwas Bedenkzeit, schließlich-“

„Die Sache ist lächerlich!“ schnitt ich ihm das Wort ab. „Wofür braucht Ihr da noch Bedenkzeit?“

„Wir müssen uns an das Protokoll halten, mein König“ erwiderte er kleinlaut.

Ein unwilliges Brummen entkam mir. Natürlich hatte Damian Recht, und doch hatte ich ein mieses Gefühl bei der ganzen Situation. Denkt er allen Ernstes, mit diesem Antrag würde er durchkommen?

„Was passiert in der Zwischenzeit mit Yusei?“

„Es bleibt alles wie bisher“ antwortete ich auf Meister Damians Frage. „Und das wird es auch in Zukunft. Diese ganze Angelegenheit ist an den Haaren herbeigezogen!“
 

~*~
 

Wütend riss ich die Türen auf, ließ den Rat endlich hinter mir. Yubel, die an der gegenüberliegenden Wand auf mich wartete, schloss sich meinem Tempo an. Meine schnellen Schritte hallten an den Wänden des Gangs wider. Nach diesem Abend brauchte ich dringend gute Neuigkeiten. „Hat Bakura irgendwas gesagt?“ fragte ich scharf.

Doch Yubel ließ sich von meinem Ton nicht beirren. „Die üblichen Beleidigungen, ansonsten nichts Neues. Was ist passiert?“

„Wo ist Jesse?“ überging ich ihre Frage.

„Er wartet im Thronsaal auf Euch.“

Perfekt, nur einen Gang weiter. Ich beschleunigte meinen Schritt, gab Yubel währenddessen meine Befehle. „Du wartest draußen, ich muss mit Jesse allein sprechen. Und lass niemanden rein!“ Geräuschvoll öffnete ich die schweren Holztüren, verschaffte mir einen kurzen Überblick. Jesse stand am Fuß der niedrigen Treppe zum Thron, vereinzelt waren Wachen postiert. „Alle raus hier!“ wies ich sie an. Sofort verbeugten sie sich knapp und verließen den Raum. Jesse betrachtete mich alarmiert.

Erst als die Türen sich schlossen, richtete er das Wort an mich. „Was ist passiert?“
 

Ein heller Knall hallte an den Wänden wie ein Echo. Vollkommen verstört sah Jesse zu mir, hielt sich die gerötete Wange. Mein Atem ging schwer, meine Hände zitterten. Bevor er noch etwas sagen konnte, schrie ich ihn an. „Kannst du mir verraten, warum Yusei in Ares‘ Obhut ist?!“

Irritiert schüttelte er den Kopf. „Was?“

„Er hat heute allen Ernstes behauptet, Yusei wäre ein reiner Besitz, weil er kein Dämon ist! Und weil du ihn in die Obhut deines Onkels gegeben hast, macht ihn das zu Yuseis Besitzer!“ Das letzte Wort sprach ich voller Abscheu. Es war alles so lächerlich.

„Moment, was?“

„Spuck es schon aus! Was genau hast du zu Ares gesagt, als er Yuseis Ausbildung übernehmen sollte?!“

„Nur, ob er ihn als Späher ausbilden kann, und ab wann“ sagte Jesse deutlich fester als zuvor. „Er will Yusei allen Ernstes als Besitz deklarieren?“

„Ja! Und ehrlich gesagt mache ich mir Sorgen was den Rest des Rats betrifft. Über die ganze Angelegenheit wird in einer Woche abgestimmt. Deswegen ist es wichtig, dass du mir versichern kannst, dass du Ares ausschließlich um die Ausbildung gebeten, und nicht in seine Obhut gegeben hast!“ Einen Augenblick überlegte er, schließlich schien ihm jede Farbe aus dem Gesicht zu weichen. Das erübrigte mir seine Antwort. „Scheiße“ zischte ich, lief einige Schritte durch den Raum, um meine überschüssige Energie nicht wieder an ihm auszulassen. „Was hast du dir dabei gedacht?!“

„Jedenfalls nicht, dass er sowas vorhaben könnte!“

Ich fuhr genervt durch mein Haar. Dieser elende Mistkerl hat die Oberhand, sollte ich nicht die Mehrheit im Rat bekommen. Dann kann ich mich gleich von Yusei verabschieden. Eine plötzliche Kälte zog mein Herz zusammen. „Hey!“ Überrascht sah ich auf. Jesse hielt mich an den Schultern, sah mir fest in die Augen. „Wer könnte nächste Woche dafür stimmen?“

„Ich weiß es nicht!“ sagte ich. Wunderte mich selbst über die leichte Panik in meiner Stimme.

„Und wie geht es mit Yusei bis dahin weiter?“

Den Kloß in meinem Hals versuchte ich runterzuschlucken. „Er soll im Kerker bleiben“ wisperte ich.

Jesse nickte, strich mit den Daumen vorsichtig über meine Schultern. „Ich werde mich umhören, vielleicht bekomme ich heraus, wie die anderen Ratsmitglieder abstimmen wollen. Soll ich Yusei davon erzählen?“

„Nein“ sagte ich matt, befreite mich aus Jesses Griff. „Hör dich bei den Ratsmitgliedern um, und sollte es eng werden, lasse ich mir etwas einfallen.“

„Wie genau meinst du das?“ fragte er skeptisch.

Ich schüttelte abwehrend den Kopf, ging auf meinen Thron zu. „Sollte ich die Abstimmung verlieren, werde ich es trotzdem nicht zulassen, dass sie Yusei wie einen Gegenstand ohne Rechte behandeln. Das kann ich nicht.“

„Glaub mir, ich verstehe dich, aber wie willst du das verhindern, wenn es zu spät ist?“

Noch einmal atmete ich tief durch, fuhr verzweifelt durch mein Haar, während ich mich setzte und mein Gesicht in meine Hände bettete. „Keine Ahnung. Ich muss es einfach.“ Die ganze Situation raubte mir mehr Kraft als ich gedacht hätte. Ich fühlte mich ausgelaugt. Was soll ich nur tun?
 

Ein Knall ließ mich aufsehen. Eine Tür wurde aufgerissen, in den Saal kam eine Dämonin gerannt. Ich brauchte einen Augenblick, bevor ich Yuseis kleine Freundin erkannt hatte. „König Haou!“ rief sie verzweifelt, doch ehe sie bei mir angekommen war, wurde sie von Yubel am Kragen genommen und hochgehoben. In der anderen Hand hielt meine Beschützerin einen weiteren Dämon auf die gleiche Weise gefangen. „Was fällt dir ein?“ zischte sie, doch das Mädchen ließ sich nicht beirren.

„Haou, hört mich an, ich bitte Euch!“

Der andere Dämon mit dem bunten Haar zappelte ebenfalls aufgeregt. „Es geht um Yusei!“ rief er. „Ich glaube er ist…“ Ein Schluchzen brach seinen Satz ab.
 

Alarmiert stand ich auf, überbrückte die Distanz zwischen uns. „Was ist passiert?“



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